Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 20.04.1994; Aktenzeichen L 6 An 178/93)

SG Berlin (Urteil vom 29.04.1993)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 20. April 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist die Höhe der Altersversorgung ab Juli 1990.

Die 1921 geborene Klägerin war seit April 1946 überwiegend als Ärztin, zuletzt von Januar 1978 bis 31. März 1981 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der früheren DDR in Berlin (Ost) beschäftigt. Aufgrund dessen war sie in die Sozialpflichtversicherung der früheren DDR einbezogen; ferner war ihr zum 1. September 1951 eine Versorgungszusage iS der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) erteilt worden. Der FDGB bewilligte ihr mit Bescheid vom 23. März 1981 ab 1. April 1981 eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von monatlich 414,00 M der DDR, die er durch Bescheid zum 1. Dezember 1989 auf 484,00 M der DDR erhöhte. Die Staatliche Versicherung der früheren DDR bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 27. März 1981 ab 1. April 1981 daneben die Zusatzaltersrente aus der AVI im zugesagten Höchstbetrag von 800,00 M der DDR. Mit Bescheid der Verwaltung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten zum 1. Juli 1990 wurden beide Altersrenten im Verhältnis 1:1 auf DM aufgewertet und weitergezahlt (insgesamt 1.284,00 DM).

Der gemeinsame Träger der Sozialversicherung setzte mit dem streitigen Bescheid 1), dh seiner Mitteilung über die Rentenanpassung gemäß der Ersten Verordnung zur Anpassung der Renten in dem in Art 3 des Einigungsvertrages (EinigVtr, im folgenden: EV) genannten Gebiet (Ersten Rentenanpassungsverordnung – 1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867) die Altersrente aus der Pflichtversicherung von 484,00 DM auf 624,00 DM neu fest, glich sie auf 854,00 DM an und verrechnete die Erhöhungsbeträge mit der Zusatzaltersrente, so daß sich für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1990 keine Erhöhung des Gesamtanspruchs und kein Nachzahlungsbetrag ergab. Zum 1. Januar 1991 wurde die Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung um 129,00 DM auf 983,00 DM erhöht; unter Anrechnung auf die Zusatzaltersrente ergab sich weiterhin der Gesamtanspruch ab 1. Januar 1991 in Höhe von monatlich 1.284,00 DM.

Die Überleitungsanstalt Sozialversicherung, der Träger der Rentenversicherung, hob mit dem streitigen Bescheid 2), der Mitteilung über die Rentenanpassung gemäß der Zweiten Rentenanpassungsverordnung (2. RAV) vom 19. Juni 1991 (BGBl I S 1300), den Gesamtanspruch der Klägerin ab 1. Juli 1991 auf 1.432,00 DM an. Dem lag die Erhöhung der Altersrente aus der Pflichtversicherung von 983,00 DM um 148,00 DM auf 1.131,00 DM zugrunde. Dieser Erhöhungsbetrag wurde gemäß § 8 der 2. RAV nicht auf die Zusatzaltersrente angerechnet. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährte der Klägerin mit dem streitigen Bescheid 3) vom 27. November 1991 ab 1. Januar 1992 anstelle der bisher gezahlten Renten eine Regelaltersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Höhe von 1.529,95 DM, so daß der Klägerin nach Abzug ihres Beitragsanteils zu ihrer Krankenversicherung 1.432,04 DM auszuzahlen waren. Die Rentenberechnung erfolgte im sog maschinellen Verfahren gemäß § 307b Abs 5 SGB VI. Die BfA wies die Widersprüche der Klägerin mit den Widerspruchsbescheiden vom 28. April 1992 und vom 17. Juni 1993 zurück.

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Berlin vom 29. April 1993; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Berlin vom 20. April 1994). Das Berufungsgericht ist im wesentlichen folgender Ansicht: Die Beklagte bzw ihre Funktionsvorgängerinnen hätten § 6 der 1. RAV und § 8 der 2. RAV sowie § 307b Abs 5 SGB VI zutreffend angewandt. Diese Vorschriften seien rechtswirksam, insbesondere verfassungsgemäß. Die am 3. Oktober 1990 gegebenen Rentenansprüche der Klägerin seien zu keinem Zeitpunkt gekürzt worden. Eine willkürliche Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte liege nicht vor. Der Bundesgesetzgeber sei verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, eine zusätzliche Versorgung über die Alterssicherung nach dem SGB VI hinaus zu schaffen. Das Begehren auf individuelle Neuberechnung müsse schon daran scheitern, daß die Klägerin dies bei der Beklagten nicht beantragt und diese darüber keinen anfechtbaren Verwaltungsakt erlassen habe.

Zur Begründung der – vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen – Revision trägt die Klägerin vor, die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, auf die das LSG sich bezogen habe, sei nicht überzeugend. Durch die streitigen Bescheide sei ihre Zusatzversorgung abgeschmolzen und inzwischen auf Null zurückgeführt worden. Daraus ergebe sich zum 1. Juli 1993 ein Fehlbetrag von 17.220,96 DM, zum 30. Juni 1994 von 26.610,84 DM. Damit sei die verfassungsrechtliche Schmerzgrenze überschritten. Durch die pauschale Rentenberechnung nach § 307b Abs 5 SGB VI iVm Anlage 17 zu diesem Gesetz habe sie bis zur individuellen Rentenfeststellung nach den Bestimmungen über die endgültige Berechnung der SGB VI-Rente monatlich bis zu 515,00 DM zu wenig erhalten. Auch bleibe die endgültige Rente noch deutlich hinter dem zurück, was sie bei einer angemessenen Berücksichtigung ihrer Zusatzversorgung zu beanspruchen hätte. Dies verletze die Eigentumsgarantie. Insbesondere würden die Zusatzversorgungsberechtigten mit Arbeitsentgelten über der Beitragsbemessungsgrenze durch § 6 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes zur Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677) ungerechtfertigerweise mit den Zusatzversorgungsberechtigten gleichbehandelt, die ein grenzwahrendes Einkommen gehabt hätten. Vollends außer Verhältnis stünden die Betroffenen zu den beruflich Gleichgestellten in den alten Bundesländern. Die vom Bundesgesetzgeber getroffene Differenzierung sei zwar grundsätzlich legitim, jedoch im konkreten Fall unangemessen hart und kraß. Selbst wenn die sog Systementscheidung als solche grundsätzlich wohl nicht in verfassungsrechtlicher Hinsicht zu beanstanden sein könnte, sei jedoch die Art und Weise, wie sie gesetzlich umgesetzt worden sei, verfassungswidrig. Schon bei Erlaß des AAÜG hätten sich dem Parlament die besonderen Umstände bei den nach der AVI Zusatzversorgungsberechtigten aufdrängen müssen. Für diesen Personenkreis sei es untypisch, bei Arbeitsentgelt oder Versorgung politische Vergünstigungen erhalten zu haben. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 30. November 1994 (Bl 77 bis 92 nebst Anlage, Bl 93 bis 94 der BSG-Akte), auf den Schriftsatz vom 10. Januar 1995 (Bl 100 bis 101 der BSG-Akte), auf den Schriftsatz vom 18. Januar 1995 (Bl 103 bis 104 der BSG-Akte) und auf den Schriftsatz vom 23. Mai 1995 (Bl 107 bis 109 der BSG-Akte nebst Ablichtung des die Regelaltersrente individuell neu feststellenden Rentenbescheides vom 23. Dezember 1994 (Bl 110 bis 126 der BSG-Akte) Bezug genommen. Die laufende monatliche Rente beträgt danach 2.365,84 DM, der Nachzahlungsanspruch für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Januar 1995 insgesamt 16.081,49 DM einschließlich Zinsen in Höhe von 590,69 DM.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 20. April 1994 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 1993 aufzuheben und den Rentenanpassungsbescheid zum 1. Januar 1991, den Rentenanpassungsbescheid zum 1. Juli 1991 und den Umwertungsbescheid vom 27. November 1991, diese in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28. April 1992 und vom 17. Juni 1993 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Juli 1990 zzgl die ursprüngliche, nicht abgeschmolzene Zusatzversorgung in Höhe von 800,00 DM monatlich weiterzuzahlen und die bis zum 31. Dezember 1991 anerkannten und ab dem 1. Januar 1992 gestrichenen Zurechnungsjahre weiterhin zu gewähren,

hilfsweise,

2. den Rechtsstreit auszusetzen und gemäß Art 100 des Grundgesetzes (GG) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

A: Die Revision der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die streitigen Verwaltungsentscheidungen rechtmäßig sind. Die Beklagte (bzw ihre Funktionsvorgängerinnen) haben darin gültiges Bundesrecht richtig und vollständig angewandt. Gegenstand revisionsgerichtlicher Prüfung sind die Bescheide nach der 1. RAV zum 1. Januar 1991, nach der 2. RAV zum 1. Juli 1991 und der Umwertungsbescheid nach § 307b Abs 5 SGB VI vom 27. November 1991, alle in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 28. April 1992 und vom 17. Juli 1993. Hingegen ist im Revisionsverfahren die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 23. Dezember 1994 nicht zu prüfen, mit dem die Beklagte die Regelaltersrente der Klägerin gemäß § 307b Abs 1 bis 4 SGB VI individuell neu berechnet und ab Januar 1995 auf 2.365,84 DM festgestellt sowie einen Nachzahlungsanspruch nebst Zinsen bewilligt hat. Denn die Klägerin wird durch diesen während des Revisionsverfahrens ergangenen Verwaltungsakt nicht iS von § 171 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) klaglos gestellt; durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zu den hier streitigen Verwaltungsakten wird ihrem Begehren nicht genügt.

B: Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den streitigen Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1994 ein Anspruch auf eine höhere (Gesamt-)Altersrente als die ihr bewilligte und geleistete zu. Weder nach den Vorschriften der früheren DDR, die nach dem EV übergangsrechtlich weiter anzuwenden waren, noch dem EV selbst, noch nach den Bestimmungen des AAÜG oder denjenigen des SGB VI hat sie Anspruch auf die von ihr zusätzlich begehrten Beträge. Durch die beiden gemäß Art 19 EV wirksam und bindend gebliebenen Verwaltungsakte des FDGB über die Gewährung eines Anspruchs auf eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe von monatlich (zuletzt) 484,00 M der DDR und des Bescheides der Staatlichen Versicherung der DDR über die Gewährung eines Anspruchs auf Zusatzaltersrente aus der AVI in Höhe von monatlich 800,00 M der früheren DDR (Höchstbetrag) ergaben sich für die Klägerin bis zum 30. Juni 1990 keine Ansprüche gegenüber den zuständigen Leistungsträgern der DDR bzw gegenüber dieser selbst, welche die Summe der vorgenannten Beträge, also einen Gesamtanspruch auf Zahlung von höchstens 1.284,00 M der DDR, überschritten hätten. Sie konnte also als Zusatzaltersrente aus der Zusatzversorgung der AVI – höchstens – 800,00 M der DDR beanspruchen; ihr Anspruch auf Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung belief sich auf – höchstens – 484,00 M der DDR. Nach dem Recht der früheren DDR hatte sie keine “Anwartschaften” darauf, daß diese Beträge “dynamisiert” würden. Es gab (und gibt) auch keine rechtliche Grundlage für einen Abwehranspruch dagegen, daß der Gesetzgeber die Rente aus der Rentenversicherung unter Anrechnung der Erhöhung auf die Zusatzrente anhebt, also kein Recht auf Beibehaltung der Struktur der Altersversorgungssysteme der früheren DDR. Die Summe aus beiden vorgenannten Rentenansprüchen stellte also den Gesamtbestand an Rechten, Ansprüchen und Anwartschaften der Klägerin auf Altersversorgung dar, die sie in ihrem Arbeitsleben in der DDR erworben hatte. Sie hatte also bis zum 30. Juni 1990 in der früheren DDR nur das Recht, von den vorgenannten Leistungsträgern der DDR insgesamt die Zahlung von 1.284,00 M der DDR zu verlangen (vgl § 194 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫; vgl schon BSGE 72, 50, 55 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1).

Der nominale und wirtschaftliche Wert dieses Gesamtanspruchs ist für Bezugszeiten seit dem 1. Juli 1990 gegenüber den bis zum 30. Juni 1990 in der früheren DDR objektiv gegebenen Verhältnissen zu keinem Zeitpunkt gemindert worden. Mit dem – hier nicht streitigen – Bescheid zum 1. Juli 1990 wurden beide Teilansprüche und damit auch der Gesamtanspruch im Nominalverhältnis 1:1 auf DM umgestellt und damit im wirtschaftlichen Ergebnis um mindestens 100 vH aufgewertet; denn die Mark der früheren DDR war – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt – wirtschaftlich höchstens die Hälfte der DM wert; hierbei ist die zeitgeschichtlich gewisse Tatsache des Staatsbankrotts der früheren DDR noch nicht berücksichtigt, insbesondere nicht, daß die Versorgungszusagen der früheren DDR, also auch die der Klägerin erteilte, wirtschaftlich nicht gedeckt und somit ein leeres Versprechen waren (zum wirtschaftlichen Bankrott der früheren DDR schon BVerfGE 84, 90, 131; ua Vorlagebeschlüsse des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 54/94 und 4 RA 98/94). Die Klägerin hat somit seit Juli 1990 niemals weniger (in DM-Zahlbeträgen) erhalten, als ihr durch bindende Verwaltungsakte in der früheren DDR höchstens (in Mark der DDR) zuerkannt war. Seit Juli 1991 erhielt sie sogar auch nominell mehr.

Die Klägerin stellt letztlich nicht in Frage, daß die Beklagte (bzw ihre Funktionsvorgängerinnen) § 6 Abs 1 der 1. RAV, § 8 der 2. RAV und § 307b Abs 5 SGB VI richtig angewandt haben. Sie meint aber, diese Rechtsnormen seien ungültig, soweit sie ihrem weitergehenden Begehren entgegenstünden. Die Vorinstanzen sind dem zu Recht nicht gefolgt.

Gemäß § 6 Abs 1 der 1. RAV (“Renten mit Zusatzversorgung”) werden Renten, die wegen Bezuges einer Zusatzversorgung nach § 23 Abs 1 des Gesetzes zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (Rentenangleichungsgesetz – RAnglG – im folgenden: RAG) der früheren DDR vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr 38 S 495 berS 1457) nicht anzugleichen waren, nach den für Arbeitnehmer ohne Zusatzversorgung geltenden Bestimmungen der Rentenverordnung festgesetzt und nach den Bestimmungen des 1. und 2. Abschnitts des RAG angeglichen. Demgemäß hat die Beklagte die Sozialpflichtversicherungsrente der Klägerin angeglichen. Nach Abs 2 aaO wird ein sich aufgrund der Angleichung ergebender Erhöhungsbetrag für Bezugszeiten vor dem 1. Januar 1991 nur insoweit nachgezahlt, als er den Betrag einer gleichartigen zusätzlichen Versorgung übersteigt. Demgemäß hat die BfA nichts nachgezahlt. Nach Abs 3 aaO werden ab 1. Januar 1991 gleichartige zusätzliche Versorgungen nur insoweit gezahlt, als sie die sich nach Angleichung (Abs 1 aaO) und nach Anpassung der Sozialpflichtversicherungsrente (§ 2 der 1. RAV) ergebenden Erhöhungsbeträge übersteigen. Demgemäß wurden für die Zeit von Januar bis einschließlich Juni 1991 die Erhöhungsbeträge der Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung auf die Zusatzaltersrente aus der Zusatzversorgung angerechnet, so daß der Gesamtanspruch sich für Leistungszeiten ab 1. Juli 1990 bis zum 30. Juni 1991 nicht veränderte.

Nach § 8 Abs 1 der 2. RAV werden die Beträge, die sich aus der Anpassung ua der Renten aus der Rentenversicherung für Bezugszeiten ab 1. Juli 1990, dh durch die Erhöhung der anpassungsfähigen Beträge um 15 vH (§§ 3 und 4 der 2. RAV) ergeben, auf gleichartige zusätzliche Versorgungen in Höhe des Betrages angerechnet, um den diese Anpassungsbeträge zusammen mit den bisherigen Zahlbeträgen der Rente und der gleichartigen zusätzlichen Versorgung den nach § 8 Abs 2 der 2. RAV maßgebenden Grenzwert (hier: 1.500,00 DM) überschreiten. Dementsprechend wurde die Sozialpflichtversicherungsrente der Klägerin auf 1.131,00 DM erhöht, so daß sich eine Anhebung des Gesamtanspruches ab 1. Juli 1991 von 1.284,00 DM auf 1.432,00 DM ergab. Läßt man die og wirtschaftliche Aufwertung des Altersversorgungsanspruchs der Klägerin um wenigstens 100 vH durch die Umstellung der Schuld der Leistungsträger auf DM unberücksichtigt, wurde der Klägerin jedenfalls seit dem 1. Juli 1991 ein höherer monatlicher Zahlungsanspruch gewährt, als sie insgesamt in der früheren DDR erworben hatte.

Gemäß § 307b Abs 1 SGB VI muß die Beklagte eine neue Rentenberechnung nach den Vorschriften des SGB VI vornehmen, wenn am 31. Dezember 1991 – wie bei der Klägerin – Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente des Beitrittsgebietes bestand. Da die Klägerin gemäß der ihr bereits 1951 erteilten Versorgungszusage eine Zusatzaltersrente aus der AVI in Höhe des ihr zugesagten Höchstbetrages von 800,00 M erhielt, bezog sie am 31. Dezember 1991 eine Rente aus dem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr 4 des AAÜG, die nach § 4 Abs 1 Nr 2 AAÜG iVm § 2 Abs 2 AAÜG zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt worden war.

Nach § 307b Abs 5 SGB VI war die Beklagte “berechtigt” für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1992 die für die Höhe der überführten Rente maßgeblichen Entgeltpunkte in einem “maschinellen Verfahren” zu ermitteln. Damit war diesem Verwaltungsträger die Kompetenz erteilt, solange die für die Rentenberechnung in jedem Einzelfall erforderlichen Daten aus dem individuellen Versicherungsverlauf noch nicht ermittelt werden konnten, die Rentenhöhe vorab aufgrund abstrakter, gesetzlich vorgegebener Werte verbindlich festzustellen. Der Anspruch des Versicherten auf eine seinen individuellen Verhältnissen entsprechende Festsetzung der Höhe seines Rentenanspruchs blieb dadurch dem Grunde nach unberührt, wurde aber zunächst hintangehalten (vgl § 307c SGB VI). Dementsprechend hat die BfA in dem streitigen Bescheid vom 27. November 1991 die Vorgaben des § 307b Abs 5 SGB VI richtig umgesetzt; schon deswegen ist es gesetzmäßig, daß sie den – hier nicht streitbefangenen – Bescheid über die nach den individuellen Daten der Klägerin festgesetzten Rentenhöhe sowie über deren Nachzahlungsanspruch erst nach Klärung des Versicherungsverlaufs am 23. Dezember 1994 erlassen hat.

C: Das Begehren der Klägerin könnte daher nur Erfolg haben, wenn die vorgenannten Vorschriften wegen des Eingreifens speziellerer oder vorrangigerer Vorschriften nicht anwendbar oder ungültig wären. Dies ist nicht der Fall.

Der Senat hält an den Grundsätzen seiner Rechtsprechung fest, die er in der Grundentscheidung vom 27. Januar 1993 (BSGE 72, 50 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; dazu BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des 1. Senats vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 620/93) zusammengefaßt sowie in einer Vielzahl von Urteilen und Beschlüssen zu verschiedenen Bereichen des Rentenüberleitungsrechts näher entfaltet hat (ua für die hier streitige Problematik vor allem: Beschluß vom 30. März 1994, 4 RA 33/92, SGb 1995, 37 ff; Urteil vom 30. März 1994, 4 RA 62/93; Urteil vom 14. Juni 1995, 4 RA 41/95 – SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9, Nr 1; Urteil vom 14. September 1995, 4 RA 90/94, zur Veröffentlichung vorgesehen; Urteil vom 5. März 1996, 4 RA 82/94, zur Veröffentlichung vorgesehen). Danach stellt sich die Rechtslage – soweit hier erheblich – im wesentlichen wie folgt dar:

Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Altersversorgung durch Zahlung einer ungekürzten Rente aus der Zusatzversorgung neben der dynamisierten Sozialversicherungsrente und Anrechnung von DDR-Zurechnungsjahren auf die Regelaltersrente ist Bundesrecht (§ 162 SGG).

1. Bundesrecht gilt auch für Ansprüche, die für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 3. Oktober 1990 bzw bis 31. Dezember 1990 geltend gemacht werden.

1.1 Nach dem EV, der durch das Einigungsvertragsgesetz vom 23. September 1990 (BGBl II, S 885) in innerstaatliches Recht transformiert und damit – einfaches – Bundesgesetz geworden ist, findet Bundesrecht seit dem 3. Oktober 1990 auch für die Zeit ab 1. Juli 1990 mit den Maßgaben des EV rückwirkend Anwendung (vgl BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 8 S 21; Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 67/93, SozR 3-8560 § 26 Nr 2). Das Recht der früheren DDR gilt nur weiter, soweit es im EV angeordnet worden ist, und zwar nachrangig, lückenfüllend und übergangsrechtlich kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls und in dessen Grenzen (Art 9 Abs 2 und 4 EV iVm Anlage II; vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 17 Nr 1 S 11; Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994, aaO), soweit es also nicht von und nach EV Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EV verdrängt worden ist (vgl hierzu ua BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 3 S 31).

1.1.1 § 23 Abs 1 RAG, der am 1. Juli 1990 in Kraft getreten und aufgrund des Art 20 des Staatsvertrages beschlossen worden ist, hat zwar nach EV Anlage II, Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 grundsätzlich bis 31. Dezember 1991 nach Maßgabe des EV Nr 9 Buchst b Satz 2 weitergegolten (vgl BSGE 72, 50, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 5, vgl im übrigen hierzu Teilurteil und (Vorlage-) Beschluß vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94). § 23 Abs 1 RAG gibt jedoch keinen Anspruch auf eine Dynamisierung der Zusatzversorgungsrenten. Danach waren Renten aus der Sozialpflichtversicherung und Renten aus Zusatzversorgungssystemen – im Einklang mit EV Anlage II Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b Satz 4 (= EV Nr 9 Buchst b Satz 4) – lediglich nominell in unveränderter Höhe – umgestellt im Verhältnis 1:1 von Mark auf DM – weiterzuzahlen. Von der nach § 10 Abs 1 und 3 RAG vorzunehmenden Erhöhung der Sozialpflichtversicherungsrente waren Bezieher von Renten aus Zusatzversorgungssystemen jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Rechtsgrundlage für eine höhere Altersversorgung bestand mithin danach nicht.

1.1.2 Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf § 24 Abs 5 RAG berufen. Die darin vorgesehene schonende Überführung in Form einer Abschmelzung der Zusatzversorgungsrente bei Erhöhung des Gesamtzahlbetrages gelangte nach Inkrafttreten des EV – im Gegensatz zu § 23 RAG – als “Bundesrecht” nicht mehr zur Anwendung. EV Nr 9, der die Frage, ob und in welchem Umfang in Sonder- oder Zusatzversorgungssystemen erworbene Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung (SGB VI) überführt werden, ausschließlich – “soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergibt” – geregelt hat, veränderte das Überführungskonzept des RAG entscheidend (vgl hierzu BSGE 72, aaO, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 5 und Urteil vom 15. Dezember 1994, aaO). Er löste damit die Rahmenvorgaben in Art 20 des Staatsvertrages ab. Der vom RAG vorgesehene, auf den Maßgaben des Staatsvertrages beruhende Zwischenschritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Rechtseinheit in Deutschland auf dem Gebiet des Rentenversicherungsrechts, nämlich die Schaffung eines DDR-Rentenversicherungsrechts, das im wesentlichen dem Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland entsprechen sollte, wurde im Blick auf das Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 im EV fallengelassen (Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994, aaO). Die im Gegensatz zu diesem Überführungsprogramm stehenden, auf dem Staatsvertrag beruhenden Vorschriften, wie § 24 Abs 5 RAG, wurden insoweit verdrängt und damit gegenstandslos.

Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Altersversorgung in der Zeit vom 1. Juli bis 3. Oktober 1990 bzw 31. Dezember 1990 ist somit nicht ersichtlich.

2. Eine Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch ergibt sich auch nicht für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991 aus der 1. und 2. RAV. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Bescheide – wie ausgeführt – rechtmäßig. Die aufgrund von EV Nr 9 Buchst f zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 ergangenen Rechtsverordnungen, die 1. und 2. RAV, waren Rechtsgrundlagen dieser Bescheide.

2.1 Verfahrensrechtlich konnten die Bescheide des FDGB und der Staatlichen Versicherung der DDR, die gemäß Art 19 EV auch über den 3. Oktober 1990 bindend waren, wegen Änderung der rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) im Hinblick auf die Rentenanpassungsverordnungen geändert bzw ersetzt werden. Durch Art 19 Satz 1 EV wurde die Abänderbarkeit der (DDR-)Verwaltungsakte nicht ausgeschlossen; erst recht wurde eine Bestätigung des früheren Gesamtanspruchs oder – wie im Falle der Klägerin – eine sie ausschließlich begünstigende Anspruchserhöhung nicht verboten. Andererseits wurde in Art 19 EV nur die Bestandskraft von Verwaltungsakten – also von Einzelfallregelungen –, nicht die schichtenspezifische Struktur der Altersversorgung der früheren DDR, geschützt. Bescheide der früheren DDR unterlagen vielmehr gemäß Art 19 Satz 3 EV den Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und konnten mithin jedenfalls ab 1. Januar 1991 nach den auch in den neuen Bundesländern geltenden Verwaltungsverfahrensvorschriften, dem SGB X (EV Anlage I Kap VIII Sachgebiet D Abschnitt III Nr 2) abgeändert werden (vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 2 S 17 sowie im übrigen auch OVG Thüringen, DÖV 1994 S 964 f). Die bisher in zwei verschiedenen Bescheiden zuerkannten Leistungen auf Altersversorgung konnten also im Hinblick auf das Angleichungsziel des EV, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen in eine SGB VI-Rente einmünden lassen, um ein einheitliches Rentenversicherungsrecht in ganz Deutschland herzustellen (siehe weiter unten), zu einem einzigen Anspruch zusammengefaßt werden.

2.2 Die materiell-rechtliche Grundlage der Bescheide, § 6 der 1. und § 8 der 2. RAV, ist nicht zu beanstanden. Sowohl die Ermächtigungsnorm der beiden Rentenanpassungsverordnungen, EV Nr 9 Buchst f, als auch die darauf beruhenden Rentenanpassungsverordnungen entsprechen in formeller und materieller Hinsicht geltendem Recht. Die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Rentenanpassungsverordnungen selbst (vgl zu den Anforderungen des Erlasses einer VO durch die Bundesregierung: BVerfGE 91, 148 ff) und auch die Ermächtigungsnorm genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art 80 Abs 1 GG.

2.2.1 Die Rentenanpassungsverordnungen stützen sich auf ein wirksames Gesetz im formellen und materiellen Sinn, nämlich insbesondere auf den EV Nr 9 Buchst f (und hiervon abhängig auch auf EV Anlage II Kap VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 Buchst d sowie die ferner in den Rentenanpassungsverordnungen genannten Ermächtigungsnormen des EV).

EV Nr 9 Buchst f ist Bundesgesetz. Er ermächtigt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, das “Nähere” zu den Maßgaben nach EV Nr 9 Buchst a bis e zu bestimmen. Die Ermächtigungsnorm hat, wie der gesamte EV, gemäß dem Vertragsgesetz den Rang eines Bundesgesetzes ohne verfassungs- oder völkerrechtlichen Vorrang (vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 2 S 16 und Beschluß des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 33/92 –, SGb 1995, 37 ff). Dies stellt auch Art 45 Abs 2 EV klar; danach bleibt der Vertrag nach Wirksamkeit des Beitritts geltendes Bundesrecht.

2.2.2 Die Ermächtigungsnorm EV Nr 9 Buchst f ist hinreichend bestimmt. Ihr Regelungsgegenstand ergibt sich zulässigerweise aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes, nämlich dem EV Nr 9 (vgl zur Bestimmbarkeit der Ermächtigungsnorm und ihrer Auslegung; Herzog in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art 80 RdNr 27, 30, 31). EV Nr 9 Buchst f verweist zum Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung ausdrücklich auf das im EV Nr 9 vom Gesetzgeber selbst verbindlich geregelte Überführungsprogramm für Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (vgl schon BSGE 72, 50, 65 ff).

EV Nr 9 legt fest, ob und ggf wie und in welchem Umfang Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden. Die sog Grund- bzw Systementscheidung des EV Nr 9 enthält zwei eigenständige rechtliche Grundsätze. Zum einen wird den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten – diese ausschließlich begünstigend – ein Anspruch nach den Regeln des SGB VI zuerkannt. Zum anderen wird – abgesehen von der Zahlbetragsgarantie – abgelehnt, daneben oder darüber hinaus zusätzliche Rentenansprüche zu begründen. Diese (Doppel-)Entscheidung lautet: Renten aus der Sozialpflichtversicherung und solche aus den Zusatzversorgungssystemen werden – und zwar ausschließlich (Ablehnung einer zusätzlichen Versorgung über das SGB VI hinaus, soweit die Zahlbetragsgarantie nicht eingreift) – in eine einzige (Voll-)Rente überführt, und zwar in eine Rente nach den ab 1. Januar 1992 geltenden Bestimmungen des SGB VI (EV Nr 9 Buchst b Satz 1; vgl hierzu BSGE 72, aaO, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 20 und BSGE 74, 184, 189 = SozR 3-8570 § 11 Nr 1 S 6). Weitere Programmpunkte nach EV Nr 9 Buchst b Satz 3 und 4 sind: Künftige SGB VI-Renten werden von Bestandteilen freigehalten, die nicht auf Arbeit und Leistung, sondern auf politischer Begünstigung oder auf Unrechtsentgelten beruhen (BSGE 72, aaO, 61 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 13 und Beschluß des Senats vom 30. März 1994, aaO); Bestandsrentner (und rentennahe Jahrgänge) haben einen Anspruch auf den Gesamtzahlbetrag, der für Juli 1990 aus der Sozialpflichtversicherungsrente und der Rente aus dem Zusatzversorgungssystem (gemäß den in EV Nr 9 selbst getroffenen Fortsetzungen) rechtmäßig zu erbringen war.

2.2.3 Diese Vorgaben des EV Nr 9, der Grundlage auch für die Auslegung der Ermächtigungsnorm EV Nr 9 Buchst f ist und deren Inhalt bestimmt, stehen im Einklang mit dem GG (vgl BSGE 72, aaO, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 20).

2.2.3.1 Art 14 GG wird schon in seinem Schutzbereich nicht berührt. Denn die Vorschrift schützt allenfalls (und unter weiteren Voraussetzungen) den Bestand an Forderungen eines aus einer Zusatzversorgung Berechtigten. Für Bezugszeiten seit dem 1. Juli 1990 hat aber keine Minderung der Höchstsumme aller Zahlungsansprüche und Anwartschaften der Klägerin stattgefunden. Seit Juli 1991 erhält sie mehr, seit 1995 fast das 1,9-fache (in DM) gegenüber dem Höchstanspruch, den sie in der DDR erworben hat. Im übrigen sind die Rentenansprüche und -anwartschaften aus Sonder- und Zusatzversorgungssystemen keine eigentumsgeschützten Rechtspositionen iS des GG (zur sog Zahlbetragsgarantie siehe unten).

Zwar werden Renten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich durch Art 14 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 53, 257, 289 ff = SozR 7610 § 1587 Nr 1), da auch sie Voraussetzung für eine freie und verantwortliche Lebensgestaltung sind; sie begründen daher grundsätzlich ein subjektives Recht iS eines Abwehr- und Schutzanspruchs gegen die bzw vor der Staatsgewalt. Um derartige eigentumsgeschützte Rechtspositionen handelte es sich jedoch bei Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR nicht. Der Schutz der Eigentumsgarantie des Art 14 GG erstreckte sich nicht rückwirkend auf Erwerbstatbestände, die im Gebiet der ehemaligen DDR zurückgelegt worden sind (vgl hierzu entsprechend BVerfG, Beschluß vom 30. Oktober 1993 – 1 BvL 42/92). Der Verantwortungsbereich der dem GG verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland beschränkte sich sowohl tatsächlich als auch staatsrechtlich allein auf das damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Art 23 Satz 1 GG aF). Infolgedessen bestand für derartige in der ehemaligen DDR begründete Rechtspositionen grundsätzlich keine Verantwortlichkeit iS eines Einstehenmüssens der Bundesrepublik Deutschland (vgl hierzu BVerfGE 84, 90, 122 f; BVerfG SozR 3-8560 § 26 Nr 1 S 9); es sei denn, derartige Eigentumspositionen wären im EV als Eigentum ausgestaltet worden, wie in dem vom BVerfG durch Beschluß vom 22. November 1994 (1 BvR 351/91) entschiedenen Fall. Dieses Einstehenmüssen ergab sich auch nicht im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge. Denn mit dem Wirksamwerden des Beitritts gemäß Art 23 Satz 2 GG aF ist die ehemalige DDR als staatsrechtliches Gebilde erloschen; sie hat damit ihren Anspruch auf Gebiets- und Personalhoheit fallengelassen, Gebiet und Bevölkerung in die Bundesrepublik Deutschland eingegliedert, sich selbst aufgelöst und so die staatliche Einheit Deutschlands hergestellt; erst in demselben Zeitpunkt ist das GG in den am 3. Oktober 1990 zu Bundesländern gewordenen Ländern im Beitrittsgebiet in Kraft getreten (Art 3 EV; vgl BSG SozR 3-8570 § 11 Nr 3 S 33). Der an das GG und hier nicht etwa an ein wie immer definiertes “Eigentums”-Naturrecht (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 10, 59, 81) gebundene Gesetzgeber unterlag mithin nicht den Bindungen des Individualgrundrechts aus Art 14 Abs 1 GG, als er Fragen der Überleitung regelte (vgl auch Urteil des Senats vom 30. März 1994 – 4 RA 62/93). Es kommt hinzu, daß dem Gesetzgeber bei der Bewältigung außergewöhnlicher Probleme, wie sie hier auch mit der Wiedervereinigung verbunden waren, ohnehin ein weiter Gestaltungsrahmen bei den damit erforderlich werdenden gesetzlichen Regelungen zustand; diese sind nicht an Art 14 GG, sondern lediglich an Art 3 Abs 1 GG zu messen (vgl hierzu BVerfGE 84, 90, 129; 41, 126, 150 ff, 174 f).

Selbst wenn man im übrigen unterstellen würde, daß Art 14 Abs 1 GG auf die Bürger der ehemaligen DDR ausgestrahlt hätte, wäre nicht erkennbar, inwieweit die Bundesrepublik Deutschland durch das Überführungsprogramm – eine Vollrente auf der Basis von Arbeit und Leistung sowie als Bestandsschutz der den Bestandsrentnern am 1. Juli 1990 zustehende Gesamtzahlbetrag aus Sozialpflichtversicherungsrente und Rente aus dem Versorgungssystem in DM – Eigentum der Rentenbezieher und der Anwartschaftsberechtigten entzogen haben könnte. Denn im Hinblick auf den finanziellen Zusammenbruch der DDR (vgl BVerfGE 84, 90, 131 und Herzog in Burmeister: Germania Restituta, S. 161, 165) waren Werte zur Deckung dieser sozialrechtlichen Ansprüche nicht vorhanden. Vermögen, das zur Rentenzahlung hätte genutzt werden können, ist weder auf die Funktionsnachfolger noch auf die Bundesrepublik übergegangen, weil solches nicht vorhanden war (stellvertretend Vorlagebeschlüsse des Senats vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94 und 4 RA 54/95).

Letztlich wäre bei – weiterhin unterstelltem Eigentumsschutz – auch zu berücksichtigen, daß Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden und mithin nicht jede inhaltliche Änderung ausgeschlossen ist (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen hat der Gesetzgeber im Interesse der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls einen weiten Gestaltungsrahmen. Rentenansprüche und -anwartschaften können mithin beschränkt werden, sofern dies dem Zweck des Allgemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl hierzu BVerfGE 53, 257, 292 f = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 3 f; BVerfGE 58, 81, 121). Berücksichtigt man insoweit die mit der Wiedervereinigung verbundenen finanziellen Lasten, die durch die Mißwirtschaft in der ehemaligen DDR verursacht worden sind und für die die Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich ist (so BVerfGE 84, 90, 131), so war die Überführung in eine Vollrente unter Wahrung des Bestandsschutzes mit Blick auf eine Begrenzung der finanziellen Ausgaben geeignet und erforderlich und auch für die Betroffenen zumutbar.

2.2.3.2 Das Überführungsprogramm in EV Nr 9 verstößt – jedenfalls derzeit noch, dh bis zum Ende der Übergangsphase – auch nicht gegen Art 3 GG (vgl hierzu BSGE 72, aaO, 53 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 4 und Urteil vom 30. März 1994, aaO).

Dem Gesetzgeber stand es frei, wie er die Altersversorgung der Bestandsrentner mit Ansprüchen aus Zusatzversorgungssystemen regelte. Nach welchem System er eine Materie ordnen will, obliegt ebenso seiner Entscheidung wie die Entscheidung über die Zweckmäßigkeit einer Regelung. Eine derartige Regelung ist nur nach den Maßstäben der Verfassung und nicht abstrakt unter dem Gesichtspunkt der Systemwidrigkeit, insbesondere nicht gemessen am System des DDR-Rechts, zu prüfen (vgl hierzu BVerfGE 36, 49, 59; 75, 382, 395 f; 85, 238, 247; BVerfG, Beschluß vom 7. Juli 1993 – 1 BvR 750/93). Eine Systementscheidung ist selbst dann nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat; sie ist es nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt (vgl hierzu BVerfGE 83, 89, 107 f; 60, 329, 346 f).

Der Bundesgesetzgeber hat im EV Nr 9 die auf entgeltlicher Beschäftigung in der DDR beruhenden Rentenansprüche wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alters und Tod aus Zusatzversorgungssystemen unter Wahrung des Bestandsschutzes zukunftsorientiert ab 1. Januar 1992 als in die gesetzliche Rentenversicherung überführbar gewertet. Er hat dieses Überführungsprogramm verfassungsgemäß, insbesondere unter Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz und das Sozialstaatsgebot des Art 20 Abs 1 GG gestaltet. Er mußte bei der Ausgestaltung das Ziel der Gleichheit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet berücksichtigen. Insbesondere im Blick auf die vielfältigen und vielschichtigen Probleme der Bewältigung der Folgen ua des Staatsbankrotts der DDR oblag es ihm, in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht die Prioritäten für eine Annäherung der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu setzen (vgl BSGE 72, aaO, 63 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 20; BSGE 74, aaO, 194 = SozR 3-8570 § 11 Nr 1 S 11 und § 11 Nr 3 S 32). Aus diesem Grunde war er berechtigt, ein System zu schaffen, das für alle eine Rentenleistung sicherte, die nach der Art ihrer Ausgestaltung typischerweise bei einem den allgemeinen Regeln entsprechenden Arbeitsleben zur angemessenen Sicherung der Existenz ausreichte. Sozialpflichtversicherungsrente und Zusatzversorgungsrente sind danach in der – neu zu berechnenden – dynamischen Rente zusammengefaßt. Der “Wert der zusätzlichen Versorgungsleistung” wurde damit uneingeschränkt berücksichtigt. Die Zusatzversorgungsrente ist mithin nicht “liquidiert”, sondern – im Hinblick auf die Anhebung auf DM, auf die im Gegensatz zur ehemaligen DDR regelmäßige Dynamisierung der Rente und die Berechnung der Rente auf der Grundlage des tatsächlich erzielten gesamten (nicht auf Vergünstigung oder Unrechtstaten beruhenden) Entgelts, der Hochwertung auf das Westniveau unter Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze – in die Gesamtleistung integriert (vgl Rürup/Simon, Gutachten zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatzversorgungssystemen der Anlage 1 Nrn 1 bis 22 des AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland, S 153, 225 f). Nach alledem war die Überführung im Hinblick auf die vielfältigen Aufgaben der Bundesrepublik Deutschland bei der Wiedervereinigung – Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Schaffung von Wohnraum und den damit verbundenen Kosten – und die Art ihrer Ausgestaltung system- und sachgerecht. Der Gesetzgeber hat bei der Überführung auch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gewahrt, indem er den Beziehern einer Rente auch aus der Zusatzversorgung den ihnen am 1. Juli 1990 zustehenden, auf ihrer Arbeitsleistung beruhenden nominalen Gesamtzahlbetrag aufgewertet in DM bis zum Erreichen einer SGB VI-Rente in dieser Höhe eigentumsgeschützt garantiert hat (sog Zahlbetragsgarantie). Deswegen kommt – jedenfalls in der bis zum 31. Dezember 1996 konzipierten Übergangsphase der Angleichung des effektiven rentenversicherungsrechtlichen Schutzes wie auch der damit verbundenen Lasten (Art 2 § 1 Abs 1 Nr 3 Rentenüberleitungsgesetz) – der nachgehenden Fürsorgepflicht der Funktionsnachfolger (iS von Art 13, 14 EV) gegenüber den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten der früheren DDR (BSGE 72, 60, 56) auch angesichts des Lebensalters der Bestandsrentner bei den komplexen Abwägungen zur Herstellung einer sachgerecht und verhältnismäßigen differenzierten Altersversorgung noch keine dominierende Bedeutung zu.

Der Gesetzgeber war nicht gehalten, bei der Überführung der Altersversorgung rentenversicherungsrechtliche Regelungen der DDR oder Regelungen vergleichbarer Berufsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland zu übernehmen.

Er war nicht verpflichtet, die Altersversorgung der Bestandsrentner und der rentennahen Jahrgänge entsprechend der Altersversorgung vergleichbarer westdeutscher Berufsangehöriger in Gestalt der beamtenrechtlichen und berufsständischen Versorgung oder durch Sozialversicherungsrenten iVm ergänzenden, betrieblichen oder tariflich vereinbarten zusätzlichen Versorgungen anzupassen, obwohl diese günstiger ist als die vergleichbare der ostdeutschen Berufsangehörigen. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit brauchte der Gesetzgeber nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft bzw der Allgemeinheit den Umstand auszugleichen, daß durch den Staatsbankrott der DDR einschließlich ihrer Versicherungs- und Versorgungssysteme die Lebensleistung auch besonders qualifizierter Erwerbstätiger wirtschaftlich völlig entwertet war. Insbesondere mußte er diejenigen, die die Versorgungsversprechen der DDR erhalten hatten, die über das für die Arbeiter, Angestellten und Bauern allgemein zugesagte Niveau aus Sozialpflicht- und freiwilliger Zusatzrentenversicherung hinausgingen, nicht rückwirkend und kostenfrei so stellen, als hätten sie die Gegenleistungen für die speiziellen Alterssicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland erbracht (vgl hierzu Rürup/Simon, aaO, S 155 f).

Im Hinblick auf die im Rahmen der Gestaltungsfreiheit vom Gesetzgeber getroffene, jedenfalls derzeit noch nicht zu beanstandende sog Systementscheidung (zur rechtlichen Bedeutung näher Senatsurteil vom 5. März 1996 – 4 RA 82/94, zur Veröffentlichung vorgesehen) kann auch dahinstehen, ob Ansprüche aus Zusatzversorgungssystemen der DDR in deren Rechtssystem zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur waren (vgl hierzu im übrigen BSG SozR 3-8570 § 17 Nr 1 S 10 ff). Für den Kläger günstigere Rechtsfolgen würden sich im übrigen bei Annahme einer iS des Bundesrechts zivilrechtlichen Ausgestaltung ebenfalls nicht ergeben. Denn selbst wenn Art. 232 § 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB ≪eingeführt durch EV Anlage I Kap III Sachgebiet B Abschnitt II≫) in diesen Fällen Anwendung fände, wäre ein zu “DDR-Zeiten” bestehender zivilrechtlicher Anspruch auf Altersversorgung des Klägers nach der Wiedervereinigung ins Leere gegangen. Denn mit dem Erlöschen der DDR und ihrer Einrichtungen wäre ein Anspruchsgegner, der für die Schuld der Versicherungseinrichtungen der DDR einzustehen gehabt hätte, nicht mehr vorhanden gewesen. Wie ausgeführt, war die Bundesrepublik Deutschland nicht Gesamtrechtsnachfolgerin der DDR und die Rentenversicherungsträger nur Funktionsnachfolger und nicht etwa Rechtsnachfolger der Versicherungseinrichtungen (vgl BSGE 72, aaO, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8 sowie BSGE 74, aaO, 192 = SozR 3-8570 § 11 Nr 1 S 9).

Nach alledem ist das im EV Nr 9 geregelte – im Hinblick auf die Zahlbetragsgarantie – schonende Überführungsprogramm verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2.2.4 Die 1. und 2. RAV setzen das Überführungsprogramm des EV auch sachgerecht um. Der Verordnungsgeber hat nur diejenigen Angleichungen vorgenommen, die im Blick auf das Angleichungsziel, einer ab 1. Januar 1992 in ganz Deutschland gültigen SGB VI-Rente und zur Erreichung eines Nettorentenniveaus von 70 vH (vgl BR-Drucks 816/90 S 6) sachlich berechtigt und verhältnismäßig waren (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 45, 142, 162 f; sowie Urteil vom 15. Dezember 1994, aaO).

2.2.4.1 Auch der Verordnungsgeber hat durch das sog Abschmelzen der Renten aus Zusatzversorgungssystemen nicht gegen Art 14 GG verstoßen. Denn die erstmals im EV Nr 9 Buchst b Satz 4 als eigentumsgeschützte Rechtsposition ausgestaltete Zahlbetragsgarantie (vgl Beschluß des Senats vom 30. März 1994, aaO) wurde bei diesem Anpassungsvorgang nicht unterschritten. In den Verordnungen wurden im Hinblick auf das Angleichungsziel die Rente aus der Sozialpflichtversicherung und die Rente aus dem Zusatzversorgungssystem als ein Anspruch auf eine Gesamtaltersversorgung behandelt; die Rente aus der Sozialpflichtversicherung wurde zur Angleichung an die nach den Vorschriften des SGB VI zu berechnende Rente und zur Angleichung an das Nettorentenniveau der alten Bundesländer erhöht und die Erhöhung gemäß § 6 der 1. RAV und nur eingeschränkt (und deswegen bei der Klägerin nicht) nach § 8 der 2. RAV auf die in die SGB VI-Rente später zu integrierende Zusatzversorgungsrente zulässigerweise gemäß dem Überführungsprogramm bei gleichbleibender Höhe des Gesamtzahlbetrages angerechnet.

Weitere möglicherweise eigentumsgeschützte Rechtspositionen der Klägerin, die der Verordnungsgeber verletzt haben könnte, sind nicht ersichtlich.

2.2.4.2 Die Regelungen in der 1. und 2. RAV (§ 6 der 1. und § 8 der 2. RAV) verstoßen auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

Zwar werden danach die Renten von Mitgliedern der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) und die Renten von Angehörigen der Zusatzversorgungssysteme verschieden angepaßt. Bei Beziehern von Zusatzversorgungsrenten führt – wie ausgeführt und abgesehen von dem auf die Klägerin angewendeten § 8 der 2. RAV – die Erhöhung der Sozialpflichtversicherungsrente zu einer entsprechenden Kürzung ihrer Rente aus den Zusatzversorgungssystemen, wobei der geschützte Zahlbetrag grundsätzlich unverändert bleibt; der Gesamtanspruch der Klägerin hingegen wurde gemäß § 8 der 2. RAV zum 1. Juli 1991 auf 1.432,00 DM erhöht. Bei den Beziehern einer Rente aus der FZR hingegen ist sowohl die Rente aus der Sozialpflichtversicherung als auch diejenige aus der FZR erhöht worden (§§ 1, 2 der 1. und §§ 1, 4 der 2. RAV).

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung beider Gruppen iS von Art 3 Abs 1 GG liegt dennoch im Hinblick auf das Angleichungsziel nicht vor. Um eine solche würde es sich nur handeln, wenn der (Gesetz-) bzw der Verordnungsgeber eine Gruppe von Normadressaten im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl BVerfGE 55, 72, 88; 84, 133, 157). Unabhängig von dem auch insoweit bei Übergangsregelungen bestehenden weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl hierzu BVerfGE 49, 192, 210; 44, 283, 287) lag ein sachlicher Grund für die verschiedene Behandlung der Angehörigen der beiden Versicherungs- bzw Versorgungssysteme vor. Die Ungleichbehandlung knüpft an den Umstand an, daß nach dem Überführungsprogramm des EV Grundlage der Rentenberechnung ua Arbeitsleistung und geleistete Beiträge sein sollten (EV Nr 9 Buchst b Satz 3). Die Höhe der Beiträge konnte bei den Mitgliedern der FZR jedoch aufgrund der Unterlagen der Versicherungsanstalten der ehemaligen DDR ohne weiteres festgestellt werden; auch war im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse in der ehemaligen DDR und die Beitragshöhe erkennbar, daß die erhöhten Renten die SGB VI-Rente in aller Regel nicht überschreiten würden. Anders verhielt es sich mit den Renten der Angehörigen der Zusatzversorgungssysteme. Weder waren dem Verordnungsgeber in der Übergangsphase die verschiedenen Leistungs- und Beitragsregelungen der Systeme bekannt noch konnte er absehen, inwieweit in den Zusatzversorgungsrenten Leistungen enthalten waren, die nicht auf Arbeitsleistung, sondern auf ungerechtfertigten Vergünstigungen beruhten. Im Hinblick auf das Angleichungsziel einer SGB VI-Rente als Spiegelbild der erbrachten Arbeits- und Beitragsleistung war es somit sachlich gerechtfertigt, bis zur endgültigen Berechnung der SGB VI-Rente für eine Übergangszeit es bei den bestandsgeschützten Zahlbeträgen zu belassen, um im Hinblick auf die SGB VI-Rente mögliche Überzahlungen zu vermeiden (BR-Drucks 255/91 S 7; näher hierzu Urteil des Senats vom 14. September 1995, 4 RA 90/94, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Verordnungsgeber möglicherweise nunmehr zwischenzeitlich verbesserte Erkenntnisse über die Ausgestaltung der Zusatzversorgungssysteme hat sowie darüber, inwieweit bei einzelnen Personengruppen sich in den einzelnen Systemen Vergünstigungen niedergeschlagen haben. Denn im Hinblick auf die Haushaltsplanungen braucht der Gesetzgeber eine rückwirkende Änderung nicht mehr vorzunehmen (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 41, 126, 187).

Eine Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht innerhalb der Gruppe der Bestandsrentner mit Renten aus Zusatzversorgungssystemen, obwohl nach § 8 der 2. RAV lediglich solche Bestandsrentner von der Erhöhung ausgeschlossen waren, die einen bestimmten Grenzbetrag überschritten hatten, während die anderen an der Erhöhung teilnahmen. Sachlich gerechtfertigt ist diese Regelung im Hinblick auf das Angleichungsziel einer SGB VI-Rente, deren Höhe sich ua an der Beitragsbemessungsgrenze orientiert. Die Herausnahme dieser Personengruppe betraf nur Höherverdienende, deren Einkommen in der ehemaligen DDR die jetzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze überschritten hatte, und deren Rente daher voraussichtlich über der in der Rentenversicherung erreichbaren Höchstrente gelegen hätte (vgl hierzu BR-Drucks 255/91 S 7).

Die Beklagte hat somit aufgrund der ordnungsgemäß ergangenen gültigen Rentenanpassungsverordnungen die – rechtmäßigen – Bescheide zum 1. Januar und zum 1. Juli 1991 erlassen. Eine höhere Altersversorgung stand der Klägerin somit bis zum 31. Dezember 1991 nicht zu.

3. Auch der Bescheid vom 27. November 1991 ist rechtmäßig. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin auch insoweit nicht zu:

3.1 Der Bescheid vom 2. Dezember 1991, in dem die beiden Ansprüche auf Sozialpflichtversicherungsrente und Rente aus dem Zusatzversorgungssystem durch einen Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt worden sind, hat die materiell-rechtliche Grundlage ausgetauscht (vgl hierzu BSGE 72, aaO, 56 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8). Die SGB VI-Rente war zwar geringer als der Zahlbetrag zum 1. Juli 1990; die Klägerin erhielt jedoch daneben wegen der Zahlbetragsgarantie einen aus den allgemeinen Regeln des SGB VI nicht herleitbaren Anspruch auf eine zusätzliche Leistung der Rentenversicherung (vgl hierzu BSGE 72, aaO, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8) in Höhe sogar des im Dezember 1991 zuerkannten Betrages (also nicht 1.284,00 DM, sondern 1.432,00 DM nebst 6,84 vH hiervon). Dieser bestandsgeschützte Betrag war der Klägerin so lange zu zahlen, bis die dynamisierte SGB VI-Rente den Zahlbetrag erreicht. Unerheblich ist hier, daß die Umwertung der zum 31. Dezember 1991 bestehenden Bestandsrente aus dem Zusatzversorgungssystem in eine dynamisierungsfähige Rente nach dem SGB VI – “vorläufig” – mittels eines pauschalierenden Verfahrens erfolgte. Diese Regelung blieb im Hinblick auf die mit der Überführung in die deutsche Rentenversicherung verbundenen erheblichen Belastungen der Verwaltung in den Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums (vgl hierzu entsprechend BVerfGE 79, 87, 100), zumal eine Neuberechnung der pauschal umgerechneten Rente für Bezugszeiten ab 1. Juli 1990 erfolgen und – wie im Fall der Klägerin inzwischen geschehen – ggf ein Nachzahlungsanspruch gewährt werden sollte (vgl hierzu auch Senatsurteil vom 14. September 1995, 4 RA 90/94, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Eine Rechtsgrundlage, die der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1994 einen Anspruch auf eine höhere Rente einräumt, ist somit nicht gegeben. Dies gilt auch für die begehrte Anrechnung von DDR-Zurechnungszeiten, welche dem SGB VI fremd sind, auf die Regelaltersrente.

3.2 Eine Grundlage für einen derartigen Anspruch ergibt sich auch nicht aus Art 6 der Konvention zum Schütze der Menschen und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl II 685, 953 mit späteren Änderungen). Diese enthält lediglich eine institutionelle Garantie des Rechts auf freien Zugang zu den Gerichten und auf eine angemessene Verfahrensdauer. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist nicht erkennbar. Sie würde im übrigen – ein derartiger Verstoß einmal unterstellt – auch keinen Anspruch auf eine höhere Altersversorgung begründen (vgl im übrigen zur EMRK nebst Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 – BGBl II 1956 S 1880; Teilurteil und Beschluß vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94).

Eine – hier gesetzesübersteigende – Rechtsfortbildung gegen das klare Konzept des Gesetzes, wie es im EV insoweit Ausdruck gefunden hat, liegt, wie der Senat bereits im Urteil vom 30. März 1994 (aaO) ausgeführt hat, außerhalb der Kompetenz der rechtsprechenden Gewalt (vgl Hillgruber, JZ 1996, 118 ff).

Nach alledem stehen der Klägerin weitere Leistungen für den in Frage kommenden Zeitraum nicht zu; die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, so daß die Revision der Klägerin zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1420258

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