Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung nach dem AFG

 

Leitsatz (amtlich)

§ 112 Abs 2 S 3 AFG in der seit 1.1.1982 geltenden Fassung des AFKG verbietet die Berücksichtigung einmaliger und wiederkehrender Zuwendungen jeglicher Art bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes.

 

Orientierungssatz

1. Die Ordnung der Arbeitslosenversicherung beruht nicht auf einem ausschließlich auf Schadensvergütung ausgerichteten Versicherungsprinzip, es wird auch nicht von der Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung beherrscht (vgl BSG 20.4.1977 7 RAr 55/75 = SozR 4100 § 80 Nr 1).

2. Im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit ist es verfassungsrechtlich gerechtfertigt, Arbeitsentgelte solcher Arbeitnehmer der Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit zu unterwerfen, die wegen des Bezuges anderweitiger Sozialleistungen im Falle der Arbeitslosigkeit regelmäßig überhaupt kein Arbeitslosengeld erhalten können (vgl BVerfG 11.3.1980 1 BvL 20/76 = SozR 4100 § 168 Nr 12).

 

Normenkette

AFG § § 111, 112 Abs 2 S 3 Halbs 1 Fassung: 1981-12-22, § 112 Abs 2 S 3 Halbs 2 Fassung: 1981-12-22; GG Art 3 Abs 1

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 11.10.1983; Aktenzeichen L 7 Ar 4/83)

SG Aurich (Entscheidung vom 25.11.1982; Aktenzeichen S 5 Ar 81/82)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Arbeitslosengeld (Alg).

Der ledige Kläger war von 1979 bis 31. Dezember 1981 als Hochbauingenieur beschäftigt und erhielt zuletzt ein festes Monatsgehalt von 3.450,-- DM brutto. Im Dezember 1981 arbeitete er 160 Stunden; ihm wurde für diesen Monat zusätzlich zu dem Gehalt als Weihnachtsgeld ein sogenanntes 13. Monatsgehalt ausgezahlt, insgesamt also 6.900,-- DM. Er meldete sich am 28. Dezember 1981 arbeitslos und beantragte Alg.

Durch Bescheid vom 12. Januar 1982 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 1. Januar 1982. Sie legte der Bemessung das Monatsgehalt von 3.450,-- DM zugrunde und errechnete daraus ein gerundetes wöchentliches Arbeitsentgelt von 795,-- DM mit einem Alg-Satz in der Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse des Klägers: I) von wöchentlich 322,80 DM. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er eine Bemessung nach dem aus seinen Jahresbezügen errechneten durchschnittlichen Monatsgehalt begehrte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 1983).

Mit der Klage hiergegen hat der Kläger wie schon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, aus dem auf seiner Lohnsteuerkarte 1981 bescheinigten Jahresgehalt errechne sich ein durchschnittliches monatliches Arbeitsentgelt von 3.985,75 DM. Dieses müsse sogar noch um die seit 1. Mai 1981 erfolgte Gehaltserhöhung von monatlich 200,-- DM erhöht werden. Er hat vor dem Sozialgericht (SG) beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12. Januar 1982 und des Widerspruchsbescheides vom 15. März 1982 zu verurteilen, ihm Alg in gesetzlicher Höhe zu zahlen, abzüglich erhaltener Leistungen.

Das SG hat die Beklagte unter Abänderung der beiden oa Bescheide verurteilt, an den Kläger ab 1. Januar 1982 Alg nach einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 3.450,-- DM unter Berücksichtigung des anteiligen 13. Monatsgehalts zu zahlen, abzüglich bereits erhaltener Leistungen (Urteil vom 25. November 1982).

Auf die vom SG zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 11. Oktober 1983). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Zu entscheiden sei nur noch über die Berücksichtigung des 13. Monatsgehalts bei der Bemessung des Klageanspruchs; soweit mit der Klage eine noch höhere Leistung - insbesondere wegen der Gehaltserhöhung von 200,-- DM - geltend gemacht worden sei, sei das Urteil des SG mangels Anfechtung durch den Kläger rechtskräftig geworden. Die Höhe des Anspruchs richte sich nach § 112 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) idF des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497 -AFKG-). Die seit 1. Januar 1982 geltende Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG hindere die Berücksichtigung des im Dezember 1981 ausgezahlten 13. Monatsgehalts bei der Bemessung des Alg. Einmalige und wiederkehrende Zuwendungen gehörten danach nicht zu dem bemessungsfähigen Arbeitsentgelt. Das 13. Monatsgehalt sei eine Zuwendung in diesem Sinne, da es nicht in jedem Lohnabrechnungszeitraum zu zahlen sei. Es könne auch nicht mit einem im Jahresdurchschnitt auf den Monat entfallenden Anteil berücksichtigt werden, wie es das SG angenommen habe. Das SG habe insoweit den Regelungsinhalt des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG verkannt. Wenn es dort heiße, daß die Nichtberücksichtigung auch für Zuwendungen gelte, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin endet, so bedeute dies lediglich eine Klarstellung gegenüber der früheren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Berücksichtigung bestimmter einmaliger Zahlungen.

Mit der Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG durch das LSG, außerdem eine Verletzung der Aufklärungspflicht iS von §§ 103, 108 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er trägt dazu im wesentlichen vor: Das LSG habe fehlerhaft nicht ausdrücklich die Feststellung getroffen, daß der Kläger im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis entsprechende Anteile seines 13. Monatsgehalts erhalten haben würde. Hierauf komme es aber an, weil § 112 Abs 2 Satz 3 AFG die Berücksichtigung solcher Anteile gestatte. Der Ansicht des SG sei zuzustimmen, daß es der Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG nicht bedurft hätte, wenn die Berücksichtigung jeder Zuwendung schlechthin hätte ausgeschlossen werden sollen. Nach dem Wortlaut werde aber gerade der Ausschluß einmaliger und wiederkehrender Zuwendungen für solche Leistungen durchbrochen, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin ende. Daraus habe das SG zu Recht die Berücksichtigung derartiger Anteile gefolgert, wenn das Arbeitsverhältnis - wie im Falle des Klägers - nach dem Fälligkeitstermin ende.

Zudem sei es nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG zu verneinen, ein vertraglich vereinbartes 13. Monatsgehalt, das Bestandteil des festen Jahresgehaltes sei und lediglich im Dezember fällig werde, als eine von der Bemessung ausgeschlossene Zuwendung nach § 112 Abs 2 aF und nF AFG anzusehen. Es handele sich vielmehr um echtes Arbeitsentgelt mit einem bestimmten Fälligkeitstermin. Die Arbeitsvertragsparteien könnten ebensogut die Zahlung eines gleichhohen Jahresgehaltes in zwölf Monatsraten vereinbaren. Die Aufteilung in 13 Monatsgehälter mit Zahlung des 13. im Dezember beruhe lediglich auf der Erwägung, dem Arbeitnehmer wegen des Weihnachtsfestes einen größeren Betrag zur Verfügung zu stellen. Deshalb bleibe es aber doch Arbeitsentgelt für die vereinbarte Arbeitsleistung; es werde nicht aus sozialen Gründen oder für eine zusätzliche Leistung des Arbeitnehmers gezahlt. Zu berücksichtigen sei auch, daß für das 13. Gehalt kraft Gesetzes Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden seien. Dementsprechend habe der 12. Senat des BSG im Urteil vom 28. Oktober 1981 - 12 RK 23/80 - entschieden, daß es sich bei solchen Zahlungen zum Jahresende um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und nicht um beitragsfreie einmalige Zuwendungen handele. Die Nichtberücksichtigung dieses beitragspflichtigen Arbeitsentgelts bei der Leistungsbemessung begegne schließlich verfassungsrechtlichen Bedenken, da dem Beitrag keine Leistung entsprechen würde, was einer Enteignung oder einer gesetzlich nicht vorgesehenen zusätzlichen Besteuerung gleichkommen würde.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Aurich vom 25. November 1982 zurückzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die ihrer Meinung nach zutreffende Entscheidung des LSG.

Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Er hat keinen Anspruch auf ein höheres Alg.

Soweit der Klageanspruch darauf gestützt worden ist, daß bei der Bemessung des Alg auch eine Gehaltserhöhung ab 1. Mai 1981 für die Errechnung des durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelts zu berücksichtigen sei, kann dem LSG zwar nicht darin zugestimmt werden, daß einer Prüfung dieser Frage im Berufungsverfahren die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils entgegengestanden hätte. Der Kläger hat mit der Klage Alg in gesetzlicher Höhe geltend gemacht. Dieser Anspruch ist unter jedem tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilen. Sofern er sich nicht allein aus der Zahlung des 13. Monatsgehaltes rechtfertigte, hätte die behauptete Tatsache der Gehaltserhöhung ihn begründen können, wenn es rechtlich darauf angekommen sein sollte. In Rechtskraft erwachsen konnte die Entscheidung des SG nur, soweit das Gericht über den Streitgegenstand, also über Bestand oder Nichtbestand des Anspruchs entschieden hat, nicht die Bewertung von tatsächlichen Grundlagen dieses Anspruchs. Rechtskraftfähig wäre mithin hier nur eine den Klageanspruch (teilweise) abweisende Entscheidung des SG gewesen (§ 141 Abs 1 SGG). Eine solche Abweisung hat das SG jedoch nicht ausgesprochen; es ist auf die Frage der Begründetheit des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt der Gehaltserhöhung ausdrücklich gar nicht eingegangen. Zudem hat das SG für die Bemessung ua das dem Kläger zuletzt zustehende Monatsgehalt von 3.450,-- DM herangezogen, welches jedenfalls auch eine seit 1. Mai 1981 erfolgte Gehaltserhöhung um 200,-- DM monatlich enthalten haben dürfte. Es ist mithin möglich, daß die zusprechende Entscheidung des SG auch diesen Gehaltsbestandteil erfaßt hat, was ggf der Aufklärung bedurft hätte. Indessen braucht dieser Frage im einzelnen nicht weiter nachgegangen zu werden; denn die Entscheidung des LSG erweist sich im Ergebnis als richtig.

Der dem Kläger dem Grunde nach zustehende Anspruch auf Alg für die Zeit ab 1. Januar 1982 ergibt sich der Höhe nach aus den Regelungen der §§ 111, 112 AFG idF des seit dem 1. Januar 1982 geltenden AFKG (Art 18 AFKG). Da der Kläger bis zum 31. Dezember 1981 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat, ist sein am 28. Dezember 1981 gestellter Antrag auf Alg frühestens zum 1. Januar 1982 wirksam geworden; der Kläger war erst von diesem Tage an arbeitslos. Folglich ist sein Anspruch auf Alg erst am 1. Januar 1982 entstanden (§ 100 Abs 1 AFG). Mithin beurteilt er sich nicht nach § 112 AFG in der Fassung vor Inkrafttreten des AFKG; denn die Übergangsregelung des Art 1 § 2 Nr 11 Satz 1 AFKG ordnet die Weitergeltung bestimmter Regelungen des § 112 AFG aF nur für den Fall an, daß der Anspruch vor dem 1. Januar 1982 entstanden ist.

Gemäß § 111 Abs 1 AFG beträgt das Alg 68 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts nach § 112 AFG. Arbeitsentgelt in diesem Sinne ist das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs 2 Satz 1 AFG); für die Ermittlung der Arbeitsstunden von Beziehern eines Monatsgehalts gilt die Sonderregelung des § 112 Abs 2 Satz 2 AFG. Schließlich bestimmt § 112 Abs 2 Satz 3 AFG: "Einmalige und wiederkehrende Zuwendungen bleiben außer Betracht; dies gilt auch für Zuwendungen, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin endet".

Für den Anspruch des Klägers ist maßgebend das Arbeitsentgelt, das er im Dezember 1981 erzielt hat, soweit es zugrunde zu legen ist; denn da der Kläger nach den Feststellungen des LSG weder im Akkordlohn noch umsatzabhängig beschäftigt war, sein Dezembergehalt bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abgerechnet und er in diesem Monat für mehr als 20 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt erworben hatte, bestimmte sich dieser Bemessungszeitraum aus § 112 Abs 3 Satz 1 AFG.

Aus den Feststellungen des LSG folgt ferner, daß das regelmäßige Monatsgehalt des Klägers im Dezember 1981 3.450,-- DM betrug. Ob darin die vom Kläger behauptete Gehaltserhöhung von 200,-- DM enthalten ist, ist im Revisionsverfahren ohne Bedeutung; denn der Kläger hat diese Feststellung des LSG nicht angegriffen, so daß sie für den Senat ungeachtet ihrer Richtigkeit bindend ist (§ 163 SGG). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte allein das Arbeitsentgelt von 3.450,-- DM monatlich der Bemessung des Alg-Anspruchs zugrunde gelegt hat; das dem Kläger im Dezember 1981 zusätzlich zum Gehalt zugeflossene 13. Monatsgehalt (Weihnachtsgeld) von weiteren 3.450,-- DM brutto hatte dafür nämlich außer Betracht zu bleiben, weil es sich um eine Zuwendung handelte, die seit dem 1. Januar 1982 nach § 112 Abs 2 Satz 3 AFG für die Bestimmung der Höhe eines Alg-Anspruchs in keiner Weise mehr berücksichtigt werden darf.

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob das Weihnachtsgeld als einmalige Zuwendung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist (vgl zu diesem Begriff BSGE 16, 91, 95; 22, 162, 166; 25, 69, 71; 26, 68, 71; 29, 105, 106; SozR Nr 1 zu § 112 AFG) oder angesichts des Umstandes, daß der Kläger es in den mehreren Jahren seiner letzten Beschäftigung mehrfach, nämlich jährlich einmal, erhalten hat, als wiederkehrende Zuwendung. In beiden Fällen hat es bei der Bemessung des Alg außer Betracht zu bleiben, denn es gehört jedenfalls nicht zu dem Arbeitsentgelt, das dem Kläger während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als regelmäßiges, laufendes monatliches Gehalt zustand.

Der Senat hat zwar im Einklang mit der Rechtsprechung anderer Senate des BSG zu den früheren Fassungen des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG entschieden, daß zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers zum regelmäßigen Arbeitsentgelt ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung dann nicht zu den schon seit jeher von der Bemessung des Alg ausgeschlossenen einmaligen Zuwendungen gehören, wenn der Arbeitnehmer auf sie einen Anspruch hat, Höhe und Fälligkeit von vornherein feststehen und sie in der Weise einen Bestandteil des festen Jahresgehaltes bilden, daß sie bei Beginn oder Ende des Arbeitsverhältnisses im Laufe eines Jahres anteilig zu zahlen sind (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 11 wmN; zur Verwendung dieses Begriffs in § 182 Abs 5 Satz 1 RVO vgl BSGE 52, 102, 104; 53, 122, 124, jeweils mwN). Unterschiedliche Folgerungen aus dieser Rechtsprechung ergeben sich lediglich aus der je nach Gesetzeslage dem Umfange nach verschiedenen Art der Berücksichtigung derartiger Zuwendungen für die Höhe eines Alg-Anspruchs; hierauf ist noch einzugehen.

Für die Neufassung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG durch das AFKG kann diese Rechtsprechung zu den Auswirkungen einer einmaligen Zuwendung auf die Bemessung des Alg jedoch nicht mehr zugrunde gelegt werden. Dies folgt aus Inhalt und Zweck der Bestimmung, die sich aus ihrem Wortlaut und der mit ihr verbundenen Absicht ergeben.

Bis zur Änderung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG durch das insoweit am 1. Januar 1981 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - vom 18. August 1980 (BGBl I 1469 -SGB 10-) lautete die Vorschrift: "Einmalige Zuwendungen bleiben außer Betracht". An dessen Stelle wurden durch das SGB 10 folgende Sätze 3 und 4 eingefügt:

"Das wöchentliche Arbeitsentgelt im Sinne des Satzes 1 erhöht sich um den auf eine Woche entfallenden Anteil mindestens jährlich wiederkehrender Zuwendungen, die jeweils anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin aufgrund ordentlicher Kündigung des Arbeitgebers endet. Sonstige wiederkehrende Zuwendungen sowie einmalige Zuwendungen bleiben außer Betracht".

Erklärtermaßen lag dieser nur ein Jahr gültigen Neufassung die Absicht zugrunde, die zu der offenen Bestimmung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG aF ergangene oa Rechtsprechung dahin zu modifizieren, sowohl die im Bemessungszeitraum als auch die außerhalb dessen - im Laufe des Jahres vorher - gezahlten, nicht monatlich fälligen Zuwendungen bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen, allerdings nur mit dem auf den Kalendermonat anteilig entfallenden Anteil, und zwar auch dann, wenn die volle Zahlung im Bemessungszeitraum des § 112 Abs 3 AFG erfolgt war (vgl Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung, Begründung zu § 112 Abs 2 Sätze 3 und 4, BT-Drucks 8/4022 S 90, 91). Aus der Gesetzesfassung und der Begründung dafür rechtfertigt sich übrigens die Annahme, daß im Sinne der oa Rechtsprechung arbeitsrechtlich abgesicherte Zuwendungen wie Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld und dergleichen auch dann, wenn sie nur einmal jährlich, jedoch jedes Jahr erneut zu zahlen sind, begrifflich als "wiederkehrende Zuwendungen" anzusehen sind (ebenso BSGE 52, 102, 104).

Mit der erneuten Änderung des § 112 Abs 2 AFG in Form seines seit dem Inkrafttreten des AFKG ab 1. Januar 1982 geltenden Satzes 3 (anstelle der bisherigen Sätze 3 und 4) wurde die Berücksichtigung einmaliger und wiederkehrender Zuwendungen gänzlich ausgeschlossen. Der § 112 Abs 2 Satz 3 Halbsatz 1 AFG bestimmt dies ganz unmißverständlich nicht nur für diejenigen Zuwendungen, die schon bisher nicht herangezogen werden durften, weil sie wegen tatsächlicher Einmaligkeit oder mangels Anspruchs auf anteilige Auszahlung bei vorzeitigem Ausscheiden iS des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des SGB 10 nicht begünstigt waren, sondern auch für jene Zuwendungen, die diesen Anforderungen entsprechen. Dies lag auch in der Absicht des Gesetzgebers, wie nicht nur die schon vom LSG zutreffend zitierte Begründung aus dem Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu § 112 AFG nach dem Entwurf eines AFKG beweist (vgl BT-Drucks 9/966 S 79), sondern auch die Darstellung im Ausschuß-Bericht über eine Auseinandersetzung zwischen den Fraktionen zu dieser Frage, die schließlich jedoch zu einer praktisch inhaltsgleichen Übereinstimmung in der Sache geführt hat (vgl BT-Drucks 9/966 S 75 zu "Bemessung des Arbeitslosengeldes (§ 112 AFG)"). Danach sollte das Alg 68 vH des vom Arbeitnehmer regelmäßig erzielten Nettoarbeitsentgelts grundsätzlich nicht übersteigen und seiner Bemessung deshalb nur noch dasjenige laufende Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, mit dem der Arbeitnehmer bei jeder Lohnabrechnung rechnen kann, soweit es im Bemessungszeitraum erzielt worden ist. Dasselbe gilt übrigens auch für die Bemessung des Kurzarbeiter- und des Schlechtwettergeldes (§§ 68 Abs 3, 86 AFG idF des AFKG, vgl dazu BT-Drucks 9/966 S 75 - "Aufrechnung von Überstunden und Kurzarbeitergeld" - und S 78/79 - "Zu Artikel 1 § 1 Nr 22a (§ 68 AFG)" -).

Die Regelung in § 112 Abs 2 Satz 3 Halbsatz 2 AFG steht diesem Inhalt des Gesetzes nicht nur nicht entgegen, wie das SG und der Kläger meinen, sondern sie bestätigt ihn sogar. Der Halbsatz 2 will nämlich nicht etwa eine unterschiedliche Behandlung von anteilig gezahlten Zuwendungen für die Alg-Bemessung regeln, und zwar je nachdem, ob sie vor oder nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlt worden sind. Dies wäre in der Tat ein wenig verständliches Ergebnis. Vielmehr soll hier, wie das LSG zutreffend erkannt hat, lediglich klargestellt werden, daß die nicht zum laufenden Arbeitsentgelt gehörigen Zuwendungen selbst für den Fall außer Betracht zu bleiben haben - und zwar gänzlich -, daß der Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor dem Termin der Fälligkeit dieser Zuwendung Anspruch auf eine anteilige Auszahlung haben sollte. Ob der Gesetzgeber damit einer Auslegung des 1. Halbsatzes des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG vorbeugen wollte, wie sie sich für die Fassung der Vorschrift vor Inkrafttreten des SGB 10 hinsichtlich bestimmter Zuwendungen durchgesetzt hatte, mag dahinstehen. Aus der Anlehnung der Formulierung in § 112 Abs 2 Satz 3 Halbsatz 2 AFG nF an die zuvor geltende Fassung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG, der Verwendung der Gegenwartsform ("... die anteilig gezahlt werden ...") und der mit der Gesamtregelung verfolgten und im Wortlaut des 1. Halbsatzes bestätigten Absicht folgt jedenfalls, daß dieser Halbsatz 2 die Definition einer bestimmten Art von Zuwendungen enthält, die (ebenfalls) nicht bei der Bemessung berücksichtigt werden darf; er beschreibt mithin nicht konditional die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Zuwendungen bei einer bestimmten Konstellation im Einzelfalle. So ist dann auch, soweit ersichtlich, in der Literatur die Auffassung einhellig, daß § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG einmalige und wiederkehrende Zuwendungen jeglicher Art als Grundlage für die Alg-Bemessung verbietet (vgl Hennig/Kühl/Heuer, Komm z AFG, Stand: Juni 1982, Erl 5 zu § 112; Knigge, Ketelsen, Marschall, Wittrock, Komm z AFG, 1984, Anm 8 zu § 112; Gemeinschaftskommentar z AFG, Stand: Februar 1983, RdNr 19 zu § 112; Krebs, Komm z AFG, Stand: Juli 1982, RdNrn 18, 18a zu § 112). Angesichts dieser Rechtslage greifen die Sachaufklärungsrügen des Klägers nicht durch; denn auf die Frage, ob er bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf anteilige Auszahlung des 13. Monatsgehalts gehabt hätte, kommt es nicht an.

Das 13. Monatsgehalt, das der Kläger im Dezember 1981 erzielt hat, ist eine nach § 112 Abs 2 Satz 3 AFG von der Bemessung beim Alg ausgeschlossene Zuwendung. Es gehört nicht zu dem ihm normalerweise und regelmäßig, dh monatlich laufend ausgezahlten Arbeitsentgelt. Dafür kommt es weder auf die Frage an, aus welchen Motiven der Arbeitgeber es dem Kläger als Weihnachtsgeld gewährt hat noch darauf, ob es zusätzlich gezahlt wurde und ob es Entgeltcharakter besaß oder nicht. Der § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG stellt ausschließlich auf die Art des regelmäßigen, laufenden Zuflusses ab. Infolgedessen spielt es auch keine Rolle, ob das 13. Monatsgehalt für die gleiche Arbeitsleistung des Klägers ebensogut zur Zahlung in zwölf gleichen Monatsraten - zusammen mit dem übrigen Gehalt - hätte vereinbart werden können. Wenn der Kläger sich hierauf beruft, übersieht er, daß im gegebenen Falle derartige "Raten" dann tatsächlich Bestandteil des regelmäßigen, laufenden Gehaltes geworden wären. Dem Kläger hätte Monat für Monat ein um sie erhöhtes Arbeitsentgelt zum Verbrauch zur Verfügung gestanden, sein regelmäßiger Lebensstandard wäre hiervon bestimmt worden. Dies hätte nach der der Zahlung von Alg zugrundeliegenden Idee des anteiligen Ersatzes eines regelmäßig zufließenden Netto-Lohnes auch dazu geführt, eine derartige im Bemessungszeitraum ausgezahlte Rate bei der Höhe des Alg mitzuberücksichtigen. Kommt es aber, wie dargestellt, nach dem Gesetzesinhalt auf die Art der Entgeltzahlung als maßgebliches Unterscheidungsmerkmal an (laufend - wiederkehrend - einmalig), ist nicht entscheidend, wie eine einmalige oder wiederkehrende Zuwendung auch anders - nämlich als laufendes Arbeitsentgelt - hätte verteilt werden können.

Die Hinweise des Klägers auf anderslautende Rechtsprechung des BSG führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Das Urteil des Senats vom 10. Dezember 1981 - 7 RAr 6/81 - ist ebenso wie die Urteile vom 7. August 1981 - 7 RAr 42/78 und 17/78 - zu dem vor Inkrafttreten des AFKG geltenden Recht ergangen; es wurde schon darauf hingewiesen, daß von der dort angenommenen Berücksichtigungsfähigkeit bestimmter Zuwendungen für die Bemessung des Alg seit dem 1. Januar 1982 nicht mehr ausgegangen werden kann. Im Ergebnis gilt dasselbe für die Rechtsprechung des BSG zu § 182 Abs 5 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Diese stützt sich für die anteilige Berücksichtigung von Sonderzuwendungen bei einer Leistungsgewährung auf eine abweichende Rechtslage. Wenn es dort heißt, daß Maßstab für den Regellohn als Leistungsbemessungsgrundlage für das Krankengeld ein bestimmtes, um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt vermindertes Arbeitsentgelt sei, dann ist dies mit der Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG nicht mehr vergleichbar (vgl dazu BSG SozR 2200 § 182 Nr 85; BSGE 52, 102; 53, 122). Dasselbe gilt für die beitragsrechtliche Berücksichtigung solcher Zuwendungen, für die der Kläger auf die Entscheidung des BSG vom 28. Oktober 1981 - 12 RK 23/80 - (SozR 2100 § 14 Nr 9) hingewiesen hat.

Gegen die Regelung des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG idF des AFKG bestehen schließlich nicht, wie der Kläger meint, deshalb verfassungsrechtliche Bedenken, weil dadurch Entgeltteile von der Leistungsbemessung ausgeschlossen werden, für die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu entrichten sind (§ 173a AFG). Die Ordnung der Arbeitslosenversicherung beruht nicht auf einem ausschließlich auf Schadensvergütung ausgerichteten Versicherungsprinzip, es wird auch nicht von der Äquivalenz zwischen Beitrags- und Versicherungsleistung beherrscht (vgl BSG SozR 4100 § 112 Nr 3; BSGE 43, 255, 266 = SozR 4100 § 80 Nr 1). Für deren Gestaltung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Spielraum, der es im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der BA verfassungsrechtlich sogar rechtfertigt, Arbeitsentgelte solcher Arbeitnehmer der Beitragspflicht zur BA zu unterwerfen, die wegen des Bezuges anderweitiger Sozialleistungen im Falle der Arbeitslosigkeit regelmäßig überhaupt kein Alg erhalten können (BVerfGE 53, 313 = SozR 4100 § 168 Nr 12). Erst recht muß dies dann gelten, wenn nur ein Teil des Arbeitsentgelts leistungsrechtlich nicht berücksichtigt wird, obwohl er der Beitragspflicht zur BA unterworfen bleibt.

Die Beklagte ist nach allem zu Recht davon ausgegangen, daß für die Bemessung des Alg-Anspruchs dem Kläger ab 1. Januar 1982 nur sein normales Monatsgehalt von 3.450,-- DM zugrunde zu legen war. Nach den Feststellungen des LSG ist der daraus folgende Leistungssatz auch zutreffend berechnet und bewilligt worden. Der Revision des Klägers muß deshalb der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1660912

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