Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlbetrag. Verfassungsmäßigkeit. Beitragspflicht. Höherversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Versicherungspflichtigen der gesetzlichen Krankenversicherung gehören zum beitragspflichtigen Rentenzahlbetrag auch Rententeile, die auf Beiträgen zur Höherversicherung beruhen.

 

Orientierungssatz

1. Die Definition des Zahlbetrages der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung in § 180 Abs 5 Nr 1 RVO bezieht sich auf die Beitragszuschußregelungen in § 1304e Abs 2 RVO, § 83e Abs 2 AVG. Darin sind die Leistungen der Höherversicherung nicht vom Zuschuß ausgenommen.

2. Die Unterwerfung der Höherversicherungsteile unter die Beitragspflicht ist nicht verfassungswidrig. Versicherungspflichtige Rentner mit derartigen Bezügen werden zwar anders behandelt als diejenigen Rentner, die früher statt der Beiträge zur Höherversicherung Prämien an eine private Lebensversicherung entrichtet haben und jetzt mit den Leistungen einer solchen Versicherung beitragsfrei bleiben. Diese Ungleichbehandlung entbehrt jedoch nicht einer sachlichen Begründung und führt deshalb nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG).

3. Die unter Berücksichtigung des Beitragszuschusses maßvolle Belastung der Rententeile der Höherversicherung verstößt auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 GG.

 

Normenkette

RVO § 180 Abs 5 Nr 1 Fassung: 1981-12-01, § 180 Abs 8 S 1 Fassung: 1981-12-01, § 1304e Abs 2 Fassung: 1981-12-01, § 1304e Abs 2 Fassung: 1984-06-27; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 14 Abs 1 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 15.10.1987; Aktenzeichen L 8 Anz 2/87)

SG Berlin (Entscheidung vom 15.01.1987; Aktenzeichen S 17 Anz 2602/85)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auch ein Rententeil beitragspflichtig ist, der auf Beiträgen zur Höherversicherung beruht.

Der Kläger ist als Rentner versicherungspflichtig und Mitglied der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse. Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wandelte mit Bescheid vom 8. Juli 1985 seine bis dahin bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 1. September 1985 an in Altersruhegeld um. Dieses betrug anfangs monatlich 2.923,60 DM. Darin waren (bei einer jährlichen Leistung der Höherversicherung von 4.075,70 DM) monatlich 339,64 DM enthalten, die auf Beiträgen zur Höherversicherung beruhten. Die Beklagte zählte zu dem gesamten Rentenbetrag (2.923,60 DM) ihren hierauf mit damals 7,3 vH (= 213,42 DM) errechneten Beitragszuschuß hinzu, zog den ebenfalls von dem gesamten Rentenbetrag berechneten Krankenversicherungsbeitrag von 11,8 vH (= 344,98 DM) ab und zahlte monatlich 2.792,04 DM aus.

Der Kläger hat beim Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben und sich gegen die Berücksichtigung des Rententeils der Höherversicherung bei der Beitragserhebung gewandt. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 15. Januar 1987 abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin das Urteil des SG aufgehoben und den Bescheid der Beklagten geändert. Es hat die Beklagte verurteilt, das Altersruhegeld aus Beiträgen zur Höherversicherung nicht in die Berechnung des Beitragszuschusses und des abzuführenden Beitrages zur Krankenversicherung einzubeziehen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Wortlaut des § 180 Abs 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) spreche zwar gegen die Auffassung des Klägers. Denn der Rentenzahlbetrag schließe die Leistung der Höherversicherung ein. Auch pflege der Gesetzgeber, soweit er Rententeile ausklammern wolle, das deutlich zum Ausdruck zu bringen, etwa durch die Formulierung "ohne Steigerungsbeträge aus Beiträgen der Höherversicherung", oder eine andere ausdrückliche Regelung, wie sie etwa § 83e Abs 2 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) zu den Kinderzuschüssen enthalte. Auf der anderen Seite würden zur Beitragserhebung in der KVdR jedoch, wie § 180 Abs 8 Satz 2 RVO zeige, Einnahmen aus betriebsfremder privater Eigenvorsorge nicht herangezogen. Solchen Einnahmen seien die Leistungen der Höherversicherung vergleichbar, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe. Nur wenn dementsprechend auch der Rentenzahlbetrag in § 180 Abs 5 RVO auf den Grundbetrag der Rente beschränkt werde, sei die Regelung verfassungskonform.

Gegen das Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision der Beklagten, mit der sie geltend macht: Die Grundlohnregelung des § 180 Abs 5 RVO korrespondiere mit der Beitragszuschußregelung in § 83e AVG (= § 1304e RVO). Bei dieser sei seit 1977 nie bezweifelt worden, daß der Rentenzahlbetrag die Höherversicherungsleistung einschließe. Wenn der Gesetzgeber Rententeile habe ausklammern wollen, habe er dieses besonders geregelt. In der Begründung des RAG 1982 sei demgegenüber gerade klargestellt, daß Leistungen aufgrund von Beiträgen zur Höherversicherung bei der Zuschuß- und Beitragsberechnung nicht ausgenommen seien. Die Leistungen aus Beiträgen zur Höherversicherung seien - ungeachtet ihrer Beurteilung als reine Privatversicherung in öffentlich-rechtlichem Gewande (BSG SozR 2200 § 1262 Nr 8) - als finanzieller Zuschlag zur eigentlichen Rente anzusehen, der die Leistungsfähigkeit des versicherten Rentners erhöhe und deshalb beitragspflichtig sei; hierzu verweise sie auf das Urteil des BSG vom 21. Januar 1971 - 4 RJ 39/70 -. Die Ausführungen des LSG zu beitragsfreien Einnahmen aus betriebsfremder privater Eigenvorsorge beträfen die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen iS des § 180 Abs 8 Satz 2 RVO und ließen sich auf Satz 1 dieser Vorschrift nicht übertragen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Leistungen aus Beiträgen zur Höherversicherung wie Einnahmen aus einer privaten Lebensversicherung nicht für beitragspflichtig. Im Gesetz sei nicht zum Ausdruck gekommen, daß Leistungen der Höherversicherung zum "Rentenzahlbetrag" gehörten. Der Kläger weist auf die Regelung des § 18a des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil - (SGB 4) hin und bezieht sich auf sein Vorbringen in erster und zweiter Instanz.

Die Beigeladene schließt sich der Auffassung der Beklagten an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Ansicht des LSG ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Das Altersruhegeld des Klägers ist auch insofern beitragspflichtig, wie es einen Rententeil aus Beiträgen zur Höherversicherung enthält.

Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 1985, mit dem sie dem Kläger vom 1. September 1985 an Altersruhegeld bewilligte, ist nach den Vorschriften zu beurteilen, die seit der Neuregelung des Beitragsrechts der KVdR zum 1. Januar 1983 durch das Rentenanpassungsgesetz 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I S 1205) galten. Von da an bestimmte § 393a Abs 1 RVO, daß die Träger der Rentenversicherung bei der Zahlung der Renten die darauf entfallenden Beiträge nach § 381 Abs 2 RVO einzubehalten hatten, und zwar von den Zuschüssen des Trägers der Rentenversicherung und, soweit sie die Zuschüsse überstiegen, von den Renten selbst. Dieser Regelung entsprechend ist die Beklagte verfahren. Sie hat dabei der Berechnung des einzubehaltenden und abzuführenden Beitrags das Altersruhegeld auch in Höhe der Leistung der Höherversicherung zugrunde gelegt. Das entsprach dem Gesetz.

Der Kläger hatte als versicherungspflichtiger Rentner gemäß § 381 Abs 2 Satz 1 RVO ua die nach § 180 Abs 5 RVO zu bemessenden Beiträge zu tragen. Nach § 180 Abs 5 Nr 1 RVO gehörte zum beitragspflichtigen Grundlohn bis zu der - hier nicht überschrittenen - Beitragsbemessungsgrenze der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 83e Abs 2 AVG, § 1304e Abs 2 RVO). Als Rente der gesetzlichen Rentenversicherung galten nach § 180 Abs 8 Satz 1 RVO auch die Renten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten mit Ausnahme der Renten, auf die Art 2 § 51a Abs 4 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) oder Art 2 § 49a Abs 4 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) Anwendung findet (sog Artikel-Renten). Das Gesetz nahm daher zunächst (ab 1. Januar 1983) in § 180 Abs 8 Satz 1 RVO nur diese sogenannten Artikel-Renten von der Beitragspflicht aus und bezog sich im übrigen zur Definition des Zahlbetrages der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung in § 180 Abs 5 Nr 1 RVO auf die Beitragszuschußregelungen in § 1304e Abs 2 RVO, § 83e Abs 2 AVG. Darin waren die Leistungen der Höherversicherung nicht vom Zuschuß ausgenommen, der beim Altersruhegeld des Klägers (Beginn: 1. September 1985) nach der vom 1. Juli 1985 an zunächst geltenden Regelung 7,3 vH der Rente betrug (§ 1304e Abs 2 Satz 1 RVO, § 83e Abs 2 Satz 1 AVG idF der Art 2, 3 des Gesetzes zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 16. Mai 1985 - BGBl I S 766 -). Damit waren die Rententeile aus Beiträgen zur Höherversicherung auch nicht von der Beitragspflicht ausgeklammert.

Schon die Sonderregelung zu den Artikel-Renten legt den Schluß nahe, daß im Gegensatz zu ihnen Rententeile aus Beträgen zur Höherversicherung sowohl bei der Grundlohn- als auch bei der Beitragszuschußberechnung Teile des Rentenzahlbetrages waren. Dieses wird durch die Vorgeschichte der Regelung und ihre weitere Entwicklung bestätigt.

Schon als in den Jahren 1968 und 1969 Rentner vorübergehend zu eigenen Beitragsleistungen herangezogen worden waren, hat das BSG durch Urteil vom 21. Januar 1971 (USK 7143) entschieden, daß Beiträge auch von Steigerungsbeträgen einzubehalten waren, die ein Rentner aus der Höherversicherung erhielt. Als später zum 1. Januar 1983 durch das RAG 1982 wiederum eine eigene Beitragspflicht der Rentner eingeführt wurde, hieß es in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 180 Abs 5 RVO, als Zahlbetrag sei der zur Auszahlung kommende Betrag einschließlich der nicht beitragsbezogenen Leistungen zu berücksichtigen, wie er der Berechnung des Beitragszuschusses nach § 1304e RVO zugrunde zu legen sei (BT-Drucks 9/458, S 33). Zu § 1304e Abs 2 Satz 1 RVO hieß es dort (S 38), zum Rentenzahlbetrag gehörten auch etwaige Kinderzuschüsse und Leistungen aufgrund von Beiträgen der Höherversicherung und gleichgestellte Leistungen. Da § 180 Abs 5 Nr 1 RVO, § 1304e Abs 2 RVO und § 83e Abs 2 AVG unverändert idF des Regierungsentwurfs Gesetz geworden sind, hat der Gesetzgeber in der KVdR auch Rententeile aus Beiträgen zur Höherversicherung der Beitrags- und der Beitragszuschußpflicht unterwerfen wollen.

Hieran änderte sich nichts, als durch Art 2 Nr 4 und Art 3 des Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1984 vom 27. Juni 1984 (BGBl I S 793) § 1304e Abs 2 RVO und § 83e Abs 2 AVG geändert wurden. Der Gesetzgeber fügte nunmehr nach den Worten "des monatlichen Rentenzahlbetrags" die Worte "ohne die darin enthaltenen Kinderzuschüsse" ein und nahm damit die Kinderzuschüsse von der Beitrags- und der Beitragszuschußpflicht aus. Dieses beruhte auf einem Vorschlag des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks 10/1379, S 13/14). Zu dessen Begründung hieß es, die Beitragspflicht auch der Kinderzuschüsse führe dazu, daß Rentner mit Kindern wegen der zum 1. Juli 1984 um weitere 2 vH der Rente steigenden Beteiligung an den Beiträgen für ihre Krankenversicherung (aufgrund der nichtdynamischen Kinderzuschußbeträge) nicht mit der sich sonst ergebenden Erhöhung ihrer Rente um rund 1,3 vH rechnen könnten. Die Änderung nehme die nichtdynamischen Kinderzuschüsse von der Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung und folgerichtig auch von der Ermittlung des Beitragszuschusses aus. Rentner mit Kinderzuschüssen würden damit hinsichtlich der Beitragszahlung zur Krankenversicherung den Krankenversicherten mit Anspruch auf Kindergeld gleichgestellt. Hierdurch werde in den Fällen, in denen Beiträge an die gesetzliche Krankenversicherung vom Rentenversicherungsträger abgeführt würden, eine Anpassung der dynamischen Rente um rd 1,3 vH sichergestellt. In den übrigen Fällen werde eine Minderung des Auszahlungsbetrages durch die Besitzschutzklausel in § 4 Abs 2 RAG vermieden.

Bei dieser Gesetzesänderung sind jedoch nur die Kinderzuschüsse und nicht auch die Rententeile der Höherversicherung ausgeklammert worden. Es kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe eine Ausnahme auch für die Rententeile der Höherversicherung vornehmen wollen und dieses lediglich nicht deutlich zum Ausdruck gebracht. Vielmehr war dem Gesetzgeber, wie die Entstehung des RAG 1982 zeigt, klar, daß die Beitragspflicht außer bei den Kinderzuschüssen auch bei den Rententeilen der Höherversicherung zweifelhaft sein konnte. Wenn dennoch entgegen der früher gleich geregelten Beitragspflicht beider Arten von Bezügen nunmehr im Jahre 1984 nur die Kinderzuschüsse ausgenommen wurden, so ist davon auszugehen, daß dieses mit Bedacht geschehen ist. Hierfür spricht auch, daß die für die Sonderregelung hinsichtlich der Kinderzuschüsse angeführten Gründe auf die Rententeile aus Beiträgen zur Höherversicherung überwiegend nicht zutreffen. Zwar sind diese - wie die Kinderzuschüsse - ebenfalls nicht dynamisiert (§ 49 Abs 3 AVG = § 1272 Abs 3 RVO), so daß sich das bei den Kinderzuschüssen verwendete Argument, es solle im Ergebnis trotz Erhöhung des vom Rentner zu tragenden Beitragsanteils noch eine Erhöhung des ausgezahlten Betrages verbleiben, auch auf die Rententeile der Höherversicherung übertragen ließe. Bei ihnen waren aber die weiteren Gründe, Rentnern mit Kindern - offenbar aus familienpolitischen Gründen - eine Erhöhung des ausgezahlten Betrages zu sichern und zu einer Gleichbehandlung zwischen Rentnern mit Kinderzuschüssen und Rentnern mit Kindergeld beizutragen, nicht einschlägig.

An der Beitragspflicht der Rententeile aus Höherversicherungsbeiträgen hat auch das am 1. Januar 1989 in Kraft getretene Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) nichts geändert. Durch Art 1 dieses Gesetzes ist an die Stelle der in § 180 Abs 5 Nr 1, Abs 8 Satz 1 RVO enthaltenen Regelung die Neuregelung in § 237 Satz 1 Nr 1, Satz 2, § 228 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB 5) getreten. In der letztgenannten Vorschrift sind nunmehr weiterhin ausdrücklich die Kinderzuschüsse, nicht jedoch mehr die Artikel-Renten und weiterhin nicht die Rententeile aus Beiträgen zur Höherversicherung von den beitragspflichtigen Einnahmen ausgenommen. In der Begründung des Entwurfs (BT-Drucks 11/2237, S 223), der insofern inhaltlich unverändert Gesetz geworden ist, heißt es zu § 237 Abs 1 (= § 228 Abs 1 SGB 5): Die Vorschrift entspreche weitgehend § 180 Abs 8 Satz 1 RVO. Anders als bisher unterlägen nunmehr alle Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht. Zum Zahlbetrag der Rente gehörten nicht die in dem Rentenzahlbetrag enthaltenen Kinderzuschüsse. Leistungen aufgrund von Beiträgen zur Höherversicherung seien jedoch beim Zahlbetrag der Rente zu berücksichtigen. - Hinsichtlich der Rententeile aus Beiträgen zur Höherversicherung kann dieses nur als Bestätigung des bisherigen Rechtszustandes und nicht als erstmalige Einbeziehung auch dieser Rententeile in die Beitragspflicht aufgefaßt werden. Daß nunmehr "alle Renten" einbezogen werden sollten, bezieht sich offenbar darauf, daß die Ausnahme für die Artikel-Renten entfallen ist, für die im übrigen während der Ausschußberatungen die krankenversicherungsrechtlichen Sonderregelungen in Art 2 § 51a Abs 4 ArVNG und Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG ganz gestrichen worden sind (Art 14 Nr 3 und Art 15 Nr 3 GRG).

Aus der früheren Rechtsprechung des BSG, nach der eine Rente, die nur aus Beiträgen zur Höherversicherung gewährt wurde, bestimmte Ansprüche und Rechte nicht begründete, kann eine Beitragsfreiheit der Höherversicherungsteile im Altersruhegeld des Klägers nicht hergeleitet werden. Das BSG hat zwar mit Urteil vom 29. September 1976 (BSGE 42, 232 = SozR 2200 § 381 Nr 11) entschieden, daß eine Rente, die nur aus Beiträgen zur Höherversicherung gewährt wurde, keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuß nach dem damals geltenden § 381 Abs 4 RVO begründete. Es hat ferner durch Urteil vom 14. Juli 1977 (SozR 2200 § 165 Nr 21; auch Urteil des erkennenden Senats vom 20. Oktober 1977, USK 77149) entschieden, daß mit einer solchen Rente eine Mitgliedschaft in der KVdR nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO in der vor dem 1. Juli 1977 geltenden Fassung nicht erworben werden konnte. Ob diese Rechtsprechung heute noch Bedeutung hat, ist nach Einführung des § 72 AVG (§ 1295 RVO), der eine Rente aus Höherversicherungsbeiträgen nur noch neben einer aus anderen Beiträgen zuläßt, ferner nach Einführung einer Vorversicherungszeit für den Zugang zur KVdR (§ 165 Abs 1 Nr 3 RVO in der vom 1. Juli 1977 bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung; heute Art 56 Abs 1 GRG, § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5), schließlich nach Begründung einer eigenen Beitragspflicht für Rentner und der dem individuellen Rentenzahlbetrag folgenden Bemessung des Beitragszuschusses fraglich. Selbst wenn man das annehmen wollte, könnte das nur für Renten gelten, die allein auf Beiträgen zur Höherversicherung beruhen. Beim Kläger, dessen Altersruhegeld nur zu etwa einem Neuntel aus Rententeilen der Höherversicherung besteht, ist dieses nicht der Fall. Bei Renten wie seiner hat die Parallele "keine Versicherungspflicht durch Rentenbezug - keine Beitragspflicht der Rente - kein Beitragszuschuß" von vornherein nicht bestanden. Dieses ergibt sich auch aus der jetzt aufgehobenen Regelung in Art 2 § 51a Abs 4 ArVNG, Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG und, soweit er hierauf Bezug nahm, aus § 180 Abs 8 Satz 1 RVO. Danach waren zwar Artikel-Renten nicht geeignet, die Mitgliedschaft in der KVdR und einen Anspruch auf den Beitragszuschuß auszulösen und demgemäß bis Ende 1988 auch nicht beitragspflichtig. Soweit Renten, die zum Teil auf nachentrichteten Beiträgen beruhten, jedoch nicht unter Art 2 § 51a Abs 4 ArVNG, Art 2 § 49a Abs 4 AnVNG fielen, weil die dort genannten Wartezeiten oder sonstigen Voraussetzungen erfüllt waren, waren diese Renten demgegenüber geeignet, die Mitgliedschaft in der KVdR und einen Anspruch auf den Beitragszuschuß zu begründen und dann in voller Höhe - auch soweit sie auf nachentrichteten Beiträgen beruhten - beitragspflichtig. Zu solchen Renten gewährt die Beklagte, und zwar auch soweit die Renten auf nachentrichteten Beiträgen beruhen, einen Beitragszuschuß. Ihn zahlt sie im übrigen auch auf Rententeile der Höherversicherung an diejenigen Rentner, die nicht gesetzlich, sondern privat krankenversichert sind (§ 83e Abs 1 Nr 2 AVG = § 1304e Abs 1 Nr 2 RVO) und bei denen sich die Prämien nicht nach der Rente richten. Diese Rentner werden daher durch die Einbeziehung der Höherversicherungsteile begünstigt.

Die Zugehörigkeit eines Betrages zum "Zahlbetrag" einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung reicht nach dem Gesetz allein aus, um die Beitragspflicht zur KVdR zu begründen. Das gilt auch für Renten, die ausschließlich auf der Entrichtung freiwilliger Beiträge beruhen, und auch für Rententeile, die durch Höherversicherungsbeiträge erworben wurden. Die vom LSG herangezogene Unterscheidung zwischen Lohn- oder Einkommensersatzbezügen und Bezügen aus privater Eigenvorsorge hat in erster Linie bei der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen (§ 180 Abs 5 Nr 2, Abs 8 Satz 2 RVO; heute § 237 Satz 1 Nr 2, Satz 2, § 229 SGB 5) Bedeutung. Sie kann auf die Beitragspflicht von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übertragen werden, bei denen das Gesetz die Lohn- oder Einkommensersatzfunktion allgemein annimmt. Deshalb geht auch der Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29. April 1976 (SozR 2200 § 1262 Nr 8) fehl, das im übrigen nur die Rentenversicherung, auch dort früheres Recht und wiederum nur eine Rente betraf, die allein auf Beiträgen zur Höherversicherung beruhte.

Die Unterwerfung der Höherversicherungsteile unter die Beitragspflicht ist schließlich nicht verfassungswidrig. Versicherungspflichtige Rentner mit derartigen Bezügen werden zwar anders behandelt als diejenigen Rentner, die früher statt der Beiträge zur Höherversicherung Prämien an eine private Lebensversicherung entrichtet haben und jetzt mit den Leistungen einer solchen Versicherung beitragsfrei bleiben. Diese Ungleichbehandlung entbehrt jedoch nicht einer sachlichen Begründung und führt deshalb nicht zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes -GG-). Die Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung weist allerdings aufgrund verschiedener Sonderregelungen zur Beitragsentrichtung (§ 11 Abs 1 AVG = § 1234 Abs 1 RVO; § 130 Abs 1 AVG = § 1408 Abs 1 RVO), zur Erfüllung von Wartezeiten (§ 23 Abs 4 AVG = § 1246 Abs 4 RVO; § 24 Abs 4 AVG = § 1247 Abs 4 RVO; § 25 Abs 7 Satz 4 AVG = § 1248 Abs 7 Satz 4 RVO) und zur Rentenberechnung (§ 38 AVG = § 1261 RVO; § 49 Abs 3 AVG = § 1272 Abs 3 RVO) gewisse Unterschiede zu einer Pflichtversicherung und einer freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auf und ist dadurch der privaten Vorsorge außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung angenähert. Dennoch wird die Höherversicherung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt. Das Gesetz macht ferner sowohl die Entrichtung von Beiträgen zur Höherversicherung von der Entrichtung eines Grundbeitrags der Pflichtversicherung oder der freiwilligen Versicherung (§ 130 Abs 2 Satz 1 AVG = § 1408 Abs 2 Satz 1 RVO) als auch den Bezug einer laufenden Leistung aus Beiträgen zur Höherversicherung davon abhängig, daß ein Anspruch auf eine entsprechende Rente aus anderen Beiträgen besteht (§ 72 Satz 1 AVG = § 1295 Satz 1 RVO; andernfalls erfolgt unter den Voraussetzungen der Sätze 2 bis 4 der Vorschriften eine Abfindung). Wegen dieser institutionellen, beitragsrechtlichen und leistungsrechtlichen Einbeziehung der Höherversicherung in die gesetzliche Rentenversicherung konnte der Gesetzgeber von der Lohn- bzw Einkommensersatzfunktion auch der Rententeile der Höherversicherung ausgehen und sie wie Zahlbeträge anderer Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht unterwerfen. Es lag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, dabei die genannten Sonderregelungen zur Höherversicherung und gewisse Gemeinsamkeiten mit Formen der privaten Vorsorge zu vernachlässigen, bei denen nicht so allgemein wie beim laufenden Bezug von Renten von einer Lohn- oder Einkommensersatzfunktion ausgegangen werden kann. Auch die Nichtberücksichtigung der auf Beiträgen zur Höherversicherung beruhenden Rententeile in anderen Zusammenhängen wie bei den Hinterbliebenenrenten (§ 47 Abs 2 AVG = § 1270 Abs 2 RVO; § 18a Abs 4 SGB 4), zum Ruhen von Rentenleistungen (§ 62 AVG = § 1285 RVO) oder beim Versorgungsausgleich (§ 1587a Abs 2 Nr 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs iVm § 49 Abs 3 AVG = § 1272 Abs 3 RVO) zwang jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu, beim Rentenzahlbetrag als dem Maßstab für die Beitragserhebung in der KVdR ebenso zu verfahren.

Die unter Berücksichtigung des Beitragszuschusses maßvolle Belastung der Rententeile der Höherversicherung verstößt schließlich nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art 14 GG.

Hiernach erwies sich die Revision der Beklagten als begründet. Deshalb war das Urteil des LSG aufzuheben. Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1664170

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