Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Feststellung der mit dem besonderen beruflichen Betroffensein verbundenen wirtschaftlichen Nachteile sind Mehrverdienste, die der Beschädigte durch gelegentliche Überstundenarbeit erzielt hat, in der Regel nicht anzurechnen.

2. Bei der Ermittlung dieser wirtschaftlichen Nachteile ist die dem Beschädigten gewährte Grundrente nicht zu berücksichtigen.

3. Auch eine Rente, die der Beschädigte aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, ist im Rahmen der Prüfung nach BVG § 30 Abs 2 nicht, insbesondere nicht im Wege der Vorteilsausgleichung, anzurechnen (Fortführung von BSG 1961-11-14 9 RV 304/56 = BSGE 15, 223).

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Beschädigter, der wegen seiner Schädigungsfolgen (Lungen-Tuberkulose) nicht mehr als Hilfsarbeiter tätig sein kann und nunmehr Pförtner ist, ist aufgrund des Minderverdienstes beruflich besonders betroffen (BVG § 30 Abs 2).

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 2 Fassung: 1960-06-27, Abs. 2 Fassung: 1964-02-21, Abs. 2 Fassung: 1966-12-28

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. September 1967 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Der im Jahre 1913 geborene Kläger erhält aufgrund seines als Schädigungsfolge anerkannten Leidens "Lungentuberkulose links" seit dem Jahre 1951 Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Daneben bezieht er seit dem Jahre 1956 - wegen Invalidität, später wegen Berufsunfähigkeit - eine Rente aus der Sozialversicherung. Die zunächst nach einer Minderung der Erwerbsunfähigkeit (MdE) um 100 v.H. festgesetzte Versorgungsrente wurde durch Bescheid vom 6. Juni 1958 herabgesetzt und nach einer MdE um 80 v.H., mit Bescheid vom 6. September 1963 ab 1. November 1963 nach einer MdE um 40 v.H. bemessen, weil die Lungentuberkulose praktisch völlig abgeheilt sei. Der im wesentlichen mit einem besonderen beruflichen Betroffensein begründete Widerspruch des Klägers wurde mit der Begründung zurückgewiesen, daß er durch die Schädigungsfolgen nicht daran gehindert werde, eine dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf sozial und wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeit auszuüben. Sein Arbeitseinkommen als Pförtner und die Invalidenrente (von damals monatlich 123,40 DM) entsprächen etwa den Einkünften, die er ohne die Schädigungsfolgen als Arbeiter erzielen könnte.

Der Kläger ist nach dem Besuch der Volksschule in verschiedenen Tätigkeitsbereichen als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen, nämlich als Gehilfe im elterlichen Gemüsegeschäft, als Landarbeiter, Ziegeleiarbeiter, Gehilfe eines Schaustellers, als Kraftfahrer und - unmittelbar vor der Einberufung zum Wehrdienst (am 1. Dezember 1939) - weniger als ein Vierteljahr als Bauhilfsarbeiter. Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft im Oktober 1949 war er bis zum 15. April 1951, d.h. bis zu dem Zeitpunkt, in dem seine Einweisung in eine Heilstätte erforderlich wurde, als Hilfsarbeiter in der Maschinenindustrie tätig. Erst im Dezember 1963 hat er mit der Annahme der Pförtnerstelle wieder eine Beschäftigung gefunden.

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger ab 1. November 1963 Rente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren. Es hat ausgeführt, der Kläger sei beruflich besonders betroffen, weil er durch die Schädigungsfolgen daran gehindert sei, den vor der Schädigung ausgeübten Beruf als Bauhilfsarbeiter auszuüben, und weil seine Entlohnung als Pförtner erheblich unter der eines Bauhilfsarbeiters liege. Das Landessozialgericht (LSG) hat von dem Arbeitgeber des Klägers die Auskunft vom 17. März 1967 sowie von dem Priv.- Doz. Dr. med. A... das Gutachten vom 18. April 1967 eingeholt und den Kläger im Termin vom 27. September 1967 gehört. Mit Urteil vom 27. September 1967 hat es die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, Dr. A... habe in dem Gutachten vom 18. April 1967 die schon im Jahre 1962 erhobenen Befunde, die eine eindeutige Besserung ergeben hätten, bestätigt. Nach der körperlichen Beeinträchtigung bedinge das Leiden im allgemeinen Erwerbsleben nur noch eine MdE um 40 v.H. Der vor der Schädigung ausgeübte Beruf sei der eines Hilfsarbeiters, nicht der eines Bauhilfsarbeiters gewesen, da der Kläger in diesem Beruf vor der Schädigung nur weniger als ein Vierteljahr beschäftigt gewesen sei. Auch nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, vor der Feststellung seines Lungenleidens, habe er nicht als Bauhilfsarbeiter gearbeitet, sondern sei als Maschinenarbeiter tätig gewesen. An der Ausübung des Hilfsarbeiterberufes sei er an sich nicht mehr gehindert. Beruflich sei er aber durch sein Lungenleiden, das ihn frühzeitig, nämlich schon im Jahre 1956, zum Invalidenrentner gemacht habe, nur noch zu weniger anstrengenden Tätigkeiten imstande, die einen erheblich geringeren Verdienst einbrächten als dies bei einem Hilfsarbeiter, der auf solche Gesundheitsstörungen keine Rücksicht zu nehmen brauche, der Fall sei. Brauchbare Vergleichsgrundlage zur Feststellung der tatsächlich erzielten Hilfsarbeiterlöhne seien im Hinblick auf die wechselnden Betätigungen des Klägers in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen die vom Statistischen Bundesamt ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne der Hilfsarbeiter in der gesamten Industrie (Tabelle 1, Leistungsgruppe 3). Dort sei der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst für 1962 mit 597,79 DM, für 1964 mit 683,29 DM und für 1966 mit 795,-- DM ermittelt worden. Demgegenüber habe der vom Kläger als Pförtner tatsächlich erzielte Lohn seit seiner Arbeitsaufnahme am 1. Dezember 1963 zunächst durchschnittlich nicht mehr als 508,-- DM monatlich betragen, wie sich aus den Lohnbescheinigungen der Beschäftigungsfirma vom 6. Januar und 27. Juli 1964 ergebe. Auch in der Folgezeit habe sich dieser Normalverdienst nur unwesentlich auf 520,-- DM brutto monatlich erhöht, und nur durch Überstundenarbeit hätten gemäß der Bescheinigung vom 17. März 1967 "gegebenenfalls" Verdienste von höchstens 610,-- DM erzielt werden können. Daraus ergebe sich, daß der Kläger als Pförtner bedeutend weniger verdient habe als - im Durchschnitt - ein Hilfsarbeiter der gesamten Industrie. Seit der Aufnahme der Tätigkeit im Dezember 1963 habe der Unterschiedsbetrag erheblich mehr als 10 % des tatsächlich erzielten Monatsverdienstes betragen. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen gewesen, daß dem schwerbeschädigten Kläger in seinem rüstigen Mannesalter infolge seines Lungenleidens mehr als 12 Jahre lang überhaupt keine Arbeit habe zugemutet werden können. Auch jetzt sei nach dem Urteil der im Invalidenrentenverfahren gehörten Gutachter die Leistungsfähigkeit des Klägers wesentlich eingeschränkt, so daß ihm nur leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen - wie seine Pförtnertätigkeit - zuzumuten seien. Die Invalidenrentenbezüge des Klägers, die 1963 123,-- DM betragen hätten und sich jetzt auf 169,-- DM monatlich beliefen, hätten bei der Festsetzung der wehrdienstbedingten Einkommenseinbuße außer Betracht zu bleiben - In dieser Rechtsfrage sei dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. November 1961 - 9 RV 304/56 - (BSG 15, 225) zu folgen. Diese Auffassung stehe auch nicht, wie der Beklagte angenommen habe, im Gegensatz zu der in der Entscheidung des BSG vom 25. April 1961 - 11 RV 1340/60 - (BSG 14, 172) vertretenen Meinung, daß eine wesentliche wirtschaftliche Einbuße auch in einer schädigungsbedingten Schlechterstellung in der Altersversorgung liegen könne. Die erhebliche wirtschaftliche Einbuße, die der Kläger durch seine Schädigungsfolgen erlitten habe, rechtfertige eine Erhöhung der MdE von 40 auf 50 %.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte Verletzung des § 30 Abs. 2 BVG und sinngemäß einen Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht (§ 105 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Das LSG hätte die Erhebungen des Statistischen Bundesamts, die rechtliche Bedeutung nur für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG hätten, nicht maßgebend sein lassen dürfen. Diese erst mit dem Ersten Neuordnungsgesetz (1. NOG) ab 18 Juni 1960 eingeführte Regelung hinsichtlich des Berufsschadensausgleichs beruhe im Gegensatz zu § 30 Abs. 2 BVG nicht auf einer individuellen Beurteilung, sondern habe als Maßstab ein zum Vergleich heranzuziehendes generalisierendes Durchschnittseinkommen. Die Bemessung des beruflichen Betroffenseins i.S. des § 30 Abs. 2 BVG, nach einem mutmaßlichen Durchschnittseinkommen müßte auch deswegen zu einem unrichtigen Ergebnis führen, weil die Erhebungen des Statistischen Bundesamts - mindestens überwiegend - voll arbeitsfähige Personen beträfen, während es hier auf den Vergleich mit einem Geschädigten gleicher Art ankomme (BSG Urteil vom 30. 1.1962 - 9 RV 526/58 -). Das LSG hätte feststellen müssen, in welchem Hilfsarbeiterberuf der Kläger mutmaßlich tätig wäre, es hätte nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, daß er ohne die Schädigung in der Industrie beschäftigt worden wäre. Zu Unrecht sei das LSG auch nicht von dem tatsächlich erzielten Einkommen des Klägers einschließlich der Vergütung für Überstunden, sondern von einem Einkommen bei normaler Arbeitszeit ausgegangen. Die Invalidenrente hätte entgegen der Entscheidung des BSG vom 14. November 1961 - 9 RV 304/56 - im Wege der Vorteilsausgleichung berücksichtigt werden müssen. Mindestens hätte das LSG sich mit den gegen eine Nichtanrechnung in dem Schriftsatz des Beklagten vom 14. Oktober 1964 erhobenen Einwendungen auseinandersetzen und das Urteil des BSG vom 26. November 1965 - 8 RV 325/63 - (BVBl 1966 S. 90) beachten müssen, in dem bei der Ermittlung des besonderen wirtschaftlichen Schadens der Witwe (§ 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG) die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines Vorteilsausgleichs bestätigt worden sei.

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27. September 1967 und des SG Dortmund vom 24. Juni 1964 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Bei der vor der Schädigung häufig wechselnden Tätigkeit des Klägers in verschiedenen Wirtschaftsbereichen habe sich eine brauchbare Vergleichsgrundlage nur durch Heranziehung der vom Statistischen Bundesamt für die gesamte Industrie ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne finden lassen. Diese durchschnittlichen Bruttomonatslöhne der Hilfsarbeiter enthielten keine Sonder- oder Überstundengelder.

Die durch Zulassung statthafte Revision des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG) und deshalb zulässig. Sachlich ist sie nicht begründet.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Neufeststellungsbescheides vom 6. September 1963 idF des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1964, soweit darin ein besonderes berufliches Betroffensein des Klägers verneint und deswegen die Rente ab 1. November 1963 nicht höher als aufgrund der Minderung der Erwerbsfähigkeit; nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben (40 v.H.) festgesetzt worden ist. Da nur der Beklagte Revision eingelegt hat, ist zu prüfen, ob der dem Kläger in den Vorinstanzen zuerkannte Anspruch auf die erhöhte Rente nach einer MdE um 50 v.H. begründet ist. Dabei ist von den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG auszugehen, daß der Kläger den Beruf eines Hilfsarbeiters zwar noch ausüben könnte, aber infolge seines Lungenleidens nur noch zu weniger anstrengenden Tätigkeiten imstande ist und daß ihm nur leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen - wie seine Pförtnertätigkeit - zuzumuten sind. Das LSG hat ferner festgestellt, daß der von dem Kläger als Pförtner nach seiner Arbeitsaufnahme am Dezember 1963 erzielte Lohn durchschnittlich zunächst nicht mehr als 508,-- DM monatlich betrug, daß dieser Normalverdienst sich auch in der Folgezeit nur unwesentlich auf 520,-- DM brutto monatlich erhöht hat, und daß nur "gegebenenfalls" durch Überstundenarbeit Verdienste von höchstens 610,-- DM erzielt werden konnten. Das LSG hat damit - unangefochten - den Bescheinigungen der Montan-Hydraulik GmbH. vom 6. Januar 1964, 27. Juli 1964 und 17. März 1967 entnommen, daß der Kläger wegen Ausfalls eines Pförtners (nur) "augenblicklich", d.h. zur Zeit der Ausstellung der Bescheinigung vom 27. Juli 1964, wesentlich mehr Stunden geleistet hat als allgemein üblich ist, und daß er später, nachdem er an Samstagen und Sonntagen Kontrollgänge auf dem Betriebsgelände durchgeführt hat - wie es in der Bescheinigung vom 17. März 1967 heißt - "im Durchschnitt der letzten vier Monate" einen Verdienst von 610,-- DM gehabt hat, worauf etwa 100,-- DM auf die Überstunden an den Wochenenden entfielen, während der "Normalverdienst" etwa 520,-- DM monatlich brutto betragen hat. Bei diesem "gegebenenfalls" durch Überstunden erhöhten Verdienst des Klägers handelt es sich somit nach den Feststellungen des LSG um Einkünfte, die nicht dauernd oder auch nur während längerer Zeiträume, sondern bei sich bietender Gelegenheit erzielt werden konnten. Die rechtlichen Folgerungen, die das LSG aufgrund dieses Sachverhalts gezogen hat, stellen keine Verletzung des § 30 Abs. 2 BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2: NOG) -aF- vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) und keinen Verstoß gegen diese Vorschrift in der vom 1. Januar 1967 an geltenden Fassung des Dritten Neuordnungsgesetzes (3. NOG) -nF- vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) dar. Der Kläger ist im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Buchst. b BVG aF in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf als Hilfsarbeiter durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Grad als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert und deshalb besonders betroffen. Das 3. NOG hat an diesen Voraussetzungen für die Feststellung eines besonderen beruflichen Betroffenseins in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf inhaltlich nichts geändert und überdies klargestellt, daß die in § 30 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis c BVG aufgeführten Tatbestände nur Beispiele für das besondere berufliche Betroffensein sind; denn in § 30 Abs. 2 Satz 2 BVG nF heißt es: "Das ist besonders der Fall, wenn..." (vgl. BSG- Urteil vom 19. Februar 1969 - 10 RV 561/66 -). Gemeinsam ist diesen Tatbeständen, die zu einer höheren Bemessung der MdE führen, daß die beruflichen Nachteile den Beschädigten besonders treffen, weil sie in sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht das Maß der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben erheblich übersteigen. Soweit das besondere berufliche Betroffensein ... in den mit der Schädigung verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen besteht, müssen diese Nachteile somit zu einer erheblich höheren Erwerbsminderung als nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben führen (vgl. das angegebene Urteil des BSG vom 19. Februar 1969). Im vorliegenden Fall hat die Schädigung zu einer Verdiensteinbuße geführt, die das bei einer solchen Gesundheitsstörung normale Maß der Benachteiligung im allgemeinen Erwerbsleben erheblich überschreitet. Denn der Kläger kann zu schweren körperlichen Arbeiten, die gerade für die Verwendbarkeit eines Hilfsarbeiters wesentlich sind, nicht mehr herangezogen werden; ihm sind nur noch leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen zuzumuten. Der weitgehend indurierte und seit Jahren unveränderte Lungenprozeß hat eine Beeinträchtigung hinterlassen, die in anderen vergleichbaren Berufen einfacher manueller Tätigkeiten, also im allgemeinen Erwerbsleben, keine so entscheidende Bedeutung hat, hier aber bei der in dem Beruf des Hilfsarbeiters geforderten vielseitigen Verwendbarkeit, darunter auch zu schweren körperlichen Arbeiten, die Tauglichkeit des Klägers zur Ausübung dieses Berufes in besonders hohem Grade beeinträchtigt. Der Minderverdienst, den der Kläger als Pförtner im Vergleich zum Lohn eines Hilfsarbeiters hinnehmen muß, stellt zu einem sehr erheblichen Teil auch die Beeinträchtigung dar, die auf sein berufliches Betroffensein zurückzuführen ist. Das LSG hat nicht verkannt, daß es nur auf diesen durch das besondere berufliche Betroffensein geschmälerten Verdienstanteil ankommt, obgleich es von dem Durchschnittseinkommen der Hilfsarbeiter (in der gesamten Industrie) ausgegangen ist; denn es hat darauf abgestellt, daß der schon 1956 zum Invalidenrentner gewordene Kläger nur noch zu weniger anstrengenden Tätigkeiten imstande sei, die einen erheblich geringeren Verdienst einbrächten als dies bei einem Hilfsarbeiter, der solche gesundheitlichen Rücksichten nicht zu nehmen brauche, der Fall sei. Es hat somit bei dem Vergleich mit dem Verdienst der Hilfsarbeiter nur die besonderen Auswirkungen der Schädigung auf den Beruf als Hilfsarbeiter berücksichtigt, nach diesem Maß die höhere MdE wegen beruflichen Betroffenseins geschätzt und sich hier bei der Statistik der überwiegend körperlich nicht beschädigten Hilfsarbeiter als einer "brauchbaren Vergleichsgrundlage", d.h. als Anhalt für die Verdienstminderung aufgrund des besonderen beruflichen Betroffenseins, bediente Wenn es dabei den Unterschiedsbetrag mit erheblich mehr als 10 % des tatsächlichen Monatsverdienstes bezeichnet hat, obgleich die Differenz gegenüber dem Lohneinkommen der Hilfsarbeiter in der gesamten Industrie noch wesentlich über diesem Satz liegt, so läßt sich trotz der mißverständlichen Ausdrucksweise auch hieraus aufgrund des Gesamtinhalts des Urteils nur der Schluß ziehen, daß das LSG bewußt nur den Unterschied zwischen dem durch die Beeinträchtigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und dem sich aus dem besonderen beruflichen Betroffensein ergebenden Minderverdienst hat berücksichtigen wollen. Bei den von dem LSG zugrunde gelegten Vergleichszahlen eines Hilfsarbeiters in der gesamten Industrie von 597,79 DM, 683,29 DM und 795,-- DM mit dem von dem Kläger erzielten Verdienst von 508,-- DM und 520,-- DM monatlich ergibt sich - gegenüber dem tatsächlichen Verdienst- für die einzelnen Zeiträume eine Differenz von rund 17,5 v.H. (bis 30. September 1964), 35 v.H. (vom 1. Oktober 1964 bis 30. September 1966) und 53 v.H. (ab 1. Oktober 1966). Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das LSG von dem Durchschnittseinkommen der Hilfsarbeiter in der gesamten Industrie ausgegangen ist und hierbei die von dem Statistischen Bundesamt ermittelten Ergebnisse verwendet hat. Daß der Kläger ohne die Schädigung im Jahre 1963 wieder zu der vor der Schädigung zeitweilig ausgeübten und gering bezahlten Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Arbeiters zurückgekehrt wäre, war schon deshalb unwahrscheinlich, weil er während seines wechselvollen Berufslebens auch als Gehilfe eines Schaustellers, als Hilfsarbeiter in einer Ziegelei, in einem Fuhrgeschäft und zuletzt vor der Einberufung zum Wehrdienst noch als Bauhilfsarbeiter tätig gewesen war und auch nach der Schädigung, bevor er erwerbsunfähig wurde, nämlich bis zum 15. April 1951, als Hilfsarbeiter in der Maschinenindustrie gearbeitet hatte. Die Rüge der Revision, das LSG hätte aufklären müssen, in welchem Hilfsarbeiterberuf - außerhalb der Industrie - der Kläger mutmaßlich tätig wäre, geht fehl, weil nicht dargelegt ist, welche besonderen Umstände das LSG hätten veranlassen müssen, anzunehmen, daß er wahrscheinlich außerhalb der Industrie Arbeit gesucht und gefunden hätte. Die Revision hat auch nicht angegeben, welche Ermittlungen der weiteren Aufklärung eines vermutlichen, ohnehin weitgehend hypothetischen Geschehensablaufs hätten dienlich sein können und welcher mutmaßliche Hilfsarbeiterberuf sich bei weiterer Sachaufklärung nach ihrer Ansicht ergeben hätte (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG). Da aufgrund der verschiedenen Tätigkeiten des Klägers in der Industrie nicht ausreichend sicher erschien, welcher Beschäftigung er sich dort ohne die Schädigung als Hilfsarbeiter zugewandt hätte, hat das LSG dieser Ungewißheit sachgerecht dadurch Rechnung getragen, daß es aufgrund der Ermittlung der Durchschnittsverdienste der Hilfsarbeiter in der gesamten Industrie das Ausmaß der wirtschaftlichen Schädigung des Klägers im Beruf so genau wie möglich zu treffen versucht hat. Da es hierbei nur darauf ankam, den tatsächlichen Feststellungen ausreichend gesicherte Unterlagen zugrunde zu legen, durfte das LSG sich auch der von dem Statistischen Bundesamt ermittelten Ergebnisse bedienen. Daß diese Durchschnittseinkommen der pauschalierten Berechnung des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG und des Schadensausgleichs nach § 40 a BVG zugrunde zu legen sind, ändert nichts daran, daß sie als tatsächliche Ergebnisse der amtlichen Statistik einen Anhalt auch für die hier zu entscheidende Frage bieten konnten, welches Einkommen ein Hilfsarbeiter vermutlich hätte erzielen können und welches Mindereinkommen des Klägers sich aus seinem beruflichen Betroffensein ergebe. Da die Möglichkeit der individuellen Berechnung des Einkommens des Klägers hier ausschied, mußte ein Durchschnittseinkommen zugrunde gelegt werden. Dabei konnte das LSG ohne Verletzung des § 30 Abs. 2 BVG die zeitweise von dem Kläger geleisteten Überstunden außer Betracht lassen. Die 1962, 1964 und 1966 mitgeteilten Ergebnisse des Statistischen Bundesamts (vgl. BVBl 1960, S. 151 Nr. 47 und S. 162, 1962 S. 124 Nr. 64 und S. 132, 1964 S. 149 Nr. 60 und S. 153 sowie 1966 S. 114 Nr. 57 und S. 122) lassen nicht erkennen, ob Mehrarbeitsstunden mitberücksichtigt worden sind und welchen Anteil sie an dem Gesamt-Durchschnittseinkommen gehabt haben. Sollten die Mehrverdienste in dieser Statistik nicht erfaßt worden sein, müßten sie dem ermittelten Durchschnittseinkommen der Hilfsarbeiter in der gesamten Industrie hinzugerechnet werden, um eine zutreffende Vergleichsgrundlage zwischen dem tatsächlichen Arbeitsverdienst des Klägers und dem erzielbaren Einkommen zu gewinnen. Sollten die Überstundenvergütungen aber in den statistischen Ergebnissen enthalten sein, so könnte der dann erforderliche Abzug das Gesamtergebnis sicher nicht wesentlich beeinflussen, da nicht anzunehmen ist, daß in einer großen Zahl von Industriezweigen in erheblichem Umfang Überstunden geleistet worden sind. Unabhängig hiervon kann bei der Frage, ob ein Beschädigter beruflich besonders betroffen ist, in der Regel nur das Einkommen zugrunde gelegt werden, das er - ohne Überstunden - als Normalverdienst erzielt hätte. Dies ergibt sich für den Fall, daß nur zeitweise Überstunden geleistet worden sind, schon aus der Erwägung, daß das Gesetz dem Beschädigten einen Ausgleich für den durch die körperliche Beeinträchtigung im Beruf entstandenen wirtschaftlichen Dauerschaden gewähren will. Im übrigen mutet es dem Beschädigten keine außergewöhnliche, über den Durchschnitt hinaus gehende Arbeitszeit und Arbeitsleistung zu. Wenn er darauf angewiesen ist, durch besondere Tatkraft und außergewöhnliche Anspannung seiner Kräfte einen Ausgleich für den durch seine körperliche Beeinträchtigung im Beruf entstandenen Minderverdienst dadurch zu schaffen, daß er mehr als andere Berufsangehörige, mehr auch als andere Beschädigte, arbeiten muß, so offenbart diese Mehrleistung sein besonderes berufliches Betroffensein, ohne daß die dadurch geschaffene Benachteiligung beseitigt werden könnte (vgl. auch BSG 13, 20, 23 = BSG in SozR Nr. 8 zu § 30 BVG). Eine Anrechnung des Überstundenlohnes auf den Minderverdienst würde überdies diejenigen Beschädigten benachteiligen, die keinem Beruf angehören, in dem in aller Regel keine Überstunden verlangt oder bezahlt werden (wie z.B. im Beamtenberuf). Ob eine andere Beurteilung dann am Platze ist, wenn sich der Beschädigte ohne gesundheitliche Nachteile bewußt für eine Berufstätigkeit entschieden hat, die ihrer Art nach die Leistung von Überstunden erfordert, brauchte hier nicht erörtert zu werden, da ein solcher Fall vorliegend nicht gegeben ist. Mußten somit die zeitweise von dem Kläger geleisteten Überstunden bei der Ermittlung eines Minderverdienstes außer Betracht bleiben, so war andererseits für das Maß des beruflichen Betroffenseins auch noch zu berücksichtigen, daß er aufgrund der Schädigung im besten Mannesalter, nämlich 12 Jahre lang, seinen Beruf nicht ausüben konnte und dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile erlitten hat, die in die Zukunft fortwirken und die er nicht mehr aufholen kann (vgl. auch BSG-Urteil vom 21. Januar 1969 - 9 RV 502/66). Aufgrund dieser gesamten Umstände hat das LSG die dem Kläger von dem SG ab 1. November 1963 zuerkannte Erhöhung der Rente von einer MdE um 40 v.H. nach einer MdE um 50 v.H. ohne Verletzung des § 30 Abs. 2 BVG mit Recht zugebilligt. Es hat damit insbesondere auch nicht die Grundsätze verletzt, die das BSG in dem Urteil vom 19. Februar 1969 - 10 RV 561/66 - aufgestellt hat. Hiernach liegt im Regelfall ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil als Ausdruck einer besonderen Berufsbetroffenheit nur dann vor, wenn der Minderverdienst etwa 20 v.H. erreicht oder wenn wegen der geringen Höhe des Einkommens dennoch der Minderverdienst von erheblicher Bedeutung für den Betroffenen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese strenge generalisierende Betrachtungsweise in allen Fällen angewendet werden kann; das berufliche Betroffensein des Klägers entspricht jedenfalls diesen Anforderungen, denn er hat für die einzelnen Zeiträume bei einem geringen Einkommen, wie bereits dargelegt ist, einen Minderverdienst von 17,5 v.H., 35 v.H. und 53 v.H. gehabt. Dazu kommt die Einbuße, die als in die Zukunft fortwirkender wirtschaftlicher Dauerschaden durch seine langjährige Arbeitsunfähigkeit entstanden ist.

Bei der Ermittlung der durch die Schädigung im Beruf erlittenen besonderen wirtschaftlichen Nachteile war die Grundrente des Klägers nicht als Einkommen anzurechnen. Der Deutsche Bundestag hat in dem bei der dritter Beratung zum 2. NOG am 22. Januar 1964 gefaßten Beschluß dem Antrag des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (22. Ausschuß) zugestimmt, daß er die wesentliche Funktion der Grundrenten des Bundesversorgungsgesetzes in der Abgeltung des Mehraufwandes sehe, der den Beschädigten als Folge der Schädigung und den Hinterbliebenen als Folge des Verlustes des Ernährers in allen Lebenslagen erwächst (DBT, Drucksache IV 1831 S. 13, DBT, 4. Wahlperiode, 107. Sitzung S. 4987 A). Daraus ergibt sich, daß nach der Auffassung des Bundestages die wirtschaftliche Funktion der Grundrente des Beschädigten sich im wesentlichen in dem Ersatz der durch die Schädigungsfolgen entstehenden Mehraufwendungen erschöpft und daß sie deshalb nicht - wie die Ausgleichsrente - als Unterhaltsersatz zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhalts dient. Die Grundrente stellt, wie es in der Begründung zum 1. NOG heißt, "die Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität dar", sie "ist und bleibt unantastbar, d.h. sie wird ohne Rücksicht auf sonstiges Einkommen gewährt und bei Bemessung anderer Leistungen unberücksichtigt gelassen (DBT, Drucksache III 1239 S. 21, zu A 1 und Wilke, Bundesversorgungsgesetz, 3. Aufl., § 31 Anm. II). Sie ist insbesondere grundsätzlich nicht auf die Leistungen nach dem BVG anzurechnen, z.B. nicht auf die Leistungen der Kriegsopferfürsorge (vgl. § 25 a Abs. 6 Satz 2 BVG idF des 2. und 3. NOG) und beeinflußt auch nicht - im Gegensatz zum Schadensausgleich der Witwe (§ 40 a Abs. 2 Satz 1 BVG) - die Höhe des Berufsschadensausgleichs des Beschädigten (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Sie ist bei der Verabschiedung des 2. NOG am 22. Januar 1964 von der Bundestagabgeordneten Frau Dr. Probst als Berichterstatterin der CDU/CSU als ein "integrierender Bestandteil der Rehabilitation" und als Ausdruck des Rechtsanspruches der Kriegsopfer auf eine angemessene und würdige Entschädigung bezeichnet worden (DBT, 4. Wahlperiode, 107. Sitzung, S. 4980 C). Die Entschließung des Bundestages vom 22. Januar 1964, die Begründung zum 1. NOG und die bei der Beratung des 2. NOG abgegebenen Erklärungen nötigen zu dem Schluß, daß es sich bei der Grundrente nach dem Gesetz jedenfalls um eine eigenständige Leistung handelt, die deshalb auch bei der Feststellung der besonderen im Beruf erlittenen wirtschaftlichen Nachteile nicht den Charakter eines diesen Schaden mindernden Faktors erhält, zumal der Teil der Grundrente, der dazu bestimmt ist, die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben auszugleichen, ohnedies nicht gegen die im Beruf erlittenen besonderen wirtschaftlichen Nachteile "aufgerechnet" werden kann.

Eine andere Auffassung zu der Frage der Anrechnung der Grundrente bei der Feststellung des besonderen beruflichen Betroffenseins ergibt sich auch nicht, wie die Revision meint, aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 24. November 1965 - 9 RV 610/64-. In diesem Urteil ist festgestellt, daß der zu 80 v.H. in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigte Kläger den früheren Beruf (als Holzfaserplattenmacher) nicht mehr ausüben könne, da dieser ausschließlich im Gehen und Stehen ausgeführt werden müsse. Da der Kläger allgemein von solchen Tätigkeiten ausgeschlossen sei, die nur im Stehen verrichtet werden könnten, sei er bereits im allgemeinen Erwerbsleben derart in seiner Erwerbsfähigkeit behindert, daß er solche Nachteile im Berufsleben in Kauf nehmen müsse, die durch die Bewertung der MdE im allgemeinen Erwerbsleben als mit abgegolten zu erachten seien. Um zu verdeutlichen, daß der Kläger nicht besonders beruflich betroffen sei, ist dann noch zusätzlich ausgeführt, daß das SG bei einem monatlichen Minderverdienst des Klägers von 100,-- DM und einer (wesentlich höheren) Grundrente von 150,-- bzw. 180,-- DM mit Recht das Vorliegen eines "außergewöhnlichen, d.h. erheblichen wirtschaftlichen Schadens" ohne Rechtsirrtum verneint habe. In dieser Entscheidung sollte somit nur die schädigungsbedingte körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben mit den besonderen Nachteilen im Beruf verglichen werden; es sollte nicht ausgesprochen werden und ist in dieser Entscheidung auch nicht zum Ausdruck gekommen, daß bei der Feststellung der erhöhten MdE wegen besonderen beruflichen Betreffenseins die als Grundrente gezahlten Beträge dem Einkommen hinzugerechnet werden müßten.

Bei der Ermittlung des Minderverdienstes hat das LSG auch mit Recht die Rente, die der Kläger aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, nicht angerechnet. Es ist damit der Entscheidung des erkennenden Senats vom 14. November 1961 - 9 RV 304/56 - (BSG 15, 223) gefolgt, in der die Anrechnung einer wegen der gleichen Schädigungsfolge zuerkannten Knappschaftsrente auf den durch das besondere berufliche Betroffensein entstandenen Schaden abgelehnt und entschieden worden ist, daß die bürgerlich-rechtlichen Regeln der Vorteilsausgleichung im Rahmen des § 30 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. BVG in der vor dem 1. NOG geltenden Fassung keine Anwendung finden können. Der Senat sieht keinen Anlaß, im Ergebnis von dieser Entscheidung abzugehen. Wenn gemäß § 30 Abs. 2 BVG die beruflichen Nachteile ausgeglichen werden sollen, die den Beschädigten besonders betreffen, weil sie vor allem auch in wirtschaftlicher Hinsicht das Maß der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben erheblich übersteigen, so handelt es sich hierbei um die bei der Berufsausübung oder mit dem Verlust des Berufes unmittelbar verbundenen Nachteile. Gegenstand des Ausgleichs nach § 30 Abs. 2 BVG ist somit die erwerbsmindernde Auswirkung der körperlichen Beeinträchtigung im Beruf. Wie in dem Urteil des BSG vom 14. November 1961 ausgeführt ist, läßt weder die Entstehungsgeschichte noch die Systematik des Gesetzes erkennen, daß der sich aus § 30 Abs. 2 BVG ergebende Anspruch auf eine erhöhte Rente durch Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert werden sollte. Eine solche Folgerung kann auch nicht, wie die Revision annimmt, aus dem Grundsatz gefolgert werden, daß bei der Schadensberechnung Vorteile und Nachteile, die aufgrund desselben schädigenden Ereignisses eingetreten sind, gegeneinander ausgeglichen werden müßten. In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, daß der Geschädigte die aus einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag (Lebens- und Unfallrentenvertrag) entstandenen Ansprüche sich auf seinen Schaden nicht anrechnen zu lassen braucht (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 27. Aufl., Vorbem. 7 c bb vor § 249; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, 9. Aufl., 1. Bd., Allgem. Teil, § 14 III c, S. 162, 163; BGH 13, 363, 364). Während in der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG) eine Anwendung dieses Grundsatzes auf gesetzliche Versorgungsansprüche abgelehnt worden ist, hat der BGH, der Jüngeren Rechtsprechung des RG folgend (RGZ, 146, 287, 289; 163, 396, 398), die ältere Rechtsprechung des RG als überholt bezeichnet und ausgesprochen, daß es den Schädiger nicht entlasten dürfe, wenn der von ihm angerichtete Schaden durch Leistungen eines Sozialversicherungsträgers ausgeglichen werde; denn diese Leistungen seien durch Beiträge verdient worden und in weitem Umfang nur mit Zuschüssen des Staates, d.h. der Allgemeinheit, möglich (BGH Urteil vom 26.4.1960 - VI ZR 100/59 - FamRZ 1960 S. 267 Nr. 129; vgl. auch BGHZ 9, 179, 191; 13, 360, 364; 21, 112, 117). Der Anwendung dieses Grundsatzes auch auf den Anspruch nach § 30 Abs. 2 BVG steht nicht entgegen, daß der Bund als Träger der Kriegsopferlast sehr erhebliche Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung gewährt, denn das Rechtsverhältnis des aus der Sozialversicherung Berechtigten bleibt dennoch in seinem Kern ein Versicherungsverhältnis, das aufgrund der Beiträge der Versicherten und ihrer Arbeitgeber, somit eines von diesen erbrachten Vermögensopfers, der sozialen Sicherung der Versicherten dient. Diese Beiträge bilden trotz der Zuschüsse, die aus sozialen Erwägungen und aufgrund besonderer, dem Sozialversicherungsträger auferlegter Leistungspflichten gewährt werden, die eigentliche Grundlage des Versicherungsanspruches. Eine Anrechnung der Leistungen, die dem Versorgungsberechtigten aus der Sozialversicherung zustehen, auf den Anspruch nach § 30 Abs. 2 BVG ist somit nicht nur aufgrund der Auslegung dieser Vorschrift unzulässig, sondern läßt sich darüber hinaus auch nicht mit einer Anwendung der Grundsätze des Vorteilsausgleiches begründen. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit diese Grundsätze der Anwendung im Recht der Kriegsopferversorgung zugänglich sind. Dem hier gefundenen Ergebnis steht auch nicht, wie die Revision meint, die Entscheidung des BSG vom 26. November 1965 - 8 RV 325/63 - (BSG in SozR Nr. 11 zu § 41 BVG = BVBl 1966 S. 90) entgegen; denn diese betrifft nur den nach § 41 Abs. 3 BVG idF des 1. NOG erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Schaden der Witwe und dem Verlust des Ehemannes. Deshalb sind, wie dort ausgeführt ist, die Zinsen des durch den Tod des Ehemannes als Erbschaft erworbenen Vermögens bei der Berechnung des der Witwe entstandenen wirtschaftlichen Schadens zu berücksichtigen. Das BSG hat in dieser im übrigen ausschließlich auf die Ansprüche nach § 41 Abs. 3 BVG aF abgestellten Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, es könne unerörtert bleiben, inwieweit die Vorteilsausgleichung im Recht der Kriegsopferversorgung berücksichtigt werden könne. Diese Entscheidung betraf aber insbesondere auch nicht die Anrechnung von Leistungen aus der Rentenversicherung auf die Grundrente. Die im Berufungsverfahren von dem Beklagten angeführte Entscheidung des BSG vom 25. April 1961 - 11 RV 1340/60 - (BSG 14, 172) berührt nicht die im vorliegenden Fall zu entscheidende Rechtsfrage; denn sie behandelt nicht wirtschaftliche Vorteile, die der Beschädigte infolge der Schädigung gegebenenfalls gehabt hat, sondern die durch Schlechterstellung in der Altersversorgung erlittenen wirtschaftlichen Einbußen (aaO S. 175), die dem besonderen beruflichen Betroffensein zuzurechnen sind.

Da das LSG die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen hat, war auch die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 21

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