Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 15.07.1988; Aktenzeichen L 4 Ar 33/87)

SG Berlin (Urteil vom 24.02.1987)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 15. Juli 1988 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1987 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Arbeitserlaubnis erst ab 21. Januar 1988 zu erteilen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer sogenannten besonderen Arbeitserlaubnis.

Der 1962 geborene ledige Kläger ist staatenloser Palästinenser aus dem Libanon. Seine Eltern leben nach seinen Angaben noch dort. Im April 1978 kam er nach Berlin (West) und beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter. Dieser Antrag wurde durch Beschluß des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin vom 12. März 1987 rechtskräftig abgelehnt. Der Aufenthalt des Klägers wurde danach geduldet; am 21. Januar 1988 wurde ihm aufgrund der sogenannten Berliner Altfall-Regelung eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 20. Januar 1989 erteilt.

Vom 27. Mai 1980 bis zum 24. Februar 1981 war der Kläger Produktionshelfer. Für die Ausübung dieser Tätigkeit besaß er eine Arbeitserlaubnis. Im Dezember 1984 und November 1985 gestellte Anträge auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Spüler/Küchenhelfer wurden abgelehnt. Mit Bescheid vom 21. Februar 1986 wurde dem Kläger eine Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Reinigungskraft für zwei Stunden täglich (bis zu 18 Stunden wöchentlich) erteilt, die bis 9. August 1987 verlängert wurde.

Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 21. Februar 1986, mit dem er geltend machte, ihm stehe aus Härtegründen eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis zu, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 1986 zurückgewiesen.

Mit Urteil vom 24. Februar 1987 hat das Sozialgericht (SG) unter Abänderung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 6 der Arbeitserlaubnisverordnung (ArbErlaubV) zu erteilen, da deren Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Klägers eine Härte bedeuten würde. Aufgrund dieses Urteils hat die Beklagte dem Kläger am 30. Juli 1987 eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art für die Zeit vom 3. August 1987 an unbefristet erteilt; Berufsausbildung wurde jedoch nicht gestattet. Die Erteilung der Arbeitserlaubnis erfolgte vorbehaltlich der Rechtskraft des sozialgerichtlichen Urteils.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung des Urteils vom 15. Juli 1988 hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis. Es stehe für den hier in Betracht kommenden Teilarbeitsmarkt den offenen Stellen eine das Mehrfache übersteigende Anzahl von Arbeitsuchenden gegenüber. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes deute insoweit auf keine Besserung hin. Einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis habe der Kläger gleichfalls nicht. Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nrn 1 bis 3 ArbErlaubV (idF der 8. Änderungsverordnung) lägen nicht vor, weil der Kläger weder die nach Nr 1 aaO erforderliche fünfjährige unselbständige rechtmäßige Tätigkeit in den letzten acht Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der beantragten Arbeitserlaubnis ausgeübt habe noch zu den in den Nummern 2 und 3 aaO genannten Personen gehöre. Er habe auch nicht in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der ArbErlaubV ausgeübt (§ 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV in der vor dem Inkrafttreten der 8. Änderungsverordnung zur ArbErlaubV geltenden Fassung). Der Kläger habe schließlich keinen Anspruch auf Erteilung einer besonderen Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 6 ArbErlaubV idF der 8. Änderungsverordnung (vorher § 2 Abs 7 ArbErlaubV). Nach dieser Vorschrift könne die Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 1 ArbErlaubV unabhängig von den Voraussetzungen der Absätze 1, 2 und 3 erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 2 Abs 6 ArbErlaubV am Zweck der besonderen Arbeitserlaubnis auszurichten. Dieser bestehe im wesentlichen darin, aus besonderen sozialen Gründen die Arbeitsaufnahme des Ausländers zu ermöglichen, obwohl dies dem Vorrang der deutschen und der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer widerspreche. Dementsprechend könnten die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse einen Härtefall nicht begründen und besondere Verhältnisse nur, wenn sie stärkeres Gewicht hätten als der Vorrang der deutschen und der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer. Dies gelte nicht für ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse in der Heimat. Ihnen sei jeder ausländische Arbeitnehmer in gleicher Lage vor seiner Arbeitsaufnahme in der Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt; daher sei jedem Ausländer im Regelfall zumutbar, sich wieder in diese einzufügen, wenn ihm keine Arbeitserlaubnis erteilt werden könne. Ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet allein begründe keine besonderen Umstände, die einen Härtefall nahelegen. Weder das Grundrecht des Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG), das Deutschen vorbehalten sei, noch das Sozialstaatsprinzip würden es gebieten, Ausländern nach längerem Inlandsaufenthalt ohne weiteres einen Anspruch auf Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit einzuräumen.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien lägen im Falle des Klägers keine besonderen sozialen Gründe iS des § 2 Abs 6 ArbErlaubV vor. Der Kläger sei ledig. Seine Eltern lebten nach den Angaben des Klägers weiterhin im Libanon. Auswirkungen der Versagung der Arbeitserlaubnis auf besondere Familienverhältnisse, die im Einzelfall eine Härte iS des § 2 Abs 6 ArbErlaubV darstellen könnten, lägen hier nicht vor. Aufgrund der Aufenthaltsdauer des Klägers, dessen Aufenthalt bis Januar 1988 lediglich ausländerrechtlich geduldet gewesen sei, und der bisherigen erlaubten Erwerbstätigkeit des Klägers könne von einer weitgehenden wirtschaftlichen und sozialen Integration des Klägers nicht ausgegangen werden; denn diese Frage sei von der Eingliederung in das Erwerbsleben abhängig zu machen (BSG Urteil vom 11. Februar 1988 – 7 RAr 72/86 –). Daher seien die vom Kläger angeführten nachteiligen Auswirkungen der Versagung der Arbeitserlaubnis keine atypischen Umstände, die einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Arbeitserlaubnis rechtfertigten, zumal ihm Teilzeitarbeit gestattet worden sei und das daraus erzielte Einkommen nach eigenem Vorbringen zum Lebensunterhalt „gerade ausreiche”. Vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die mit der Übersiedlung und Rückkehr in das Heimatland verbunden seien, könne auch das Sozialstaatsprinzip nicht schützen.

Der Auffassung des SG, daß die gleichen Gründe, die im Ausländerrecht als Härteregelung zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen sollen, für die Arbeitsverwaltung ausreichen müßten, um eine Arbeitserlaubnis im Wege der Härtefallregelung des § 2 Abs 6 ArbErlaubV zu erteilen, könne nicht gefolgt werden. Die sogenannte Berliner „Altfall-Regelung” betreffe allein die Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, nicht jedoch die einer Arbeitserlaubnis. Sie stelle lediglich auf die Erfüllung bestimmter aufenthaltsrechtlicher Voraussetzungen zu einem bestimmten Stichtag, auf Lebensalter, Familienstand und das Nichtvorliegen bestimmter Vorstrafen ab. § 2 Abs 6 ArbErlaubV schreibe dagegen vor, daß die Arbeitserlaubnis zu erteilen sei, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde, was hier nicht der Fall sei.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von Art 2 Abs 2, Art 3 Abs 1 GG, § 19 Abs 1 und 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sowie § 2 Abs 6 ArbErlaubV. Das LSG sei aufgrund fehlerhafter rechtlicher Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, daß dem Kläger eine Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 6 ArbErlaubV nicht zustehe. Der Senat habe wiederholt ausgesprochen, daß für den Anspruch auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis die Grundrechte und die in ihnen zum Ausdruck kommende Wertordnung zu berücksichtigen seien. Das entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- (BVerfG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Ausländerrecht. Die Tatsache, daß ein Ausländer viele Jahre nicht mehr in seinem Heimatland gelebt habe und dorthin kaum noch Kontakte bestünden, sei ebenso wie die mit einem langen Inlandsaufenthalt verbundene wirtschaftliche und soziale Integration zu berücksichtigen. Aus dieser Rechtsprechung hätten die Sozial- und Landessozialgerichte in einer Vielzahl von Fällen Konsequenzen gezogen und die Beklagte verurteilt, eine Arbeitserlaubnis für Tätigkeiten jeder Art zu erteilen.

Das Urteil des SG enthalte zutreffende Ausführungen. Der Kläger lebe seit 1978 ununterbrochen in Berlin (West). Der Libanon, wo er und seine Familie Flüchtlinge seien, sei nicht sein Heimatland. Eine Rückkehr in den Libanon sei angesichts der gegenwärtigen Verhältnisse und angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Diskriminierung von Palästinensern in diesem Land ausgeschlossen. Es gebe dort für den Kläger keine Existenzgrundlage, abgesehen davon, daß die im Libanon herrschenden Kräfte bestrebt seien, gerade Palästinenser im „wehrfähigen” Alter nicht auf Dauer zurückkehren zu lassen, weil sie befürchteten, daß sie von palästinensischen Organisationen als Kämpfer rekrutiert werden könnten. Das sei für das OVG Berlin Veranlassung gewesen, der Ausländerbehörde mit Beschluß vom 1. Februar 1988 – OVG 4 S 97/87 – zu verbieten, selbst palästinensische „Straftäter” abzuschieben.

Für die Anwendung von § 2 Abs 6 ArbErlaubV müsse auch berücksichtigt werden, daß dem Kläger trotz des negativ abgeschlossenen Asylverfahrens der weitere Aufenthalt auf Dauer durch Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen in der Bundesrepublik ermöglicht werde. Das LSG habe es unterlassen, Konsequenzen aus den beiden Berliner „Altfall-Regelungen” zu ziehen. Insbesondere diese Regelungen und die Praxis anderer Ausländerbehörden, staatenlosen Palästinensern und anderen Ausländern aus Krisengebieten den Aufenthalt zu ermöglichen oder gar Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, habe den 10. Senat des BSG veranlaßt, seine bisherige Rechtsprechung zum Kindergeld durch die Urteile vom 23. Februar 1988 aufzugeben. Hinsichtlich der Berliner Altfall-Regelungen werde auf das Schreiben des Senators für Inneres vom 17. Dezember 1984 an den Polizeipräsidenten in Berlin (erste Altfallregelung), auf die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Ausländerfragen des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 14. Mai 1987 (Drucksache 10/1533), auf die Debatte zur Altfall-Regelung in der 52. Sitzung des Abgeordnetenhauses am 14. Mai 1987 sowie auf die Schreiben von Senator Kewenig vom 1. Oktober 1987 an den Vorsitzenden des Ausschusses für Ausländerfragen sowie an das Landeseinwohneramt Berlin verwiesen. Die beiden Berliner Altfall-Regelungen aus den Jahren 1984 und 1987 seien letztlich der Ausdruck einer rechtlichen Verpflichtung, Ausländern, die Asylverfahren betrieben hätten, hier aufgewachsen seien, wesentliche Entwicklungsjahre hier verbracht hätten und nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren könnten, also sogenannten de-facto-Flüchtlingen, den Aufenthalt zu ermöglichen. Nicht nur das BVerwG (ua NJW 1988, 660), sondern auch das BVerfG (InfAuslR 1987, 56) hätten ausgesprochen, daß bei drohender menschenrechtswidriger Behandlung ein Aufenthalt ermöglicht werden müsse. Das könne nur in der Weise geschehen, daß Aufenthaltserlaubnisse erteilt würden.

Auch die Beklagte sei der Auffassung, sie müsse im Hinblick auf § 2 Abs 6 ArbErlaubV rechtliche Konsequenzen daraus ziehen, daß bestimmten Gruppen von Ausländern der Aufenthalt in der Bundesrepublik ermöglicht werde. Das ergebe sich aus ihrer Verwaltungspraxis. Nach dem Bürgerkrieg in Griechenland hätten sich nicht wenige griechische Staatsangehörige auch in die DDR begeben. Soweit sie dort aufgewachsen und in die Bundesrepublik übergesiedelt seien, hätten sie die Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 6 ArbErlaubV erhalten (Dienst-Anweisungen der Beklagten -DA- AER 2.2 625). Ähnliches gelte für türkische Staatsangehörige christlichen Glaubens. Auch ihnen sei die Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 6 ArbErlaubV zu erteilen, wobei die Beklagte angeordnet habe, daß von Rückfragen bei den Ausländerbehörden grundsätzlich abzusehen sei. Schließlich erhielten auch Zuwanderer jüdischen Glaubens, ohne daß es auf ihre Staatsangehörigkeit ankäme und auch dann, wenn sie sich zuerst in einem Drittland (zB Israel oder Österreich) aufgehalten hätten, die Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 6 ArbErlaubV (DA AER 2.2 624). Gerade in Berlin gebe es eine größere Anzahl von solchen Zuwanderern. Diese Gruppe dürfte größer als die derjenigen sein, die aufgrund der beiden Altfall-Regelungen die Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten. Dafür spreche auch, daß sich Berlins Innensenator mit dem Schreiben vom 27. Januar 1987 veranlaßt gesehen habe, der Ausländerbehörde Weisungen zu erteilen, wie in derartigen Fällen zu verfahren sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 15. Juli 1988 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Februar 1987 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist ergänzend auf folgendes hin:

Vor dem Beitritt Griechenlands zur Europäischen Gemeinschaft hätten griechische Staatsangehörige gemäß Art 8 Abs 2 des Niederlassungs- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland (BGBl 1962 II 1505) nach einem ununterbrochenen ordnungsgemäßen Aufenthalt von acht Jahren im Geltungsbereich der ArbErlaubV einen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten und unbeschränkten Arbeitserlaubnis gehabt. Im Hinblick auf diese Regelung und die politischen Verhältnisse sei den griechischen Staatsbürgern, die nach dem Bürgerkrieg in Griechenland in die DDR gegangen und später in das Bundesgebiet übergesiedelt seien, die Arbeitserlaubnis unter Härtegesichtspunkten erteilt worden. Die Regelung für türkische Staatsangehörige christlichen Glaubens gelte nur, wenn ein Asylfolgeantrag aufgrund der Urteile des BVerwG vom 2. August 1983 gestellt worden sei. Wenn also der Asylantrag eines türkischen Staatsangehörigen christlichen Glaubens nach dem 2. August 1983 bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden sei, bestehe kein Anspruch auf die Arbeitserlaubnis gemäß § 2 Abs 6 ArbErlaubV. Die Regelung für Zuwanderer jüdischen Glaubens sei aus politischen Gründen getroffen worden.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist begründet.

Der Kläger bedarf als Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung als Arbeitnehmer mangels für ihn günstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder sonstiger Ausnahmen einer Erlaubnis der Beklagten (§ 19 Abs 1 Satz 1, Abs 3 AFG in der zuletzt durch das Gesetz zur Änderung asylverfahrensrechtlicher, arbeitserlaubnisrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften vom 6. Januar 1987 – BGBl I 89 – geänderten Fassung, die die gesamte Vorschrift durch das Wartezeitgesetz vom 3. August 1981 – BGBl I 802 – erhalten hatte). Er verlangt zu Recht, daß die Beklagte ihm die in dem angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 1986 abgelehnte sogenannte besondere Arbeitserlaubnis erteilt, wie sie § 2 ArbErlaubV vorsieht. Er hat seit dem 21. Januar 1988 Anspruch auf eine solche Erlaubnis, die ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit oder auf einen bestimmten Betrieb zu erteilen ist.

Ob das Klagebegehren begründet ist, richtet sich bei einer Verpflichtungsklage auf eine Arbeitserlaubnis, wie sie hier vorliegt, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (vgl BSG SozR 4210 § 2 Nr 10). Rechtsgrundlage der Entscheidung ist daher § 2 ArbErlaubV in der – unverändert geltenden – Fassung, die die Vorschrift durch die Achte Änderungsverordnung vom 24. Juli 1986 (BGBl I 1160) erhalten hat. Diese Vorschrift regelt, daß in bestimmten Fällen allein aus in der Person des Antragstellers liegenden Gründen eine Arbeitserlaubnis zu erteilen ist. Mit ihr hat der Verordnungsgeber von der ihm in § 19 Abs 4 Satz 2 AFG (bis zum Wartezeitgesetz: § 19 Abs 3 Satz 2 AFG) eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, für einzelne Personengruppen Ausnahmen von dem Grundsatz des § 19 Abs 1 Satz 2 AFG zuzulassen, daß die Arbeitserlaubnis nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt wird (BSGE 43, 153, 159 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSG SozR 4210 § 2 Nrn 9 und 10; BSGE 54, 14, 20 = SozR 4100 § 19 Nr 16). Entsprechend bestimmt § 2 Abs 1 ArbErlaubV ausdrücklich, daß die Arbeitserlaubnis in den dort näher geregelten Fällen „unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes” zu erteilen ist.

Aufgrund der Regelungen in § 2 Abs 1 bis 3 ArbErlaubV ist der Klaganspruch allerdings nicht begründet. Der Kläger hat in den letzten acht Jahren vor Beginn der (begehrten) Arbeitserlaubnis keine fünf Jahre eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der ArbErlaubV ausgeübt (§ 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV). Er ist nicht mit einer Deutschen verheiratet (§ 2 Abs 1 Nr 2 ArbErlaubV) und weder als Asylberechtigter anerkannt noch im Besitz eines ihm als ausländischen Flüchtling von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises (§ 2 Abs 1 Nr 3 ArbErlaubV). Schließlich ist er nicht Kind eines Ausländers, der sich rechtmäßig im Geltungsbereich der ArbErlaubV aufhält (§ 2 Abs 2 ArbErlaubV), oder eines Arbeitnehmers, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 1 Nr 1 oder Abs 6 ArbErlaubV erfüllt (§ 2 Abs 3 ArbErlaubV).

Die Begründetheit des Klageanspruchs ergibt sich jedoch aus § 2 Abs 6 ArbErlaubV, weil die Versagung der Arbeitserlaubnis nach den besonderen Verhältnissen des Klägers ab dem 21. Januar 1988 eine Härte bedeuten würde und dem Kläger deshalb die Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 1 ArbErlaubV unabhängig von den Voraussetzungen der Absätze 1, 2 und 3 ArbErlaubV zu erteilen ist. Nicht anders als bei einer arbeitsmarktabhängigen Arbeitserlaubnis und in den ausdrücklich geregelten Fällen des § 2 Abs 1 ArbErlaubV besteht auch auf eine auf den Rechtsgrund des § 2 Abs 6 ArbErlaubV gestützte Erlaubnis ein Rechtsanspruch, wenn die Versagung eine Härte bedeuten würde (BSGE 43, 153, 157 ff = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSGE 44, 82, 85 = SozR 4100 § 19 Nr 3; SozR 4100 § 19 Nr 5 und 4210 § 2 Nrn 9 und 10).

Das LSG hat zutreffend die Maßstäbe dargestellt, die das BSG in ständiger Rechtsprechung zur Bedeutung und Anwendung des § 2 Abs 6 ArbErlaubV entwickelt hat (vgl insbesondere BSGE 54, 14, 21 ff = SozR 4100 § 19 Nr 16). Danach hat sich die Auslegung dieser Vorschrift an dem Zweck der besonderen Arbeitserlaubnis auszurichten, der darin besteht, Ausländern aus besonderen sozialen Gründen die Arbeitsaufnahme zu ermöglichen, obwohl dies dem Vorrang deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer widerspricht. Es muß sich also um Verhältnisse handeln, die nicht allgemein für Ausländer im Inland gelten, welche für die Arbeitsaufnahme einer Arbeitserlaubnis bedürfen. Zudem müssen diese Verhältnisse von derartigem Gewicht sein, daß sie den Vorrang der deutschen und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer zurücktreten lassen. Bei dieser Abwägung sind vor allem die Grundrechte und die in ihnen zum Ausdruck kommende Wertordnung zu beachten. Anknüpfungspunkt dafür, wann nach dem Willen des Verordnungsgebers Härtegründe deutlich werden, können, was auch hier von Bedeutung ist, die Fallgruppen des § 2 Abs 1 ArbErlaubV sein, in denen die Verordnung selbst den Vorrang Deutscher und ihnen gleichgestellter Ausländer vernachlässigt.

Nach dieser Rechtsprechung begründet zwar die durch die Versagung der Arbeitserlaubnis eintretende Verhinderung der Begründung einer bisher fehlenden Existenzgrundlage im allgemeinen keine Härte iS von § 2 Abs 6 ArbErlaubV, ebenso nicht allein ein langjähriger Inlandsaufenthalt. Doch kann dies anders sein (vgl BSGE 54, 14, 23 ff = SozR 4100 § 19 Nr 16). Dies folgt schon daraus, daß die ArbErlaubV selbst Ausnahmen von diesen Grundsätzen zuläßt. So wird zB im Falle der Verheiratung mit einem/einer Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet einschließlich Berlin-West (§ 2 Abs 1 Nr 2 ArbErlaubV) oder im Falle der Anerkennung als Asylberechtigter (§ 2 Abs 1 Nr 3 ArbErlaubV) eine besondere Arbeitserlaubnis erteilt, ohne daß eine, zB durch eine unselbständige Tätigkeit in der Vergangenheit nachzuweisende, eigene Existenzgrundlage oder ein längerer Aufenthalt in der Bundesrepublik vorausgesetzt wird. In diesen Fällen soll die besondere Arbeitserlaubnis vielmehr dem ausländischen Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Aufenthalts- und Bleiberecht im Bundesgebiet, das ihm mittels seiner Ehe mit einem deutschen Ehepartner bzw wegen der Asylgewährung zukommt, gerade ermöglichen, durch unselbständige Beschäftigung eine eigene Existenzgrundlage zu schaffen, und zwar auch dann, wenn Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts die Zulassung (weiterer) ausländischer Arbeitnehmer verbieten.

Eine unter Härtegesichtspunkten vergleichbare Sachlage ist nach Auffassung des Senats in Fällen wie dem vorliegenden gegeben. Der 1962 geborene Kläger befindet sich seit 1978 erlaubt in Berlin. Sein Asylantrag wurde im März 1987 rechtskräftig abgelehnt. Gleichwohl ist er nicht verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland (einschließlich Berlin-West) zu verlassen. Das gilt jedenfalls seit dem 21. Januar 1988, dem Tag der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Ungeachtet der Feststellung des LSG, daß diese Aufenthaltserlaubnis nur bis zum 20. Januar 1989 gültig ist, ist davon auszugehen, daß die Aufenthaltserlaubnis nach ihrem Ablauf verlängert wird und der Aufenthalt des Klägers im Inland damit zu einem geregelten Dauerzustand geworden ist, jedenfalls bei gleichbleibenden Verhältnissen im Libanon und in der Person des Klägers. Dies folgt aus der sogenannten Berliner Altfall-Regelung 1987, die als Grundlage auch für die Aufenthaltserlaubnis des Klägers anzusehen ist.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat durch Beschluß vom 14. Mai 1987 den Senat gebeten, zur Vermeidung von Härten und bei gleichzeitiger Berücksichtigung humanitärer Aspekte jenen Flüchtlingen und insbesondere den Flüchtlingsfamilien, deren Asylverfahren vor dem 1. Januar 1981 eingeleitet wurde und denen es inzwischen gelungen ist, sich sowohl sozial als auch wirtschaftlich in größerem Maße zu integrieren, unter Berücksichtigung der bisher schon praktizierten Kriterien eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zugleich wurde der Senator für Inneres aufgefordert, dabei seinen Ermessensspielraum verantwortungsvoll zu nutzen (vgl Protokoll über die 52. Sitzung vom 14. Mai 1987, Drucks 10/1533, lfd Nr 17 A). Dem Beschluß lag die Erkenntnis zugrunde, daß es nicht gelungen war, die Ausreisepflicht zahlloser erfolglos gebliebener Asylbewerber, insbesondere von Palästinensern aus dem Libanon, durchzusetzen, und daß auch in naher Zukunft eine Abschiebung nicht in Betracht kommt, da ein Ende des die Abschiebung im Regelfall hindernden Bürgerkrieges im Libanon nicht absehbar ist. Aufgrund dieses Beschlusses erging die Weisung des Berliner Senators für Inneres vom 1. Oktober 1987 – III C 1 – 0345/2404 – an die Ausländerbehörden. In dieser (Altfall-) Regelung über den Verbleib von Ausländern, die nach rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens zur Ausreise verpflichtet sind, (aber) wegen der Lage im Libanon geduldet wurden, ist ua des Näheren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen angeordnet worden. Danach erhalten Ausländer aus dem Libanon, die sich am 1. Oktober 1987 im Land Berlin aufhalten, entweder im Asylverfahren stehen oder aufgrund früheren Weisungen geduldet wurden, eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie

  1. als Alleinstehende oder Ehepaare ohne Kinder vor dem 1. Januar 1981 eingereist sind,
  2. als Alleinstehende oder Ehepaare mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren oder als unbegleitete Jugendliche vor Vollendung des 16. Lebensjahres eingereist sind,

und jeweils keine näher bestimmten Straftäter sind (Abschnitt II). Deren Erteilung hängt nicht von der Fähigkeit ab, den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Erlaubnis wird zunächst befristet für ein Jahr erteilt, danach zweimal für zwei Jahre; anschließend kann sie unbefristet erteilt werden. Eine unselbständige Erwerbstätigkeit wird zugelassen. Entsprechendes gilt mit verschiedenen Vergünstigungen für Familienangehörige (Abschnitt III).

Den Feststellungen des LSG zufolge findet diese Altfall-Regelung auf den Kläger Anwendung. Die ihm am 21. Januar 1988 erteilte Aufenthaltserlaubnis entspricht dem. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Kläger, obwohl im Asylverfahren unterlegen, nicht abgeschoben wird, er vielmehr damit rechnen kann, auf nicht absehbare Zeit im Inland erlaubt bleiben zu können. Hierbei handelt es sich zwar um eine Prognose, die unter dem Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse, insbesondere in der Person des Klägers, steht. Dies ist als der geeignete Weg aber auch ausreichend für die Beurteilung dieser Tatfrage. Insoweit folgt der Senat der Rechtsprechung des 10. Senats des BSG, in welcher Weise festzustellen ist, daß ein Asylbewerber seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, wenn er trotz rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags damit rechnen kann, für unabsehbare Zeit nicht in sein Heimatland abgeschoben zu werden (BSGE 63, 47 = SozR 5870 § 1 Nr 14; ebenso Urteile vom 23. Februar 1988 – 10 RKg 21/86 – nicht veröffentlicht – und vom 17. Mai 1989 – 10 RKg 19/88 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

Obwohl der Asylantrag des Klägers ohne Erfolg geblieben ist, ist seine aufenthaltsrechtliche Situation infolge der Berliner-Altfall-Regelung mit der eines anerkannten Asylberechtigten vergleichbar geworden. Das gilt vor allem für den mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis verfolgten Zweck, dem Kläger hier nicht nur Aufenthalt, sondern auch Existenz zu ermöglichen, indem – in den Grenzen des Arbeitserlaubnisrechts – eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausdrücklich zugelassen wird. Vergleichbarkeit mit dem Asylberechtigten ergibt sich ferner hinsichtlich der Einschränkungen des Aufenthaltsrechts. Auch das auf der Asylgewährung beruhende Aufenthaltsrecht ist davon abhängig, daß die Voraussetzungen für die Asylgewährung nicht später wegfallen (§ 16 Abs 1 Nr 1 Asylverfahrensgesetz), zB durch Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland, und daß keine schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eintreten, die die Ausweisung auch des Asylberechtigten begründen können (§ 11 Abs 2 Ausländergesetz).

Dieses Maß an Übereinstimmung rechtfertigt es, in Fällen der vorliegenden Art für die Anwendung der Härteregelung in § 2 Abs 6 ArbErlaubV an die für Asylberechtigte geltende Regelung des § 2 Abs 1 Nr 3 ArbErlaubV anzuknüpfen. Unter bestimmten, noch zu erörternden Voraussetzungen ist dementsprechend davon auszugehen, daß die Versagung einer von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unabhängigen Arbeitserlaubnis nach den besonderen Verhältnissen eines Antragstellers, der sich in einer Lage wie der Kläger befindet, eine Härte bedeuten würde. Die besonderen Verhältnisse sind in den in Rede stehenden Fällen im wesentlichen dadurch bestimmt, daß in absehbarer Zeit eine Rückkehr in die Heimat nicht möglich erscheint. Das hat zur Folge, daß der Ausländer trotz der Ablehnung seines Asylantrages nicht darauf verwiesen werden kann, sein Auskommen in der Heimat zu suchen. Er ist vielmehr darauf angewiesen, sich gerade hier, wo ihm Aufenthalt gewährt wird, eine Existenz zu schaffen, was im allgemeinen nur durch Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung möglich ist. Mit Hilfe einer Arbeitserlaubnis, die nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt wird, mag dies qualifizierten Facharbeitern trotz sprachlicher Schwierigkeiten gelingen, nicht aber anderen ausländischen Arbeitnehmern, insbesondere nicht in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit; denn die Möglichkeit, im Nachrang zu Deutschen und den Deutschen gleichgestellten bevorrechtigten Ausländern eine arbeitsmarktabhängige Arbeitserlaubnis zu erlangen, verweist den hiervon betroffenen Personenkreis in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit typischerweise in der Wirklichkeit darauf, anhaltend von staatlicher Fürsorge abhängig zu bleiben, obwohl dies vielfach nicht nötig ist. Abgesehen davon, daß dies auch nicht dem Interesse derer entsprechen kann, die die Mittel dafür aufzubringen haben, stünde es nicht im Einklang mit dem Schutz der Menschenwürde (Art 1 GG), persönliche Umstände länger als erforderlich zu verfestigen, die die Gefahr sozialer Mißstände in sich bergen.

Die Beachtung all dessen läßt in Fällen der vorliegenden Art jedenfalls von einem bestimmten Zeitpunkt an die fortwährende Versagung der Arbeitserlaubnis als eine Härte iS von § 2 Abs 6 ArbErlaubV erscheinen. Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift und die systematische Ordnung des Arbeitserlaubnisrechts erfordern allerdings, diesen Zeitpunkt nach objektiven Kriterien zu beurteilen.

So ist eine bestimmte Dauer erlaubten inländischen Aufenthalts (Wartezeit) unverzichtbar. Das Gesetz ermöglicht derartige Fristen schon für jegliche Arbeitserlaubnisse (§ 19 Abs 1 Satz 3 AFG); sie sind für die erstmalige, vom Arbeitsmarkt abhängige Erlaubnis von Ehegatten ausländischer Arbeitnehmer und Kindern von Ausländern in § 1 Abs 2 ArbErlaubV (idF des Gesetzes zur Änderung asylverfahrensrechtlicher, arbeitserlaubnisrechtlicher und ausländischer Vorschriften vom 6. Januar 1987 – BGBl I 89) vorgesehen. Für Asylbewerber hat das Gesetz selbst eine Wartezeit vorgesehen; nach § 19 Abs 1a Satz 1 AFG beträgt die Wartezeit grundsätzlich fünf Jahre. Der berechtigt im Inland arbeitende Ausländer erwirbt ebenfalls erst nach fünfjähriger Tätigkeit den Anspruch auf eine besondere Arbeitserlaubnis (§ 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV). Schon demgegenüber können Personen wie der Kläger nicht besser gestellt werden. Darauf könnte es aber hinauslaufen, käme es etwa nur auf den Ablauf eines negativen Asylverfahrens mit nachfolgender Aufenthaltserlaubnis an. Hier ist ferner zu berücksichtigen, daß der auf § 2 Abs 6 ArbErlaubV gestützte Anspruch auf eine besondere, dh arbeitsmarktlich, beruflich und betrieblich unbeschränkte Arbeitserlaubnis gerichtet ist. Um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, stellt § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV für den von vornherein erlaubt arbeitenden Ausländer eine Rahmenfrist von acht Jahren zur Verfügung, einen Zeitraum also, innerhalb dessen dieser seine Zugehörigkeit zum inländischen Arbeitsmarkt rechtlich manifestieren kann. Dieser Zeitrahmen stimmt übrigens mit der früheren Regelung in § 5 Abs 1 Nr 2 der Neunten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (9. DVO zum AVAVG) vom 20. November 1959 (BGBl I 689) überein, wonach ein ununterbrochener rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet von acht Jahren zum Anspruch auf eine besondere Arbeitserlaubnis führte. Die 9. DVO zum AVAVG ist zwar mit dem Inkrafttreten der ArbErlaubV außer Kraft getreten (§ 242 Abs 6 AFG). Dies hindert es aber nicht, den darin enthaltenen zeitlichen Maßstab zur Kenntnis zu nehmen, den der Verordnungsgeber für angebracht gehalten hat, um arbeitserlaubnisrechtliche Folgen an die Dauer eines bloßen Inlandsaufenthalts zu knüpfen. Dies umso mehr, als der oa Acht-Jahres-Zeitraum auch in der Regelung des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV Ausdruck findet. Wenn danach dem Ausländer im Normalfall ein solcher Zeitraum zur Verfügung gestellt ist, durch berechtigte Tätigkeit den Anspruch auf eine besondere Arbeitserlaubnis zu erwerben, kann dieser für den nicht in gleicher Weise berechtigten erfolglos gebliebenen Asylbewerber nicht kürzer sein.

Setzt sonach die Annahme einer Härte iS § 2 Abs 6 ArbErlaubV zunächst grundsätzlich einen Inlandsaufenthalt von acht Jahren voraus, so beginnt diese Frist frühestens mit Vollendung des 15. Lebensjahres des Ausländers. Maßgeblich kann hier nämlich nur die Zeit sein, in der sich der Ausländer im erwerbsfähigen Alter befindet. Dessen Beginn kann grundsätzlich erst nach Abschluß der Schulausbildung liegen. Insoweit knüpft der Senat an die Regelung in § 36 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (SGB 1) an, die Personen ab dem 15. Lebensjahr zur selbständigen Geltendmachung sozialer Rechte ermächtigt und auf die Feststellung zurückgeht, daß Minderjährige im allgemeinen frühestens mit Vollendung des 15. Lebensjahres in das Arbeitsleben eintreten (vgl Hauck/Haines, Komm zum SGB 1, RdNr 1 zu § 36). Diese Bestimmung des Beginns der oa Wartefrist ist nicht unzumutbar; denn unabhängig davon stellen § 2 Absätze 2 und 3 ArbErlaubV für Jugendliche erleichterte Möglichkeiten zum Erwerb des Anspruchs auf die besondere Arbeitserlaubnis in hinreichendem Maße zur Verfügung, nämlich durch Schul- oder Berufsausbildung, bzw durch berechtigten inländischen Aufenthalt als Kinder arbeitserlaubnisberechtigter Arbeitnehmer. Zugleich kommt darin eine Wertung des Verordnungsgebers zum Ausdruck, die auch für die Beurteilung des § 2 Abs 6 ArbErlaubV nicht unbeachtet bleiben kann.

Schließlich kann solange noch keine Härte iS von § 2 Abs 6 ArbErlaubV angenommen werden, solange über das Recht auf Asyl noch keine abschließende Entscheidung und keine anschließende Aufenthaltserlaubnis vorliegt, aufgrund der der erfolglose Asylbewerber damit rechnen kann, auf nicht absehbare Zeit im Inland erlaubt bleiben zu können. Auch dies entspricht der Systematik des Arbeitserlaubnisrechts (vgl § 19 Abs 1c und Abs 2 AFG; § 2 Abs 1 Nr 3, § 5 ArbErlaubV). Auch nach der oa Berliner Altfall-Regelung hängt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich vom Abschluß des Asylverfahrens – ggf durch Rücknahme des Antrags – ab (Abschnitt III.6).

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß für Ausländer wie den Kläger eine den Anspruch auf die Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 6 ArbErlaubV auslösende Härte anzunehmen ist, wenn der Asylsuchende sich nach Vollendung des 15. Lebensjahres mindestens acht Jahre erlaubt im Inland aufgehalten hat, sein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden ist und feststeht, daß er gleichwohl das Inland nicht verlassen muß, vielmehr eine Aufenthaltserlaubnis ohne Verbot der Aufnahme unselbständiger Tätigkeit erhält, weil ihm die Ausreise nicht zuzumuten ist. Liegt der Tag der Rechtskraft der den Asylantrag ablehnenden Entscheidung erst nach Ablauf des oa Acht-Jahres-Zeitraums, so ist dieser Tag für das Ende der Wartezeit maßgebend. Dasselbe gilt für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

Nach diesen Maßstäben stand dem Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG die Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 6 ArbErlaubV ab 21. Januar 1988 zu. Er befand sich nach Vollendung des 15. Lebensjahres seit mehr als acht Jahren erlaubt im Inland, sein Asylantrag wurde 1987 rechtskräftig abgelehnt, sein Bleiberecht steht gleichwohl fest; denn er hat am 21. Januar 1988 eine Aufenthaltserlaubnis ohne Verbot abhängiger Beschäftigung erhalten, weil ihm nach Überzeugung der dafür zuständigen staatlichen Stellen die Ausreise durch Rückkehr in den Libanon nicht zumutbar ist. Damit erweist sich die Versagung der Arbeitserlaubnis ab 21. Januar 1988 nach den besonderen Verhältnissen des Klägers als Härte. Folglich besitzt er von diesem Zeitpunkt an Anspruch auf die Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 6 ArbErlaubV. Das entgegenstehende Urteil des LSG muß deshalb aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG im Ergebnis zurückgewiesen werden, allerdings mit der Maßgabe, daß die Beklagte erst ab 21. Januar 1988 verpflichtet ist, dem Kläger die begehrte Arbeitserlaubnis zu erteilen.

Da der Kläger im wesentlichen obsiegt hat, trägt die Beklagte insgesamt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens (§ 193 Sozialgerichtsgesetz).

 

Fundstellen

BSGE, 126

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