Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.06.1976)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 1976 aufgehoben, soweit es die Entziehung der Arbeitslosenhilfe durch den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1975 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 1975 betrifft.

Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger zu Recht die Arbeitslosenhilfe (Alhi) entzogen worden ist, insbesondere, ob er Aassicht auf eine Arbeitserlaubnis (AE) hatte und damit der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand.

Der Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Er hält sich seit Mai 1964 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Vom 12. Mai 1964 bis 31. Januar 1965 war er bei einem Heizungsbauunternehmen und vom 1. Februar 1965 bis 13. November 1975 ununterbrochen bei einer Firma Karl W., Blechnerei, Installationen, Sanitäre Anlagen, als Installateur beschäftigt. Die AE wurde jeweils ab Antrag verlängert. Nach Angaben der Beklagten liegt wegen teilweise verspäteter Antragstellung für die Zeit vom 20. Juli 1968 bis 2. September 1968, vom 5. September 1969 bis 9. Dezember 1969 und vom 10. Dezember 1970 bis 19. Januar 1971 keine AE vor. Der Kläger gibt dazu an, daß sein Arbeitgeber die rechtzeitige Einreichung der Anträge auf Verlängerung der AE versäumt habe.

Am 18. Januar 1972 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall, der zur Folge hatte, daß er seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Das Arbeitsverhältnis wurde im gegenseitigen Einvernehmen am 13. November 1975 gelöst. Ab 20. November 1975 bezog der Kläger mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld (Alg) bis Anfang Oktober 1974. Am 24. September 1974 stellte er Antrag auf Gewährung von Alhi. Diesem Antrag wurde ab 9. Oktober 1974 entsprochen. Die Bewilligung wurde jedoch ab 6. März 1975 aufgehoben (Bescheid vom 11. März 1975). Zur Begründung wurde ausgeführt, daß mit Rücksicht auf die derzeitige Arbeitsmarktlage eine AE nicht mehr erteilt werden könne und der Kläger deshalb der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung stehe.

Ab 9. Juni 1975 wurde eine neue AE erteilt, die mehrfach – im Zeitpunkt der Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) zuletzt bis 23. März 1977 – verlängert wurde.

Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. März 1975, mit dem die Alhi entzogen wurde, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1975). In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde gleichzeitig ausdrücklich eine AE für die Zukunft versagt. Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) den Entziehungsbescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger weiterhin Alhi zu gewähren (Urteil vom 2. Oktober 1975). Es hat dazu ausgeführt: Die nur wenige Monate nach dem Entziehungsbescheid erfolgte Erteilung einer neuen AE mache deutlich, daß der Kläger Aussicht auf Erteilung einer AE gehabt und deshalb der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe.

Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 15. Juni 1976). Das LSG hat die Auffassung vertreten, daß eine AE nur aus den Gründen des § 6 der Arbeitserlaubnis-Verordnung (AEVO) vom 2. März 1971 – BGBl I, 152 –, geändert durch die Verordnung vom 8. Januar 1973 – BGBl I, 18 – und die Verordnung vom 22. Februar 1974 – BGBl I, 365 –, versagt werden könne. Keiner dieser Gründe liege im Falle des Klägers vor.

Mit der Revision macht die Beklagte geltend, daß das LSG die Systematik der AEVO verkannt habe. Die Erteilung einer AE sei gem. § 1 AEVO stets von … Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes abhängig. § 6 AEVO zähle lediglich einige Fälle auf, in denen die AE zu versagen sei oder versagt werden könne. Die Auffassung des Berufungsgerichts stehe auch im Widerspruch zu § 19 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Dies zeige sich daran, daß nach § 19 Abs. 1 AFG die Entscheidung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes ergehe und die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen seien. Für einen solchen Entscheidungsspielraum sei kein Raum mehr, wenn man die Versagung der AE auf die Gründe des § 6 AEVO beschränke. Nach den von der Arbeitsverwaltung getroffenen Feststellungen sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt so gewesen, daß die Erteilung einer AE im Zeitpunkt der Versagung und in den Monaten danach nicht in Betracht gekommen wäre. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer AE nach § 2 AEVO habe ebenfalls nicht bestanden, da der Kläger wegen mehrfach verspäteter Stellung des Antrags auf Verlängerung der AE nicht fünf Jahre ununterbrochen erlaubt erweise im Bundesgebiet tätig gewesen sei. Umstände, die für einen Härtefall (§ 2 Abs. 5 AEVO) sprechen, seien nicht ersichtlich.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Urteil die Aufhebung der Entziehung der Alhi betrifft.

Nach § 151 Abs. 1 AFG durfte die Beklagte den Bescheid über die Zahlung von Alhi an den Kläger u. a. aufheben, wenn die Voraussetzungen für die Leistung der Alhi weggefallen sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört nach § 134 Abs. 1 Nr. 1 AFG die Verfügbarkeit des Arbeitsuchenden. Diese ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitsuchende eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben „darf” (§ 134 Abs. 2 iVm § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Zu Unrecht hat das LSG angenommen, die Befugnis des Klägers arbeiten zu dürfen, sei schon deshalb nicht weggefallen, weil die Beklagte eine AE nur aus den in § 6 AEVO aufgeführten Gründen versagen durfte, solche Gründe aber nicht vorgelegen hätten. Das Berufungsgericht hat insoweit verkannt, daß aus § 6 AEVO kein Anspruch auf Erteilung einer AE hergeleitet werden kann, weil in dieser Vorschrift nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer AE geregelt sind, sondern nur Fälle aufgeführt werden, in denen die AE ungeachtet sonstiger Umstände zu versagen ist oder versagt werden darf. Die Voraussetzungen für die Ausübung einer Beschäftigung durch einen ausländischen Arbeitnehmer im Geltungsbereich des AFG ergeben sich vielmehr aus § 19 AFG.

Nach § 19 Abs. 1 AFG besteht für ausländische Arbeitnehmer ein allgemeines Beschäftigungsverbot mit Erlaubnis vorbehält, soweit zwischenstaatliche Vereinbarungen oder die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften und des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet nicht etwas anderes bestimmen (§ 19 Abs. 2 AFG), was für den Kläger nicht zutrifft. Die AE wird nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles erteilt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AFG). In der AEVO kann der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung des § 19 Abs. 1 AFG nur Vorschriften über Art, Umfang, Geltungsdauer und Aufhebung der Erlaubnis sowie über das Verfahren erlassen. Er kann darüber hinaus für einzelne Berufs- und Personengruppen Ausnahmen zulassen (§ 19 Abs. 3 AFG). Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 AFG für die Erteilung einer AE kann er hingegen nicht generell ändern. Aus dem Zusammenhang der Regelungen in § 19 AFG ist deshalb zu entnehmen, daß auch über die in § 6 AEVO aufgeführten Gründe hinaus die Erteilung einer AE immer dann versagt werden kann, wenn die Erteilung der AE nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles nicht gerechtfertigt ist (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AFG) und besondere Ausnahmen für einzelne Berufs- und Personengruppen in der AEVO nicht zugelassen sind (§ 19 Abs. 3 Satz 2 AFG). Die Auslegung des § 6 AEVO durch das LSG widerspricht somit der gesetzlichen Regelung in § 19 AFG. Wäre die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung die einzig mögliche, so hätte der Verordnungsgeber damit den ihm gesetzten Ermächtigungsrahmen überschritten und die Vorschrift wäre wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig. Eine solche Annahme ist indessen nicht gerechtfertigt, weil schon der Wortlaut des § 6 AEVO keine Ausschließlichkeit der dort genannten Versagungsgründe erkennen läßt. Aus dem Zusammenhang der Vorschriften ergibt sich im übrigen, daß durch § 6 AEVO der Beklagten die Befugnis eingeräumt werden sollte, in den dort aufgeführten Fällen die Erteilung einer AE selbst dann zu versagen, wenn Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die sonstigen Verhältnisse des Einzelfalles die Erteilung einer AE für sich genommen rechtfertigen würden.

Ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer AE – und damit die Befugnis iS des § 134 Abs. 2 iVm § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG arbeiten zu dürfen – läßt sich auch nicht aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen herleiten.

Die zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit Jugoslawien enthalten keine Bestimmung, die einen solchen Anspruch begründen könnte. Ein Niederlassungsvertrag, in dem Fragen der AE geregelt zu werden pflegen, ist mit Jugoslawien bisher nicht abgeschlossen worden. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Arbeitslosenversicherung vom 12. Oktober 1968 (BGBl II 1969, 1473) bezieht sich lediglich auf die Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung und die Alhi (Art. 2) und bestimmt insoweit eine Gleichstellung (Art. 4) bei Anwendung des jeweils geltenden inländischen Rechts (Art. 7) Die Regelung des § 19 AFG gehört jedoch nicht zu den Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung und Alhi im Sinne des genannten Abkommens. Dies ergibt sich daraus, daß sich die einzelnen Bestimmungen dieses Abkommens – abgesehen von verfahrensrechtlichen Fragen – nur mit Leistungsansprüchen befassen.

Dem Abkommen läßt sich auch nicht entnehmen, daß für die Gewährung von Leistungen eine AE fingiert wird. Eine solche vom System des AFG völlig abweichende Regelung hätte einer ausdrücklichen Bestimmung in dem Vertrag bedurft. Es ist auch nicht anzunehmen, daß die Vertragschließenden eine solche Abweichung gewollt haben. Bas ergibt sich schon daraus, daß sie die im Rahmen des Leistungsrechts für notwendig gehaltenen, vom AFG abweichenden Regelungen in den Artikeln 8 bis 10 des Vertrages ausdrücklich festgelegt haben.

Dem Kläger steht darüber hinaus kein Anspruch auf Erteilung einer AE nach § 2 Abs. 1 AEVO zu. Nach der – hier allein – in Betracht kommenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AEVO ist eine AE unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb zu erteilen, wenn der ausländische Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der AE ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der AEVO ausgeübt hat. Bei Beginn der Arbeitslosigkeit war der Kläger zwar mehr als fünf Jahre ununterbrochen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland als Arbeitnehmer tätig; diese Tätigkeit ist indessen nicht während der gesamten Zeit rechtmäßig ausgeübt worden, weil der Kläger nicht rechtzeitig vor dem Ablauf der AE die Erteilung einer neuen AE beantragt hat (§ 11 Abs. 2 AEVO). In den Zwischenzeiten hat er seine Tätigkeit unbefugt ausgeübt. Dabei kann hier dahinstehen, ob geringfügige Unterbrechungen geeignet sind, den Anspruch auf Erteilung einer AE auszuschließen. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedenfalls um Unterbrechungen von jeweils mehr als einem Monat, in einem Fall sogar von mehreren Monaten. Die nach der letzten Unterbrechung liegende Zeit den Beschäftigung erreicht nicht die Dauer von fünf Jahren.

Nach § 2 Abs. 5 AEVO besteht aber ein Anspruch auf Erteilung einer AE nach § 2 Abs. 1 AEVO unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes auch dann, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Ein Härtefall nach den besonderen persönlichen Verhältnissen des Klägers liegt vor, wenn der Zeitraum von fünf Jahren regelmäßiger unselbständiger Tätigkeit nur deshalb nicht erreicht wurde, weil es der Arbeitgeber versäumt hat, jeweils die Anträge auf Verlängerung der AE rechtzeitig zu stellen, obwohl er dies für den Kläger übernommen hatte. Nach § 11 AEVO ist die AE allerdings von dem Arbeitnehmer beim Arbeitsamt zu beantragen. Angesichts der besonderen persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der ausländischen Arbeitnehmer von ihrem deutschen Arbeitgeber – verstärkt in Zeiten schlechter Konjunktur – sind sie aber überfordert, wenn von ihnen verlangt würde, den Arbeitgeber zu überwachen und rechtzeitig auf die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zu dringen oder die AE selbst zu beantragen (wegen der Mißbräuche durch Arbeitgeber vgl. auch Engels, Recht der Arbeit –RdA– 1976, 165, 166, 169). Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte selbst die ausländischen Arbeitnehmer – auch im vorliegenden Fall – im Antragsvordruck für die Erteilung der AE auffordert, dieses „möglichst vom Arbeitgeber mit Schreibmaschine ausfüllen” zu lassen. Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) begrüßt es damit selbst, wenn der Antrag auf Verlängerung der AE durch die Arbeitgeber für den ausländischen Arbeitnehmer gestellt wird. Die Arbeitgeber kommen damit nicht nur den mit den deutschen Behördenangelegenheiten unerfahrenen und oft durch Sprachschwierigkeiten behinderten ausländischen Arbeitnehmern entgegen, sondern erleichtern auch der BA den Verwaltungsablauf. Aus diesen Gründen erscheint es deshalb in solchen Fällen regelmäßig gerechtfertigt, den ausländischen Arbeitnehmer, der nach dem Umfang seiner Erwerbstätigkeit und seinem eigenen Verhalten zu einer Gruppe gehört, der wegen des Gewichts der persönlichen Verhältnisse eine AE unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erteilen ist – hier § 2 Abs. 1 Nr. 1 AEVO – nicht mit Folgen zu belasten, die durch das Verhalten des Arbeitgebers – und nicht des Arbeitnehmers – herbeigeführt worden sind. Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat das LSG – von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend – nicht festgestellt. Die hierfür erforderlichen Ermittlungen wird es deshalb noch nachholen müssen.

Ergibt sich nach den noch zu treffenden Feststellungen des Berufungsgerichts, daß ein Härtefall vorliegt, ist dem Kläger eine AE nach § 2 Abs. 1 AEVO gemäß § 2 Abs. 5 AEVO zu erteilen. Die Vorschrift des § 2 Abs. 5 AEVO räumt der BA kein Ermessen ein, obwohl es dort heißt, die AE „kann” erteilt werden. Die Vorschriften der AEVO, insbesondere auch des § 2 Abs. 5 AEVO, stehen im engen Zusammenhang mit § 19 Abs. 1 AFG. Dort ist der BA ein Ermessen bei der Entscheidung darüber eingeräumt, ob die AE auf bestimmte Betriebe, Berufsgruppen, Wirtschaftszweige oder Bezirke beschränkt werden soll (§ 19 Abs. 1 Satz 3 AFG). Dabei sind Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die Verhältnisse des einzelnen Falles zu beachten. Mit diesen Beurteilungsmerkmalen sind zugleich die Richtlinien für die Ausübung des Ermessens bei der Erteilung einer AE genannt. Hiervon hat der Verordnungsgeber in der AEVO aufgrund der Ermächtigung in § 19 Abs. 3 AFG Ausnahmen für einzelne Personengruppen zugelassen. In § 2 Abs. 1 AEVO ist bestimmten Personen ein Anspruch auf eine AE ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb (§ 1 Nr. 1 AEVO) eingeräumt. Zugunsten der ausländischen Arbeitnehmer sind die nach § 19 Abs. 1 AFG notwendigen gesetzlichen Merkmale für den Anspruch auf Erteilung einer AE erleichtert worden. Aus der Verweisung auf § 2 Abs. 1 in § 2 Abs. 5 AEVO folgt, daß auch diese Vorschrift von vornherein nur die Erteilung einer AE unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes betrifft; daraus wird deutlich, daß für ein Ermessen, das sich an Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes orientiert, kein Raum mehr ist. Als weitere Voraussetzung muß nach § 2 Abs. 5 AEVO hinzukommen, daß die Versagung der weiterreichenden AE (§ 1 Nr. 2 AEVO) – also nicht der Versagung einer AE für einen einzelnen Vermittlungsfall – nach den persönlichen Verhältnissen des ausländischen Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Dadurch sind die maßgeblichen Verhältnisse des einzelnen Falles (§ 19 Abs. 1 Satz 2 AFG) als – unbestimmter – Rechtsbegriff festgelegt und geben ebenfalls keinen Raum mehr für ein Ermessen. Da sonstige Anhaltspunkte nicht vorhanden sind, an denen sich das Ermessen orientieren könnte, kann diese Vorschrift somit nicht als eine Ermessensregelung verstanden werden.

Auch eine Ermächtigung an die BA, letztverbindlich über das Vorliegen eines Härtefalles zu entscheiden (Beurteilungsermächtigung), kann dem § 2 Abs. 5 AEVO nicht entnommen werden. Eine solche Beurteilungsermächtigung kann überhaupt nur dann angenommen werden, wenn die entscheidende Stelle aufgrund persönlichen Eindrucks, besonderer Erfahrungen und Sachkunde für die Beurteilung außerrechtlicher Gesichtspunkte in erster Linie berufen erscheint, verbindliche Qualifikationen vorzunehmen (vgl. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl., § 31 I c 4 – S. 192 ff mit weiteren Nachweisen; Kellner, NJW 1966, 857, 859; Ossenbühl, DÖV 1972, 401, 404; auch BVerwGE 21, 127, 130; 39, 197, 204). Eine solche Stellung hat die BA im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Entscheidungen (BSGE 138, 138; 39, 189; 40, 1 und das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des 7. Senats des BSG vom 22. September 1976 – 7 RAr 142/74 –). Für die Beurteilung, ob eine Härte i. S. von § 2 Abs. 5 AEVO nach den persönlichen Verhältnissen des ausländischen Arbeitnehmers vorliegt, ist der BA indessen keine Eigenschaft zuzumessen, die es rechtfertigen würde, den Grundsatz voller gerichtlicher Kontrolle bei unbestimmten Rechtsbegriffen zu durchbrechen und der Verwaltung eine nur begrenzt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung („Beurteilungsspielraum”) einzuräumen.

Diese Auslegung des § 2 Abs. 5 AEVO widerspricht nicht den vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GemSoGHB) in seinem Beschluß vom 19. Oktober 1971 (NJV 1972, 1411) aufgestellten Grundsätzen für die Anwendung von Vorschriften, in denen ein unbestimmter Rechtsbegriff mit einer Ermessensregelung gekoppelt ist. Der GemSoGHB hat dort zu § 131 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) entschieden, daß diese Vorschrift ihrer Entstehungsgeschichte nach als Ermessensvorschrift anzusehen ist. Er hat deshalb den in § 131 Abs. 1 Satz 1 AO enthaltenen Begriff der Unbilligkeit als Ermessensrichtlinie angesehen. Dies hat der GemSoGHB damit begründet, daß sich der Charakter der Vorschrift ändere, wenn man den Begriff „unbillig” als unbestimmten Rechtsbegriff verstehe, der von den Gerichten voll nachzuprüfen sei. Die Feststellung der Unbilligkeit durch ein Gericht mache es nämlich der Verwaltung unmöglich, gleichwohl nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Der GemSoGHB hat aber dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nicht stets dann, wenn Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff in einer Vorschrift gekoppelt sind, dem Ermessen immer der Vorrang gebühre. Vielmehr sei jede entsprechende Vorschrift im einzelnen daraufhin zu überprüfen, ob ihre Besonderheiten die Auslegung rechtfertigen, die der GemSoGHB dem § 131 Abs. 1 Satz 1 AO gegeben hat. Diese Besonderheiten können dann – wie im vorliegenden Fall – zu einem anderen Ergebnis führen. Wegen der stets zu berücksichtigenden besonderen Funktion der einzelnen Vorschriften brauchte der erkennende Senat sich auch nicht mit Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) auseinanderzusetzen, die zu anderen – wenn teilweise auch im Wortlaut ähnlichen – „Härte”-Regelungen ergangen sind (vgl. BSGE 34, 269 = SozR Nr. 1 zu § 602 RVO; BSG SozR Nrn. 2 und 9 zu § 89 BVG; BSG, Urteil vom 7. Dezember 1965 – 10 RV 291/64 – BVBl 1966, 86; BSG, Urteil vom 19. Dezember 1967 – 8 RV 509/65 – VersorgB 1968, 49; BSG, Urteil vom 20. August 1970 – 1 RA 235/69 – SozEntsch VI § 140 AVG nF Nr. 5; ferner BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1972 – Buchholz, 436.0 § 91 Nr. 4; OVG Hamburg FamRZ 1976, 475).

Die Vorschrift des § 2 Abs. 5 AEVO wird auch noch von dem gesetzlichen Ermächtigungsrahmen für den Verordnungsgeber in § 19 Abs. 3 AFG gedeckt. In § 19 Abs. 3 AFG wird dem Verordnungsgeber die Möglichkeit eingeräumt, für bestimmte Gruppen generell die Erteilung einer AE, unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes, zuzulassen. Es kann sich dem Sinnzusammenhang nach dabei nur um solche Personengruppen handeln, deren Verhältnisse so gelagert sind, daß regelmäßig die Verhältnisse des Einzelfalles stärkeres Gewicht haben als Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes. Solche Gruppen sind in § 2 Abs. 1 und 3 AEVO genannt. § 2 Abs. 5 AEVO ergänzt diesen Katalog um Personen, deren persönliche Verhältnisse gleichermaßen ins Gewicht fallen, bei denen also eine abweichende Behandlung nicht gerechtfertigt wäre, und die Ablehnung der umfassenden AE nach § 2 Abs. 1 AEVO deshalb eine Härte bedeuten würde. Dabei ist es unschädlich, daß die Gruppe der Härtefälle im Gesetz nicht nach konkreten Merkmalen abgegrenzt ist. Es genügt angesichts der erkennbaren Zweckrichtung der Ermächtigung für bestimmte Arten von (Härte-)Fällen, von vornherein eine AE vorzusehen, wenn die Zugehörigkeit zu der Gruppe bestimmbar ist. Das ist im Rahmen von § 2 Abs. 5 AEVO infolge des im Wortlaut der Vorschrift bereits erwähnten Zusammenhangs mit § 2 Abs. 1 und 3 AEVO der Fall.

Ist nach dem Ergebnis der noch zu treffenden Feststellungen des LSG keine AE nach § 2 Abs. 5 AEVO zu erteilen, so hängt die Entscheidung, ob der Kläger i. S. von § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch über den Entziehungszeitpunkt hinaus ausüben durfte, noch von weiteren Voraussetzungen ab. Das Erfordernis des „Arbeitendürfens” kann nicht so verstanden werden, daß die Verfügbarkeit eines ausländischen Arbeitslosen stets das Vorhandensein einer AE voraussetzt. Das wäre mit der Regelung des § 19 Abs. 1 AFG unvereinbar. Das dort ausgesprochene Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt für Ausländer ist so ausgestaltet, daß eine AE nicht schon für die Arbeitsuche, sondern erst für die Ausübung einer Beschäftigung erforderlich ist. Es wäre mit der Systematik des Gesetzes nicht zu vereinbaren, die Leistung von Alhi (und Alg) davon abhängig zu machen, daß bei Beginn der Arbeitslosigkeit bereits eine AE erteilt wird. Eine solche Auslegung würde die BA zwingen, arbeitslosen ausländischen Arbeitnehmern bei Beginn der Arbeitslosigkeit immer eine AE zu erteilen, die nicht auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb beschränkt ist, obwohl ihr das Gesetz (§ 19 Abs. 1 Satz 3 AFG; § 1 Nr. 1 AEVO) ausdrücklich ein Ermessen einräumt zwischen der Erteilung einer AE für eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb und der Erteilung einer AE ohne diese Beschränkungen zu wählen. Außerdem wären bei einer solchen Praxis die ausländischen Arbeitslosen wie deutsche Arbeitsuchende zu vermitteln, da sie dann immer im Besitz einer AE (§ 1 Nr. 2 AEVO) wären. Die BA könnte im einzelnen Fall nicht mehr prüfen, ob ein Arbeitsplatz wegen der hohen Zahl deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitsloser diesem Personenkreis vorbehalten bleiben muß. Dadurch würde der Zweck des § 19 AFG, einen Vorrang deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitsuchender bei der Vermittlung sicherzustellen, vereitelt. Aber auch die Erteilung einer AE für eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb ist erst möglich, wenn im Rahmen der Vermittlungsbemühungen der BA zu erkennen ist, ob für den ausländischen Arbeitsuchenden ein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden ist. Aus diesen Gründen kann die Verfügbarkeit i. S. des § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG nicht wegen des Wortlauts („darf”) von dem Vorliegen einer AE von vornherein abhängig gemacht werden.

Die Versagung von Alg oder Alhi wegen fehlender AE würde auch zu systemwidrigen Folgen führen. Die ausländischen Arbeitnehmer unterliegen wie die deutschen Arbeitnehmer der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung. Die Beiträge dienen in erster Linie der Sicherung eines Anspruchs auf Leistungen für den Lebensunterhalt in der Zeit, in der die ausländischen Arbeitnehmer nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses noch keinen neuen Arbeitsplatz gefunden haben und mit Hilfe der Arbeitsvermittlung der BA eine neue Arbeitsstelle suchen müssen. Diesem System würde es widersprechen, die Gewährung von Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, von einer Ermessensentscheidung (Erteilung oder Nichterteilung einer generellen AE) bei Beginn der Arbeitslosigkeit abhängig zu machen.

Die Leistungen von Alg (und auch von Alhi) an ausländische Arbeitnehmer haben überdies im System der Steuerung des Arbeitsmarktes durch die BA eine besondere Bedeutung. Sie ermöglichen es der Arbeitsverwaltung, einen Bestand an verfügbaren ausländischen Arbeitskräften zu erhalten, der erforderlich ist, um Arbeitsplätze, für die deutsche Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen, jederzeit besetzen zu können. Die Verweigerung der genannten Leistungen bei wörtlicher Anwendung des § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG müßte dazu führen, daß die ausländischen Arbeitnehmer Leistungen aus der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Anspruch nehmen. Das wiederum könnte dazu führen, daß solche ausländische Arbeitslose nach § 10 Abs. 1 Nr. 10 des Ausländergesetzes (AuslG) alsbald ausgewiesen werden müssen, obwohl mittel- oder langfristig gesehen noch Bedarf für derartige Arbeitskräfte bestehen kann, der dann durch – möglicherweise kostenaufwendigere – Neuanwerbungen gedeckt werden müßte.

Letztlich würde die Verweigerung von Alg und Alhi gegenüber ausländischen Arbeitslosen auch zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Veränderung der Lastenverteilung zwischen der BA und dem Bund (vgl. § 188 AFG) einerseits und den Trägern der Sozialhilfe, insbesondere den Kommunen (§ 96 BSHG), andererseits führen. Nach den Regelungen des AFG sind die Lasten des Unterhalts derjenigen, die einige Zeit in Arbeit gestanden haben und wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes und der dann notwendigen Arbeitsuche nunmehr auf. Leistungen für den Lebensunterhalt angewiesen sind, in dem im AFG festgelegten Umfang von der BA zu tragen, solange diese Arbeitskräfte der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. Nur der überschießende Bedarf und der Bedarf der übrigen Hilfsbedürftigen fällt nach dem Grundsatz der Subsidiarität (§ 2 BSHG) den Trägern der Sozialhilfe zur Last. Diese Lastenverteilung bei Ausländern zu durchbrechen, besteht kein sachlicher Grund.

Alle die genannten, mit Ziel, Sinn und Zweck des AFG nicht zu vereinbarenden Folgen sind nur zu vermeiden, wenn § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG dahin verstanden wird, daß erst dann feststeht, daß ein ausländischer Arbeitnehmer eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausüben darf, wenn diesem Arbeitnehmer der ihm nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten und nach dem Umfang seiner Arbeitsbereitschaft zugängliche Arbeitsmarkt verschlossen ist. Das ist regelmäßig nicht schon dann der Fall, wenn eine AE deshalb noch nicht erteilt wird, weil nach der gegenwärtigen Lage des Arbeitsmarktes noch ungewiß ist, ob und wann und für welche Arbeit der ausländische Arbeitslose vermittelt werden kann. Solange es im Geltungsbereich des AFG überhaupt noch einen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in dem Berufsbereich, dem der einzelne zugehört, oder im Bereich ungelernter Arbeitskräfte gibt und dementsprechend auch auf die Vermittlung ausländischer Arbeitnehmer nicht generell verzichtet werden kann, besteht die Möglichkeit einer Vermittlung.

Allerdings kann sich nach einer längeren Zeit der Vermittlungsbemühungen ergeben, daß der ausländische Arbeitslose, der sich befugt im Geltungsbereich des AFG aufhält, also eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, nach Lage des Arbeitsmarktes nicht zu vermitteln ist. Wenn dann nach der voraussehbaren Entwicklung ebenfalls keine Änderungen zu erwarten sind, ist erkennbar, daß sich auf dem Arbeitsmarkt keine Beschäftigung finden läßt, für die eine AE erteilt werden kann und die der ausländische Arbeitslose damit i. S. des § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG ausüben „darf”. Erst von diesem Zeitpunkt an fehlt es an der Voraussetzung für die Gewährung von Alg und Alhi. Um zu einer solchen Feststellung gelangen zu können, müssen die Vermittlungsbemühungen der BA (nicht eingerechnet Unterbrechungen durch Krankheit, Urlaub u.ä.) mindestens ein Jahr betragen haben, damit kurzfristige und jahreszeitbedingte Konjunkturschwankungen nicht den Ausschlag geben. Dabei ist es erforderlich, daß während dieses Jahres Vermittlungsbemühungen zumindest in dem Sinne unternommen werden, daß bei jeder freiwerdenden Stelle, die für den ausländischen Arbeitsuchenden in Betracht kommt, geprüft wird, ob er dorthin vermittelt und ob ihm hierfür eine AE erteilt werden kann. Außerdem müssen die überörtlichen Möglichkeiten der Vermittlung ausgeschöpft werden. Es muß auch geprüft werden, ob durch berufliche Fortbildung oder Umschulung in Berufe, in denen eine bessere Unterbringungschance besteht, die Unterbringung des ausländischen Arbeitsuchenden gefördert werden kann. Erst wenn alle diese Bemühungen mindestens ein Jahr lang nicht zum Erfolg führen, ist der ausländische Arbeitslose i. S. des § 103 Abs. 1 Nr. 1 AFG nicht mehr als verfügbar anzusehen, so daß ihm auch kein Ansprach auf Alhi mehr zustehen kann. Dadurch wird allerdings nicht ausgeschlossen, daß der arbeitslose Ausländer auf die übrigen Dienste der BA, insbesondere Vermittlung und Beratung, sowie auf Leistungen zur Förderung der beruflichen Bildung weiterhin einen Anspruch hat. Die Feststellung, daß der Arbeitsmarkt verschlossen ist, bezieht sich nämlich nur auf die Verfügbarkeit und damit auf eine Anspruchsvoraussetzung für die Leistung von Alg und Alhi.

Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht zu erkennen, ob die dargelegten Voraussetzungen vorlagen, um eine Entziehung der Alhi zu rechtfertigen. Der Bescheid der Beklagten bringt zwar zum Ausdruck, daß der Kläger nicht unterzubringen war, gibt jedoch nicht im einzelnen an, welche Möglichkeiten gegeben waren, ihn nach seinen Fähigkeiten zu vermitteln und wieso er dabei nicht berücksichtigt werden konnte. Es fehlt auch eine Darlegung, ob und mit welchem Ergebnis die Möglichkeiten überörtlicher Vermittlung geprüft wurden. Es ist ferner nicht zu erkennen, ob und gegebenenfalls warum nicht der Versuch gemacht wurde, durch Fortbildung und Umschulungsmaßnahmen den Kläger nach seinem Unfall wieder in die Lage zu versetzen, eine Tätigkeit auszuüben, für die auf dem Arbeitsmarkt Bedarf bestand. Falls der Kläger nicht schon einen Anspruch nach § 2 Abs. 5 AEVO auf Erteilung einer AE im Zeitpunkt der Entziehung hatte, werden die entsprechenden Feststellungen noch nachzuholen sein.

Soweit sich die Revision der Beklagten gegen die Aufhebung der in den Gründen des angefochtenen Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides enthaltenen Versagung einer AE richtet, muß sie zurückgewiesen werden. Der angefochtene Bescheid bezieht sich seinem Entscheidungssatz nach allerdings nur auf die Entziehung von Alhi. In den Gründen wird jedoch ausgesprochen, daß dem Kläger generell für die Zukunft eine AE versagt wird. Der Bescheid ist deshalb auch als Verwaltungsakt über die Versagung einer AE anzusehen. Insoweit ist er rechtswidrig. Das AFG räumt der BA keine Befugnis ein, die AE schlechthin für die Zukunft zu versagen. Nach § 19 Abs. 1 AFG ist eine AE für die Ausübung einer Beschäftigung erforderlich. Das bedeutet, daß die BA grundsätzlich für jeden einzelnen Vermittlungsfall zu prüfen hat, ob die AE nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und den Verhältnissen des Einzelfalles zu erteilen ist. Sie hat sie zu erteilen – oder im Falle des Fehlens der Voraussetzungen – abzulehnen. Darüber hinaus räumt § 19 Abs. 1 AFG iVm § 1 Nr. 2 AEVO der BA nur ein Ermessen ein, die AE unabhängig von einem konkreten Vermittlungsfall ohne die Beschränkung auf einen konkreten Arbeitsplatz zu erteilen. Das umschließt die Befugnis, es abzulehnen, von dieser weitergehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen. Eine darüber hinausgehende Befugnis, für die verschiedenen genannten Bereiche von vornherein schlechthin die Erteilung einer AE auszuschließen, ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen. Eine solche Befugnis würde unter Umständen auch der Verpflichtung der BA zuwiderlaufen, einen etwa auftretenden Mangel an Arbeitskräften zu beseitigen (§ 2 Nr. 1 AFG) und bei der Besetzung von Arbeitsplätzen den Arbeitgebern diejenigen vorhandenen Arbeitskräfte zuzuweisen, die für die betreffende Stelle am besten qualifiziert sind (§ 14 Abs. 1 Satz 2 AFG). Aus § 19 Abs. 1 AFG ergibt sich nämlich, daß der BA kein Ermessen eingeräumt wird, wenn ein Arbeitsplatz mit deutschen oder diesen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern entweder überhaupt nicht oder nicht mit der geforderten Qualifikation zu besetzen ist.

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.

 

Fundstellen

BSGE, 153

NJW 1978, 1125

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