Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.07.2020 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 329/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.700,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.000 EUR vom 15.06.2017 bis zum 16.10.2017, sowie aus 1.000 EUR vom 17.10.2017 bis zum 27.02.2018, sowie aus 2.781,17 EUR vom 28.02.2018 bis zum 27.08.2018, sowie aus 3.700,54 EUR seit dem 28.08.2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 50 % sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in Zukunft aus dem Verkehrsunfall vom 09.03.2017 in ... Kreuzung ... entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Inanspruchnahme in Höhe von 564,66 EUR freizustellen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt,

4. an den Beklagten zu 1) 871,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2017 zu zahlen

5. den Beklagten zu 1) in Bezug auf die Rechnung seines Prozessbevollmächtigten vom 31.08.2017 in Höhe eines Betrages von 147,56 EUR freizustellen.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen. Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 65 % und die Beklagten zu 35 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 80 % und die Beklagten zu 20 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien machen wechselseitig Ansprüche aus einem Verkehrsunfall am 09.03.2017 gegen 9 Uhr in ... im Bereich der Kreuzung ... geltend. Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung der Beklagten hat im Umfang des tenorierten Ausspruchs teilweise Erfolg, während die Berufung der Klägerin unbegründet bleibt.

1. Die Beklagten haften aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs für den unfallbedingten Schaden gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 StVG, 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, 115 Abs. 1 VVG, 1 PflVG. Die Haftungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 StVG sind zwanglos erfüllt. Der Unfall ereignete sich bei dem Betrieb des bei der Beklagten zu 2 versicherten und vom Beklagten zu 1 gehaltenen und geführten Kraftfahrzeugs. Höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG lag nicht vor.

1.1. Darüber hinaus ist dem Beklagten zu 1 keine Vorfahrtspflichtverletzung gemäß § 8 Abs. 1 StVO zur Last zu legen. Zwar hatte der Beklagte zu 1 unter Berücksichtigung von § 8 Abs. 1 StVO aufgrund des Verkehrszeichens 206 (Stopp-Schild) die Vorfahrt des berechtigten Verkehrs auf der ... zu gewähren. Vorfahrt ist das Recht, den Straßenraum einer Kreuzung oder Einmündung vor Anderen zu benutzen. Die Klägerin nahm jedoch an diesem Vorfahrtsrecht nicht (mehr) teil.

a) Zugunsten der Klägerin wird davon ausgegangen, dass der von ihr benutzte Gehweg auch in ihre Richtung für die Nutzung von Fahrradfahrern freigegeben war. Es handelte sich mithin um einen kombinierten Geh- und Radweg ohne Benutzungspflicht. Radwege folgen dabei in der Bestimmung des Vorfahrtsrechts der Straße, der sie zugehören, nachdem er sich auch dem äußerlichen Erscheinungsbild, auf das es maßgebend ankommt, als Teil der Straße darstellt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 23. 1. 2004 - 24 U 118/03 -, NJOZ 2004, 1668, beck-online; OLG Karlsruhe Urt. v. 24.2.2000 - 9 U 78/99, BeckRS 2000, 10730). Der gemeinsame Geh- und Radweg endet jedoch an den Absperrgeländern. Der Verkehrsraum ist derart gestaltet, dass die Absperrgeländer die freie Durchfahrt verhindern sollen. Dies liegt auf der Hand und ist für jeden Verkehrsteilnehmer beiläufig erkennbar. Damit korrespondiert eine nachfolgend durchgehende weiße Pflasterfläche, durch Noppenpflaster hervorgehoben, unmittelbar angrenzend zur kreuzenden Straße, die ebenfalls zur Beachtung des Straßenverkehrs anhalten soll. Vor den Geländern befindet sich eine durchgehende weiße Linie, die den linksseitig, mithin entgegen der Fahrtrichtung laufenden Radverkehr über die ... leitet. Verbunden ist die Linie mit einem an der Straßenlaterne angebrachten Schild, der die Radfahrer ebenfalls über die Hauptstraße auf die andere Straßenseite lenkt, die dort rechtsseitig, d.h. in korrekter Fahrtrichtung, die Fahrt fortsetzen können. Damit korrespondieren das auf dem oberen Foto (Anlage K3 Bl. 46) erkennbare Zusatzzeichen, nachdem der dortige Gehweg für den Radverkehr freigegeben wird, wie auch das Fehlen ei...

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