Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbeinsetzung bei Zuwendung von Grundstücken. Auslegung. Testament. Verjährungshemmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis stellt die Rechtsprechung auf die Wertverhältnisse der verteilten Gegenstände ab.

2. Grundsätzlich ist bei nicht eindeutigem und daher auslegungsbedürftigem Testamentswortlaut gem. § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Vielmehr ist der Wortsinn der vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten sagen wollte und ob er mit ihnen genau das unmissverständlich wiedergab, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH NJW 1993, 256).

3. Wird gut vier Jahre nach Rückerlangung eines als wertlos gewordenen Objekts ein kostspieliges Verfahren auf Entschädigung zum Wiederaufbau des Objekts anhängig gemacht, dieses Objekt kurze Zeit später in einer letztwilligen Verfügung einem Kind zugewandt, bringt dies insbesondere in Verbindung mit der Nachfolge Klausel die Vorstellung des Erblassers von Zusammengehörigkeit von Grundbesitz und Entschädigungsforderung zum Ausdruck. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn keinerlei bzw. Entschädigungsansprüche erst nach Testamentserrichtung gerichtlich geltend gemacht werden.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 204 Abs. 2, § 2087 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen 4 O 188/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.4.2007 verkündete Urteil des LG Cottbus - Az.: 4 O 188/03 - teilweise abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 37.874,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2005 an die Klägerin verurteilt.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 52 %, die Beklagte zu 48 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % der Urteilssumme abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I. Die Parteien sind zwei der drei Kinder der am 13.3.2000 verstorbenen Erblasserin. Diese hinterließ ein ihr im Wege der Restitution zurück übertragenes Hofgrundstück sowie Sparkonten und Depots. Weiterhin war sie Inhaberin einer titulierten Forderung über 444.642 DM. In ihrem Testament vom 25.10.1996 hatte sie wörtlich verfügt:

"Mein letzter Wille!

Nach meinem Tod fällt meiner Tochter G. H., geb. am ... 10.1950 mein gesamter Grundbesitz zu. Im Fall ihres Todes geht der gesamte Besitz an ihre Töchter, unsere Enkel, N. und K. K., geb. am ... 2.1974, zu gleichen teilen über. Kein anderer hat an dem vererbten Grundbesitz Anspruch. Unser Barvermögen fällt unseren Kindern zu gleichen Teilen zu."

K., 25.10.1996

Unterschrift

Unter dem 2.5.2000 stellte das AG Liebenwerda einen Erbschein aus, der die Beklagte als alleinige Vollerbin nach der Verstorbenen ausweist.

Nachdem die Beklagte den mit der am 19.2.2003 bei Gericht eingegangenen Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch der Klägerin begründet mit einem Pflichtteilsanspruch anerkannt und ein notarielles Nachlassverzeichnis vom 6.12.2004 zu den Akten gereicht hat, welches einen Aktivnachlass i.H.v. unstreitig 589.303,57 DM ausweist, hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung eines Drittels des Barvermögens nunmehr gestützt auf einen Erbauseinandersetzungsanspruch in Anspruch genommen.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 78.508,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2005 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Den Anspruch der Klägerin hat es aus §§ 2174, 2147 BGB abgeleitet.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin nicht Erbin, sondern Vermächtnisnehmerin sei. Mit dem handschriftlichen Testament vom 25.10.1996 habe die Erblasserin gewollt, dass die Beklagte Erbin und die drei Geschwister wegen des Barvermögens Vermächtnisnehmer würden.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie hält das Testament der Erblasserin in seinem Wortlaut in der Zuordnung der Vermögenswerte für eindeutig. Die Erblasserin habe keine Erbeinsetzung gewählt, sondern ihrer Tochter G., der Beklagten, den gesamten Grundbesitz zugewendet und im Fall von deren Tod auch eine Nachfolgeklausel bestimmt. Da die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung von der Existenz einer weiteren Forderung i.H.v. 943.241 DM ausgegangen sei, habe sie davon ausgehen können und dürfen, dass diese Forderung den wesentlichen Teil ihres Vermögens ausmache. Sie behauptet, die Erblasserin habe von der Entscheidung des AG Guben (Zuerkennung eines Schadensersatzanspruchs i.H.v. 444.642 DM) positive Kenntnis gehabt, allerdings zu dieser Zeit nicht mehr die Absicht gehabt, das vor Gericht erstrittene Vermögen in den Hof zu investieren. Für einen Aufbau hätte das Geld nicht g...

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