Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzthaftung: Umfang der Aufklärungspflicht bei einer Fußoperation

 

Leitsatz (amtlich)

Vor Durchführung eines operativen Eingriffs an einem Hammerzeh muss der Patient darüber aufgeklärt werden, dass Infekte und Wundheilungsstörungen wegen der Keimbelastung am Fuß deutlich häufiger als bei sonstigen Operationen vorkommen und Infektionen eintreten könnten, die bis hin zur Amputation des Fußes führen könnten.(Rz. 4)

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 08.05.2008; Aktenzeichen 11 O 252/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.5.2008 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Potsdam, Az.: 11 O 252/03, wird verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Abweisung der von der Klägerin erhobenen Feststellungsklage richtet. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 78 % und der Beklagte zu 22 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die Berufung der Klägerin ist bereits unzulässig, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Abweisung der Feststellungsklage richtet. Die Berufung der Klägerin ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 511, 517, 519 ZPO. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht hinreichend begründet worden. Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung allein darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung i.S.v. § 546 ZPO beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Die korrespondierenden Anforderungen an die Berufungsbegründung ergeben sich aus § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO für den Vorwurf der Rechtsverletzung und aus § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 und 4 ZPO für den Vorwurf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung sowie den Fall des zulässigen Vortrages neuer Tatsachen. Im Rahmen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO hat der Rechtsmittelführer dabei diejenigen rechtlichen Gesichtspunkte aufzuzeigen, die er als unzutreffend beurteilt ansieht, und die Gründe anzugeben, aus denen er die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet. Ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die die Unrichtigkeit des Urteils aus Sicht des Rechtsmittelführers begründen. Hingegen ist weder die ausdrückliche Benennung einer bestimmten Norm erforderlich, noch müssen die Ausführungen schlüssig oder rechtlich haltbar sein (BGH MDR 2003, 1130 und 1192; NJW 2006, 142; Ball in Musielak, ZPO, Kommentar, 6. Aufl., § 520 Rz. 31 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, 66. Aufl., § 520 Rz. 33). Unzureichend ist der pauschale Vortrag, die Auffassung des Erstgerichts sei unzutreffend, da hierin keine sachliche Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung zu sehen ist (BGH NJW 1995, 1559; 1997, S. 1787; NJW-RR 2002, 209, jeweils zu § 519 ZPO a.F.; Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 28. Aufl., § 520 Rz. 27). Den vorgenannten Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Klägerin teilweise nicht, worauf sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hingewiesen wurde. Die Berufung setzt sich in keiner Weise mit der Begründung des LG zur Unzulässigkeit des Feststellungsantrages auseinander, es sei weder klargestellt, ob die begehrte Feststellung künftige materielle oder immaterielle Schäden umfassen solle, noch sei dargetan, welche Folgen die ausgeheilte Entzündung des vom Beklagten behandelten Zehs noch haben könne. Hierbei handelt es sich um einen vom übrigen Klagebegehren abgrenzbaren eigenständigen Gesichtspunkt, mit dem sich die Berufungsbegründung auch gesondert hätte ausdrücklich befassen müssen.

Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin zulässig. Die Klägerin stützt ihr Rechtsmittel darauf, das LG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und deshalb zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die Behandlung eines Hammerzehs nicht geboten gewesen sei und durch Einsatz eines Lasers auch nicht fachgerecht erfolgt sei. Bei zutreffender Berücksichtigung dieser Umstände sei ein Schmerzensgeld in einer Höhe von insgesamt 18.000 EUR gerechtfertigt. Auch die Berufung des Beklagten ist zulässig. Der Beklagte stützt sein Rechts-mittel u.a. darauf, das LG habe zu Unrecht einen Aufklärungsfehler seinerseits angenommen und dabei verkannt, dass infolge der Unterschrift der Klägerin unter dem Aufklärungsbogen die Beweislast für das Vorliegen eines Aufklärungsfehlers bei dieser gelegen habe. Beide Parteien machen damit Rechtsfehler geltend, auf denen das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.

2. In der Sache haben beide Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 5.000 EUR sowie auf Ausgleich materieller Schäden i.H.v. 157,57 EUR wegen der fehlerhaften Behandlung des vierten Zehs am rechten Fuß der Klägerin im April 2003 aus §§ 280 Abs. 1, 253 BGB in Verbindung mit dem von de...

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