Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 04.02.1998; Aktenzeichen 4 O 356/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 4. Februar 1998 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 4 O 356/96 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Das beklagte Land wird verurteilt,

- an den Kläger zu 1. DM 13.427,84 nebst 9,5 % Zinsen aus 10.507,96 DM vom 10. September 1995 bis zum 15. Januar 1996, 9,25 % Zinsen aus 10.507,96 DM vom 16. Januar 1996 bis zum 24. Juni 1996 und 9,25 % Zinsen aus 13.427,84 DM seit dem 25. Juni 1996 zu zahlen;

- an die Klägerin zu 2. DM 9.645,74 nebst 9,25 % Zinsen seit dem 25. Juni 1996 zu zahlen;

- an den Kläger zu 3. DM 5.040,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Juni 1996 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten hat der Kläger zu 1. 5 % zu tragen, von seinen eigenen außergerichtlichen Kosten 9 %. Im übrigen hat der Beklagte die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten zutragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer des Klägers zu 1.:1.372,00 DMBeschwer des Beklagten:28.113,58 DM.

 

Tatbestand

Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Kläger hat im wesentlichen Erfolg. Die Kläger können von dem beklagten Land wegen des am 2. Juni 1995 auf die Bundesstraße B. gestürzten Baumes Schadensersatz verlangen.

Der Ersatzanspruch der Kläger ergibt sich allerdings nicht aus einer Amtspflichtverletzung des Beklagten. Zwar obliegt dem beklagten Land die Verkehrssicherungspflicht für die Bundesstraße als Amtspflicht, § 10 Abs. 1 Brandenburgisches Straßengesetz in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Fernstraßengesetz. Die Verkehrssicherungspflicht umfaßt grundsätzlich auch den Schutz vor solchen Gefahren, die von Straßenbäumen ausgehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der umgestürzten Eiche jedoch nicht um einen solchen "Straßenbaum". Bäume, die am Rande eines an die Straße grenzenden Waldstücks stehen, sich nicht besonders vom Waldsaum abheben und nicht äußerlich der Straße zuzuordnen sind, gelten nicht als Straßenbäume (BGHZ 123, 102 [103]). Aus den von den Klägern überreichten Fotografien ergibt sich, daß die Straße an der Unfallstelle durch ein Waldstück führt. Aus der Lageskizze wird ersichtlich, daß der Baum 5 m weit von der B. entfernt war und somit nicht mehr unmittelbar an der Straße gestanden hat. Deshalb kann der Senat nicht davon ausgehen, daß das beklagte Land im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht für die Bundesstraße für die Standsicherheit der streitgegenständlichen Eiche zuständig war.

Gleichwohl ergibt sich eine Haftung des beklagten Landes, und zwar aus dem Grundsatz der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht § 823 Abs. 1 BGB, da das beklagte Land Eigentümer des fraglichen Waldstückes ist. Als Eigentümer traf den Beklagten die allgemeine Rechtspflicht, Vorkehrungen zum Schütze Dritter zu treffen, die sich aus seinem Eigentum ergeben konnten. In diesem Rahmen hatte der Beklagte diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich zumutbaren geeignet waren, Gefahren von Dritten abzuwenden, wenn die naheliegende Möglichkeit bestand, daß Rechtsgüter anderer verletzt werden konnten. Eine derartige Gefahr hat hier beständen. Von Bäumen, die in der Nähe einer viel befahrenen Straße stehen, gehen für die Straßenbenutzer dann Gefahren aus, wenn die Bäume nicht mehr hinreichend stand- bzw. bruchsicher sind und die naheliegende Möglichkeit besteht, daß sie unvermutet auf die Straße stürzen könnten. Da eine derartige Gefahr grundsätzlich von allen Bäumen ausgehen kann, obliegt es dem jeweiligen Eigentümer, ausreichend Vorsorge dafür zu treffen, daß bei kranken oder nicht mehr standsicheren Bäumen rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, die eine Gefährdung des Verkehrs ausschließen.

Zu der allgemeinen Gefahrenvorsorge gehört deshalb. Bäume in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Im allgemeinen kann sich die regelmäßig zweimal pro Jahr (in belaubtem und unbelaubtem Zustand) erforderliche Beobachtung auf eine Sichtprüfung vom Boden aus beschränken und muß nicht notwendig von Forstspezialisten durchgeführt werden. Einzelne eingehende Untersuchungsmaßnahmen am Baum selbst sind nur dann vorzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung durch den Baum hindeuten (OLG Köln, Versicherungsrecht 1992, S. 371; OLG Hamm, Versicherungsrecht 1994, S. 357; OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1992, S. 467; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Urteil vom 17.12.1996, 2 U 56/96; Urteli vom 20.10.1998, 2 U 169/97 - die zitierte Rechtsprechung verhält sich zwar zu Verpflichtungen im Rahmen der Straßenverkehrssicherungspflicht, sie ist jedoch wegen der völlig gleichgelagerten Interessen auf Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers entsprechend anwendbar).

Auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob hier überhaupt eine Sichtkontrolle stattgefunden ...

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