Leitsatz (amtlich)

1. Im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO ist jedenfalls dann an den Prozessbevollmächtigten der Partei zuzustellen, wenn er sich im Abänderungsverfahren bestellt hat.

2. Im Falle der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO ist der Antragsteller nicht gehindert, mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde die geforderte Erklärung nachzuholen.

 

Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, § 124

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Beschluss vom 16.10.2006; Aktenzeichen 9 F 209/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. Entgegen der vom AG in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 4.4.2007 geäußerten Auffassung ist die Beschwerde nicht verspätet eingelegt worden.

Die Zustellung des angefochtenen Beschlusses erfolgte durch Übergabe-Einschreiben an die Antragstellerin selbst (vgl. zu der Frage, inwieweit ein Einwurf-Einschreiben im Unterschied zum Einschreiben mit Rückschein gem. § 175 ZPO keine wirksame Zustellung zur Folge hat (OLG Brandenburg, OLG-NL 2005, 208 = FamRZ 2006, 212). Diese Zustellung ist unwirksam, da sie nicht, wie es § 172 ZPO vorsieht, an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgt ist.

Es kann dahinstehen, ob im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO die Aufforderung grundsätzlich an die Partei selbst und nicht an ihren früheren Prozessbevollmächtigten, der für die Hauptsache bestellt war, zu richten ist (so JurBüro 1997, 481; OLG Brandenburg - 1. Familiensenat, FamRZ 2002, 413; OLG Brandenburg v. 3.3.2004 - 9 WF 49/04, FamRZ 2005, 47; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 120, Rz. 28; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, § 1, Rz. 291; a.A. BAG, Beschl. v. 19.7.2006 - 3 AZB 18/06, Leitsatz abgedruckt in NZA 2006, 1128; LAG Rheinland-Pfalz, MDR 2007, 432). Dies gilt jedenfalls dann nicht, wenn sich für das Abänderungsverfahren selbst ein Prozessbevollmächtigter bestellt hat. So liegt der Fall hier.

Der Prozessbevollmächtigte, der nun für die Antragstellerin das Rechtsmittel eingelegt hat, hatte sich im Abänderungsverfahren bereits mit Schriftsatz vom 1.6.2004 bestellt und eine damals vom AG angeforderte aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin vorgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Vollmacht dieses Prozessbevollmächtigten nicht fortbestanden hat, sind nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund hätte das AG den angefochtenen Beschluss an den Prozessbevollmächtigten zustellen müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Monatsfrist gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht in Lauf gesetzt worden. Ob deshalb das Rechtsmittel ohne Einhaltung einer Frist eingelegt werden konnte oder ob die Fünf-Monatsfrist nach § 517 ZPO entsprechend gilt (vgl. hierzu Zöller/Gummer, a.a.O., § 569, Rz. 4), kann dahinstehen. Denn die Fünf-Monatsfrist ist vorliegend gewahrt. Das Rechtsmittel ist daher nicht verspätet.

II. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 ZPO ist nicht (mehr) gerechtfertigt. Denn mit dem Rechtsmittel hat die Antragstellerin eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, sodass das AG die Abänderungsvoraussetzungen nach § 120 Abs. 4 ZPO prüfen kann.

Darauf, dass die Antragstellerin ihre aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bislang nicht dargelegt hat, kommt es nicht an. Denn im Falle der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO ist der Antragsteller nicht gehindert, mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde die geforderte Erklärung nachzuholen (OLG Brandenburg, FamRZ 2006, 212; Zöller/Philippi, a.a.O., § 124, Rz. 10a).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1785563

FamRZ 2008, 72

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