Leitsatz (amtlich)

Bei der Kostenentscheidung nach Billigkeit gem. § 81 FamFG ist der allgemeine Grundsatz zu berücksichtigen, dass in familiengerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Anordnung, außerordentliche Kosten zu erstatten, besondere Zurückhaltung geboten ist. Der Gedanke der Zurückhaltung führt in Kindschaftssachen überdies regelmäßig dazu, dass die Gerichtskosten zwischen den Eltern hälftig geteilt werden.

 

Normenkette

FamFG § 81

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Beschluss vom 08.04.2014; Aktenzeichen 6 F 910/13)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. §§ 58 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des AG, wonach die Gerichtskosten den beteiligten Eltern jeweils zur Hälfte auferlegt werden und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden, ist nicht zu beanstanden.

Wird ein Verfahren in sonstiger Weise erledigt, gilt gem. § 83 Abs. 2 FamFG die Vorschrift des § 81 FamFG entsprechend. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.

Bei der Billigkeitsentscheidung ist der allgemeine Grundsatz zu berücksichtigen, dass in familiengerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Anordnung, außerordentliche Kosten zu erstatten, besondere Zurückhaltung geboten ist (Senat, Beschl. v. 18.7.2005 - 10 WF 177/05, BeckRS 2006, 10015; OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, FamRZ 2009, 998; BayObLG FamRZ 1989, 886, 887; OLG Nürnberg NJW 2010, 1468, 1469; OLG Celle, Beschl. v. 26.4.2010 - 15 UF 40/10, BeckRS 2010, 13724; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 - 16 WF 95/10, BeckRS 2010, 14560; OLG München, Beschl. v. 29.8.2012 - 4 WF 915/12, BeckRS 2012, 20138; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 81 Rz. 48). Damit wird in Kindschaftssachen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eltern bei der gerichtlichen Durchsetzung ihres Begehrens jedenfalls auch das Kindeswohl im Auge haben, so dass die Anordnung einer Kostenerstattung die Ausnahme sein wird (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf -/Gutjahr, 2. Aufl., § 2 Rz. 204). Derartige Verfahren sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten subjektiv sehr unterschiedliche Sichtweisen haben, was erhebliches Konfliktpotential birgt und häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Die eindeutige Verantwortlichkeit nur eines Beteiligten dafür, dass es zu dem Verfahren und damit zu Kosten gekommen ist, lässt sich regelmäßig nicht feststellen (Senat, Beschl. v. 16.1.2014 - 10 WF 221/13). Der Gedanke der Zurückhaltung führt in Kindschaftssachen überdies regelmäßig dazu, dass die Gerichtskosten zwischen den Eltern hälftig geteilt werden (vgl. Senat FamRZ 2002, 1356).

Im vorliegenden Fall sind keine Umstände dafür gegeben, abweichend vom Grundsatz der Zurückhaltung in Familiensachen etwa die Verfahrenskosten dem Antragsteller allein aufzuerlegen. Eines der Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen soll, ist nicht gegeben. Dies gilt auch für die allein in Betracht zu ziehende Vorschrift des § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Dass der Antrag des Antragstellers von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und er dies erkennen musste, kann nicht angenommen werden. Bis heute steht nicht fest, ob der Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge möglicherweise Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Das Verfahren hat sich, bevor es zu einer Sachprüfung kommen konnte, dadurch erledigt, dass die beteiligten Eltern ihre Partnerschaft wieder aufgenommen haben.

Schließlich entspricht es nicht der Billigkeit, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen. Zwischen den Eltern bestanden, wie die Antragsgegnerin im Anwaltschriftsatz vom 30.10.2013 selbst eingeräumt hat, erhebliche Konflikte, die offensichtlich einer Lösung durch eine gerichtliche Entscheidung bedurften. Wenn dann das Gericht seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, § 26 FamFG, nachkommt und sogar einen Verhandlungstermin anberaumt, entspricht es nicht der Billigkeit, die Eltern, nachdem sie sich wieder versöhnt haben, von den Kosten, die sie aufgrund der vormals streitigen Behandlung der Sache verursacht haben, freizustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG. Nach dieser Vorschrift sollen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegt werden, der es eingelegt hat. Hier ist die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde ohne Erfolg geblieben. Umstände, die ein Abweichen von der "Soll-Vorschrift" des § 84 FamFG gebieten könnten, sind nicht ersichtlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7610406

FF 2015, 175

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