Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 30.11.2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 23.11.2021 teilweise abgeändert.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden dem Antragsgegner auferlegt.

Der Antragsgegner hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 1.001 EUR und 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die allein gegen die Kostenentscheidung gerichtete Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 58 ff. FamFG.

Bei der vom Amtsgericht getroffenen Kostenentscheidung handelt es sich nach der Rechtsprechung des BGH um eine Endentscheidung (vgl. BGH, NJW 2013, 3523 Rn. 6; NJW 2011, 3654 Rn. 15), so dass die Beschwerde gemäß §§ 58 ff. FamFG gegeben ist. Die Zulässigkeit dieser Beschwerde hängt, da Gegenstand des Hauptsacheverfahrens keine vermögensrechtliche Angelegenheit war, nicht vom Erreichen einer Mindestbeschwer von mehr als 600 EUR gemäß § 61 Abs. 1 FamFG ab (vgl. BGH, NJW 2013, 3523 Rn. 12 ff.; NJW-RR 2014, 129 Rn. 4).

2. Die Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens allein zu tragen hat.

Das Amtsgericht hatte zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache auch über die Kosten gemäß § 81 FamFG zu entscheiden. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, also die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten (§ 80 FamFG), den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen oder von der Erhebung von Kosten absehen.

Ob eine nach diesen Grundsätzen vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Kostenentscheidung vom Beschwerdegericht nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüft werden darf (so BGH, NJW-RR 2007, 1586 Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 3.1.2013 - II-2 UF 207/12, BeckRS 2013, 03576; Haußleiter, FamFG, 2. Aufl., § 81 Rn. 5; vgl. auch mit Differenzierungen MüKoFamFG/Schindler, 3. Aufl. 2018, § 81 Rn. 103) oder ob dem Beschwerdegericht als zweiter Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensausübung obliegt (so BGH, FamRZ 2013, 1876 Rn. 23; NJW 2011, 3654 Rn. 26 f; Verfahrenshandbuch Familiensachen-FamVerf-/Weidemann, 2. Aufl., § 2 Rn. 256; BeckOK FamFG/Obermann, 41. Ed. 01.01.2022, FamFG § 69 Rn. 31c; vgl. auch Augstein, FamRZ 2016, 1833; gerade auch in Bezug auf ein Abstammungsverfahren wie das vorliegende OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.01.2017 - 1 WF 182/16, BeckRS 2017, 102813 Rn. 17; OLG Brandenburg - 1. Familiensenat -, Beschluss vom 14.07.2020 - 9 WF 141/20, BeckRS 2020, 17108 Rn. 7; im Ergebnis auch BGH, NJW-RR 2014, 898 Rn. 15), kann hier dahinstehen. Denn da das Amtsgericht nur seine Hauptsacheentscheidung kurz begründet hat, bezüglich der getroffenen Kostenentscheidung aber allein die angewendete Norm benannt hat, ist eine Überprüfung der Ermessensausübung nicht möglich (vgl. auch OLG Brandenburg - 2. Familiensenat -, Beschluss vom 26.1.2015 - 10 WF 37/14, BeckRS 2015, 17599; Beschluss vom06.07.2017 - 10 WF 89/17, BeckRS 2017, 141532 Rn. 7).

Somit hat der Senat selbst eine Ermessensentscheidung gemäß § 81 FamFG zu treffen. Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen, dass der Antragsgegner die Kosten des Abstammungsverfahrens allein trägt.

Auch im Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft ist die Kostenverteilung gemäß § 81 FamFG von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig (BGH, NJW-RR 2014, 898 Rn. 13). Dabei ist das Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten ein Abwägungskriterium (BGH, a.a.O., Rn. 16). Doch nicht immer dann, wenn ein Antrag auf Feststellung der Vaterschaft erfolgreich war, entspricht es billigem Ermessen, dem Vater als Antragsgegner allein aufgrund seines Unterliegens die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen. Jedenfalls dann, wenn dieser berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft hatte, ist eine abweichende Beurteilung angezeigt (BGH, a.a.O., Rn. 17). Auf solche berechtigten Zweifel beruft sich der Antragsgegner hier aber zu Unrecht.

In der Rechtsprechung ist angenommen worden, dass der später als biologischer Vater festgestellte Mann dann berechtige Zweifel an seiner Vaterschaft haben konnte, wenn die Mutter Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit eingeräumt hat (so die Fallgestaltung in BGH, a.a.O., Rn. 17; OLG Brandenburg - 1. Familiensenat -, Beschluss vom 14.07.2020 - 9 WF 141/20, BeckRS 2020, 17108 Rn. 9). Der in Anspruch genommene Mann durfte auch berechtigterweise Zweifel an seiner Vaterschaft haben, wenn die Beziehung zur Mutter in der maßgeblichen Zeit keine durchgängige war und zudem die Mutter kurz nach der Beendigung der Beziehung mit eben dem Mann eine Lebensgemeinschaft eingegangen ist, den sie vor der gesetzlichen Empfängniszeit kennengelernt hatte (so die Fallgestaltung in OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.01.2017 - 1 WF 182/16, BeckRS 2017, 102813 Rn. 18). Ebenso kann es liegen, wenn die Mutter dem Mann mehrfach Vorschläge unterbreitet hat, eine ...

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