Leitsatz (amtlich)

Ermessensentscheidungen des Familiengerichts unterliegen in vollem Umfang der Nachprüfung des Beschwerdegerichts. Hatte der Vater vor Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft, so kann es, vorbehaltlich der weiteren Umstände des Einzelfalles, der Billigkeit entsprechen, eine anteilige, d.h. hälftige Kostenverteilung zwischen den beteiligten Eltern vorzunehmen.

 

Normenkette

FamFG § 81

 

Verfahrensgang

AG Seligenstadt (Beschluss vom 20.01.2017; Aktenzeichen 32 F 100/16 AB)

 

Tenor

Der Beschluss wird hinsichtlich seines Ausspruchs zur Kostentragungspflicht abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Eltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Eltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 387 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In dem vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um die Frage der Kostentragungspflicht bezüglich eines erstinstanzlich geführten Vaterschaftsfeststellungsverfahrens.

Am xx. xx. 2015 wurde das Kind xxx geboren. Die Mutter, die Beteiligte zu 3.) und der Beteiligte zu 2.), der mittlerweile die Vaterschaft zu Urkunden-Reg. Nr. xxx des Kreisjugendamts Offenbach anerkannt hat, hatten in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr. Die Mutter lebt mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten zusammen, den sie aus einer Zeit kennt, die vor der gesetzlichen Empfängniszeit liegt.

Der Vater hatte auf die Aufforderung vom xxx hin dem Jugendamt gegenüber geäußert, er habe Zweifel an der Vaterschaft und wolle diese durch einen außergerichtlichen Vaterschaftstest geklärt wissen, bevor er die Vaterschaft anerkenne. Die Mutter hat einem außergerichtlichen Vaterschaftstest nicht zugestimmt, sodass das Jugendamt den verfahrenseinleitenden Antrag bei dem Familiengericht gestellt hat.

Das Gericht hat die Eltern vernommen und ein Sachverständigengutachten eingeholt mit dem Ergebnis, dass die Vaterschaft des Beteiligten zu 2.) praktisch erwiesen ist. Daraufhin hat der Beteiligte zu 2.) die Vaterschaft anerkannt, woraufhin das Jugendamt mitgeteilt hat, das Verfahren sei nun erledigt.

Das Familiengericht hat in dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Verfahrens gemäß den §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 FamFG dem Beteiligten zu 2.) allein auferlegt.

Hiergegen wendet sich der Vater mit seiner Beschwerde, mit der er geltend macht, er habe insofern nicht oder nicht allein zum Verfahren Anlass gegeben, als er dem Jugendamt gegenüber mitgeteilt habe, er wolle vor einer Anerkennung der Vaterschaft die Vaterschaft durch einen Vaterschaftstest geklärt wissen, da er Zweifel an seiner Vaterschaft habe.

Das Jugendamt wendet ein, die Mutter habe nachvollziehbare Gründe:gehabt, einem außergerichtlichen Vaterschaftstest nicht zuzustimmen.

II. Die Beschwerde ist zulässig gemäß den §§ 58 ff. FamFG.

Die Beschwerde ist zunächst statthaft gemäß § 58 Abs. 1 FamFG, denn in der isolierten Kostenentscheidung des Familiengerichts nach §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 FamFG ist eine Endentscheidung im Sinne der §§ 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1 FamFG zu sehen (BGH FamRZ 2013, 1876; Heilmann/Dürbeck, Praxiskommentar zum Kindschaftsrecht 2015, § 58 FamFG Rn. 3, 6; Zöller/Feskorn, ZPO, 31. Auflage 2016, Rn. 4).

Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere scheitert sie nicht daran, dass der Beschwerdewert i.S.v. § 61 Abs. 1 FamFG von 600 EUR nicht erreicht wäre. Vorliegend beträgt der Beschwerdewert 387 EUR, denn er richtet sich nach dem Kosteninteresse des Beschwerdeführers, der, anstatt einer alleinigen Kostentragungspflicht seinerseits, erreichen will, dass die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden, d.h. er begehrt eine Kostenentscheidung, bei der die Gerichtskosten und die -auslagen (unter den Eltern) hälftig geteilt werden und im Übrigen jeder seiner außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. zur Begrifflichkeit § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Sein Kosteninteresse liegt also der Höhe nach in der Hälfte der gerichtlichen Kosten und Auslagen.

Zwar wäre nach § 61 Abs. 1 FamFG eine Beschwerde in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn, was hier nicht der Fall ist, der Beschwerdegegenstand 600 EUR übersteigt; insofern gab es früher einen Meinungsstreit dahingehend, ob es sich bei der Anfechtung einer (isolierten) Kostenentscheidung nicht auch um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt; diese Frage ist jedoch vom BGH in seiner Entscheidung vom 25.9.2013 (FamRZ 2013, 1876) zur Überzeugung des Senats dahingehend entschieden worden, dass es zur Anfechtung einer Kostenentscheidung, die in einer Nichtstreitsache getroffen wurde, keiner wertmäßigen Beschwer bedarf.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Vorliegend hat sich das Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft für den Antragsteller erledigt i.S.v. § 83 Abs. 2 FamFG, sodass nur noch nach § 81 FamFG über die Kosten des Verfahren zu entscheiden war...

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