Verfahrensgang

AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 485/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 27.05.2020 - 6 F 485/19 - abgeändert:

Der Verfahrenswert für das Scheidungsverbundverfahren wird auf 35.400,- EUR festgesetzt.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 28) hat das Familiengericht den Wert für das Scheidungsverbundverfahren der Beteiligten auf 14.700,- EUR für die Ehesache und auf 14.700,- EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt. Dabei ist es von einem Nettoeinkommen der Ehegatten von 2.600,- EUR und 2.300,- EUR ausgegangen, ohne etwaiges Vermögen, dessen Berücksichtigung in Höhe von 5.000,- EUR der Antragsteller mit Schriftsatz vom 08.10.2019 verlangt hat (Bl. 3), anzusetzen.

Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 02.07.2020 (Bl. 51), mit der diese die Berücksichtigung des Immobiliarvermögens der Antragsbeteiligten verlangt. Die Antragsgegnerin beziffert mit Schriftsatz vom 26.01.2021 (Bl. 138) die unbelastete Immobilie der Antragsbeteiligten zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags mit 130.000,- EUR und das ihr zustehende Bankguthaben mit 110.000,- EUR.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.12.2020 (Bl. 103) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat Erfolg.

Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert ist dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.

Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG, NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.

Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2 FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Diesen Betrag hat das Familiengericht auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise mit 14.700,- EUR ermittelt.

Das vorliegende, mit 240.000,- EUR bezifferte Vermögen der Antragsbeteiligten ist gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG angemessen zu berücksichtigen. Es widerspräche Wortlaut, Sinn und Zweck der Wertvorschrift des § 43 FamGKG, nur einzelne Aspekte der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, wie das Einkommen, in die Wertermittlung einfließen zu lassen, während andere, wie das Vermögen, generell unberücksichtigt zu lassen. Bei einer solchen Vorgehensweise würde dem sozialen Aspekt, der der Gebührenbemessung in Ehesachen zugrunde liegt nicht hinreichend Rechnung getragen (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 23.06.2014 - 15 WF 11/17 - juris).

Hinsichtlich der Frage, in welcher Weise die Vermögensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen bei der Wertermittlung zu berücksichtigen sind, ist die Rechtsprechung uneinheitlich (vergleiche Überblick in: Brandenburgisches OLG, a. a. O.).

Der Senat schließt sich der Auffassung an, nach der der Betrag des beiderseitigen Vermögens der Ehegatten nur in der Höhe berücksichtigt wird, in der es einen Freibetrag von 60.000 EUR pro Ehegatte und 10.000,- EUR pro minderjährigem Kind übersteigt (vgl. Brandenburgisches OLG, a. a. O., m. w. N.). Nach Abzug des hier abzusetzenden Freibetrags von 120.000 EUR verbleibt beim insoweit unstreitigen Vermögen der Ehegatten ein Betrag von 120.000,- EUR.

Von dem nach Abzug des Freibetrags verbleibenden Restvermögen wird ein prozentualer Anteil ermittelt, der dem dreifachen Nettoeinkommen der Ehegatten hinzugerechnet wird. Auch hinsichtlich der Höhe dieses prozentualen Anteils hat sich eine uneinheitliche gerichtliche Praxis entwickelt. Sie reicht von 2,5 % (OLG Stuttgart, FamRZ 2009, 1176) bis 10 % (z.B. OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 249; KG FamRZ 2010, 829). Teilweise werden in Abhängigkeit vom jeweiligen Vermögensgegenstand auch unterschiedlich hohe prozentuale Anteile gebildet (E...

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