Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkungen der Vermögensverhältnisse auf Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Streitwertfestsetzung im Ehescheidungsverfahren ist für jeden der Eheleute bei der Vermögensbewertung ein Freibetrag in Abzug zu bringen, der mit mindestens 30.000,00 EUR für jeden der Ehegatten, also insgesamt 60.000,00 EUR zu bemessen ist.

2. Der Wohnwert der von einem Ehegatten selbst genutzten Eigentumswohnung ist neben dem Substanzwert der Wohnung für drei Monate bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen, weil der Ehegatte entsprechende Aufwendungen für eine Mietwohnung erspart.

 

Normenkette

GKG § 48

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 20.01.2009; Aktenzeichen 26 F 430/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 20.1.2009 - 26 F 430/08 - betreffend die Festsetzung des Werts der Ehescheidung in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 11.3.2009 abgeändert:

Der Streitwert für die Ehescheidung wird auf 55.000 EUR festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Das AG hat in seiner Teilabhilfeentscheidung den Wert für die Ehescheidung auf insgesamt 19.645 EUR festgesetzt und hierbei das von den Eheleuten in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen i.H.v. 8217 EUR sowie das Vermögen der Eheleute mit einem bestimmten Anteil, gekürzt um ein Drittel wegen des geringen Umfangs des Verfahrens, berücksichtigt.

Hiergegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 24.3.2009, in dem er an seiner Beschwerde festhält und ausführt, dass das Vermögen beider Eheleute mit einem Betrag von netto 1.000.000 EUR in Ansatz zu bringen und hiervon ein Prozentanteil von 10 % bei der Bemessung zu berücksichtigen sei; ein Freibetrag von 20.000 EUR je Ehegatten werden nicht angegriffen.

Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet und der Streitwert anderweitig auf 55.000 EUR festzusetzen. Im Übrigen ist sie unbegründet und deshalb zurückzuweisen, denn nach den Darlegungen des Verfahrensbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 24.3.2009 müsste ein Streitwert nur für die Ehescheidung auf ca. 96.000 EUR festgesetzt werden. Das AG hat den Streitwert zu niedrig festgesetzt. Das BVerfG hat im Übrigen in Verfahren um die Festsetzung des Werts für eine Ehescheidung bereits mehrfach entschieden, dass durch eine zu geringe Wertfestsetzung auch ein Rechtsanwalt in seinen Rechten aus Art. 12 GG betroffen sein kann, da die Festsetzung auch für seine Vergütung maßgeblich ist (BVerfG vom 17.10.1990 zu 1 BvR 283/85; BVerfG in FamRZ 2006, 24-26 und zuletzt BVerfG in NJW 2009, 1197).

Die Streitwertfestsetzung für eine Ehesache ist in dem Beschwerdeverfahren daraufhin zu überprüfen, ob sie im Gesamtergebnis den in § 48 GKG genannten Bemessungsfaktoren in angemessener Weise Rechnung trägt. Soweit dabei der Umfang der Sache zu beurteilen ist, kommt es nur auf denjenigen des gerichtlichen Verfahrens und nicht auf den vor- oder außergerichtlichen Aufwand der beteiligten Rechtsanwälte an. Art, Anzahl und Umfang der Folgesachen beeinflussen den Wert der Ehesache nicht. Gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 GKG ist der (Teil-)Streitwert für die Ehescheidung zunächst nach dem in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute zu bemessen und im Übrigen bei entsprechenden Vermögensverhältnissen der Parteien i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG, der auch insoweit Anwendung findet (Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 48 GKG Rz. 36), ggf. zu erhöhen. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens. Spätere Einkommensveränderungen sind unbeachtlich, § 40 GKG.

Vorliegend hat das AG bereits das bei Antragseingang vorhandene Vermögen der Parteien zu gering bewertet. Maßgeblich hierfür ist die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit seiner Beschwerdeschrift vom 23.1.2009 überreichte Aufstellung des Vermögens des Antragsgegners, die nicht mehr in ihrer Gesamtheit substantiiert bestritten, sondern mit Schriftsatz vom 23.9.2009 lediglich in einzelnen Positionen korrigiert worden ist. Der Senat geht hierbei von den dortigen Angaben des Aktivvermögens aus, wobei hinsichtlich der Positionen 3., 4., und 8. die vom Beschwerdeführer nicht angegriffene Berichtigung des tatsächlichen Kurswerts, die der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 23.9.2009 vorgenommen hat, berücksichtigt worden ist; demzufolge ist die Schiffsbeteiligung "C ... Y... A. " lediglich mit 21.000 EUR Kurswert, die Schiffsbeteiligung "N ... G... " lediglich mit 14.000 EUR und die Eigentumswohnung ... in ... lediglich mit 80.000 EUR berücksichtigt worden. Das bei Antragseingang beiden Eheleuten je zur Hälfte gehörende Grundstück in der ... in B ... -...

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