Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 30.03.2022 - 32 F 74/21 - abgeändert:

Der Wert des Scheidungsverbundverfahrens wird auf 16.364 EUR festgesetzt.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.03.2022 (Bl. 58) hat das Familiengericht den Wert für das Scheidungsverbundverfahren der Beteiligten auf 12.364 EUR festgesetzt, wobei 11.364 EUR auf die Scheidung und 1 000 EUR auf die Folgesache Versorgungsausgleich entfallen. Dabei ist es von einem Nettoeinkommen der Ehegatten von 2.718 EUR und 1.070 EUR ausgegangen, ohne etwaiges Vermögen, dessen Berücksichtigung in Höhe von 7.000 EUR die Antragstellerin mit dem Scheidungsantrag vom 06.04.2021 verlangt hat (Bl. 1), anzusetzen.

Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 31.03.2021 (Bl. 68), mit der sie die Berücksichtigung des Immobiliarvermögens der Antragsbeteiligten fordert unter Hinweis auf den bereits im Scheidungsantrag mitgeteilten Wert des Vermögens von 200.000 EUR.

Das Amtsgericht hat, nachdem es die Beschwerdeführerin erfolglos zu einer differenzierten Darlegung der einzelnen Vermögenswerte der Ehegatten aufgefordert hat, der Beschwerde mit Beschluss vom 22.04.2022 (Bl. 76) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Zugrundelegung eines auf einer einfachen Schätzung beruhenden Vermögenswerts bei der Festsetzung des Verfahrenswerts komme nicht in Betracht.

Mit Schriftsatz vom 28.04.2022 (Bl. 82) schlüsselt die Beschwerdeführerin die Vermögensbestandteile der Ehegatten auf.

II. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i. V. m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat Erfolg.

Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert errechnet sich dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.

Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.

Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2 FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Diesen Betrag hat das Familiengericht auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise mit 11.364 EUR ermittelt.

Das von der Antragstellerseite im Beschwerderechtszug in nachvollziehbarer Weise mit 200.000 EUR bezifferte Vermögen der Antragsbeteiligten ist gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG angemessen zu berücksichtigen. Besteht das zu berücksichtigende Vermögen im wesentlichen in einer Wohnimmobilie, ist bei der Bemessen des Verfahrenswerts in Ehesachen auf den Verkehrswert der Immobilie - nach Abzug von Freibeträgen - abzustellen (Senat BeckRS 2010, 16587; BeckOK KostR/Neumann, 37. Ed. 1.4.2022, FamGKG § 43 Rn. 53, 64). Bei der Ermittlung des Werts des Vermögens durch das Gericht ist dabei von den zu § 3 ZPO aufgestellten Kriterien auszugehen (Toussaint/Elzer KostR, 51. Aufl. 2021, GKG § 48 Rn. 14). Die Wertangaben der Parteien stellen dabei widerlegbare Hilfstatsachen für die Richtigkeit des festzusetzenden Streitwerts dar (OLG Saarbrücken BeckRS 2018, 33509); vor allem, wenn die Wertangaben bereits vor Erlass der Kostenentscheidung abgegeben worden sind, kommt ihnen erhebliches Gewicht zu, es sei denn, die Angaben sind offensichtlich unzutreffend (BayObLG BeckRS 2021, 30792; BeckOK ZPO/Wendtland, 44. Ed. 1.3.2022, ZPO § 3 Rn. 1; Toussaint/Elzer, a. a. O. ZPO § 3 Rn. 15).

Hieran gemessen hat die Beschwerdeführerin mit dem - auch im Beschwerderechtszug von keinem der Antragsbeteiligten in Abrede gestellten - Hinweis auf die Größe, die Bebauung und die Nutzung der beiden das Vermögen der Ehegatten im wesentlichen bestimmenden Grundstücke hinreichende wertbestimmende Faktoren mitgeteilt, die eine Schätzung des Vermögens auf 200.000 EUR nachvollziehbar machen.

Hinsichtlich der Frage, in welcher Weise die Vermögensverhältnisse der Beteiligten nach billige...

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