Leitsatz (amtlich)

1. Will der Ergänzungspfleger an dem Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht oder nicht mehr festhalten, darf das Gericht den Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht gegen seinen Willen genehmigen.

2. Eine vorsorgliche Ergänzungspflegerbestellung (oder auch ein vorsorgliches Genehmigungserfordernis) ist abzulehnen.

3. Die Einräumung eines bedingten vertraglichen Rückforderungs- oder Rücktrittsrechts führt zur Bewertung des Schenkungsvertrages als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn die Haftung des Beschenkten lediglich auf die Zeit bis zu seiner Volljährigkeit beschränkt wird.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 34 F 31/20)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der beteiligten Kindeseltern vom 30. Juli 2020 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 24. Juli 2020 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst wird:

Der Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. vom 3. März 2020 auf Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung für die Erklärungen aus der notariellen Beurkundung vom 27. Februar 2020 (Notar ...) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 1. und 2.

3. Der Verfahrenswert beträgt 92.500 EUR.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die nicht verheirateten Beteiligten zu 1. und 2. sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ihrer minderjährigen Tochter, die Beteiligte zu 3.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind zu je 1/2 Eigentümer von Wohnungs- und Teileigentum. Mit notarieller Urkunde vom ... 2020 (Notar ...) überließ der Beteiligte zu 1. seinen ideellen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundbesitz unentgeltlich der Beteiligten zu 3., die insoweit, vorbehaltlich nachträglicher Genehmigung durch einen noch zu bestellenden Ergänzungspfleger, von den gemeinsam sorgeberechtigten Beteiligten zu 1. und 2. vertreten wurde. In dem Überlassungsvertrag behielt sich der Beteiligte zu 1. unter § 10 (überschrieben mit Vormerkung) ein Rückübertragungsrecht unter anderem für den Fall der Veräußerung des Vertragsgegenstands ohne seine Zustimmung und für den Fall der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten zu 3. vor. Der sich hieraus ergebende Rückauflassungsanspruch soll durch eine Vormerkung gesichert werden. In § 11 des Notarvertrags ist u.a. vereinbart, dass die Beteiligten zu 1. und 2. die Beteiligte zu 3. bis zum Erreichen der Volljährigkeit ausdrücklich von allen Zahlungsverpflichtungen freistellen, die mit dem Grundvermögen verbunden sind.

Mit Schriftsatz vom 03. März 2020 bat der beurkundende Notar um Einleitung einer Ergänzungspflegschaft bzw. die für das minderjährige Kind abgegebenen Erklärungen familiengerichtlich zu genehmigen. Mit Bestallungsurkunde vom 13. März 2020 wurde Rechtsanwalt R zum Ergänzungspfleger für die Beteiligte zu 3. bestellt (Bl. 23 BA). Der Aufgabenkreis umfasst die Vertretung der Beteiligten zu 3. bei der Übertragung des Wohnungseigentums. Der Ergänzungspfleger hat aufgrund von Zweifeln an der Vorteilhaftigkeit des Notarvertrags bislang keine Genehmigung der abgegebenen Erklärungen ausgesprochen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 24. Juli 2020 (Bl. 23) ist die familiengerichtliche Genehmigung im Wesentlichen mit der Begründung, der Notarvertrag enthalte in § 10 massive Nachteile für die Beteiligte zu 3., versagt worden. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 30. Juli 2020 eingelegte Beschwerde, mit welcher die Erteilung der beantragten Genehmigung weiterhin verfolgt wird.

II. 1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG statthaft. Gemäß § 111 Nr. 2, 151 Nr. 4 FamFG i.V.m. § 58 FamFG ist die Verweigerung einer gemäß §§ 1819 ff. BGB erforderlichen familiengerichtlichen Genehmigung als Endentscheidung mit der Beschwerde anfechtbar (vgl. auch OLG Schleswig NJW-Spezial 2020, 241; OLG Jena FamRZ 2014, 140).

Die Beschwerde ist auch in zulässiger Weise gemäß §§ 58 ff. FamFG eingelegt worden. Wird, wie hier, die familiengerichtliche Genehmigung versagt, steht das Beschwerderecht gemäß §§ 59, 60 FamFG nicht nur dem Kind, sondern auch den Eltern im eigenen Namen zu (OLG Zweibrücken FamRZ 2012, 1961; BayObLG FamRZ 1981, 196). Der Senat geht angesichts der Interessenlage davon aus, dass die im Streitfall beteiligten Kindeseltern - vertreten durch den Notar - die Beschwerde im eigenen Namen eingelegt haben, zumal die Einholung einer eventuellen familiengerichtlichen Genehmigung bereits Gegenstand des geschlossenen Notarvertrags (dort S. 3) war.

2. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, sie ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die in der angefochtenen Entscheidung ausgesprochene Versagung der familiengerichtlichen Genehmigung zutreffend ausgesprochen.

a. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung (zumindest derzeit) nicht vorliegen.

Die familiengerichtliche Genehmigung eines Rechtsgeschäft...

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