Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung eines erläuternden Zusatzes

 

Leitsatz (amtlich)

§ 47 I 3 PStG weist den Dokumenten des Heimatstaates keine formelle Beweiskraft oder auch nur eine Richtigkeitsvermutung zu. Vielmehr stellt die Norm - allein - klar, dass das Dokument zur Feststellung des Sachverhalts ausreichen kann, wenn andere Urkunden oder Dokumente nicht erreichbar sind und wenn nichts gegen die Überzeugungsbildung allein anhand des vorgelegten Dokuments spricht.

Der erläuternde Zusatz besagt nicht, die Angaben der Antragstellerin seien falsch, sondern er beschränkt sich darauf, die Angaben seien nicht nachgewiesen.

 

Normenkette

PStG § 47 Abs. 1 S. 3 Nr. 2; PStV §§ 35, 47 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 7 UR III 25/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 5. September 2022 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der erläuternde Zusatz beim Geburtseintrag der Beteiligten zu 2, die Identität ihrer Mutter, der Antragstellerin, sei ungeklärt, darf nicht beseitigt werden, weil er zutrifft. Da die Namensführung der Beteiligten zu 2 auf dem Namen der Antragstellerin beruht, deren Identität ungeklärt ist, ist auch der weitere Zusatz zutreffend, die Namensführung der Beteiligten zu 2 sei ungeklärt.

Der erläuternde Zusatz (§ 35 I 1 PStV) dient dazu, den Geburtseintrag zügig abschließen zu können, auch wenn einzutragende Umstände nicht mit den dafür vorgesehenen Urkunden (§ 33 PStV) nachgewiesen werden können. Die Beweisnot der Eltern müsste zur Zurückstellung der Beurkundung (§ 7 I 1 PStV) führen. Um die Zurückstellung zu vermeiden und trotz verbleibender Unklarheiten das Recht der Beteiligten auf zügige Beurkundung der Geburt durchzusetzen, sieht § 35 PStV die Aufnahme des Zusatzes vor, der deutlich werden lässt, dass die von ihm erfassten Angaben nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und diese Angaben trotz der Aufnahme in den Geburtseintrag nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundungen teilhaben können (vgl. Senat, BeckRS 2021, 8199, Rdnr. 6; 2021, 30290, Rdnr. 4; BGHZ 221, 1, Rdnr. 20 f.; BGH, FamRZ 2021, 831, Rdnr. 23 f.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2020, 1494, 1495; OLG Schleswig, FGPrax 2014, 28, 29; Entwurfsbegründung des BMI, BRat-Drs. 713/08, S. 97 f.).

Um den Zusatz zu beseitigen, die Identität der Antragstellerin sei ungeklärt, und die Ausstellung einer Geburtsurkunde statt nur eines beglaubigten Registerauszuges zu erreichen (§ 35 I 2 PStV), bedarf es des Nachweises nicht nur des zutreffenden Namens, sondern auch aller anderen identitätsbestimmenden Merkmale der Antragstellerin durch dazu vorgesehene Urkunden oder andere gleich geeignete Mittel zur Überzeugungsbildung über die zutreffenden tatsächlichen und maßgeblichen rechtlichen Verhältnisse (vgl. Senat, BeckRS 2021, 8199, Rdnr. 9; OLG Schleswig, FGPrax 2014, 28, 29; KG, FGPrax 2013, 170, zur Zulässigkeit anderer als der im § 33 PStV aufgeführten Nachweise).

Diese Nachweise hat die Antragstellerin nicht vorlegen können, und sie sind auch durch die Ermittlungen des Standesamtes nicht erbracht worden. Die Identität der Antragstellerin - nämlich ihr Name und ihr Geburtsdatum - ist ungeklärt geblieben.

Die kamerunischen Reisepässe, die der Antragstellerin ausgestellt wurden, eignen sich nicht, um ihre Identität nachzuweisen.

Dazu braucht der Senat nicht näher zu erörtern, ob die durch § 47 I 3 Nr. 2 PStG gewährte Möglichkeit, einen erläuternden Zusatz anhand eines Reisepasses zu berichtigen, auf den Zweck beschränkt werden darf, auf diese Weise die Rückführung des Betroffenen zu ermöglichen oder zu erleichtern (so die Standesamtsaufsicht, ...). Diese auf einen bestimmten Anwendungszweck beschränkende Auslegung findet im Wortlaut der Norm keinen Anhaltspunkt. Die Beschränkung des formellen Gesetzes wird dem niederrangigen Verordnungsrecht (§ 47 I 3 PStV) nicht entnommen werden können, wenn diese Beschränkung von der Verordnungsermächtigung - wie hier (§ 73 PStG) - nicht gedeckt ist.

Ob § 47 I 3 PStV mit § 47 I 3 Nr. 2 PStG vereinbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, weil es auf die Gültigkeit der Verordnungsregelung nicht ankommt. § 47 I 3 Nr. 2 PStG setzt - unabhängig von einer etwaigen Zweckbeschränkung der Berichtigung - voraus, dass sich die Dokumente des Heimatstaates dazu eignen, den richtigen Sachverhalt verlässlich festzustellen. Diese Eignung fehlt den Dokumenten, wenn andere Erkenntnisquellen gewichtige Zweifel begründen, der in den Dokumenten festgehaltene Sachverhalt treffe zu. § 47 I 3 PStG weist den Dokumenten des Heimatstaates keine formelle Beweiskraft oder auch nur eine Richtigkeitsvermutung zu. Vielmehr stellt die Norm - allein - klar, dass das Dokument zur Feststellung des Sachverhalts ausreichen kann, wenn andere Urkunden oder Dokumente nicht erreichbar sind und wenn nichts geg...

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