Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren: Zumutbarkeit des Einsatzes eines Bausparguthabens und einer Lebensversicherung zur Verfahrenskostendeckung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Einsatz eines Bausparguthabens und einer Lebensversicherung und zur entsprechenden Darlegungslast gem. § 115 Abs. 3 ZPO.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Cottbus (Beschluss vom 13.10.2009; Aktenzeichen 97 F 182/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das AG hat mit zutreffenden Erwägungen die Bedürftigkeit des Antragsgegners für den gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verneint.

1. Zunächst ist zu beachten, dass der Antragsteller eines Kostenhilfeantrags die vollständige Darlegungslast für seine Bedürftigkeit zur Begleichung der Verfahrenskosten trägt. Er muss schlüssig darlegen, dass kein einzusetzendes Vermögen vorhanden ist (allgemein dazu Horndasch/Viefhues/Götsche, FamFG, 2009, Anhang zu § 76 Rz. 21 ff. und Rz. 105; speziell für die Lebensversicherung: OLG Bremen FamRZ 2007, 1341 [1342]; OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2007, 847). Bei vorhandenem Vermögen muss er darstellen, weshalb ihm der Vermögenseinsatz unzumutbar ist (OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2005, 504, 506; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Rz. 125). Im Fall des § 90 Abs. 3 SGB XII, also des Vorliegens einer besonderen Härte für den Einsatz des Vermögens, muss der Antragsteller die wesentliche Erschwernis ausreichend dartun, da es sich um einen Ausnahmetatbestand handelt (vgl. auch OLG Bremen OLGReport Bremen 2007, 619, 620; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O.).

2. Der Antragsgegner hat sein Bausparguthaben von annähernd 7.000 EUR einzusetzen. Auch Guthaben aus Bausparverträgen stellen einzusetzendes Vermögen gem. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO (ggf. i.V.m. § 76 Abs. 1 FamFG) dar. Ein Bausparguthaben ist einzusetzendes Vermögen und daher bei der Prüfung der Bedürftigkeit innerhalb der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2008, 30; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Rz. 125 Stichwort Bausparverträge m.w.N.). Dies gilt selbst dann, wenn der Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif ist (BAG, FamRZ 2006, 1445; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O.). Die mit einer vorzeitigen Auflösung verbundenen Nachteile hat der um Kostenhilfe Ersuchende zu tragen, da es der Allgemeinheit nicht angelastet werden kann, dass er sein Vermögen in wirtschaftlicher ungünstiger Weise bindet (allgemein dazu Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Rz. 103 m.w.N.).

Dass das Bausparguthaben bzw. der Bausparvertrag als solcher dem Erwerb von Wohneigentum dienen soll, ändert an der grds. Verwertungspflicht ebenfalls nichts (BGH FamRZ 2008, 250, 251 und FamRZ 2007, 1720 [1722]; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O.). Auch die Absicht des Bausparers, den Vertrag und damit das Guthaben zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten des Familienheims einzusetzen, genügt für sich betrachtet noch nicht, um von einer Verwertung abzusehen. Etwas anders kann gelten, wenn der Vertrag in eine bereits bestehende Baufinanzierung zwingend eingebunden ist, z.B. Bausparsofortfinanzierung (vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 70 für die auf den Bausparvertrag gezahlten Raten) oder wenn der Vertrag für zwingend notwendige Sanierungsmaßnahmen benötigt wird (AG Andernach FamRZ 2006, 628). Solche Ausnahmetatbestände hat der Antragsgegner hier aber in keiner Weise näher dargetan.

3. Eine Einsatzpflicht gilt ebenfalls für die vorhandene kapitalbildende Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von aktuell annähernd 2.200 EUR. Lebensversicherungen jeglicher Art stellen grds. einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO (ggf. i.V.m. § 76 Abs. 1 FamFG) dar. Besonders gilt dies für kapitalbildende Lebensversicherungen, gleich ob diese klassisch oder fondsgebunden (OLG Saarbrücken OLGReport Saarbrücken 2006, 361, 362) aufgebaut sind. Die vertragliche Zweckbindung solcher Vorsorgeverträge als Altersversorgung ist grds. unbeachtlich (OLG Brandenburg OLGReport Brandenburg 2008, 915; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Rz. 107).. Etwas anderes kann auch hier - vergleichbar den oben angestellten Erwägungen zu dem Bausparguthaben - ausnahmsweise dann gelten, wenn sich deutlich abzeichnet, dass ohne den Einsatz der Lebensversicherung der Antragsteller seine Altersversorgung zumindest teilweise durch die Inanspruchnahme öffentlicher Fürsorgeleistungen bestreiten müsste (OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 524; Horndasch/Viefhues/Götsche, a.a.O., Rz. 109 m.w.N.). Es ist aber in keiner Weise erkennbar, dass der Antragsgegner diese Lebensversicherung zwingend für seine Altersvorsorge benötigt. Insoweit ist es erneut der Allgemeinheit nicht anzulasten, dass er Vermögen dann in wirtschaftlicher Hinsicht derart anlegt, dass es bei einer Verwertung evtl. mit Verlusten verbunden ist.

4. Damit ist auch angesichts eines ihm...

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