Gesetzestext

 

1Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie schuldhaft die Pflichten verletzen, die ihnen nach diesem Gesetz obliegen. 2§ 62 gilt entsprechend.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 89 KO [Haftung der Mitglieder]

Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind für die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten allen Beteiligten verantwortlich.

 

§ 44 Abs. 3 VerglO Gläubigerbeirat

(3) Die Mitglieder des Beirats sind für die Erfüllung ihrer Pflichten allen Beteiligten verantwortlich.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Haftung der einzelnen Gläubigerausschussmitglieder nach der Vorschrift des § 71 stellt neben der nach § 70 vorgesehenen Entlassung ein weiteres wirksames gesetzliches Mittel dar, um die Erfüllung der Aufgaben und Einhaltung der Pflichten der einzelnen Ausschussmitglieder, namentlich die Wahrung der Gesamtinteressen der am Verfahren beteiligten Gläubiger zu gewährleisten. Gegenüber den ursprünglichen Regelungen in der KO und VerglO wurde die Verantwortlichkeit der Ausschussmitglieder eingeschränkt. Sie sind nicht mehr allen am Verfahren Beteiligten verantwortlich, sondern nur noch den im Gesetz genannten. Weiter enthält die InsO nunmehr auch die Klarstellung, dass eine Haftung entsprechend den allgemein geltenden Grundsätzen nur noch bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung in Betracht kommt.

 

Rn 2

Unberührt durch § 71 bleibt eine auch nach der neuen gesetzlichen Regelung daneben bestehende Haftung einzelner Ausschussmitglieder nach den allgemeinen Vorschriften. Hierfür kommen insbesondere die deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 823 ff., 826 BGB in Betracht. In engen Grenzen wird auch eine Haftung des Ausschussmitglieds nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss sowie der in diesem Zusammenhang von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Vertrauenshaftung eines Sachwalters in Betracht kommen, wenn z.B. das Ausschussmitglied an Vertragsverhandlungen im Insolvenzverfahren teilnimmt und aufgrund seiner besonderen Sachkunde der Vertragspartner auf die ordnungsgemäße Vertragserfüllung i.S. einer Gewährübernahme vertrauen durfte.[1] Unter anderem auch deswegen sind die übrigen Verfahrensbeteiligten durch die von der InsO vorgenommene Beschränkung der Verantwortlichkeit gegenüber bestimmten beteiligten Gruppen nicht vollständig rechtlos gestellt.[2] Es dürfte auch nach der Neuregelung dabei geblieben sein, dass § 71 kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt.[3]

[1] Zu den engen Grenzen der Haftung eines Ausschussmitglieds für Masseschulden vgl. BGH KTS 1982, 111.
[2] Dieses Argument verwendet Heidland, Die Rechtsstellung und Aufgaben des Gläubigerausschusses als Organ der Gläubigerselbstverwaltung in der Insolvenzordnung, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 549 ff. Rn. 29 ff., aber gegen die gesetzliche Neuregelung.
[3] So zu § 89 KO OLG Nürnberg KTS 1966, 109; Kuhn/Uhlenbruck, § 89 Rn. 8; Kilger/K. Schmidt, KO § 89 Anm. 4.

2. Anspruchsberechtigte

 

Rn 3

Die gesetzliche Regelung billigt nunmehr nur noch den absonderungsberechtigten Gläubigern und Insolvenzgläubigern die speziellen insolvenzrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses zu. Danach werden die Anspruchsberechtigten nach den für die genannten Gruppen einschlägigen Vorschriften zu bestimmen sein, d.h. nach den §§ 4951 (absonderungsberechtigte Gläubiger) und nach der Legaldefinition des § 38 (Insolvenzgläubiger). Da der Wortlaut des Gesetzes uneingeschränkt von Insolvenzgläubigern spricht, werden dazu auch die nachrangigen Insolvenzgläubiger nach § 39 zu zählen sein. Faktisch besteht daher auch eine Verantwortlichkeit der Ausschussmitglieder gegenüber der rechtlich nicht verselbständigten Insolvenzmasse, da bei deren Schädigung immer auch eine Schädigung der Insolvenzgläubiger gegeben ist, die sich dafür wiederum über § 71 ggf. an den Gläubigerausschussmitgliedern schadlos halten können. Zu beachten ist aber in diesem Zusammenhang § 92, wonach ein solcher Gesamtschaden während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann, ohne dass dieser zugleich Inhaber eines eigenen Ersatzanspruchs gegen die Ausschussmitglieder wird, dass auch keine Verantwortlichkeit gegenüber dem Bürgen des Schuldners sowie einem neben diesem haftenden weiteren Gesamtschuldner besteht, solange der betreffende Insolvenzgläubiger nach § 44 seine Forderung im Verfahren geltend macht.

 

Rn 4

Nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten fällt daher der Verwalter, obwohl dieser bei einer gesamtschuldnerischen Haftung mit einzelnen Gläubigerausschussmitgliedern ggf. über § 426 BGB im Innenverhältnis Rückgriff nehmen kann. Ebenso wenig anspruchsberechtigt ist der Schuldner, und zwar weder während noch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens.[4] Ausgeschlossen ist die Verantwortlichkeit der Ausschussmitglieder zumindest nach § 71 auch gegenüber den am Verfahren beteiligten Massegläubigern, da diese ausdrücklich...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge