Rn 4

Die Entlassung eines Gläubigerausschussmitglieds setzt – gleichgültig ob von Amts wegen oder auf Antrag – immer das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. Dies gilt auch für den Eigenantrag des Ausschussmitglieds, wie sich aus dem systematischen Aufbau der Vorschrift im Vergleich zwischen Satz 1 und Satz 2 entnehmen lässt.[3] Bei der Entlassung gegen den Willen des Ausschussmitgliedes ist ein schwerwiegender Pflichtverstoß erforderlich.[4] Die Beurteilung erfolgt anhand des Pflichtenkreises, wie er sich aus § 69, sonstigen gesetzlichen Einzelvorschriften und den besonderen Einzelanforderungen des jeweiligen Verfahrens ergibt. Dabei führt aber nicht jede Pflichtverletzung sofort zur Entlassung, sondern zunächst nur zur Haftung nach § 71 bei schuldhaftem Verhalten des Ausschussmitglieds. Im Übrigen gelten nach dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen hierzu die gleichen Grundsätze wie bei der Entlassung des Insolvenzverwalters nach § 59.[5] Als schwerwiegendes Fehlverhalten kommen vor allem in Betracht die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, die Erzielung eigener wirtschaftlicher Vorteile durch Ausnutzung von Insiderkenntnissen sowie die massive Verfolgung und Durchsetzung von Sonderinteressen über die Ausschusstätigkeit. Dagegen wird das bloße Bestehen eines Eigeninteresses gerade bei einem aus dem Gläubigerkreis gewählten Ausschussmitglied nicht ausreichen, da dies zwangsläufig schon aus seiner Gläubigerstellung resultiert. Erst wenn das Ausschussmitglied dieses Eigeninteresse unter Zurückstellung und Missachtung der Interessen der Gläubigergesamtheit verfolgt und durchzusetzen versucht, ist die Schwelle zu einem schwerwiegenden Pflichtverstoß überschritten. Auch das bloße Bestehen einer Interessenkollision dürfte noch keine Entlassung rechtfertigen, wenn diese für alle Beteiligten offenkundig ist, das Ausschussmitglied selbst darauf hinweist und sich bei den betreffenden Entscheidungen des Gläubigerausschusses, z.B. durch Nichtausübung seines Stimmrechts, zurückhält. Hat dagegen das Ausschussmitglied seine nicht ohne weiteres erkennbaren eigenen wirtschaftlichen Interessen oder Kollisionslagen dem Verwalter oder den übrigen Ausschussmitgliedern verschwiegen, so kann dies je nach Bedeutung der Umstände im Einzelfall seine Entlassung durch das Insolvenzgericht rechtfertigen. Als wichtiger Grund kommt des Weiteren eine schikanöse Überwachung des Verwalters oder ein sonstiges persönliches Fehlverhalten im Rahmen der Amtsausübung in Betracht, das eine gedeihliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Verwalter oder innerhalb des Ausschusses dauerhaft unmöglich macht und damit den Verfahrenserfolg gefährdet. Ausreichend ist auch eine Täuschung des Verwalters oder der übrigen Ausschussmitglieder sowie kollusives Zusammenwirken mit Dritten zum Nachteil der Insolvenzmasse, wie z.B. die Begünstigung eines Insolvenzgläubigers zum Nachteil der übrigen Verfahrensbeteiligten.[6] Auch herabsetzende Äußerungen eines Ausschussmitgliedes über den Insolvenzverwalter stellen einen wichtigen Grund zur Entlassung dar.[7] Schließlich stellen auch länger andauernde Krankheit oder die auf sonstigen persönlichen Gründen beruhende dauerhafte Verhinderung an der Amtsausübung ebenso einen wichtigen Grund dar wie die schuldhafte und nachhaltige Nichterfüllung der Aufgaben durch das Ausschussmitglied.[8]

[3] Vgl. AG Duisburg NZI 2003, 659 [AG Duisburg 03.07.2003 - 62 IN 41/03] mit Anm. Gundlach; danach reicht als wichtiger Grund aus, dass das Mitglied selbst sein Verbleiben im Ausschuss für unzumutbar hält.
[5] a.a.O.
[6] BGH ZIP 2003, 1259 [BGH 15.05.2003 - IX ZB 448/02] nebst Anmerkungen von Pape zur Vorinstanz ZInsO 2002, 1017.
[7] AG Wolfratshausen ZInsO 2003, 96.
[8] Zu weiteren Beispielen vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6 Rn. 41–43.

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