Gesetzestext

 

Die Gläubiger haben gegen den Schuldner keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit dem Schuldenbereinigungsplan entstehen.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift schließt die Erstattung außergerichtlicher Kosten durch den Schuldner aus, die den Gläubigern im Schuldenbereinigungsplanverfahren entstehen. Sie verfolgt das Regelungsziel zu verhindern, dass dem Schuldner wegen häufig leichtfertig durch Gläubiger verursachter Kosten in großer Höhe, vor allem durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, jede Möglichkeit für eine gütliche Einigung genommen wird.[1] Auch würden dadurch die für die Schuldenbereinigung vorgesehenen Mittel geschmälert und es könnte Streit über die Angemessenheit der geltend gemachten Kosten entstehen.[2] Der Schuldner hat nicht zu befürchten, dass sich schon durch einen nicht erfolgreichen Versuch einer gütlichen Einigung vor Gericht seine Verbindlichkeiten weiter erhöhen. Die Gläubiger haben es weitgehend in der Hand, in welchem Umfang sie außergerichtliche Kosten entstehen lassen. Sie sollen sich aktiver beteiligen und werden durch den Anspruchsausschluss in § 310 nicht unangemessen benachteiligt.[3] Zwar trifft es zu, dass bei manchen Gläubigern zwangsläufig Bearbeitungskosten anfallen (bspw. Kreditinstitute und Sozialversicherungsträger). Auch können rechtsunkundige Gläubiger im Einzelfall auf eine kostenpflichtige Rechtsberatung angewiesen sein. Diese Nachteile werden vom Gesetzgeber aber zu Recht in Kauf genommen, da die Kostenvorteile der Schuldenbereinigung über einen Schuldenbereinigungsplan allen Gläubigern zugutekommen.

 

Rn 2

Die Norm steht in einem systematischen Zusammenhang mit § 305 Abs. 2 Satz 2, der bestimmt, dass die Gläubiger im außergerichtlichen Verfahren zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses verpflichtet sind, auf ihre Kosten dem Schuldner eine schriftliche Forderungsaufstellung zu erteilen (vgl. die Kommentierung bei § 305 Rn. 91 f.). Eine Kostenerstattung für Gläubiger entfällt auch nach allgemeinen Grundsätzen, wenn sich der Aufwand zur Verfolgung der Forderung im Rahmen von zumutbaren Eigenbemühungen bewegt.[4]

[1] BegrRegE BT-Drs. 12/7302, S. 193. Vgl. MünchKomm-Vuia, § 310 Rn. 1.
[2] MünchKomm-Vuia, § 310 Rn. 3.
[3] BegrRegE BT-Drs. 12/7302, S. 193. Ebenso: MünchKomm-Vuia, § 310 Rn. 1; a. A. Uhlenbruck-Sternal, § 310 Rn. 1; Nerlich/Römermann-Römermann, § 310 Rn. 2.
[4] MünchKomm- Vuia, § 308 Rn. 5. Zum allgemeinen Grundsatz: BGH, WM 2019, 2269 Rn. 19; BGHZ 127, 348, 352.

2. Entstehungsgeschichte

 

Rn 3

Die Vorschrift geht auf eine Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags im Rahmen eines Gegenentwurfs einer Insolvenzordnung (dort: § 357 g) zurück.[5] Im Jahr 2012 sah der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte eine Aufhebung der Norm vor. Sie sollte als Teil des als dysfunktional angesehenen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens abgeschafft werden.[6] Aufgrund einer Intervention des Rechtsausschusses ist es nicht zur Abschaffung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens gekommen.[7] Folgerichtig blieb die Regelung des § 310 erhalten.

[5] BT-Rechtsausschuss, BT-Drs. 12/7302, S. 193.
[6] BegrRegE BT-Drs. 17/11268, S. 17.
[7] BT-Rechtsausschuss, BT-Drs. 17/13535, S. 29. Vgl. Hirte, ZInsO 2013, 171, 174.

3. Reichweite des Anspruchsausschlusses

 

Rn 4

Der in § 310 geregelte Anspruchsausschluss schließt eine Erstattung sowohl prozess- wie materiell-rechtlicher Ansprüche in Zusammenhang mit dem Schuldenbereinigungsplan aus, unabhängig davon, auf welchen Rechtsgrund sie gestützt werden und ob eine kontradiktorische Entscheidung getroffen wird.[8] Die Kosten der Mitwirkung im Schuldenbereinigungsverfahren beruhen regelmäßig und maßgeblich auf der Ermittlung der Forderungen, die den Gläubigern im eigenen Interesse ohnehin sowohl im Rahmen von Beitreibungsbemühungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ebenso obliegt, wie im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, in dem die Forderungen angemeldet werden müssten.

 

Rn 5

Der Anspruchsausschluss umfasst nicht Kostenerstattungsansprüche des Schuldners gegen einzelne Gläubiger (s. u. Rn. 9). Auch verbleibt dem Gläubiger die Möglichkeit Beratungs- oder Prozesskostenhilfe zu beantragen.[9]

[8] FK-Kohte/Busch, § 310 Rn. 3 unter Verweis auf die strukturähnliche Rechtsprechung zu § 12 a ArbGG: BAG, NZA 1992, 1101.
[9] Uhlenbruck-Sternal, § 310 Rn. 4.

3.1 Erfasste Ansprüche

 

Rn 6

Zu den von § 310 erfassten und mithin von der Kostenerstattung ausgeschlossenen Ansprüchen gehören sowohl die Erstattung von Gerichtskosten als auch Erstattungsansprüche auf Grund schadensersatzrechtlicher Haftungstatbestände oder vertragliche Kostenerstattungsregelungen.[10] Ein Streit um die Angemessenheit der von den Gläubigern aufgewendeten außergerichtlichen Kosten entfällt. Ausgeschlossen ist auch, dass die Gläubiger ihre Kosten (vor allem Inkassokosten) als Verzugsschaden (§§ 280, 286 BGB) geltend machen.[11] § 310 ist zwingendes Recht. Unwirksam sind daher vertragliche Vereinbarungen zwischen Gläubigern und dem Schuldner neben oder im Schulde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge