Rn 98

Die Insolvenzordnung enthält zwar in der Überschrift des Zweiten Teils – Erster Abschnitt (§ 11 ff.) den Begriff "Verfahrensbeteiligte", definiert diesen aber nicht. In den §§ 11 ff., 286 ff., aber auch in den 304 ff. werden u. a. erwähnt:

  • Schuldner mit Antragsberechtigung (§§ 13, 15, 305)
  • Gläubiger mit Antragsberechtigung (§§ 13 ff., 306 Abs. 3) und Einteilung (§§ 38 ff.). Nur die antragstellenden Gläubiger und Insolvenzgläubiger (§ 38) sind Verfahrensbeteiligte. Die im Schuldenbereinigungsplan aufgeführten Gläubiger haben Anhörungs- und Abstimmungsrechte und das Recht, Anträge zu stellen (§§ 309 ff.). Nicht im Schuldenbereinigungsplan aufgeführte Gläubiger, die sich nach Aufforderung zur Forderungsanmeldung melden, werden im eröffneten Verfahren beteiligt.[168]
  • Vorläufiger Insolvenzverwalter und Insolvenzverwalter (§§ 21 f. und §§ 27 Abs. 1, 56 ff.). Gemäß § 306 Abs. 2 Satz 1 kann das Insolvenzgericht trotz des Ruhens des Verfahrens zwischen Antrag und Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan Sicherungsmaßnahmen anordnen und auch einen vorläufigen Insolvenzverwalter (früher: vorläufigen Treuhänder) bestellen (§§ 306 Abs. 2 Satz 1, 304 Abs. 1 Satz 1, 21 f.).[169] Bei Eröffnung wird ein Insolvenzverwalter bestellt (früher: Treuhänder nach § 313 a. F.).
[168] Runkel-Ley, § 16 Rn. 59.
[169] MK-Haarmeyer, § 22 Rn. 15; Kübler/Prütting/Bork-Blankenburg, § 22 Rn. 12 f.; FK-Grote/Lackmann, § 306 Rn. 18; FK-Schmerbach, § 21 Rn. 84; Uhlenbruck-Vallender, § 21 Rn. 12a; kritisch Braun-Buck, § 306 Rn. 13; Wittig, WM 1998, 157 (163).

3.4.1 Insolvenzfähigkeit

 

Rn 99

Auch ein Verbraucherinsolvenzverfahren ist nur zulässig, wenn der Schuldner insolvenzfähig ist (§§ 11, 304 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz). Die Insolvenzfähigkeit entspricht der Parteifähigkeit gemäß § 50 ZPO in einem Zivilprozess und tritt an deren Stelle.[170] Jeder Mensch ist von der Geburt bis zum Tod insolvenzfähig gem. § 11 Abs. 1 Satz 1.

[170] FK-Schmerbach, § 11 Rn. 1.

3.4.2 Verfahrensfähigkeit (Betreuung, Vormundschaft)

 

Rn 100

Von der Insolvenzfähigkeit zu unterscheiden ist die Fähigkeit, Verfahrenshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen. Diese Verfahrensfähigkeit im Insolvenzverfahren richtet sich über die Verweisung in § 4 InsO nach den Vorschriften zur Prozessfähigkeit in §§ 51 ff. ZPO. Jeder Schuldner und Antragsteller muss mithin die Fähigkeit besitzen, selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter vor Gericht stehen zu können, das heißt auch, einen Eröffnungsantrag stellen zu können (§ 4 InsO, § 51 ZPO). Eine Person ist nur dann verfahrensfähig, wenn sie sich durch Verträge verpflichten kann (§ 52 ZPO).

 

Rn 101

Die Anknüpfung an die Geschäftsfähigkeit führt dazu, dass unter rechtlicher Betreuung stehende Personen grundsätzlich verfahrensfähig sind. Die Geschäftsfähigkeit wird durch die Betreuerbestellung nicht tangiert und richtet sich allein nach § 104 BGB. Nur wenn im Betreuungsbeschluss ausdrücklich ein sog. Einwilligungsvorbehalt gem. § 1903 BGB angeordnet worden ist, bedarf eine Willenserklärung des Betreuten zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung des Betreuers. Das Insolvenzgericht wäre daher regelmäßig in der misslichen Lage trotz der vorhandenen Betreuung die Geschäftsfähigkeit des betreuten Schuldners feststellen zu müssen. Wird aber der Schuldner bei der Antragstellung durch einen Betreuer vertreten, verliert er, unabhängig von seiner tatsächlich evtl. vorhandenen Geschäftsfähigkeit, seine Verfahrensfähigkeit (§ 4 InsO, § 53 ZPO). Dies gilt auch, wenn der Betreuer in ein laufendes Verfahren nachträglich eintritt. Die Verfahrensführung wird zur Vermeidung divergierenden Prozessverhaltens beim Betreuer monopolisiert.[171] Soweit höchstpersönliche Erklärungen abzugeben sind, müssen sie grundsätzlich von dem in das Verfahren eingetretenen Betreuer abgeben werden.[172] Allerdings muss sich das Gericht über eine persönliche Anhörung des Betreuten oder einen anderen geeigneten Weg zusätzlich ein Bild über dessen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verschaffen, da ggf. auch der Betreute eine Erklärung nach den Grundsätzen des § 455 Abs. 2 ZPO abzugeben hat.[173] Eine Anhörung des Schuldners ist nämlich in Betracht zu ziehen, wenn dies nach Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Betreuten, den Umständen des Falls nach angemessen ist. Zur praktischen Vereinfachung empfiehlt es sich, darauf hinzuwirken, dass sowohl der Betreuer als auch der betreute Schuldner die geforderten höchstpersönlichen Erklärungen abgeben bzw. die entsprechenden Formulare gemeinsam unterzeichnen.[174]

 

Rn 102

Der Betreuer muss zu einer wirksamen Vertretung des Betreuten über einen entsprechenden Aufgabenkreis verfügen. Dies kann das Gericht über eine Beiziehung der Betreuungsakte oder die Vorlage des Betreuungsbeschlusses prüfen. Für das Insolvenzverfahren kommen als Aufgabenkreise in Betracht: "Vermögenssorge"[175], "Insolvenz" oder "Vertretung bei Gerichten und Behörden". Nicht ausreichend ist die bloße Zuweisung des Aufgabenkreises "Sc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge