Gesetzestext

 

(1) 1Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden. 2Der nicht rechtsfähige Verein steht insoweit einer juristischen Person gleich.

(2) Ein Insolvenzverfahren kann ferner eröffnet werden:

1. über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, Partenreederei, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung);
2. nach Maßgabe der §§ 315 bis 334 über einen Nachlass, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft oder über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinschaftlich verwaltet wird.

(3) Nach Auflösung einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Entgegen dem Wortlaut der Überschrift enthält die Bestimmung keine Regelungen zur Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens im eigentlichen Sinne. Geregelt ist vielmehr, welche Rechtsträger und besonderen Vermögensmassen einem Insolvenzverfahren unterfallen können. § 11 bestimmt dementsprechend die Insolvenzfähigkeit, d.h. die Möglichkeit, als Schuldner an einem Insolvenzverfahren beteiligt zu sein.

 

Rn 2

Die Insolvenzfähigkeit ist insoweit grundsätzlich gleichzusetzen mit der Rechtsfähigkeit des Zivilrechts und der Parteifähigkeit des Zivilprozessrechts. Nicht relevant ist in diesem Zusammenhang die Prozessfähigkeit, da auch über das Vermögen einer prozessunfähigen Person ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann. In einem derartigen Verfahren handelt für sie der gesetzliche Vertreter.[1]

 

Rn 3

Eine Ausnahme hinsichtlich der Entsprechung von Insolvenzfähigkeit und Parteifähigkeit ist für die Sonderinsolvenzverfahren über den Nachlass, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft und über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet wird, zu machen, des Weiteren hinsichtlich der ausdrücklich statuierten Insolvenzfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.

 

Rn 4

Die Vorschrift enthält eine Zusammenfassung derjenigen Rechtsträger und Vermögensmassen, über die ein selbstständiges Insolvenzverfahren als Gesamtvollstreckungsverfahren stattfinden kann,[2] wobei die vorgenommenen Aufzählungen nicht abschließend sind, wie nachfolgend zu zeigen ist. Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 ist mit dem Grundgesetz auch insoweit vereinbar, als sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer politischen Partei oder eines ihrer Gebietsverbände zulässt.[3]

[1] HambKomm-InsR/Linker, § 11 InsO Rn. 5.
[2] Uhlenbruck-Hirte, § 11 Rn. 1; HambKomm-InsR/Linker, § 11 InsO Rn. 1.

2. Die Insolvenzfähigkeit im Einzelnen

2.1 Grundsatz (Abs. 1)

 

Rn 5

Gemäß Abs. 1 sind alle natürlichen und alle juristischen Personen insolvenzverfahrensfähig, wobei der nicht rechtsfähige Verein insoweit einer juristischen Person gleichsteht.

 

Rn 6

Die Insolvenzfähigkeit setzt nicht die Prozessfähigkeit voraus, auch eine nicht prozessfähige natürliche Person kann Schuldner im Rahmen eines Insolvenzverfahrens sein. Der Prozessfähigkeit kommt in diesem Zusammenhang nur Bedeutung zu, sofern der Schuldner einen Eigenantrag auf Verfahrenseröffnung stellt; hierfür ist die Prozessfähigkeit erforderlich, für einen nicht prozessfähigen Schuldner hat daher dessen gesetzlicher Vertreter zu handeln.

 

Rn 7

Insolvenzfähig ist nach dem Wortlaut des Abs. 1 jede juristische Person, d.h. sowohl juristische Personen des Privatrechts als auch juristische Personen des öffentlichen Rechts.

 

Rn 8

Die Insolvenzfähigkeit der letztgenannten juristischen Personen ist jedoch durch § 12 entweder unmittelbar eingeschränkt oder durch entsprechende landesrechtliche Bestimmungen einschränkbar, sodass die Insolvenzfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts als Ausnahme zu qualifizieren ist.

 

Rn 9

Der nicht rechtsfähige Verein wird für die Insolvenzfähigkeit einer juristischen Person gleichgesetzt; dies entspricht seiner passiven Parteifähigkeit im Zivilprozess (§ 50 Abs. 2 ZPO).

2.2 Natürliche Personen

 

Rn 10

Die Insolvenzfähigkeit natürlicher Personen ist nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt, auch über das Vermögen von Nichtkaufleuten kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden; ggf. kommt die Durchführung eines sog. Verbraucherinsolvenzverfahrens gemäß §§ 304 ff. in Betracht, sofern der Schuldner nicht oder nur in geringem Umfang wirtschaftlich selbstständig tätig ist.

Ist bereits über das Vermögen einer selbstständigen natürlichen Person das Insolvenzverfahren eröffnet worden und hat der Insolvenzverwalter diese Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 freigegeben, bildet der Geschäftsbetrieb ein sog. Sondervermögen, über das wiederum ein eigenständiges (zusätzliches) Insolvenzverfahren eröffnet werden kann.[4]

 

Rn 11

Die Insolvenzfähigkeit einer natürlichen Person endet mit deren Tod, wobei ein zu Lebzeiten bereits eröffnet...

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