Gesetzestext

 

Masseunzulänglichkeit ist vom Sachwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen.

1. Bisherige gesetzliche Regelung

 

Rn 1

Die Vorschrift wurde bei Neuschaffung der Insolvenzordnung mit Gesetz vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866) eingeführt und gilt seitdem unverändert.

2. Anwendungsbereich

 

Rn 2

§ 285 nimmt Bezug auf die Definition in § 208, wonach Masseunzulänglichkeit vorliegt, wenn die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind, die Insolvenzmasse aber nicht zur Befriedigung der sonstigen fälligen Masseverbindlichkeiten ausreicht. Außerhalb des Eigenverwaltungsverfahrens hat der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit sowie die drohende Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht anzuzeigen, so dass eigentlich nach der allgemeinen Regel des § 270 Abs. 1 Satz 2 zu erwarten wäre, dass im Eigenverwaltungsverfahren diese Aufgabe dem Schuldner zukommt. Zunächst war im Regierungsentwurf aber vorgesehen, dass der Schuldner oder der Sachwalter zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit berufen seien.[1] Schließlich ist die Aufgabe zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach §§ 208-211 jedoch ausschließlich[2] dem Sachwalter übertragen worden. Dieser hat die Lage des Schuldners ohnehin gemäß § 274 zu überwachen und wenn den Gläubigern Nachteile entstehen, entsprechende Anzeige zu machen. Dann können die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger sowie – weil sie ebenfalls nur noch eine quotale Befriedigung erwarten können – die Altmassegläubiger die Aufhebung der Eigenverwaltung gemäß § 272 Abs. 1 Nr. 2 beantragen.[3]

 

Rn 3

Unabhängig davon muss der Schuldner laufend darauf achten, dass die von ihm begründeten Masseverbindlichkeiten der §§ 53-55 aus der vorhandenen Insolvenzmasse beglichen werden können. Sonst läuft er Gefahr, sich strafbar zu machen. Der Sachwalter hat den Schuldner zu überwachen und bei bevorstehenden Nachteilen die Gläubiger gemäß § 274 Abs. 3 zu informieren. Derartige Nachteile entstehen, wenn trotz nicht ausreichender Insolvenzmasse laufend neue Masseverbindlichkeiten begründet werden. Diese Nachteile werden sich in aller Regel für die betroffenen Gläubiger auch kompensationslos realisieren, weil beim Schuldner selbst keine entsprechende Haftungsmasse mehr vorhanden ist. Aus diesem Grund wäre es auch nicht sinnvoll, die Verantwortung für die Anzeige der Masseunzulänglichkeit in die Hände des Schuldners zu legen, weil er im Grunde nicht von Haftung bedroht ist.[4] Jedenfalls wird der Schuldner, der die Geschäftsführung unmittelbar ausübt und daher die Masseunzulänglichkeit zuerst erkennt, den Sachwalter hierüber zu informieren haben.[5] Eine Haftung des Sachwalters für Masseverbindlichkeiten kommt nach § 61 nur in Betracht, wenn ein Zustimmungsvorbehalt gemäß § 277 für Rechtshandlungen des Schuldners angeordnet war. Allerdings kann er auch dann haften, wenn eine mangelhafte Überwachung des Schuldners dazu geführt hat, dass die Eigenverwaltung nicht aufgehoben oder keine Sicherungsmaßnahmen nach § 277 angeordnet wurden, §§ 274 Abs. 1, 60.

 

Rn 4

Die angezeigte Masseunzulänglichkeit wird nach § 208 Abs. 2 vom Gericht ohne sachliche Prüfung öffentlich bekannt gemacht und den Massegläubigern gesondert zugestellt. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit als solche hat keine spezielle Wirkung auf das Eigenverwaltungsverfahren. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit durch den Sachwalter bleibt nach § 208 Abs. 3 die Pflicht des Schuldners als Eigenverwalter zur weiteren Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse bestehen. Die Masseverbindlichkeiten werden dann jedoch nach § 209 in sog. Altmasseverbindlichkeiten und Neumasseverbindlichkeiten unterteilt.

 

Rn 5

Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit setzt grundsätzlich die Verfahrenseröffnung voraus,[6] so dass eine Anwendung dieser Vorschrift im Eröffnungsverfahren ausgeschlossen ist. Zeigt jedoch der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. der vorläufige Sachwalter im Gutachten die bevorstehende Masseunzulänglichkeit an und wird dieser dann zum Sachwalter bestellt, darf das Insolvenzgericht davon ausgehen, dass er sich diese Anzeige zu Eigen machen will und in der Folge die Anzeige der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 2 öffentlich bekannt machen.[7]

 

Rn 6

Da der Sachwalter zur Anzeige der Masseunzulänglichkeit verpflichtet ist, wird man erst recht annehmen dürfen, dass er auch zu Anzeige der Masselosigkeit gemäß § 209 verpflichtet ist.[8] Diese Pflicht kommt aber nach § 270 Abs. 1 Satz 2 auch dem Schuldner zu, weil sie dem Sachwalter nicht ausschließlich zugewiesen ist.[9]

[1] RegE BT-Drs. 12/2443, S. 226.
[2] So auch MünchKomm-Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl 2008, § 285 InsO Rn. 8.
[3] Str., vgl. FK-Foltis, 6. Aufl. 2011, § 285 InsO Rn. 1.
[4] Anderes gilt für die Haftung der Organe.
[5] A.A. N/R-Riggert, 23. EL 2012, § 285 InsO Fn. 1.
[6] MünchKomm-Hefermehl, 2. Aufl. 2008, § 208 InsO Rn. 37.
[8] MünchKomm-Wittig/Tetzlaff, 2. Aufl. 2008, § 285 InsO Rn. 21.
[9] Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier-Ringstmeier, 1. Aufl. 2012, § 285 InsO Rn. 13.

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