Gesetzestext

 

(1) Für die Bestellung des Sachwalters, für die Aufsicht des Insolvenzgerichts sowie für die Haftung und die Vergütung des Sachwalters gelten § 27 Absatz 2 Nummer 5, § 54 Nummer 2 und die §§ 56 bis 60, 62 bis 65 entsprechend.

(2) Der Sachwalter hat die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben für die Lebensführung zu überwachen. § 22 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Stellt der Sachwalter Umstände fest, die erwarten lassen, dass die Fortsetzung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird, so hat er dies unverzüglich dem Gläubigerausschuss und dem Insolvenzgericht anzuzeigen. Ist ein Gläubigerausschuss nicht bestellt, so hat der Sachwalter an dessen Stelle die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, und die absonderungsberechtigten Gläubiger zu unterrichten.

1. Bisherige gesetzliche Regelung

 

Rn 1

Die Vorschrift gilt seit Einführung der Insolvenzordnung mit Gesetz vom 5.10.1994 (BGBl. I S. 2866) im Wesentlichen unverändert. Die Regelung des Abs. 2 wurde aus § 39 VglO übernommen und die Benachrichtigungspflicht in Abs. 3 aus § 40 Abs. 2 VglO.[1] Mit Wirkung ab dem 1.3.2012 wurde durch Gesetz vom 7.12.2011 (BGBl. I S. 2582) in Abs. 1 auch die entsprechende Geltung der §§ 27 Abs. 2 Nr. 5 und 54 Nr. 2 aufgenommen.

[1] RegE BT-Drs. 12/2443, S. 224.

2. Allgemeines

 

Rn 2

§ 274 beschreibt als Grundnorm die Stellung des Sachwalters im Verfahren der Eigenverwaltung gegenüber dem Gericht, gegenüber dem Schuldner und gegenüber Dritten. Die Vorschrift ist erforderlich, weil anders als im Standardinsolvenzverfahren kein verfügungsberechtigter Insolvenzverwalter, sondern ein Sachwalter bestellt wird, der den verfügungsberechtigten Schuldner überwachen soll. Sie wird ergänzt durch §§ 270c Satz 2, 275, 277 und 279 bis 285, die verhältnismäßig unsystematisch die Aufgabenteilung zwischen dem Schuldner und dem Sachwalter in den Einzelheiten regeln.

 

Rn 3

Wesentliches Kennzeichen der Stellung des Sachwalters in der Eigenverwaltung durch den Schuldner ist, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht auf den Sachwalter übergeht, sondern beim Schuldner verbleibt. Die Aufgabenverteilung zwischen dem Schuldner und dem Sachwalter dient einerseits dem Interesse des Schuldners, die Zügel im Unternehmen in der Hand zu behalten und andererseits der Sicherstellung der Gläubigerrechte sowie der effektiven Durchsetzung von Haftungs- und Anfechtungsansprüchen.

 

Rn 4

Nach § 270a Abs. 1 Satz 2 gelten §§ 274 und 275 entsprechend für den vorläufigen Sachwalter während des Insolvenzantragsverfahrens.

3. Auswahl, Bestellung und Entlassung

 

Rn 5

Abs. 1 erklärt für den Sachwalter die § 56 (Bestellung des Insolvenzverwalters), § 56a (Gläubigerbeteiligung bei der Verwalterbestellung), § 57 (Wahl eines anderen Verwalters) und § 59 (Entlassung des Insolvenzverwalters) für entsprechend anwendbar.

 

Rn 6

Nach § 56 muss der Sachwalter daher eine für den Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person sein. Ist bereits im Eröffnungsverfahren ein vorläufiger Sachwalter gemäß § 270a Abs. 1 Satz 2 bestellt worden, wird es regelmäßig sinnvoll sein, dieselbe Person auch zum Sachwalter zu bestellen, um unnötige Reibungsverluste bei der Einarbeitung neuer Beteiligter zu vermeiden. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang aber der unterschiedliche Beurteilungsrahmen, wenn der vorläufige Sachwalter gemäß § 270b Abs. 2 im Rahmen des sog. Schutzschirmverfahrens bestellt wurde. Dort hat das Gericht nämlich einen stark eingeschränkten Beurteilungsspielraum und es kann die vom Schuldner vorgeschlagene Person nur dann ablehnen, wenn diese für die Übernahme des Amtes offensichtlich ungeeignet ist. Im Rahmen der Bestellung des endgültigen Sachwalters darf sich das Gericht nach den allgemeinen Vorschriften des § 56 umfassendere Gedanken über die Eignung der in Betracht kommenden Person machen und es kann so auch zu dem Ergebnis kommen, dass die zum vorläufigen Sachwalter bestellte Person zwar nicht offensichtlich ungeeignet ist, aber doch erhebliche Zweifel an deren Eignung verbleiben. Da der Staat für das Auswahlverschulden des Insolvenzrichters bei der Bestellung des Sachwalters gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG einzustehen hat,[2] wird der Richter vor der Bestellung des Sachwalters auch von dieser Befugnis Gebrauch machen müssen und bei begründeten Zweifeln an der Eignung deren Bestellung ablehnen. Der Maßstab zur Bestimmung der Eignung sind die vom Sachwalter zu erfüllenden Aufgaben, wie insbesondere die kritische Überwachung des Schuldners einschließlich der Liquiditätsplanung, die Führung der Insolvenztabelle, Ausarbeitung eines Insolvenzplans sowie die Prüfung und Durchsetzung von Haftungs- und Insolvenzanfechtungsansprüchen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben muss die Person ausreichend erfahren, persönlich und zeitlich in der Lage sowie sachlich und personell ausgestattet sein.

 

Rn 7

Die Unabhängigkeit der in Frage kommenden Person vom Schuldner und von den Gläubigern ist bei der Bestellung des Sachwalters ebenso wich...

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