Rn 9

Schon gewöhnliche Verpflichtungen soll der Schuldner nach Abs. 1 Satz 2 nicht eingehen, wenn der Sachwalter widerspricht. Zu einem solchen Widerspruch kann es beispielsweise kommen, wenn während der Eigenverwaltung geplante Verkaufszahlen nicht eingehalten werden und der Schuldner gleichwohl Materialeinkäufe in nicht reduziertem Umfang tätigen möchte.

 

Rn 10

Nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehörende Verbindlichkeiten soll der Schuldner nach Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich nicht vornehmen, es sei denn, der Sachwalter stimmt ausdrücklich zu. Die Verwertung von Sicherungsgut, zu der der Schuldner nach § 282 Abs. 1 berechtigt ist, soll dieser nach § 282 Abs. 2 nur im Einvernehmen mit dem Sachwalter ausüben.

 

Rn 11

Eine bestimmte Form ist für den Widerspruch oder die Zustimmung des Sachwalters nicht vorgeschrieben.

 

Rn 12

Die Vorschrift zwingt den Schuldner zur Kommunikation mit dem Sachwalter, die regelmäßig vom Schuldner ausgehen muss, da ihm als Verwaltungs- und Verfügungsbefugtem auch das Initiativrecht bei der Geschäftsführung zukommt.[6] Sowohl der Widerspruch als auch die Zustimmung des Sachwalters setzen voraus, dass der Sachwalter nicht erst im Nachhinein über die Geschäfte informiert wird, sondern dass eine vorherige Abstimmung erfolgt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Schuldner vor jedem Geschäftsabschluss den Sachwalter kontaktieren muss. Es empfiehlt sich für gewöhnliche Geschäfte, dass sich beide auf eine gemeinsame Planung verständigen, deren Einhaltung regelmäßig überprüft wird. Ungewöhnliche Verpflichtungen hat der Schuldner aber in jedem Fall beim Sachwalter anzuzeigen, bevor er sie eingeht.

 

Rn 13

Die Beschränkung des Abs. 1 verbietet dem Schuldner nicht, sich gegen die Meinung des Sachwalters zu entscheiden. Geht der Schuldner trotz Widerspruchs oder trotz fehlender Zustimmung des Sachwalters die Verbindlichkeiten ein, ist diese im Außenverhältnis wirksam.[7] Abs. 1 ist insbesondere kein gesetzliches Verbot, das zur Unwirksamkeit der eingegangenen Verpflichtung führt. Gelangt der Sachwalter aber zum Schluss, dass durch das Handeln des Schuldners Nachteile für die Gläubiger entstehen, wird er die entsprechende Anzeige gemäß § 274 Abs. 3 an das Gericht und an die Gläubiger ausbringen. In der dann folgenden Diskussion um die Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes nach § 277 oder um die Aufhebung der Eigenverwaltung nach § 272 kann der Schuldner seine Entscheidung rechtfertigen.

 

Rn 14

Eine weitere Vorschrift, nach der der Schuldner sein Vorgehen mit dem Sachwalter abstimmen soll, enthält § 279 Satz 2, der die Ausübung der Rechte nach den §§ 103 bis 128 betrifft.

[6] Im Ergebnis auch FK-Foltis, 6. Aufl. 2011, § 275 InsO Rn. 12.
[7] AG Duisburg, Beschluss v. 1.9.2002, 62 IN 167/02, ZInsO 2002, 1046; Haarmeyer/Wutzke/Förster-Buchalik, 2. Aufl. 2012, § 275 InsO Rn. 8, der darüber hinaus annimmt, dass evident insolvenzzweckwidrige Handlungen ausnahmsweise auch nichtig sein können. FK-Foltis, 6. Aufl. 2011, § 275 InsO Rn. 16 stellt für die Nichtigkeit in extremen Fällen dagegen in richtiger Weise auf die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze ab (kollusives Zusammenwirken).

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