Rn 10

Die Vollstreckungsschutzregelung eröffnet dem Insolvenzgericht verschiedene Reaktionsmöglichkeiten. Neben der vollständigen oder teilweisen Aufhebung der Zwangsvollstreckung[18] kann das Insolvenzgericht auch künftig bevorstehende Vollstreckungsmaßnahmen untersagen. Die §§ 259 Abs. 1 Satz 1, 259a Abs. 2 regeln überdies das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz.

 

Rn 11

Von § 259a unberührt bleibt die Möglichkeit des Schuldners, Vollstreckungsschutz gemäß § 765a ZPO beim Vollstreckungsgericht i. S. v. § 764 ZPO zu beantragen. In Abgrenzung zu § 259a gewährt § 765a ZPO Schutz vor Zwangsvollstreckungen, die unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls eine besondere Härte für den Vollstreckungsschuldner bedeuteten. Ausgenommen ist dabei die bloße Gefährdung der Durchführung des Insolvenzplans.[19]

[18] Dazu bereits oben Rn. 4.
[19] Vgl. MünchKomm-Madaus, § 259a Rn. 6; vgl. auch Stephan, NZI 2014, 539, 540.

3.1 Insolvenzgerichtlicher Beschluss (Abs. 1 Satz 1)

 

Rn 12

Liegen die Voraussetzungen des § 259a Abs. 1 Satz 1 vor, gewährt die Regelung dem Insolvenzgericht ein Entscheidungs- und Auswahlermessen. Das Gericht hat also zunächst eine Entscheidung darüber zu treffen, ob eine Maßnahme des Vollstreckungsschutzes überhaupt anzuordnen ist. Hierbei hat es die widerstreitenden Interessen des Insolvenzgläubigers an der Zwangsvollstreckung und das Interesse an der Unternehmenssanierung gegeneinander abzuwägen.

Dabei wird das Interesse des Gläubigers i. d. R. überwiegen, wenn und soweit keine begründete Aussicht besteht, dass das nach Planerhaltung sanierte Unternehmen die nachträgliche Forderung – wenn auch nur in Raten – aus den wirtschaftlichen Erträgen wird begleichen können.[20] Entscheidend ist also, ob der Gläubiger durch eine entsprechende gerichtliche Entscheidung seine Forderung dauerhaft nicht geltend machen kann.[21] Auf Seiten des den Vollstreckungsschutz beantragenden Insolvenzschuldners ist indes im Rahmen der Abwägungsentscheidung maßgebend, dass die Unternehmenssanierung weitgehend gesichert werden soll.

 

Rn 13

Der Vollstreckungsschutz kann, wie angedeutet, in Art und Umfang variieren. Auch hier besteht ein insolvenzgerichtliches Ermessen. Insoweit besteht die Möglichkeit, bereits erfolgte Zwangsvollstreckungshandlungen ganz oder teilweise aufzuheben. Vorstellbar ist also, dass das Gericht seine Entscheidungen nur auf einzelne Maßnahmen erstreckt, die Zwangsvollstreckung im Übrigen aber rechtmäßig bleibt. Die Untersagung künftig bevorstehender Maßnahmen der Zwangsvollstreckung kann sich auf einen Zeitraum von bis zu drei Jahren erstrecken.

[20] BT-Drs. 17/5712, 38; Andres/Leithaus/Andres, § 259a Rn. 2; FK-Jaffé, § 259a Rn. 4.
[21] MünchKomm-Madaus, § 259a Rn. 14.

3.2 Einstweiliger Rechtsschutz (Abs. 2)

 

Rn 14

Hat der Antragsteller die Tatsachen, welche eine Gefährdung begründen, glaubhaft gemacht, besteht gemäß § 259a Abs. 2 die Möglichkeit einer Entscheidung des Insolvenzgerichts im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Danach kann das Gericht mittels Beschluss die Zwangsvollstreckung bis zur endgültigen Entscheidung über die Gewährung des Vollstreckungsschutzes einstweilen einstellen. Hierdurch soll eine ungestörte Unternehmensfortführung zum Zwecke der Gewährleistung der Unternehmenssanierung durch das Insolvenzgericht sichergestellt werden können.[22]

[22] Vgl. MünchKomm-Madaus, § 259a Rn. 12.

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