Rn 115

Aus §§ 22 Abs. 3 Satz 3, 97 Abs. 2 folgt die allgemeine Verpflichtung des Schuldners, den vorläufigen Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Auch hier wird sich der Umfang der jeweiligen Verpflichtungen nur aus den konkreten Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ableiten lassen (s. o. Rdn. 108). Zweifellos hat der Schuldner aber alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung seiner Pflichten zuwiderlaufen (§ 97 Abs. 3 Satz 2).[304] Darüber hinaus wird der Schuldner regelmäßig Dritte (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Banken etc.) von ihrer Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem vorläufigen Verwalter befreien müssen (s. o. Rdn. 67). Daneben ist der Schuldner auch verpflichtet, dem vorläufigen Verwalter notwendige Vollmachten, beispielsweise zur Sicherung im Ausland belegener Vermögensgegenstände zu erteilen.[305] Weiterhin kann der Schuldner auch verpflichtet sein, geordnete schriftliche Aufzeichnungen über seine Geschäfte anzufertigen und dem vorläufigen Verwalter in regelmäßigen Abständen zur Verfügung zu stellen.[306] Bei einer Verhältnismäßigkeitsabwägung wird entscheidend sein, inwieweit der Schuldner zuvor seinen Buchführungs- und Dokumentationspflichten entsprechend der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters genügt hat. Hat der Geschäftsführer einer GmbH seit Monaten keine Geschäftsunterlagen mehr geordnet oder die erforderlichen Buchhaltungsarbeiten vorgenommen, kann er sich nicht darauf berufen, dass er gesetzlich lediglich zur Unterstützung des Verwalters angehalten ist. Hier wird aus seinem vorangegangenen Tun eine Verpflichtung bestehen, auch ohne laufende oder zusätzliche Vergütung die Unterlagen so aufzubereiten, dass sie zumindest in ihrem Zusammenhang aussagefähig sind.

 

Rn 116

Über die Verweisung auf § 97 Abs. 3 muss der Schuldner zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten zur Verfügung stehen, wenn dies das Gericht anordnet. Damit hat sich zwar der Gesetzgeber gegen eine allgemeine und automatisch mit Beginn des Eröffnungsverfahrens eintretende Residenzpflicht entsprechend § 101 Abs. 1 KO entschieden, der Schuldner muss aber "jederzeit" zur Verfügung stehen. Er kann seine Abwesenheit daher regelmäßig nicht unter Verweis auf anderweitige Pflichten, eine lange Anreise oder hohe Kosten rechtfertigen. Der vorläufige Verwalter muss in entsprechenden Fällen bei Gericht anregen, dass gegen den Schuldner eine Aufenthaltsbeschränkung erlassen wird (s. die Kommentierung zu § 21 Rdn. 22).

[304] Vgl. LG Memmingen ZIP 1983, 204.
[305] Regierungsentwurf des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens, BT-Drs. 16/3227, S. 15.

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