Rn 39

Unabhängig von der konkreten Pflichten- und Kompetenzzuweisung durch das Gericht ergeben sich aus der bloßen Stellung als vorläufiger Insolvenzverwalter bereits originäre Pflichten. Dabei gebietet die Maxime der Rechtsklarheit gerade auch im Hinblick auf die haftungsrechtlichen Folgen eine Zurückhaltung bei der Annahme ungeschriebener Pflichten.[70]

 

Rn 40

So obliegt jedem vorläufigen Insolvenzverwalter – ungeachtet einer spezifischen gerichtlichen Pflichtenzuweisung – die Überwachung des Schuldners.[71] Aus dem Zweck der Überwachungspflicht leitet die Rechtsprechung für den vorläufigen Insolvenzverwalter ferner eine originäre Pflicht zur Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens ab.[72] Um dieser nachzukommen, wird der vorläufige Verwalter die vorhandenen Vermögenswerte erfassen und ein Inventar erstellen müssen.[73] Weiterhin ergibt sich eine Anzeigepflicht für massegefährdendes Verhalten des Schuldners.[74] Zur konkreten Ausgestaltung der Überwachungs- und Sicherungspflicht kann auf die Ausführungen zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter verwiesen werden (s. o. Rdn. 13 ff.). Allerdings müssen auch im Hinblick auf die Sicherungsfunktion die Unterschiede in der Verfügungsbefugnis beachtet werden. So kann – im Gegensatz zum starken vorläufigen Insolvenzverwalter (Rdn. 14) – ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter nicht selbst eine Besitzschutzklage wegen verbotener Eigenmacht anstrengen.[75]

 

Rn 41

Demgegenüber ist die Vorbereitung der gerichtlichen Entscheidung i. S. v. § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 keine originäre Pflicht des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters. Er muss mithin nicht prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Verfahrenskosten decken wird oder ob ein Eröffnungsgrund vorliegt, wenn keine ausdrückliche Festlegung durch das Gericht erfolgt.[76] Die gesetzliche Regelung ist insoweit eindeutig. Zwar ist der Gegenauffassung zuzugestehen, dass § 22 Abs. 3 Auskunftsrechte für alle Arten der vorläufigen Insolvenzverwaltung gleichermaßen regelt, daraus kann aber nicht zwingend der Schluss auf eine originäre Prüfungspflicht im oben genannten Sinne gezogen werden. Auch für die originäre Pflicht zur Überwachung des Schuldners (s. o. Rdn. 40) benötigt der Verwalter nämlich Auskunftsrechte.

[70] HambKomm-Schröder, § 22 Rn. 105a.
[72] BGH ZInsO 2011, 1463, Tz. 49. Ebenso: MünchKomm-Haarmeyer, § 22 Rn. 29.
[73] Vgl. Uhlenbruck-Vallender, § 22 Rn. 9 m. w. N.
[75] LG Leipzig ZInsO 2006, 1003; a. A. HK-Rüntz/Laroche, § 22 Rn. 62.
[76] HK-Rüntz/Laroche, § 22 Rn. 32; a. A. Uhlenbruck-Vallender, § 22 Rn. 7.

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