Rn 1

Nach § 203 Abs. 1 wird eine solche Nachtragsverteilung auf Antrag des Insolvenzverwalters, auf Antrag eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen vom Insolvenzgericht angeordnet, wenn

 

Rn 2

Eine Nachtragsverteilung kommt also immer dann in Betracht, wenn nach dem Schlusstermin noch Masse vorhanden ist, die bei der Schlussverteilung nach § 196 nicht berücksichtigt und damit nicht an die Gläubiger verteilt worden ist.[1]

[1] Kilger/K. Schmidt, KO § 166 Anm. 1.

1.1 Maßgeblicher Zeitraum für den Anfall der Nachtragsverteilungsmasse

 

Rn 3

Nach dem Wortlaut der bisherigen Regelung des § 166 KO hatte eine Nachtragsverteilung dann stattzufinden, wenn "nach dem Vollzuge der Schlussverteilung" noch verteilungsfähige Masse vorhanden war.

 

Rn 4

Für den Fall, dass die Schlussverteilung – wie üblich – erst nach Abhaltung des Schlusstermins erfolgte, konnte dies de lege lata dazu führen, dass zwischen Abhaltung des Schlusstermins und Vollzug der Schlussverteilung frei werdende Beträge nicht unter die Nachtragsverteilungsanordnung des § 166 KO fielen, was allerdings als unbillig empfunden und im Wege einer entsprechenden Auslegung des § 166 KO überwunden wurde.[2]

 

Rn 5

Dieses Problem stellt sich im Rahmen der InsO für den üblichen Fall der Schlussverteilung erst nach Abhaltung des Schlusstermins – um zunächst abzuwarten, ob Einwände gegen das Schlussverzeichnis erhoben werden – nicht mehr. § 203 stellt nunmehr ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Abhaltung des Schlusstermins ab. Die Schlussverteilung wird in jedem Fall unverändert vollzogen, während die weitere, dort nicht berücksichtigte Masse im Wege der Nachtragsverteilung nach §§ 203 ff. verteilt wird. Eine Änderung des ursprünglichen Schlussverzeichnisses und eine Einbeziehung der Nachtragsmasse in die Schlussverteilung kommt nicht in Betracht. Das Insolvenzverfahren ist ordnungsgemäß abzuschließen bei gleichzeitiger Durchführung der Nachtragsverteilung.

 

Rn 6

Umgekehrt ist jetzt der theoretisch zwar mögliche, aber äußerst praxisfremde Fall vom Wortlaut des § 203 nicht mehr erfasst, dass die Schlussverteilung zeitlich der Abhaltung des Schlusstermins vorangeht und zwischenzeitlich Massebestandteile frei werden. Hier gilt das bisher zu § 166 KO Vertretene: Auch solche Vermögenswerte müssen im Wege der Nachtragsverteilung zu Gunsten der Gläubiger nutzbar gemacht und eine Nachtragsverteilung muss durchgeführt werden.

[2] Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 166 Rn. 1 m.w.N.

1.2 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bezüglich der Nachtragsverteilungsmasse

 

Rn 7

Die Nachtragsverteilung erfolgt auf Anordnung des Insolvenzgerichts. Sie bezieht sich nur auf die der Nachtragsverteilung unterliegenden Gegenstände und führt nicht zu einer Wiederaufnahme des Insolvenzverfahrens, soweit dieses bereits nach § 200 (nach der Schlussverteilung) aufgehoben oder nach § 207 (mangels Masse) eingestellt[3] ist.

 

Rn 8

Der Insolvenzverwalter erhält auch nur bezüglich der für die Nachtragsverteilung bestimmten Gegenstände weiterhin (im Fall des § 203 Abs. 1 Nr. 1) bzw. nur für die Zukunft (in den Fällen des § 203 Abs. 1 Nr. 2 und 3) die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis.

 

Rn 9

Die für eine Nachtragsverteilung zurückbehaltenen Vermögenswerte (§ 203 Abs. 1 Nr. 1) bleiben unter Insolvenzbeschlag, während die nach § 203 Abs. 1 Nr. 2 und 3 für eine Nachtragsverteilung vorgesehenen Vermögenswerte erst durch die Anordnung des Gerichts neu dem Insolvenzbeschlag unterliegen.[4]

[3] § 203 ist auf den Fall der Einstellung des Verfahrens mangels Masse (§ 207) zur Befriedigung offener Masseverbindlichkeiten analog anzuwenden, vgl. LG Oldenburg ZIP 1992, 200 f. (201) [LG Oldenburg 25.09.1991 - 6 T 495/91] sowie AG Göttingen ZIP 1995, 145 f. (145).
[4] Kuhn/Uhlenbruck, § 166 Rn. 7a m.w.N.

1.3 Freiwerden von zurückbehaltenen Beträgen (§ 203 Abs. 1 Nr. 1)

 

Rn 10

Zurückbehaltene Beträge werden für die Verteilung an die Gläubiger frei, wenn

  • Gläubiger im Rahmen eines Feststellungsprozesses (§ 189 Abs. 2) unterliegen oder ihre Forderungsanmeldung zurücknehmen,
  • bei einer aufschiebend bedingten Forderung (§ 191 Abs. 1 Satz 2) die Bedingung später nach der Schlussverteilung ausfällt oder deren Eintritt aussichtslos wird,
  • sich herausstellt, dass eine im Wege der Rückstellung abgesicherte Masseverbindlichkeit nicht oder nicht in der angenommenen Höhe besteht oder
  • Gegenstände, die zum Zeitpunkt des Schlusstermins nicht verwertbar waren und durch Beschluss der Gläubigerversammlung (§ 197 Abs. 1 Nr. 3) einer späteren Verwertung vorbehalten wurden, verwertet werden konnten und zu einem verteilungsfähigen Erlös geführt haben.
 

Rn 11

Der Begriff "Beträge" ist weit auszulegen, hierunter fallen auch Forderungen und andere Vermögensgegenstände.[5]

[5] OLG Celle KTS 1972, 265 (266).

1.4 Rückfluss von Beträgen an die Masse (§ 203 Abs. 1 Nr. 2)

 

Rn 12

An die Masse zurückfließende Beträge liegen z.B. vor, wenn

  • irrtümliche Zahlungen auf Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen vorliegen,
  • auflösend bedingte Forderungen bedient wurden und sodann die...

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