Gesetzestext

 

Gläubiger, die bei einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden sind und die Voraussetzungen der §§ 189, 190 nachträglich erfüllen, erhalten bei der folgenden Verteilung aus der restlichen Insolvenzmasse vorab einen Betrag, der sie mit den übrigen Gläubigern gleichstellt.

Bisherige gesetzliche Regelungen

 

§ 155 KO [Nachträgliche Befriedigung]

Gläubiger, welche bei einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden sind, können nachträglich, sobald sie die Vorschriften der §§ 152, 153 erfüllt haben, die bisher festgesetzten Prozentsätze aus der Restmasse verlangen, soweit diese reicht und nicht infolge des Ablaufs einer Ausschlußfrist für eine neue Verteilung zu verwenden ist.

1. Erfaßte Gläubigergruppen

 

Rn 1

Genau wie bisher § 155 KO spricht die Norm allgemein von Gläubigern, "die bei einer Abschlagsverteilung nicht berücksichtigt worden sind", so daß nicht nur

  • Gläubiger bestrittener Forderungen (§ 189) und
  • absonderungsberechtigte Gläubiger (§ 190)

erfaßt werden, sondern auch

  • Gläubiger, die gesetzeswidrig (Versehen, Rechtsunkenntnis des Verwalters) bei der Verteilung nicht berücksichtigt wurden,[1]

nachträglich zu berücksichtigen sind.

[1] Jaeger-Weber, § 155 Rn. 1a; Kilger/K. Schmidt, KO § 155 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, § 155 Rn. 1.

2. Berücksichtigung von Amts wegen

 

Rn 2

Abweichend von der bisherigen Regelung des § 155 KO ("… können nachträglich … verlangen …") formuliert § 192 InsO nun allerdings, dass die nicht berücksichtigten Gläubiger einen Betrag "erhalten", der sie den übrigen Gläubigern gleichstellt. Es bedarf mithin nicht mehr eines Verlangens der Gläubiger bestrittener Forderungen bzw. der absonderungsberechtigten Gläubiger nach Gleichstellung. Genau wie bisher schon die unrechtmäßig nicht berücksichtigten Gläubiger sind nunmehr alle nicht berücksichtigten Gläubiger von Amts wegen durch den Verwalter gleichzustellen,[2] wenn die Voraussetzungen einer Berücksichtigung beim nächsten Abschlags- bzw. Schlussverteilungstermin vorliegen.

Auch nach der InsO kommt allerdings keine klagweise Geltendmachung dieser Ansprüche in Betracht. Betroffene Gläubiger können nur Einwendungen gegen das Verteilungsverzeichnis nach § 194, geltend machen.

[2] Nach § 155 KO waren nur die unrechtmäßig nicht berücksichtigten Gläubiger von Amts wegen vom Verwalter zu berücksichtigen, vgl. Mohrbutter/Mohrbutter-H. Mohrbutter, Rn. XI.12 m.w.N.

3. Begriff der restlichen Insolvenzmasse

 

Rn 3

Restliche Insolvenzmasse ist zunächst diejenige Masse, die nach Durchführung früherer Verteilungen und unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Hinzuerwerbs durch Verwertung oder Rückfluss ausgezahlter Beträge zum Zeitpunkt der nachträglichen Berücksichtigung vorhanden ist.[3]

 

Rn 4

Vorab sind allerdings noch etwaig bestehende Masseverbindlichkeiten (vgl. § 53) zu begleichen. Erst aus der so bereinigten Restmasse kommt eine Befriedigung der bisher nicht berücksichtigten Gläubiger in Betracht.[4]

 

Rn 5

Reicht diese restliche Insolvenzmasse nicht aus, die bisher nicht berücksichtigten Gläubiger zu befriedigen, werden die Nachzügler nach dem Verhältnis ihrer Forderungen anteilsmäßig befriedigt.[5]

[3] Mohrbutter/Mohrbutter-H. Mohrbutter, Rn. XI.12.
[4] Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 8 Rn. 32; Kuhn/Uhlenbruck, § 155 Rn. 2.
[5] Kilger/K. Schmidt, KO § 155 Anm. 1.

4. Begriff der Gleichstellung mit den übrigen Insolvenzgläubigern

 

Rn 6

Gleichstellung mit den übrigen Gläubigern heißt, dass die bisher nicht berücksichtigten Gläubiger erst einmal dieselbe Quote erhalten wie die anderen Gläubiger. Ist dann noch verteilungsfähige Masse vorhanden, wird diese unter allen Gläubigern entsprechend den allgemeinen Regeln verteilt.

Abweichend von der bisherigen Regelung bestimmt die Vorschrift ausdrücklich, dass die nachträgliche Berücksichtigung erst bei der folgenden Verteilung erfolgt. Hierdurch soll das Verteilungsverfahren vereinfacht werden.[6]

[6] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 420.

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