Rn 23

Über das eigentliche Vertragsverhältnis hinaus entstehen zulasten der Anlage- oder Hinterlegungsstelle grundsätzlich keine besonderen Pflichten, so dass grundsätzlich keine Haftung der Bank bei – gemessen am Innenverhältnis gegenüber den Insolvenzgläubigern – rechtswidrigen Verfügungen des Verwalters entstehen kann. Etwas anderes gilt bei Insolvenzzweckwidrigkeit eines Verwalterhandelns. Die dazu von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Regeln[27] orientieren sich im Wesentlichen an den überkommenen Grundsätzen zum Missbrauch der Vertretungsmacht.[28] Danach ist ein Rechtsgeschäft bei an sich nur intern wirkenden Bindungen des Handelnden unwirksam, wenn der Vertragspartner kollusiv mit dem Handelnden zum Schaden von dessen Auftraggebern handelte; aber auch dann, wenn die Zweckwidrigkeit des Handelns objektiv evident ist und sich das dem Vertragspartner aufgrund massiver Verdachtsmomente auch ohne weitere begründete Zweifel aufdrängt. Letzteres setzt zumindest grobe Fahrlässigkeit bei der Bank voraus.[29]

 

Rn 24

Handelt der Verwalter pflichtwidrig, sind zwar die von ihm eingegangenen Geschäfte wirksam, es können sich aber Schadenersatzansprüche gegen ihn ergeben (§ 60 Abs. 1).[30] Insoweit kann der Verwalter auch verpflichtet sein, die eigenen Entscheidungen rückgängig zu machen und nach Vorgabe neue Vereinbarungen mit der Anlage- bzw. Hinterlegungsstelle zu treffen (Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB). Soweit der Gläubigerausschuss, die Gläubigerversammlung oder das Insolvenzgericht Verwaltungsbefugnisse wirksam ausüben, entfällt eine Verantwortung des Insolvenzverwalters für daraus entstehende Schäden. Zu ggf. insoweit bestehenden subsidiären Verwalterpflichten (Überwachung, Information) siehe oben Rn. 18 f.

 

Rn 25

Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung entscheiden im Rahmen ihrer Selbstverwaltung. Die Zweckmäßigkeit ihrer Entscheidungen, insbesondere im Hinblick auf eingegangene wirtschaftliche Risiken bei der Anlage von Geldern, lässt sich nur in diesem Rahmen überprüfen; zu ihrer eingeschränkten Verantwortlichkeit vgl. § 71 und die Kommentierung dazu.

[27] BGHZ 150, 353 (360 f.); BGH, NJW 1994, 323 (326).
[28] BGH, NJW 2002, 1497 (1498) [BGH 30.01.2002 - IV ZR 23/01]; BGH, NJW 1999, 2883 (2883) [BGH 29.06.1999 - XI ZR 277/98]; BGH, NJW 1995, 250 (251) [BGH 25.10.1994 - XI ZR 239/93]; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 15 ff.; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 106 ff.; Palandt-Heinrichs, § 164 Rn. 13 f.
[29] Vgl. etwa OLG Celle, ZIP 2006, 1364 [OLG Celle 14.06.2006 - 3 U 20/06] (1365 f.); Obermüller, Rn. 2.147b.
[30] Nerlich/Römermann-Andres, § 149 Rn. 18; HambKomm-Jarchow, § 149 Rn. 30.

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