Rn 13

Vor Zugang der Kündigung muss ein Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen sein.[31]

 

Rn 14

Der Interessenausgleich muss wirksam sein,[32] also wegen § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG insbesondere die Schriftform nach §§ 125, 126 BGB erfüllen,[33] und zwischen dem Insolvenzverwalter und dem zuständigen Betriebsrat abgeschlossen sein. Möglicher Verhandlungspartner für den Insolvenzverwalter ist neben dem Betriebsrat auch eine nach § 117 Abs. 2 BetrVG gebildete besondere betriebsverfassungsrechtliche Vertretung.[34] Bei grenzüberschreitenden Insolvenzen im Sinne der EuInsVO, bei denen deutsches Arbeitsrecht anwendbar ist (z.B. nach Art. 13 EuInsVO), ist § 125 InsO unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass auch ein ausländischer Administrator oder Verwalter als Insolvenzverwalter i.S.d. § 125 InsO anzusehen ist und daher einen Interessenausgleich mit Namensliste abschließen kann, der die Wirkungen des § 125 InsO nach sich zieht.[35]

 

Rn 15

Die Namensliste ist ein Schriftstück, in dem die Namen der anlässlich der Betriebsänderung zu kündigenden Arbeitnehmer aufgeführt sind.[36] Der Kläger, der die Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) erhoben hat, muss auf der Namensliste stehen. Eine lediglich abstrakt generelle Umschreibung der zu kündigenden Arbeitnehmer genügt nicht.[37] Die Namensliste muss Teil des Interessenausgleichs sein, sodass beide Dokumente eine einheitliche Urkunde bilden müssen.[38] Falls die Namensliste selbst nicht unterzeichnet ist, reicht es aus, wenn der Interessenausgleich unterschrieben ist, in ihm auf die nicht unterschriebene Namensliste ausdrücklich Bezug genommen wird und Interessenausgleich sowie Namensliste so zu einer einheitlichen Urkunde verbunden werden (z.B. durch Heftung), dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung möglich ist.[39] Demgegenüber genügt es nicht, dass der Interessenausgleich auf die Namensliste verweist oder Interessenausgleich und Namensliste in ein und derselben Plastikhülle innerhalb eines Aktenordners verwahrt werden, weil in diesen Fällen die Namensliste problemlos ausgetauscht werden kann.[40]

 

Rn 16

Soweit eine auf einer einheitlichen Planung beruhende Betriebsänderung in mehreren Schritten umgesetzt werden soll, ist es für das Eingreifen von § 125 Abs. 1 nicht erforderlich, dass die Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer in einer einheitlichen Namensliste zusammengefasst sind. Die Betriebspartner können vielmehr zeitlich gestaffelt entsprechend den geplanten "Entlassungswellen" jeweils eine vollständige Namensliste aufstellen. Ist in einem solchen Fall der gekündigte Arbeitnehmer von der zweiten "Welle" betroffen und liegt hinsichtlich der beiden ersten Stufen jeweils eine abschließende Einigung der Betriebspartner über den durchzuführenden Personalabbau und insoweit vollständige Namenslisten vor, bildet dies eine ausreichende Vermutungsbasis im Sinne von § 125.[41] Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn im Kündigungszeitpunkt lediglich für einen nicht abgrenzbaren Teil der Betriebsänderung ein Interessenausgleich vorliegt, der sich an vorausgehende, bereits durchgeführte Maßnahmen anschließt, für die kein Interessenausgleich vereinbart wurde. Die Vermutungswirkungen des § 125 treten nur ein, wenn die der Kündigung zugrunde liegende Betriebsänderung vollumfänglich Gegenstand einer Verständigung der Betriebsparteien im Sinne der §§ 111 Satz 1, 112 BetrVG ist. Ein Interessenausgleich nur über Teile eines geplanten Stellenabbaus genügt nicht.[42] Auf der Liste müssen die Namen aller anlässlich der Betriebsänderung zu kündigende Arbeitnehmer aufgeführt sein. Soweit sowohl Änderungs- als auch Beendigungskündigungen geplant sind, sollte die Art der Kündigung auf der Namensliste vermerkt werden.

 

Rn 17

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Interessenausgleich vor Zugang der Kündigung zustande kam und die Namensliste Bestandteil des Interessenausgleichs war, trägt im Kündigungsschutzprozess der Insolvenzverwalter.[43]

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