Gesetzestext

 

1Veräußert der Insolvenzverwalter einen unbeweglichen Gegenstand oder Räume, die der Schuldner vermietet oder verpachtet hatte, und tritt der Erwerber anstelle des Schuldners in das Miet- oder Pachtverhältnis ein, so kann der Erwerber das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. 2Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht inhaltlich der früheren Regelung des § 21 Abs. 4 KO. Für den Fall der freihändigen Veräußerung einer zur Insolvenzmasse gehörenden Immobilie durch den Insolvenzverwalter wird einem Erwerber ein Sonderkündigungsrecht entsprechend demjenigen des § 57a ZVG im Falle der Zwangsversteigerung zugebilligt. Zweck der Regelung ist die Erleichterung der Verwertung eines unbeweglichen Gegenstands, für den ein Miet- oder Pachtverhältnis besteht.

2. Einzelheiten

 

Rn 2

Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, der Vermieter oder Verpächter eines unbeweglichen Gegenstands oder von Räumen ist, steht dem Insolvenzverwalter ein besonderes, unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen bestehendes Kündigungsrecht oder ein sonstiges Recht zur einseitigen und vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht zu, gleichgültig, ob das Vertragsverhältnis bereits durch Überlassung an den Mieter bzw. Pächter in Vollzug gesetzt wurde oder nicht (§ 110). Es verbleibt bei den vertraglich vereinbarten oder den gesetzlichen Kündigunbgsfristen und -modalitäten.

 

Rn 3

Betreibt der Insolvenzverwalter gemäß § 165 zum Zwecke der Verwertung einer zur Insolvenzmasse gehörenden Immobilie die Zwangsversteigerung, stehen einem Erwerber die Rechte der §§ 57a, b ZVG zu.

 

Rn 4

§ 111 billigt einem Erwerber dieselbe Rechtsposition zu, wenn der Insolvenzverwalter die Immobilie im Wege der rechtsgeschäftlichen Veräußerung verwertet.

 

Rn 5

Der Veräußerungsbegriff des § 111 ist identisch mit demjenigen des § 566 BGB, d.h. die Veräußerung ist erst dann gegeben, wenn der Eigentumsübergang vollzogen ist, d.h. mit Auflassung und Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers reicht insoweit nicht aus.[1]

 

Rn 6

War der Kaufgegenstand vor der Veräußerung auf der Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrags oder eines entsprechend zu behandelnden Rechtsverhältnisses an den Mieter bzw. Pächter überlassen, tritt der Erwerber an Stelle des Veräußerers in das Vertragsverhältnis ein. Dies ergibt sich aus § 566 BGB für Mietverhältnisse über Wohnraum, aus § 578 Abs. 1, § 566 BGB für Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume, die nicht Wohnraum sind, aus §§ 578a, 566 BGB für Mietverhältnisse über Schiffe, soweit diese im Schiffsregister eingetragen sind, sowie gemäß § 581 Abs. 2, § 566 BGB für Pachtverhältnisse, des Weiteren aus § 98 Abs. 1 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen für Miet- und Pachtverhältnisse über Luftfahrzeuge, soweit diese in der Luftfahrzeugrolle oder in dem Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind.

 

Rn 7

War der Miet- oder Pachtgegenstand im Zeitpunkt der Veräußerung, d.h. beim Eigentumsübergang auf den Erwerber, noch nicht an den Mieter bzw. Pächter überlassen, findet ein Übergang des Vertragsverhältnisses nicht statt, der Erwerber ist insoweit an eine Vereinbarung zwischen dem Veräußerer und einem Mieter/Pächter nicht gebunden.

 

Rn 8

Für den Fall des gesetzlich angeordneten Eintritts des Erwerbers in den Miet- bzw. Pachtvertrag sieht die Bestimmung ein einmaliges, vorzeitiges und innerhalb der jeweils geltenden gesetzlichen Fristen auszuübendes Kündigungsrecht für den Erwerber vor.

Während in der früheren Bestimmung des § 21 Abs. 4 KO auf die entsprechenden Regelungen des ZVG verwiesen wurde, ist das besondere Kündigungsrecht des Erwerbers nunmehr unmittelbar in der InsO statuiert.

Hinsichtlich der Ausübung und weiteren Merkmale des Kündigungsrechts kann aber weiterhin auf die §§ 57a, 162 und 171a ZVG abgestellt werden.

 

Rn 9

Mit Wirkung ab 1.2.2007 ist mit ersatzloser Aufhebung des § 57c ZVG auch die zuvor in Satz 3 enthaltene Verweisung auf § 57c ZVG entfallen. Für die dort enthaltene Einschränkung des Kündigungsrechtes wurde durch den Gesetzgeber keine Notwendigkeit mehr gesehen.

 

Rn 10

§ 111 findet keine Anwendung für den Fall, dass der Insolvenzverwalter lediglich einen Miteigentumsanteil des Schuldners veräußert, hier besteht kein Sonderkündigungsrecht des Erwerbers.[2]

 

Rn 11

Übt der Erwerber das Recht zur ordentlichen Kündigung des Vertrags nicht zu dem erstmals möglichen Termin aus, verliert er das Sonderkündigungsrecht, es verbleibt bei den vertraglich vereinbarten und ggf. gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten.

[1] Palandt-Putzo, § 571 Rn. 6.
[2] Kilger/K. Schmidt, KO § 21 Rn. 8; Kuhn/Uhlenbruck, § 21 Rn. 17.

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