Rn 8

Die zentrale Voraussetzung für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist nach dem Gesetzeswortlaut in § 21 Abs. 1 Satz 1 die Gefährdung des Schuldnervermögens, denn nur zur Verhütung einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners soll das Gericht tätig werden. Der Schutzauftrag des Gerichts ist dabei umfassend zu verstehen, d.h. die zukünftige Insolvenzmasse soll für die Gläubiger und für den Schuldner geschützt werden.[13] Das in § 1 Satz 1 grundsätzlich anerkannte Ziel eines Unternehmenserhalts wirkt sich im Eröffnungsverfahren dahingehend aus, dass ein Unternehmen im Regelfall bis zum Berichtstermin fortgeführt werden soll.[14] Vor diesem Hintergrund ist das Unternehmen als Teil des Schuldnervermögens anzusehen. Sicherungsmaßnahmen können mithin auch ergriffen werden, um die Chance zum Erhalt des Unternehmens zu wahren, wenn dies nicht im Konflikt zu den Interessen der Gläubiger steht.

Erforderlich ist stets eine konkrete Gefährdungslage, deren Feststellung auf Indizien und Tatsachen gründet. Hat beispielsweise der Schuldner im Eröffnungsverfahren künftige Insolvenzforderungen erfüllt, liegt darin für die Gläubiger eine offensichtliche nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners.[15] Weiterhin kann eine unzureichende Mitarbeit des Schuldners oder dessen fehlende Vertrauenswürdigkeit bei nicht überschaubaren Vermögensverhältnissen zur Annahme einer Gefährdung führen.[16] Es genügt insoweit nicht, dass lediglich abstrakt, pauschal eine Gefährdung vermutet wird. Das Maß der Überzeugung des Gerichts orientiert sich an der Glaubhaftmachung in § 294 ZPO. Die Gefährdung muss mithin überwiegend wahrscheinlich sein.[17] Auch wenn der Grad der Überzeugung damit im Hinblick auf den Eilcharakter der Anordnung stark herabgemindert ist, dürfen Sicherungsmaßnahmen nicht automatisiert und losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls angeordnet werden.

[13] BGH ZInsO 2001, 165 (167); HambKomm-Schröder, § 21 Rn. 3.
[14] BGH ZInsO 2020, 17 Rn. 31; vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einer Insolvenzordnung, BT-Drs. 12/2443, S. 116.
[15] Bork, ZIP 2018, 1613 (1614).
[16] LG Stuttgart ZInsO 2019, 2172 (2173).
[17] HambKomm-Schröder, § 21 Rn. 16 f.; MünchKomm-Haarmeyer/Schildt, § 21 Rn. 19 ff.

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