Gesetzestext

 

(1) 1Der Verfahrenskoordinator hat für eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren über die gruppenangehörigen Schuldner zu sorgen, soweit dies im Interesse der Gläubiger liegt. 2Zu diesem Zweck kann er insbesondere einen Koordinationsplan vorlegen. 3Er kann diesen in den jeweiligen Gläubigerversammlungen erläutern oder durch eine von ihm bevollmächtigte Person erläutern lassen.

(2) 1Die Insolvenzverwalter und vorläufigen Insolvenzverwalter der gruppenangehörigen Schuldner sind zur Zusammenarbeit mit dem Verfahrenskoordinator verpflichtet. 2Sie haben ihm auf Aufforderung insbesondere die Informationen mitzuteilen, die er für eine zweckentsprechende Ausübung seiner Tätigkeit benötigt.

(3) Soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Bestellung des Verfahrenskoordinators, für die Aufsicht durch das Insolvenzgericht sowie für die Haftung und Vergütung § 27 Absatz 2 Nummer 4 und die §§ 56 bis 60, 62 bis 65 entsprechend.

1. Normzweck

 

Rn 1

§ 269f regelt die Aufgaben und Rechtsstellung des Verfahrenskoordinators als bedeutendste Figur des Koordinationsverfahrens. Der Verfahrenskoordinator soll insbesondere für die abgestimmte Abwicklung der Gruppenverfahren sorgen, soweit dadurch die Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt werden.[1] Als Instrument wird ihm hierfür die Vorlage eines Koordinationsplanes an die Hand gegeben.

[1] Flöther-Pleister/Theusinger, Handbuch Konzerninsolvenzrecht, § 4 Rn. 376 f.

2. Aufgaben

2.1 Abgestimmte Abwicklung

 

Rn 2

Zentrale Aufgabe des Verfahrenskoordinators ist es, wie ein Mediator für eine abgestimmte Abwicklung der Einzelverfahren zu sorgen[2] und mit entsprechenden Maßnahmen Reibungsverluste zu vermeiden.[3]

 

Rn 3

Die abgestimmte Abwicklung der Einzelverfahren sollte der Verfahrenskoordinator auch schon vor Vorlage des Koordinationsplanes fördern.[4] So ist es durchaus auch unabhängig vom Koordinationsplan möglich, eine gemeinsame Gesamtverwertungs- und Restrukturierungsstrategie zu entwickeln oder die gleichzeitige Abgabe aufeinander abgestimmter Insolvenzgutachten bzw. Verwalterberichte zu fördern.[5] Für die Abstimmung organisatorischer Fragen sollte der Verfahrenskoordinator berechtigt sein, selbst Kontakt zum Insolvenzgericht aufzunehmen.

 

Rn 4

Es ist förderlich zwischen den einzelnen Insolvenzverwaltern und dem Verfahrenskoordinator regelmäßige (protokollierte) Meetings oder Telefon- bzw. Videokonferenzen (Koordinierungstreffen) zu organisieren. Im Rahmen der abgestimmten Abwicklung obliegt dem Verfahrenskoordinator die Organisation derartiger Treffen sowie die Übernahme damit verbundener organisatorischer und leitender Aufgaben wie bspw. Protokollführung sowie Versand der Einladungen.[6]

[2] BT-Drs. 18/407, S. 23; Sämisch/Deichgräber, ZIP 2019, 1152 (1154).
[3] BT-Drs. 18/407, S. 35.
[4] BT-Drs. 18/407, S. 36.
[5] Berner/Zenker, NZI-Beilage 2018, 30 (32); ähnlich auch Kübler/Prütting/Bork-Thole, § 269f Rn. 4.
[6] Braun-Esser, § 269f Rn. 8.

2.2 Vorlage eines Koordinationsplanes

 

Rn 5

Aufgabe des Verfahrenskoordinators ist darüber hinaus die Vorlage eines Koordinationsplanes (§ 269h) gemäß § 269f Abs. 1 Satz 2. Dabei dürfte es sich regelmäßig um die Hauptaufgabe des Verfahrenskoordinators handeln.

2.3 Erläuterung des Koordinationsplanes

 

Rn 6

Die Erläuterung des Koordinationsplanes hat der Verfahrenskoordinator in den Berichtsterminen bzw. einer gesonderten Gläubigerversammlung sämtlicher gruppenangehöriger Schuldner vorzunehmen (§ 269i Abs. 1 Satz 1; vgl. zur Erläuterung im Einzelnen unter § 269i Rn. 6 f.).

 

Rn 7

Damit einher geht das Recht auf Zutritt zu sämtlichen Gläubigerversammlungen konzernangehöriger Unternehmen sowie die Verpflichtung der Gläubiger und Gerichte ihm die Möglichkeit zu bieten, zum Insolvenzplan zu sprechen und ihm eine entsprechende Redezeit zu gewähren. Die Gläubigerversammlung kann vom Verfahrenskoordinator Auskunft nach § 79 analog verlangen.[7]

 

Rn 8

Der Verfahrenskoordinator kann auch eine Person bevollmächtigen die entsprechenden Erläuterungen für ihn vorzunehmen. Zu denken ist hier insbesondere an Personal aus der Kanzlei des Verfahrenskoordinators oder von ihm beauftragte externe Dritte. Aber auch einzelne Insolvenzverwalter, Sachwalter, Gläubiger oder ein eigenverwaltender Schuldner können möglicherweise beauftragt werden.[8]

 

Rn 9

Nimmt der Verfahrenskoordinator das Recht zur Erläuterung des Koordinationsplanes nicht wahr, sind die einzelnen Insolvenzverwalter zur Erläuterung verpflichtet. Die Entscheidung, wer die Erläuterung vornimmt, liegt damit beim Verfahrenskoordinator.

[7] Uhlenbruck/Mock, § 269f Rn. 10.
[8] Kübler/Prütting/Bork-Thole, § 269f Rn. 5.

2.4 Interesse der Gläubiger

 

Rn 10

Der Verfahrenskoordinator darf Koordinierungsaufgaben nur wahrnehmen, wenn dies im Interesse der Gläubiger ist. Das bedeutet nicht, dass sich für jeden einzelnen Gläubiger ein Vorteil ergeben muss. Vielmehr genügt es, wenn in einem Verfahren eine Erhöhung der Befriedigungsquote und in den übrigen Verfahren keine Verkürzung dieser Quote zu erwarten ist.[9] Dabei kommt es lediglich auf die letztendlich zu erwartende Quote an. Damit ist es auch zulässig, dass bei einem Verfahren zwischenzeitlich eine Verkürzung der Masse...

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