Gesetzestext

 

(1) 1Das Koordinationsgericht bestellt eine von den gruppenangehörigen Schuldnern und deren Gläubigern unabhängige Person zum Verfahrenskoordinator. 2Die zu bestellende Person soll von den Insolvenzverwaltern und Sachwaltern der gruppenangehörigen Schuldner unabhängig sein. 3Die Bestellung eines gruppenangehörigen Schuldners ist ausgeschlossen.

(2) Vor der Bestellung des Verfahrenskoordinators gibt das Koordinationsgericht einem bestellten Gruppen-Gläubigerausschuss Gelegenheit, sich zu der Person des Verfahrenskoordinators und den an ihn zu stellenden Anforderungen zu äußern.

1. Normzweck

 

Rn 1

Für den Fall, dass das Gruppen-Gericht ein Koordinationsverfahren eröffnet (dann Koordinationsgericht gem. § 269d Abs. 1), ist von diesem Gericht auch ein Verfahrenskoordinator zu bestellen. Er soll als Hauptfigur des Koordinationsverfahrens gleich einem Mediator zwischen den einzelnen Insolvenz-/Sachwaltern vermitteln.[1] Dabei soll er insbesondere eine abgestimmte Abwicklung der Verfahren gewährleisten. Dafür kann er sich auch eines Koordinationsplanes bedienen (vgl. hierzu im Einzelnen unter § 269f und § 269h). Mit der Bestellung eines neutralen Dritten soll sichergestellt werden, dass der Verfahrenskoordinator nicht mit Partikularinteressen eines einzelnen Verfahrens oder einer einzelnen Beteiligtengruppe belastet ist. Er soll die Koordinationsaufgaben dadurch unabhängig und im gemeinsamen Interesse aller Gläubiger wahrnehmen und zwischen den einzelnen Verwaltern als Mediator vermitteln können.[2] Dies setzt eine ausgleichende Persönlichkeit des Verfahrenskoordinators voraus. § 269e gibt insoweit die Anforderungen an die zu bestellende Person vor und trifft Bestimmungen zur Gläubigerbeteiligung bei der Bestimmung des Verfahrenskoordinators.

[1] BT-Drs. 18/407, S. 23.
[2] BT-Drs. 18/407, S. 23; Berner/Zenker, NZI-Beilage 2018, 30; Blankenburg, ZInsO 2018, 897 (905); Sämisch/Deichgräber, ZIP 2019, 1152 (1154).

2. Person des Verfahrenskoordinators

2.1 Allgemeines

 

Rn 2

Bei der Auswahl der Person des Verfahrenskoordinators sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass er eine Persönlichkeit hat, die dazu geeignet ist, die Vielzahl von Interessen in Einklang zu bringen, die in einem Koordinationsverfahren aufeinandertreffen.[3] Entscheidend dürften insbesondere mediative Fähigkeiten und umfangreiche eigene Erfahrung mit Konzerninsolvenzen sein.

 

Rn 3

Das Gesetz fordert darüber hinaus eine doppelte Unabhängigkeit des Verfahrenskoordinators. Zum einen ist die Unabhängigkeit vom Schuldner und den Gläubigern zu fordern. Zum anderen soll der Verfahrenskoordinator unabhängig von den bereits bestellten Insolvenz-/Sachwaltern sein.

[3] BT-Drs. 18/407, S. 37.

2.2 Unabhängigkeit vom Schuldner und den Gläubigern

 

Rn 4

Hinsichtlich der Unabhängigkeit vom Schuldner und den Gläubigern gilt über § 269f Abs. 3 wie für jede Bestellung eines Insolvenzverwalters oder Sachwalters auch die Vorschrift des § 56 sowie die hierzu entwickelten Grundsätze.[4] Zwischen dem potenziellen Verfahrenskoordinator und dem konkreten Schuldner oder einzelnen Gläubigern darf demnach keine Beziehung bestehen, die eine Interessenkollision bei der Wahrnehmung der Koordinationsaufgaben durch den Verfahrenskoordinator befürchten lässt. Insbesondere darf der Verfahrenskoordinator nicht mit einem Schuldner oder Gläubiger personenidentisch oder eine diesen nahestehende Person sein. Dass kein gruppenangehöriger Schuldner zum Verfahrenskoordinator bestellt werden darf, wird durch § 269e Abs. 1 Satz 3 nochmals klargestellt.[5]

[4] BT-Drs. 18/407, S. 35.
[5] Die Vorschrift hat insoweit rein deklaratorischen Charakter, da über die Verweisung von § 269f Abs. 3 gemäß § 56 ohnehin lediglich natürliche Personen zum Verfahrenskoordinator bestellt werden dürfen.

2.3 Unabhängigkeit von den bestellten Insolvenz-/ und Sachwaltern

 

Rn 5

Darüber hinaus soll der Verfahrenskoordinator von den in den Einzelverfahren gruppenangehöriger Schuldner bestellten Insolvenz-/Sachwaltern unabhängig sein. Damit soll die neutrale Vermittlerrolle des Verfahrenskoordinators gewahrt werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers würden bei der Bestellung eines bereits beteiligten Insolvenzverwalters zum Verfahrenskoordinator die Informationsrechte des Verfahrenskoordinators nach § 269f Abs. 2 leerlaufen, denn andere Verwalter könnten dem Auskunftsersuchen des Verfahrenskoordinators regelmäßig die aus § 269a resultierenden Grenzen der Kooperationspflicht entgegenhalten.[6] Zu beachten ist, dass es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt.[7] In Ausnahmefällen kann daher eine Bestellung auch aus dem Kreis der Insolvenz- und Sachwalter erfolgen.[8]

 

Rn 6

Um diese Interessenkonflikte vollumfassend zu vermeiden, sollte auch keine den Insolvenz-/Sachwaltern nahestehende Person i.S.d. § 138 zum Verfahrenskoordinator bestellt werden. Insbesondere sollte der Verfahrenskoordinator nicht der gleichen Sozietät angehören wie die bestellten Insolvenz-/Sachwalter (§ 45 Abs. 3 BRAO). Im Übrigen gelten aber auch insoweit die zu § 56 entwickelten Grundsätze (vgl. hierzu im Einzelnen unter § 56 Rn. 18 ff.). Dies gilt auch für eine vorhergehende Beratung des Schuldners, die per se nicht schädlich ist.[9] Allerding...

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