Rn 16

Eine Grenze der Informationspflicht ist für die Informationsherausgabe auf Nachfrage des Verfahrenskoordinators in § 269f Abs. 2 Satz 2 geregelt. Danach sind die Informationen nur soweit herauszugeben, wie dies für eine zweckentsprechende Ausübung der Tätigkeit des Verfahrenskoordinators notwendig ist. Wann dies der Fall ist, wird im Einzelfall zu bestimmen sein. Dem Verfahrenskoordinator steht insoweit kein Ermessen zu, weil die Frage, ob eine Information für eine zweckentsprechende Ausübung der Tätigkeit notwendig ist, der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.[16] Insgesamt sollte die Beschränkung eher restriktiv gehandhabt werden, weil für eine gelungene Sanierung häufig auch Details entscheidend sind. Dennoch darf der Verfahrenskoordinator keine "phishing expeditions" durchführen.[17]

 

Rn 17

§ 269f Abs. 1 Satz 1 enthält eine weitere Begrenzung der Zusammenarbeitspflicht. Koordinationsmaßnahmen dürfen danach nur soweit gehen, wie sie im Interesse der Gläubiger liegen. Sollte ein Insolvenzverwalter befürchten, dass durch seine Mitarbeit oder Informationsherausgabe Nachteile für die Gläubiger seines Verfahrens entstehen (vgl. hierzu im Einzelnen oben Rn. 10), kann er die Zusammenarbeit durchaus verweigern. Da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass eine Zusammenarbeit regelmäßig von Vorteil für die Einzelverfahren ist, muss der Verfahrenskoordinator nicht bei jeder Handlung angeben, dass diese im Interesse der Gläubiger erfolgt. Vielmehr muss der einzelne Verwalter, der die Zusammenarbeit verweigern möchte, darlegen, warum er dies tut und welcher Schaden für die Gläubiger seines Verfahrens konkret zu erwarten ist.

 

Rn 18

Zudem ist der Verfahrenskoordinator lediglich berechtigt, entsprechende Maßnahmen sowie einen Koordinationsplan vorzuschlagen. Die Beteiligten in den Einzelverfahren sind nicht verpflichtet, die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Es bestehen für den Verfahrenskoordinator keinerlei Rechte zur Zwangsdurchsetzung seiner Vorschläge.[18] Lediglich für den Fall, dass ein Insolvenzverwalter durch die Verweigerung einer vorgeschlagenen Maßnahme auch eine Pflichtverletzung im eigenen Verfahren begeht, kann das zuständige Insolvenzgericht ein Zwangsgeld nach § 58 Abs. 2 androhen. Dies ist aber nur denkbar, wenn in diesem Verfahren nachweisbar ein wirtschaftlicher Mehrwert aufgrund der Koordination zu erwarten wäre. Darüber hinaus können lediglich die Gläubiger in einem Einzelverfahren durch Beschluss eine Bindungswirkung hinsichtlich der Regelungen des Koordinationsplanes herbeiführen (vgl. hierzu im Einzelnen § 269i Rn. 10 ff.). Es wird zwar auch eine Klage oder eine einstweilige Verfügung zur Lösung dieser Schwierigkeiten vorgeschlagen.[19] Praktisch dürfte dies aber wenig sinnvoll sein. Eine Klage bereits deshalb, weil es mit Blick auf die Geschwindigkeit eines Insolvenzverfahrens viel zu lange dauern dürfte, bis ein Urteil vorliegt.[20] Und hinsichtlich einer einstweiligen Verfügung wird es bei der Begründung eines Verfügungsanspruches häufig an einer konkreten Handlungspflicht fehlen, da die Kooperationspflicht regelmäßig eine offene Handlungspflicht ist.[21] Auch praktisch dürfte das Erzwingen der Kooperation nur selten zweckmäßig sein, da Kooperation (Zusammenarbeit) schon per definitionem schwer gegen den Willen einer Person erfolgen kann. Durchaus sinnvoll kann aber die zwangsweise Durchsetzung der Informationspflichten sein. Im einstweiligen Rechtsschutz wird an dieser Stelle eine Leistungsverfügung mit ihren zusätzlichen Anforderungen notwendig werden, weil die Hauptsache durch die Verfügung vorweggenommen wird.[22]

[16] Mock, DB 2017, 951(955).
[17] Uhlenbruck/Mock, § 269f Rn. 15.
[18] Flöther, NZI-Beilage 2018, 6 (8); Kübler/Prütting/Bork-Thole, § 269f Rn. 4.
[19] MünchKomm/Brünkmans, § 269f Rn. 23; § 269a Rn. 47.
[20] So auch selbst MünchKomm/Brünkmans, § 269f Rn. 23; § 269a Rn. 47.
[21] So auch MünchKomm/Brünkmans, § 269f Rn. 23; § 269a Rn. 47.
[22] MünchKomm/Brünkmans, § 269f Rn. 23; § 269a Rn. 47.

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