Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Rechtsgutachten. Beweislast für Schaden bei falschem Steuergutachten. Verjährungsbeginn bei Schadensersatzanspruch gegen Mehrfachberufler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, welche Anforderungen an ein Rechtsgutachten (hier: ein Gutachten über steuerrechtliche Fragen) zu stellen sind.

2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft in den Schutzbereich eines von der Gesellschaft abgeschlossenen Vertrages mit einem steuerlichen Berater einbezogen sind.

3. Hat ein Steuerpflichtiger auf Anraten seines steuerlichen Beraters eine bestimmte Handlung vorgenommen, und fordert das Finanzamt gerade wegen dieser Handlung Steuern nach, so ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der Empfehlung und der eingetretenen Steuermehrbelastung dargetan; macht der steuerliche Berater geltend, auch ohne die von ihm empfohlene Maßnahme wäre in demselben oder einem anderen Steuerjahr aus anderen Gründen die gleiche oder eine höhere Steuermehrbelastung eingetreten, so ist er dafür jedenfalls dann darlegungspflichtig und beweispflichtig, wenn im Besteuerungsverfahren die (materielle) Beweislast für diese Gründe dem Finanzamt obliegt.

4. Zur Frage, auf welche Weise Allgemeine Geschäftsbedingungen nachträglich in einen Vertrag einbezogen werden können.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Besteuerungsverfahren gehen Zweifel darüber, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, grundsätzlich zu Lasten des Steuerfiskus. Daher kann im Verhältnis zwischen Steuerpflichtigem und steuerlichem Berater dem Mandanten nicht der Beweis dafür aufgebürdet werden, daß bei einem anderen Geschehensverlauf kein steuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht worden wäre.

2. Die Belastung mit einer Steuerschuld stellt als solche noch keinen Schaden dar; eine Schädigung liegt jedoch dann vor, wenn die Steuernachforderung bei sachgerechtem, gesetzmäßigem Verhalten vermeidbar war.

3. Bei der Zuordnung der Berufstätigkeit eines Mehrfachberuflers (hier: Wirtschaftsprüfer/Steuerberater) ist entscheidend der Parteiwille zu beachten und daneben darauf abzustellen, welchem Berufsbild die konkrete Tätigkeit unterfällt.

 

Normenkette

StBerG § 68; WiPrO § 51a; BGB §§ 249, 305, 328, 675

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 04.06.1980; Aktenzeichen 20 U 4107/79)

LG München I (Urteil vom 16.11.1979; Aktenzeichen 18 O 868/70)

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Juni 1980 wird insoweit zurückgewiesen, als die Kläger mit einem Teilanspruch von 27.560,– DM (Gutachten P) abgewiesen worden sind.

Im übrigen wird das Urteil aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen vom Beklagten wegen einer nach ihrer Ansicht fehlerhaften steuerlichen Beratung Schadensersatz.

Der Beklagte war im Herbst 1947 von der Dr. A Sch GmbH in R beauftragt worden, die jährlichen Abschlußprüfungen durchzuführen; er übte diese Tätigkeit bis zum Jahre 1967 aus. Während dieses Zeitraums fertigte er für die Gesellschaft auch die Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Vermögensteuererklärungen an und vertrat sie bei steuerlichen Betriebsprüfungen.

Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 1.200.000,– DM.

An der Gesellschaft waren Ende 1964 mit Anteilen von je nominal 200.000,– DM beteiligt:

  1. Dr. A Sch
  2. J Sch
  3. der Kläger zu 1.),
  4. der (im Laufe des Jahres 1965 verstorbene Ehemann der Klägerin zu 2.) A C,
  5. die Klägerin zu 4.)
  6. die aus den Klägerinnen zu 5, 6 und 7 bestehende Erbengemeinschaft nach R Sch.

Den Anschlußprüfungsberichten für die Jahre 1963, 1964 und 1965, die der Beklagte am 10. August 1964, am 18. November 1965 und am 23. Januar 1967 erstattete, legte er die allgemeinen Auftragsbedingungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in der Fassung vom 1. Mai 1963 als Anlage 12 bzw. 13 bei. In diesen Bedingungen heißt es unter Ziff. 9:

„9. Haftung

(1) Der Umfang der Haftung des Wirtschaftsprüfers ist – soweit in gesetzlichen Sondervorschriften keine höhere oder niedrigere Summe festgesetzt ist – auf 100.000 DM für den einzelnen Schadensfall beschränkt, und zwar auch dann, wenn ausnahmsweise eine Haftung gegenüber einer anderen Person als dem Auftraggeber begründet sein sollte. …

(2) Ein Schadensersatzanspruch kann, soweit er nach gesetzlicher Vorschrift nicht bereits verjährt ist, nur innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden, nachdem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und von dem anspruchsbegründenden Ereignis Kenntnis erlangt hat, spätestens aber innerhalb von fünf Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis. Der Anspruch erlischt, wenn nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit der schriftlichen Ablehnung der Ersatzleistung Klage erhoben wird. Besondere gesetzliche Bestimmungen über die Verjährung bei Pflichtprüfungen bleiben unberührt.”

(3) …

In der Einleitung zum Prüfungsbericht für das Jahr 1964 führte der Beklagte unter Ziff. 2 aus:

„2. Auftragsabgrenzung

Der Auftrag wurde gemäß den „Allgemeinen Auftragsbedingungen”, herausgegeben vom Institut der Wirtschaftsprüfer am 1. Mai 1963, welche der Firma bekannt sind und als Anlage Nr. 12 diesem Bericht beiliegen, in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften für aktienrechtliche Prüfungen durchgeführt. Dementsprechend erstreckt sich die Prüfung im wesentlichen auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und des Jahresabschlusses, und zwar sowohl in formeller als in materieller, handelsrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Beziehung. ….”

Vor dem 31. Dezember 1964 hatte die Gesellschaft ihren Gesellschaftern Darlehen in folgender Höhe gewährt:

a) C C

243.433,- DM

b) A C

230.250,- DM

c) W W

127.628,- DM

d) Erben R Sch:

E H

156.185,– DM

R S

145.718,– DM

L F

121.193,– DM

e) R S

42.095, – DM

1.066.502,– DM

Anfang 1965 wurde der Anteil des Gesellschafters J Sch von den übrigen zum Preise von 500.000,– DM erworben; den Kaufpreis stellte die Gesellschaft ihnen darlehensweise zur Verfügung. Dadurch erhöhte sich die Darlehensforderung an die Gesellschafter auf 1.566.502,– DM. Außerdem bestanden Forderungen an die Kinder der Gesellschafter in Höhe von insgesamt 155.526,– DM.

Der Beklagte pflegte jeweils nach Anfertigung des Jahresabschlusses mit der Geschäftsführung der Dr. A Sch GmbH das Jahresergebnis zu besprechen. Die Besprechung für das Jahr 1964 fand im November 1965 statt. Bei dieser Gelegenheit wies der Beklagte darauf hin, es bestehe die Gefahr, daß die Finanzverwaltung die hohen, an die Kläger gewährten ungesicherten Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung ansehen werde. Es wurde die Möglichkeit erörtert, die Darlehen dadurch zu tilgen, daß die Gesellschaft den ehemaligen Anteil des Gesellschafters J Sch sowie weitere Anteile aus dem Besitz der verbliebenen Gesellschafter erwirbt, und zwar unter Verrechnung des Kaufpreises mit den Darlehensverbindlichkeiten des Gesellschafters. Man verblieb so, daß der Beklagte in einem Gutachten die Möglichkeiten aufzeigen sollte, wie die Darlehen ohne steuerlichen Nachteil für die GmbH und ihre Gesellschafter zurückgeführt werden könnten. Dabei sollten vor allem die steuerlichen Auswirkungen eines Ankaufs von eigenen GmbH-Anteilen durch die Gesellschaft und die Verrechnung des Kaufpreises mit den bestehenden Darlehen geprüft werden. Der Beklagte erstellte unter dem 20. Dezember 1965 das Gutachten. Er versah es mit seinem Wirtschaftsprüfersiegel und berechnete dafür der Gesellschaft einen Betrag von 5.000,– DM.

In dem Gutachten erörterte der Beklagte unter Ziff. II. den Verkauf von Anteilen an die Gesellschaft, unter Ziff. III. die darauf folgende Einziehung der eigenen Anteile der Gesellschaft und unter IV. die Kapitalherabsetzung, und zwar bei jedem Punkt sowohl die handelsrechtliche Gestaltung als auch die steuerrechtlichen Folgen. Über die steuerlichen Auswirkungen eines Ankaufs von GmbH- Anteilen für die Gesellschaft heißt es in dem Gutachten:

„Da die Veräußerung der Anteile an die Gesellschaft zu einem angemessenen Preis – eher zu niedrig als zu hoch – erfolgt und keiner der Verkäufer wesentlich beteiligt ist, löst sie keine Folgen bei den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag aus. Die früher einem Verkauf entgegen gestandenen Bestimmungen des § 17 EStG sind durch das Steueränderungsgesetz 1965 ab 1. 1. 1965 geändert worden.”

Entsprechend den Vorschlägen des Beklagten erwarb die GmbH durch notariellen Vertrag vom 30. Dezember 1965 von dem Gesellschafter Dr. A Sch, den Klägern zu 1 und 4 sowie von der Klägerin zu 2.), die ihren Ehemann beerbt hatte, je zwei Geschäftsanteile in nomineller Höhe von 100.000,– DM und 40.000,– DM; zwei weitere Anteile – ebenfalls in Höhe von 100.000,– DM und 40.000,– DM – erwarb sie von der aus den Klägern zu 5-7 bestehenden Erbengemeinschaft nach R Sch. Als Kaufpreis wurden 250 % des Nominalwerts vereinbart. Bei der notariellen Verhandlung wurde der Gesellschafter Dr. A Sch durch seinen Bevollmächtigten, den Kläger zu 3.), vertreten.

In den Monaten Juli, September und Oktober 1969 führte die Groß- und Konzernprüfungsstelle für die Finanzämter des Saarlandes beim Finanzamt S bei der Dr. A Sch GmbH eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, daß der Anteilserwerb durch die GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung aufzufassen sei. Das Finanzamt berichtigte daraufhin die Einkommensteuerbescheide der Kläger für das Jahr 1965. Die Einkommensteuerschuld der Kläger erhöhte sich dadurch um folgende Beträge:

Für den Kläger zu 1.)

DM 204.003,80

für die Klägerin zu 2.)

DM 204.004,90

für den Nachlaß

Dr. A Sch

DM 204.039,–

für die Klägerin zu 4.)

DM 204.001,60

für die Klägerin zu 5.)

DM 59.395,60

für die Klägerin zu 6.)

DM 66.081,40

für die Klägerin zu 7.)

DM 61.820,–

zusammen:

DM 1.003.346,30

Die Steuerbescheide wurden von den Gesellschaftern angefochten. Mit dem Finanzamt wurde vereinbart, daß das finanzgerichtliche Verfahren nur von der Klägerin zu 5.) durchgeführt werden und daß das bezüglich dieser Klägerin ergehende Urteil auch für die steuerliche Behandlung des Anteilserwerbs durch die anderen Kläger maßgeblich sein solle. Die Finanzgerichtsklage blieb ohne Erfolg; die abschließende Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist erst während des vorliegenden Rechtsstreits ergangen.

Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger den ihnen nach ihrer Auffassung zustehenden Schadensersatzanspruch geltend gemacht. Bei der Berechnung der Klagesumme gingen sie von den oben genannten Steuermehrbelastungen aus. Sie setzen davon die Beträge ab, die die Kläger möglicherweise in den Jahren nach 1965 infolge des Veräußerungsvorgangs an Steuern erspart haben und die nach ihrer Auffassung sich höchstens auf

27.145, – DM

beim Kläger zu 1.)

3.567,– DM

bei der Klägerin zu 2.),

5.393,– DM

bei der Klägerin zu 4.),

21.331, – DM

bei der Klägerin zu 5.),

12.721, – DM

bei der Klägerin zu 6.) und

18.384, – DM

bei der Klägerin zu 7.)

belaufen haben; der Kläger zu 3.) setzte eine Minderbelastung von 15.117,– DM hinzu, die sich für ihn in den folgenden Jahren ergeben hätte. Demgemäß hat

der Kläger zu 1.)

176.858,80 DM

die Klägerin zu 2.)

200.437,90 DM

der Kläger zu 3.)

219.156,– DM

die Klägerin zu 4.)

198.608,60 DM

die Klägerin zu 5.)

38.064,60 DM

die Klägerin zu 6.)

53.360,40 DM

die Klägerin zu 7.)

43.436,– DM

zusammen:

929.922,30 DM

verlangt.

Zinsen begehrten die Kläger in Höhe von 1/2 % monatlich, da sie ihre Steuerschuld gegenüber dem Steuerfiskus ebenfalls in dieser Höhe verzinsen müßten. Sie machten weiterhin einen Anspruch auf Erstattung des Honorars geltend, das sie dem Steuerberater P in Höhe von 27.560,– DM für ein im Rechtsstreit vorgelegtes Privatgutachten gezahlt haben, sowie auf Erstattung außergerichtlicher Kosten von 15.000,– DM, die ihnen im finanzgerichtlichen Verfahren erwachsen sind.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Gegen das Berufungsurteil haben die Kläger Revision eingelegt, ohne sich in der Revisionsschrift über den Umfang der Anfechtung zu erklären. Sie beantragen, unter Aufhebung des Berufungsurteils den Beklagten zu verurteilen, an

den Kläger zu 1.)

54.428,80 DM

die Klägerin zu 2.)

78.007,90 DM

den Kläger zu 3.)

96.726,– DM

die Klägerin zu 4.)

198.608,60 DM

die Klägerin zu 5.)

38.064,60 DM

die Klägerin zu 6.)

53.360,40 DM

die Klägerin zu 7.)

43.436,– DM

– teilweise mit Zinsen – und an alle Kläger DM 42.560, – zu zahlen.

Sie behaupten, daß die vom Finanzamt S gegen die Kläger zu 1, 2 und 3 erlassenen berichtigten Steuerbescheide inzwischen wegen formeller Mängel aufgehoben worden seien;

der Kläger zu 1.) sei jetzt für 1965 zu einer Mehrsteuer von 81.573,80 DM,

die Klägerin zu 2.) zu einer Mehrsteuer von 81.574,90 DM

und der Nachlaß des verstorbenen Dr. A Sch zu einer Mehrsteuer von 81.609,– DM

herangezogen worden.

Die Klägerinnen zu 5, 6 und 7 hätten ihre Steuerschuld Ende August 1979 bezahlt; von diesem Zeitpunkt an seien sie dem Steuerfiskus nicht mehr zu Zinszahlungen verpflichtet und verlangten daher auch vom Beklagten keine Zinsen mehr. Die Kläger zu 1-3 verfolgen den in den Vorinstanzen geltend gemachten Zinsanspruch nicht mehr weiter.

Hinsichtlich des Differenzbetrags zwischen dem Hauptanspruch in der Berufungs- und in der Revisionsinstanz erklären die Kläger die Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widerspricht dieser Erklärung und macht geltend, die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, weil die Beratung durch den Beklagten zu keiner vermeidbaren Vermögensminderung bei den Klägern geführt habe. Die Gesellschafterdarlehen hätten nicht aus Mitteln der Gesellschaft zurückgezahlt werden können, ohne daß bei den Klägern Einkommensteuer zumindest in der Höhe anfiel, in der sie von ihnen tatsächlich bezahlt worden sei. Das erstrebte Ziel sei weder mit einer Umschuldung, noch mit einer anders gestalteten Anteilsveräußerung an die Gesellschaft, noch mit einer Kapitalherabsetzung, noch mit einer Umwandlung zu erreichen gewesen.

Dieser rechtlichen Beurteilung kann sich der Senat nicht ausschließen. Die vom Beklagten gegebene Empfehlung entsprach nicht der Rechtslage. Der Beklagte hätte dies bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen können. Die auf seinen Rat hin vorgenommene Übertragung der Gesellschaftsanteile war ursächlich dafür, daß die zuständigen Finanzämter in den Monaten Dezember 1970 und Januar 1971 Steuern in einer Gesamthöhe von 1 Million DM nacherhoben haben. Im einzelnen ist dazu zu bemerken:

1. Welchen Anforderungen ein Rechtsgutachten entsprechen muß, ergibt sich in erster Linie aus dem Zweck, den der Auftraggeber mit dem Gutachtenauftrag verfolgt. Im vorliegenden Fall sollte das Gutachten als Grundlage für Maßnahmen der Gesellschaft und der Gesellschafter dienen. Diesen kam es nicht darauf an zu erfahren, wie der Beklagte persönlich die maßgeblichen Rechtsfragen beurteilte, sondern darauf, welche Ansicht voraussichtlich die Finanzverwaltung und Finanzgerichte in dieser Angelegenheit vertreten würden. Der Beklagte mußte sich also bemühen, die von der Rechtsprechung der Finanzgerichte und der Praxis der Finanzämter entwickelten Grundsätze darzustellen und auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Soweit bestimmte Fragen umstritten oder aus anderen Gründen noch nicht geklärt waren, mußte er dies kenntlich machen.

2. Diesen Anforderungen wird das vom Beklagten erstattete Gutachten nicht gerecht.

a) Grundlage für den Gutachtenauftrag war die vom Beklagten geäußerte Befürchtung, die Finanzbehörden könnten die Darlehen, die die Gesellschaft den Gesellschaftern gegeben hatte, als verdeckte Gewinnausschüttungen auffassen; das Gutachten sollte Wege aufzeigen, durch die eine solche Würdigung verhindert werden konnte. Es wäre daher in erster Linie zu prüfen gewesen, ob diese Befürchtung begründet war. In dieser Hinsicht können, wie später noch darzulegen sein wird, ernsthafte Zweifel bestehen. Eine Erörterung dieses Punktes war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Auftraggeber selbst von der Annahme ausgingen, es bestehe die Gefahr, daß die Darlehensgewährung zu erheblichen Steuernachforderungen führen könne, und daß es lediglich darauf ankomme, einen Weg aufzuzeigen, durch den dieser Steuernachteil vermieden werden konnte. Als Gutachter hatte der Beklagte auch zu prüfen, ob die dem Gutachtenauftrag zugrunde liegende Fragestellung rechtlich zutreffend war. Das galt hier deshalb in besonderem Maße, weil der Beklagte selbst durch seine Beratung überhaupt erst die Befürchtung verdeckter Gewinnausschüttungen bei den Geschäftsführern und Gesellschaftern der Dr. A Sch GmbH hervorgerufen hatte.

b) Auf der anderen Seite hatte der Beklagte zu prüfen, ob nicht etwa die von ihm vorgeschlagene Lösung erst die Gefahr der Annahme verdeckter Gewinnausschüttung hervorrief. Er hat diesen Punkt nicht übersehen, die Frage jedoch in einer objektiv unzutreffenden Weise beantwortet. Er bemerkt unter II 3 seines Gutachtens, die Veräußerung der Anteile an die Gesellschaft löse keine Folgen bei den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag aus. Früher sei dies zwar nach § 17 EStG anders gewesen; die Rechtslage habe sich jedoch infolge des Steueränderungsgesetzes 1965 mit Wirkung vom 1. Januar 1965 an geändert. Richtig ist daran, daß die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs vor 1965 einen Fall der verdeckten Gewinnausschüttung angenommen hatte, wenn eine Kapitalgesellschaft von allen Gesellschaftern gleichmäßig einen der jeweiligen Kapitalbeteiligung entsprechenden Anteil erwirbt; das gilt in besonderem Maße dann, wenn der Kaufpreis durch Verrechnung mit einer Darlehensschuld gegenüber der Gesellschaft getilgt wird (RFH Urteil vom 30. November 1932, RStBl. 1933, 229; vom 27. März 1935 VI A 865/34, RStBl. 1935, 650; vom 14.7.1936 – I A 202/35 – RStBl. 1937, 583; vom 27. Januar 1937 VI A 909/35, RStBl. 1937, 854; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16. Februar 1954 I 13/53 U, BStBl. III S. 201; ferner Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. September 1937 IV A 89/36, Steuer und Wirtschaft 1937 Nr. 510).

An dieser Rechtslage hat sich durch die Neufassung des § 17 EStG durch das Bundesgesetz vom 14. Mai 1965 (Steueränderungsgesetz 1965, BGBl I 377) nichts geändert. Die Änderung dieser Gesetzesvorschrift betraf – soweit es hier von Interesse sein könnte – im wesentlichen zwei Punkte: Einmal wurde der Begriff der wesentlichen Beteiligung neu definiert; zum anderen wurde die Kapitalherabsetzung ausdrücklich der Veräußerung eines Kapitalanteils gleichgestellt. Da die Rechtsprechung in der Vergangenheit die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht davon abhängig gemacht hatte, daß der Steuerpflichtige an der Gesellschaft „wesentlich” beteiligt war, wurden die von ihr aufgestellten Grundsätze durch die neue Begriffsbestimmung der wesentlichen Beteiligung nicht berührt. In der Tat hat der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung mit der in § 17 EStG geregelten Besteuerung des Veräußerungsgewinns nichts zu tun, zumal Veräußerungsgewinne zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, verdeckte Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften aber zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen. Durch die ausdrückliche Gleichstellung der Kapitalherabsetzung mit der Anteilsveräußerung wurde die Rechtslage nicht geändert; daß auch die Kapitalherabsetzung als eine Anteilsveräußerung aufzufassen ist, war schon vor der Änderung des § 17 EStG weitgehend anerkannt (vgl. Blümich/Falk EStG 9. Aufl. § 17 Anm. 3; Hermann/ Hener § 17 Anm. 4 c; Littmann Einkommensteuerrecht, 7. Aufl. § 17 Anm. 15; Steinbring bei Blümich/Falk, Nachtrag zu EStG 9. Aufl. S. 65 ff). Überdies konnte die Gleichstellung der Kapitalherabsetzung mit der Anteilsveräußerung, selbst wenn darin etwas Neues zu sehen gewesen wäre, nur die steuerliche Behandlung der Kapitalherabsetzung, nicht aber die der Anteilsveräußerung beeinflussen.

Der Senat sieht demnach keine Veranlassung, die steuerliche Frage anders zu beurteilen als die Finanzgerichte.

3. Die fehlerhafte steuerrechtliche Beurteilung gereicht dem Beklagten – jedenfalls nach dem bisherigen Parteivorbringen – auch zum Verschulden. Er war sich offenbar, wie die Ausführungen unter II 3 seines Gutachtens zeigen, darüber im klaren, daß die von ihm vorgeschlagene Gestaltung nach der Rechtslage vor dem 1. Januar 1965 steuerrechtlich bedenklich war; seine Bedenken gründeten sich allerdings nicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung – die er in seinem Gutachten nicht erwähnt –, sondern auf die damalige Fassung des § 17 EStG. Er glaubte, daß die von ihm angenommenen Hindernisse durch die im Steueränderungsgesetz 1965 angeordnete Neufassung des § 17 beseitigt seien. Eine nähere Begründung hierfür gibt er nicht. Es ist deshalb nicht einwandfrei zu erkennen, welche rechtlichen Überlegungen dieser Ansicht zugrunde lagen. Möglicherweise hat der Beklagte an die Auseinandersetzung gedacht, die damals im steuerrechtlichen Schrifttum geführt wurde und die die Frage betraf, inwieweit die bisherige Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung durch die Neufassung des § 17 EStG überholt war. Böttcher und Beinert hatten im Betrieb 1964, 1458, 1460 darauf hingewiesen, daß nach der Neufassung des § 17 EStG die Kapitalherabsetzung der Veräußerung eines Anteils gleichstehe; die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes (RStBl. 1935, 650; 1937, 434; 1938, 641), nach der jeweils zu prüfen gewesen sei, ob in einer Kapitalherabsetzung eine verdeckte Gewinnausschüttung liege, habe damit ihre Bedeutung verloren; nach der Neufassung könne nur noch für wesentlich Beteiligte ein steuerbarer Gewinn aus einer Kapitalherabsetzung entstehen, und auch in diesem Falle nur dann, wenn die zurückgezahlten Beträge die Anschaffungskosten übersteigen. Dem hatte Uelner in der Deutschen Steuerzeitung vom 1./15. Mai 1965 (S. 136, 143) widersprochen. Er hatte darauf hingewiesen, daß die Neufassung die Kapitalherabsetzung nur insoweit einer Anteilsveräußerung gleichstelle, als die Rückzahlung des Kapitals nicht als Gewinnanteil gelte; Gewinnanteil sei aber auch die verdeckte Gewinnausschüttung. Zum selben Ergebnis kam Steinbring im Nachtrag 1965 zu Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz Anm. 6 zu § 17 EStG 1965. Der Auffassung von Böttcher und Beinert schlossen sich Brönner (Die Besteuerung der Gesellschaften, 11. Aufl. S. 743) und Sambo in einem – allerdings erst nach Fertigstellung des Gutachtens des Beklagten erschienenen – Aufsatz in BB 1966, 204 an. Heuer wies in GmbH Rundschau 1966, 17 darauf hin, daß nach seiner Ansicht die von Böttcher und Beinert vorgenommene Auslegung des § 17 EStG n.F. zwar vertretbar, aber noch keineswegs gesichert sei.

Wenn der Beklagte sich der Ansicht von Böttcher und Beinert (aaO) angeschlossen haben sollte, so kann ihm daraus noch kein Schuldvorwurf gemacht werden; die Rechtslage war damals noch nicht geklärt und die Auslegung des § 17 EStG von Böttcher und Beinert wurde auch von anderen Autoren für vertretbar angesehen. Er durfte sich in diesem Falle jedoch nicht so apodiktisch äußern, wie er dies in seinen Gutachten getan hat. Er hätte vielmehr darauf hinweisen müssen, daß die Rechtslage noch ungeklärt sei, daß finanzgerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage noch nicht vorliegen und daß im Schrifttum den Ausführungen von Böttcher und Beinert widersprochen worden sei. Dabei hätte er nicht verschweigen dürfen, daß die Gegenmeinung nicht nur in einem führenden Kommentar zum Einkommensteuergesetz, sondern auch von einem Beamten des Bundesfinanzministeriums (Uelner) vertreten worden war. Namentlich der letzteren Äußerung kam eine besondere Bedeutung zu: Der Beklagte mußte mit der Möglichkeit rechnen, daß die Ausführungen von Uelner der amtlichen Auffassung des Bundesfinanzministeriums entsprachen oder doch zur amtlichen Auffassung des Ministeriums wurden und auf diesem Wege die Finanzamtspraxis beeinflußten. Vor allem hätte der Beklagte nicht übersehen dürfen, daß sich sowohl Böttcher und Beinert als auch Brönner aaO nur zur steuerlichen Behandlung von Kapitalherabsetzungen geäußert hatten; die Bemerkung unter Ziffer II 3 des Gutachtens des Beklagten betraf jedoch eine andere Frage, nämlich die der Veräußerung von Geschäftsanteilen (dazu äußerte sich Brönner aaO auf Seite 740). Für die Annahme, daß auch in diesem Punkt die bisherige Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung überholt sei, gaben die Ausführungen von Böttcher, Beinert und Brönner nichts her. Sie beruhten im wesentlichen auf der Überlegung, daß durch die Änderung des § 17 EStG die Kapitalherabsetzung der Veräußerung eines Geschäftsanteils gleichgestellt worden sei; daraus wurde die Folgerung gezogen, daß auch bei der Prüfung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, Kapitalherabsetzungen genau so zu behandeln seien wie die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Es ist aber unerfindlich, wie sich dadurch etwas an der Beurteilung von Veräußerungsgeschäften ändern sollte. Wie der Beklagte sonst zu seiner im Gutachten vertretenen Ansicht gekommen sein könnte, ist seinem bisherigen Vortrag nicht zu entnehmen.

4. a) Daß die Pflichtverletzung des Beklagten für die Steuernachforderung ursächlich war, ergibt sich bereits aus dem unstreitigen Parteivortrag, der gemäß § 561 Abs. 1 ZPO vom Revisionsgericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen ist. Die Betriebsprüfer haben in der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an die GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen. Dies wiederum – und nur dies allein – hat die zuständigen Finanzämter veranlaßt, die Ansätze für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in den ursprünglichen Steuerbescheiden der Kläger (bzw. ihrer Rechtsvorgänger) zu berichtigen. Der Beklagte will allerdings geltend machen, die Finanzämter hätten auch dann, wenn die GmbH keine Gesellschaftsanteile erworben hätte, aus anderen Gründen Steuernachforderungen gestellt; in diesem Falle wäre zwar der Kausalverlauf ein anderer, das Endergebnis aber das gleiche gewesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist die Frage erörtert worden, ob der Beklagte damit den Einwand der hypothetischen Kausalität „Reserveursache”) erhebt, für den, wie allgemein anerkannt, der Schädiger beweispflichtig ist (BGHZ 8, 288; 10, 6, 12, 29, 207, 215; BGH Urteile vom 10. Juli 1959 – VI ZR 87/58; 21. September 1959 – VII ZR 67/59; 13. Oktober 1966 – II ZR 173/64 –; 7. Juni 1968 – VI ZR 42/67 –; 15. Oktober 1968 – VI ZR 226/67 – 7. Oktober 1980 – VI ZR 176/79 – VersR 1959, 811; 1960, 57; 1967, 130; 1968, 804; 1969, 43; 1981, 131; Alff BGB-RGRK 12. Aufl. Rdn. 23 vor § 249; Jauernig/ Teichmann BGB 2. Aufl. Anm. VI 2 d vor § 249; Palandt/ Heinrichs BGB Anm. 5 f bb, ee vor § 249; Staudinger/ Medicus BGB 12. Aufl. § 249 Rdn. 102; von Caemmerer, Das Problem der überholenden Kausalität 1962 S. 19 ff). Soweit mit Steuernachforderungen nicht für 1965, sondern für ein anderes Steuerjahr zu rechnen war, stellt sich die Frage, ob nicht die Grundsätze über die Vorteilsausgleichung Anwendung finden; für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung ist ebenfalls der Schädiger darlegungs- und beweispflichtig (RG JW 1909, 455; BGH Urteil vom 5. Juli 1963 – VI ZR 310/62 – VersR 1963, 1163).

Der Senat hält es nicht für erforderlich, diese beiden Fragen hier abschließend zu entscheiden. Er ist der Ansicht, daß den Beklagten schon aus folgenden Gründen die Beweislast trifft: Im Besteuerungsverfahren gehen Zweifel darüber, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, grundsätzlich zu Lasten des Steuerfiskus (vgl. dazu Westerfelhaus/ Glade, Verdeckte Gewinnausschüttung, 2. Aufl. S. 366 f bis Fn. 38-41). Dann kann aber im Verhältnis zwischen Steuerpflichtigem und steuerlichem Berater dem Mandanten nicht der Beweis dafür aufgebürdet werden, daß bei einem anderen Geschehensverlauf kein steuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht worden wäre. Das würde nämlich bei unaufklärbarem Sachverhalt dazu führen, daß zugunsten des steuerlichen Beraters von dem Bestehen eines Steueranspruchs ausgegangen werden müßte, den das Finanzamt nicht hätte durchsetzen können. Ein solches Ergebnis wäre mit § 249 BGB unvereinbar; der Mandant würde nicht so gestellt, wie er stehen würde, wenn der steuerliche Berater seine vertraglichen Pflichten gehörig erfüllt hätte (vgl. dazu BGHZ 79, 223, 229). Baumgärtel (Handbuch der Beweislast im Privatrecht Bd. I § 249 BGB Rdn. 26) weist zwar mit Recht darauf hin, daß es sich um Vorgänge im Vermögensbereich des Verletzten handele, daß der Schädiger daher leicht in Beweisschwierigkeiten kommen könne und daß aus diesem Grunde der Geschädigte zur Aufklärung der Einzelheiten der von ihm infolge der Verletzung erlangten Vorteile verpflichtet sei. Jedenfalls für den vorliegenden Fall gilt dies jedoch nicht, da der Beklagte aufgrund seiner Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater über die Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der GmbH und ihrer Gesellschafter umfassend informiert ist. Im übrigen haben die Kläger durch die Vorlage des Gutachtens des Steuerberaters P mit seinem umfangreichen Zahlenmaterial in erheblichem Maße zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen und dadurch dem Beklagten einen Teil seiner Darlegungslast abgenommen.

Es war nach alledem fehlerhaft, wenn das Berufungsgericht in dieser Hinsicht die Kläger für voll darlegungspflichtig gehalten hat.

b) Das Berufungsgericht hat sich auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob andere Maßnahmen als der vom Beklagten vorgeschlagene gleichmäßige Verkauf von Geschäftsanteilen an die GmbH zu einer geringeren steuerlichen Belastung der Kläger geführt hätten. Es setzt offenbar als selbstverständlich voraus, daß dann, wenn von den Gesellschaftern und der GmbH nichts unternommen worden wäre, Steuernachforderungen mindestens in gleicher Höhe erhoben worden wären. Diese Annahme ist jedoch aus Rechtsgründen nicht haltbar.

Wenn die Gesellschafter keine Anteile an die GmbH veräußert hätten, hätte eine verdeckte Gewinnausschüttung lediglich in der Darlehensgewährung an die Gesellschafter gesehen werden können. Darlehen der GmbH haben die Gesellschafter jedoch nur in einer Gesamthöhe von 1.566.502 DM erhalten. Dies ergibt sich aus dem Betriebsprüfungsbericht (Tz 40, Seite 26); die Richtigkeit der in ihm enthaltenen Angaben wird von keiner Partei in Zweifel gezogen. Daß im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils von Darlehen in einer Gesamthöhe von „ca. 1,8 Mio DM” gesprochen wird, steht dem nicht entgegen; damit sollte nur ungefähr die Größenordnung der Darlehensgewährung angegeben werden; auch ist aus dem Tatbestand nicht zu entnehmen, wie sich die Gesamtsumme auf die einzelnen Gesellschafter verteilte. Der vom Beklagten empfohlene Verkauf von Gesellschaftsanteilen hat indessen dazu geführt, daß verdeckte Gewinnausschüttungen in einer Höhe von insgesamt 1.750.000 DM angenommen wurden. In der aus dem Differenzbetrag sich ergebenden steuerlichen Belastung liegt ein Schaden, der ursächlich auf die fehlerhafte Beratung durch den Beklagten zurückzuführen ist.

Dabei ist zu beachten, daß den einzelnen Gesellschaftern Darlehen in unterschiedlicher Höhe gewährt worden sind. So hat z.B. der Gesellschafter Dr. A Sch von der Gesellschaft nur ein Darlehen von 100.000 DM erhalten; auch bei ihm hat jedoch das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 350.000 DM angenommen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Empfehlung des Beklagten sind für jeden Kläger gesondert zu prüfen; sollte sich ergeben, daß die Empfehlung des Beklagten bei einigen Klägern zu einem steuerlichen Vorteil, bei anderen zu einem steuerlichen Nachteil geführt hat, so dürfen diese Vorteile und Nachteile nicht miteinander verrechnet werden.

Darüberhinaus ist zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ein Darlehen an Gesellschafter als eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgefaßt werden kann. Der Reichsfinanzhof hat dies in einem Fall bejaht, in dem der Darlehensnehmer, der Alleinaktionär der Gesellschaft war, von der Gesellschaft nie eine Dividende erhalten hatte und auch nicht in der Lage gewesen wäre, das empfangene Darlehen zurückzuzahlen (Urteil vom 14. 9. 1935 – VIa A 899/43 – Reichssteuerblatt 1935, 1569). In einer anderen Entscheidung (vom 28. 5. 1935 – I A 2/34 – Reichssteuerblatt 1935, 1048) hat er angenommen, daß ein Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln sei, wenn schon bei der Hingabe mit einem Ausfall zu rechnen ist oder wenn die Gesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt, in dem noch die Rettung der Gelder möglich gewesen wäre, nichts zur Rettung unternommen hat (vgl. dazu die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs vom 26. 3. 1935 – I A 201/34 –, vom 28. 5. 1935 – I A 2/34 – und vom 15. 1. 1942 – Reichssteuerblatt 1935, 1064; 1935, 1048; 1942, 350). Für bedenklich sah die Rechtsprechung auch die Entnahme von Beträgen an, die der Gesellschafter zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verbrauchte, da das vereinbarte Gehalt hierzu nicht ausreichte, oder die Herausziehung von Geldern aus einer Kapitalgesellschaft für Zwecke, für die man im allgemeinen kein Darlehen aufzunehmen pflegt (Reichsfinanzhof Urteil vom 12. 1. 1933 – III A 815/32 – Reichssteuerblatt 620). Dafür, daß aus einem dieser Gründe das den Klägern gewährte Darlehen der Gesellschaft steuerschädlich gewesen sein könnte, fehlt es im Parteivortrag an jedem Anhaltspunkt. Dies geht zu Lasten des Beklagten, der nach den obigen Ausführungen für diesen Punkt beweispflichtig ist.

Für die steuerliche Anerkennung einer Darlehenshingabe durch die Gesellschaft an die Gesellschafter ist es erforderlich, daß das Darlehen in den Büchern der Gesellschaft ordnungsgemäß verbucht ist, daß klare Vereinbarungen über die Tilgungsraten, den Rückzahlungszeitpunkt oder die Kündigungsfrist getroffen und die üblichen Sicherheiten bestellt werden (vgl. dazu Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen 3. Aufl. Rdn. 292, 293, 300 mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen). Das Darlehen darf ferner keine allzulange Laufzeit haben und nicht einen wesentlichen Teil des Grund- oder Stammkapitals ausmachen (Lange aaO Rdn. 300, 305). Daß die Darlehen in den Büchern der Gesellschaft ordnungsgemäß verbucht waren, ist im Revisionsverfahren zugunsten der Kläger zu unterstellen; sollte dies nicht geschehen sein, so würde auch dies einen Schuldvorwurf gegen den Beklagten begründen, der als freiwilliger Abschlußprüfer der Gesellschaft diese auf Mängel der Buchhaltung hätte hinweisen müssen. Die Darlehen waren mit 6 % zu verzinsen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Zinsfuß im Zeitpunkt der Darlehensgewährung marktgerecht war. Wird einem Gesellschafter von der Gesellschaft ein zinsloses oder besonders zinsgünstiges Darlehen gewährt, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung nur hinsichtlich der Zinsdifferenz, nicht aber hinsichtlich der gesamten Darlehensvaluta angenommen werden (RFH Urteil vom 15. Januar 1942 – IV 151/41 – Reichssteuerblatt 1942, 350; BFH Urteil vom 16. September 1958 – I 88/57 U – Bundessteuerblatt III, 451).

In dieser Hinsicht ist von besonderer Bedeutung, daß den Darlehen weder bei der in den Jahren 1969/1970 durchgeführten Betriebsprüfung noch bei den vorausgegangenen Betriebsprüfungen die steuerliche Anerkennung versagt worden ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Betriebsprüfer hätten ja bei der letzten Prüfung schon aus anderen Gründen eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen und deshalb keine Veranlassung gehabt, sich mit der steuerlichen Beurteilung der Darlehensgewährung zu befassen. Wie später noch auszuführen sein wird, konnte es für die Höhe einer etwaigen Steuernachforderung durchaus darauf ankommen, in welchem Vorgang die verdeckte Gewinnausschüttung gesehen wurde. Auch das Finanzgericht hat keine Veranlassung gesehen, dieser Frage nachzugehen; der Bundesfinanzhof hat dies nicht beanstandet. Dies alles ist ein gewichtiges Indiz dafür, daß die Voraussetzungen, unter denen ein Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden konnte, nicht vorlagen, und daß daher, wenn keine Gesellschaftsanteile veräußert worden wären, auch keine Steuernachforderungen gestellt worden wären.

Selbst wenn aber die Finanzbehörden die Darlehensgewährung als steuerlich bedenklich angesehen hätten, hätte sich nicht notwendigerweise die gleiche steuerliche Mehrbelastung ergeben. Im Jahre 1965 hatte die GmbH den Gesellschaftern lediglich Darlehen in Höhe von 500.000 DM gegeben; nur in dieser Höhe kam für das Jahr 1965 die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in Betracht. Denn eine verdeckte Gewinnausschüttung ist in dem Jahr den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzuzurechnen, in dem sie gewährt worden ist. Soweit bereits die Hingabe eines Darlehens eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, kommt es auf den Zeitpunkt der Auszahlung an (RFH Urteil vom 15. 1. 1942 – IV 151/41 – RStBl 350). Anders ist es dann, wenn die verdeckte Gewinnausschüttung darin gesehen wird, daß die Gesellschaft bei einer Verschlechterung der Vermögenslage des Darlehensschuldners in einem Augenblick, in dem noch eine Rettung der Gelder möglich gewesen wäre, nichts zur Rettung unternommen hat. In diesem Falle billigt die Rechtsprechung dem Finanzamt ein Wahlrecht zu: Danach soll die Besteuerung in jedem Jahr möglich sein, das zwischen der Hingabe der Geldbeträge und dem offen zutage getretenen Verlust liegt (RFH Reichssteuerblatt 1935, 1064; 1938, 837; 1942, 350). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß dem Finanzamt eine unmögliche Beweislast aufgebürdet würde, wenn es nachweisen müßte, wann in einem solchen Fall die verdeckte Gewinnausschüttung stattgefunden habe. Dieser Fall liegt jedoch hier nicht vor. Wenn die verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils im Zeitpunkt der Darlehensgewährung angesetzt worden wären, hätte sich für die Gesellschafter möglicherweise eine Steuererleichterung ergeben; denn wegen der Progression des Einkommensteuertarifs ist für den Steuerpflichtigen eine gleichmäßige Verteilung von Einkünften auf mehrere Jahre im allgemeinen günstiger als eine besonders hohe Belastung in einem einzigen Jahr. Auch hätte geprüft werden müssen, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorlagen, unter denen eine Abänderung der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1955 bis 1964 statthaft war; ferner hätte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden müssen, daß etwaige Steuerrückstände aus den Jahren 1955 – 1964 bereits verjährt waren (vgl. §§ 143 ff, 222 RAO).

c) Der von den Klägern beauftragte Steuerberater P hatte in seinem Gutachten unter der Bezeichnung „Modell II” eine Gestaltungsmöglichkeit aufgezeigt, bei der nach seiner Auffassung die steuerlichen Nachteile vermieden wurden, die mit der Verwirklichung des Vorschlags des Beklagten verbunden war. Nach diesem Modell sollten zwar auch die Darlehen dadurch zurückgeführt werden, daß die GmbH von den Gesellschaftern Geschäftsanteile erwarb; anders als nach dem Vorschlag des Beklagten sollte jedoch der Erwerb nicht gleichzeitig und gleichmäßig, sondern zeitlich und anteilmäßig gestaffelt erfolgen. Das Berufungsgericht meint, daß dieser Weg nicht gangbar gewesen wäre. Dadurch wäre lediglich der vom Bundesfinanzhof als steuerauslösend gewürdigte Vorgang in verschiedene Teilhandlungen der gleichen Person zu verschiedenen Zeiten aufgespaltet worden; dadurch hätte sich an der „wirtschaftlichen Substanz” nichts geändert. Es fehle „jeder gedankliche Ansatzpunkt” dafür, daß diese Maßnahmen zu anderen steuerlichen Folgen geführt hätten. Allenfalls wären die Finanzbehörden getäuscht worden, weil ihnen die zugrunde liegende einheitliche Absicht vielleicht nicht klar geworden wäre. Dies anzuraten wäre dem Beklagten jedenfalls als standeswidrig nicht zuzumuten gewesen.

Auch dieser Gedankengang hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Gesetz schreibt zwar vor, daß durch Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden kann (§ 6 Abs. 1 StAnpG, jetzt § 42 AO 1977). Dennoch steht es dem Steuerpflichtigen frei, seine bürgerlichrechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, wie er dies unter steuerlichen Gesichtspunkten für zweckmäßig hält (BVerfGE 9, 237, 249 f; BFH Urteile vom 22. 8. 1951; 16. 9. 1958; 24. 8. 1961; 8. 12. 1965 – BStBl III 1951, 181; 1958, 462; 1962, 112; 1966, 148 Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 1-6. Aufl. § 6 StAnpG Rdn. 31; Tipke, Steuerrecht 7. Aufl. Seite 104; Bühler/Steuerrecht 3. Aufl. S. 195 unten; Tipke/Kruse, AO 1977, § 42 Rdn. 14; Tipke/Kruse, RAO, § 6 StAnpG Rdn. 1, 4b). Der Beklagte hätte demnach nicht standeswidrig gehandelt, wenn er dem Gesellschafter empfohlen hätte, die Veräußerung der Geschäftsanteile so zu gestalten, daß der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung nicht erfüllt wurde.

Dazu ist im einzelnen zu bemerken: Der Erwerb eines eigenen Gesellschaftsanteils durch eine Kapitalgesellschaft enthält an und für sich noch nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung (BFH Urteil vom 28. 8. 1964 – VI 177/62, vom 28. 1. 66 – VI 89/65 und vom 16. 2. 1954 – I 13/53 UBStBl III 1964, 578; 1966, 245; 1954, 201; Westerfelhaus/Glade, Verdeckte Gewinnausschüttung 2. Aufl. S. 238 ff.). Eine solche wird von der Rechtsprechung jedoch dann angenommen, wenn sämtliche Gesellschafter gleichmäßig, d.h. entsprechend ihrer Kapital- und Gewinnbeteiligung, Anteile an die Gesellschaft verkaufen (vgl. oben unter II 2 b). Denn ein solches Geschäft bewirkt lediglich, daß die bei der Gesellschaft vorhandenen flüssigen Mittel an die Gesellschafter ausgekehrt werden, ohne daß sich im übrigen am Gesellschaftsvermögen und an der Beteiligung der einzelnen Gesellschafter etwas ändert; hätte die Gesellschaft die flüssigen Mittel als Gewinn ausgeschüttet, so wäre wirtschaftlich der gleiche Erfolg eingetreten. Bei einer Veräußerung ungleichmäßiger Anteile trifft diese Erwägung nicht zu; der Reichsfinanzhof hat demgemäß auch betont, daß in einem solchen Falle eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht angenommen werden könne (Urteil vom 27. 1. 1937 – VI A 909/35 – RStBl 854, 855 r. Sp. Abs. 2; vgl. auch BFH Urteil vom 16. 12. 1954 – I 13/53 – BStBl III, 201, 203, wo auf diese Entscheidung des RFH ausdrücklich Bezug genommen wird). Auch im vorliegenden Falle haben sämtliche mit der Frage befaßten Stellen – Betriebsprüfer, Finanzamt als Einspruchsbehörde, Finanzgericht und Bundesfinanzhof – entscheidendes Gewicht darauf gelegt, daß alle Gesellschafter Anteile im Verhältnis ihrer Beteiligung an die Gesellschaft veräußert haben.

Aus dem Parteivortrag ist nicht zu entnehmen, warum der Beklagte den Gesellschaftern empfohlen hat, gleich große Anteile an die Gesellschaft zu veräußern. Die Darlehensverbindlichkeiten der einzelnen Gesellschafter waren von unterschiedlicher Höhe; so schuldete der Gesellschafter Dr. A Sch nur 100.000 DM, die Erbengemeinschaft R Sch dagegen mehr als 350.000 DM. Wäre die Höhe der zu verkaufenden Anteile der jeweiligen Darlehensschuld des Gesellschafters angepaßt worden, so hätte bereits dies nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgeschlossen. Das Berufungsgericht verkennt das Wesen des Modells II des Gutachtens P, wenn es dies dahin versteht, daß lediglich der Veräußerungsvorgang in verschiedenen Teilhandlungen der gleichen Person zu verschiedenen Zeiten aufgespalten werden sollte; steuerrechtlich entscheidend wäre nicht die zeitliche Staffelung der Veräußerungsakte, sondern vielmehr die unterschiedliche Bemessung der zu veräußernden Anteile gewesen.

Der Beklagte meint zwar, die Gesellschafter hätten sich wohl mit einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse nicht einverstanden erklärt (Schriftsatz vom 23. Juli 1979 Seite 14, Bl. 41 d.A. oben). Die hierin liegende Behauptung ist jedoch ausweislich des Tatbestands bestritten und tatrichterlich nicht geklärt; in der Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Kläger davon auszugehen, daß sie nicht zutreffend ist. Im übrigen wäre selbst dann, wenn sie zutreffend sein sollte, zu prüfen, ob die Gesellschafter auch dann auf der Unveränderlichkeit der Anteile bestanden hätten, wenn ihnen der Beklagte pflichtgemäß vor Augen geführt hätte, daß in diesem Falle mit einer Steuernachforderung in der Größenordnung von 1 Million DM gerechnet werden müsse.

5. Schließlich sind die Kläger durch die Steuernachforderungen auch geschädigt worden. Die Belastung mit einer Steuerschuld stellt zwar als solche noch keinen Schaden dar; eine Schädigung liegt jedoch dann vor, wenn die Steuernachforderung bei sachgerechtem, gesetzmäßigen Verhalten vermeidbar war.

6. Die Erwägungen aufgrund deren das Berufungsgericht das Modell II des Gutachtens P verworfen hat, sind demnach rechtlich unzutreffend. Schon das rechtfertigt die Aufhebung des Berufungsurteils. Es kann demnach dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den anderen Teilen des Gutachtens von Rechtsfehlern beeinflußt sind.

II.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann auch nicht mit einer anderen rechtlichen Begründung aufrechterhalten werden.

1. Der Beklagte kann nicht geltend machen, er habe mit den Klägern in keinem Vertragsverhältnis gestanden und sei deshalb ihnen gegenüber auch nicht schadensersatzpflichtig. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit allgemein der steuerliche Berater einer Kapitalgesellschaft auch die steuerlichen Belange der Gesellschafter im Auge behalten muß und ob und inwieweit er bei einer Verletzung einer solchen Pflicht den Gesellschaftern selbst schadensersatzpflichtig ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. März 1982 – IVa ZR 303/80 – NJW 1982, 1516 = WM 1982, 556). Im vorliegenden Fall wurde das Gutachten von der Gesellschaft in Auftrag gegeben, um die Gesellschafter vor den steuerlich nachteiligen Folgen der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zu bewahren. Aufgabe des Beklagten war es daher, (auch) die steuerlichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen auf die Gesellschafter zu prüfen. Bei einer solchen Fallgestaltung kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gesellschafter in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen sind.

2. Das Landgericht hielt die Schadensersatzansprüche der Kläger für verjährt; sie hätten die in Ziffer 9 Abs. 2 der Allgemeinen Auftragsbedingungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer vorgesehene Verjährungsfrist nicht gewahrt. Diese Ansicht ist schon deshalb unzutreffend, weil an der erwähnten Stelle nicht die Verjährung des Schadensersatzanspruchs geregelt wird, sondern für dessen Geltendmachung Ausschlußfristen bestimmt werden.

b) Die gesetzliche Verjährung des Schadensersatzanspruchs der Kläger richtet sich nicht nach § 68 (früher: 29 a) StBerG, sondern nach § 51 a WirtschaftsprüferO. Anders als in dem Fall, den der Senat im Urteil vom 21. April 1982 – IVa ZR 291/80 – (NJW 1982, 1866 = VersR 1982, 573) zu behandeln hatte, ist der Beklagte hier nicht rein steuerberatend tätig geworden. Anlaß zur Erteilung des Gutachtenauftrags waren Feststellungen, die er während seiner Tätigkeit als freiwilliger Abschlußprüfer der GmbH gemacht hatte. Die freiwillige Prüfung der Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften gehört zum Berufsbild des Wirtschaftsprüfers (§ 2 Abs. 1 WirtschaftsprüferO). Der Beklagte hat seine Tätigkeit auch immer in diesem Sinne aufgefaßt, was sich insbesondere daraus ergibt, daß er den Berichten den Bestätigungsvermerk und das Wirtschaftsprüfersiegel beigefügt hat (vgl. § 48 Abs. 1 WirtschaftsprüferO). Im Gutachten behandelt der Beklagte nebeneinander bilanztechnische, handelsrechtliche (gesellschaftsrechtliche) und steuerrechtliche Fragen. Diese Kombination ist für den Wirtschaftsprüfer typisch. Im übrigen kommt es bei Mehrfachberuflern für die Zuordnung der Berufstätigkeit entscheidend auch auf den Parteiwillen an (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. 4. 1982 – IVa ZR 291/80 – aaO; Peter/Gräfe, Kommentar zum Steuerberatungsgesetz § 68 Anm. 7 b, bb; Gräfe/Suhr, Die Haftung des Steuerberaters 1978 S. 113; Späth, Die zivilrechtliche Haftung des Steuerberaters 2. Aufl. 1979 S. 219; Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung § 68 StBerG B 1035, 3; Späth, Deutsches Steuerrecht 1977, 628). Der Beklagte wollte erkennbar Wirtschaftsprüferdienste leisten. Hierfür spricht auch die Beifügung des Wirtschaftsprüfersiegels (vgl. dazu Gräfe/Suhr aaO).

Führt eine Außen-(Betriebs-)Prüfung dazu, daß das Finanzamt den Steuerfall erneut aufgreift und dabei wegen eines vom steuerlichen Berater begangenen Fehlers eine höhere Steuer festsetzt, so beginnt die Verjährung mit der Schlußbesprechung zu laufen (BGHZ 73, 363; BGH NJW 1979, 2211; WM 1982, 367). Nach der Betriebsprüfung der Firma Dr. A Sch GmbH hat die Schlußbesprechung am 15. Oktober 1970 stattgefunden. In diesem Zeitpunkt war der heutige § 51 a noch nicht in die Wirtschaftsprüferordnung eingefügt worden; dies ist vielmehr erst durch das Bundesgesetz am 20. August 1975 (BGBl I 2258) geschehen. Bei der Abkürzung von Verjährungsfristen durch ein neues Gesetz ist Art. 169 Abs. 2 EGBGB entsprechend anzuwenden (BGHZ 73, 363, 365 m.w.N.; speziell für § 51 a WirtschaftsprüferO: Senatsurteil vom 21. April 1982 – IVa ZR 291/80). Die Verjährungsfrist wäre daher erst mit dem Ablauf des 23. August 1980 abgelaufen. In diesem Zeitpunkt war aber die vorliegende Klage bereits erhoben und die Verjährung damit unterbrochen; der Rechtsstreit ist seit diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Stillstand gekommen.

3. Ebensowenig kann die Klage deshalb abgewiesen werden, weil der Kläger die Ausschlußfristen versäumt hätte, die in den Allgemeinen Auftragsbedingungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer vorgesehen sind. Diese Bedingungen sind nicht Bestandteil des Vertrages zwischen der Dr. A Sch GmbH und dem Beklagten geworden.

Beide Parteien gehen übereinstimmend davon aus, daß der Beklagte ein Dauermandat hatte. Bei der Begründung des Vertragsverhältnisses im Jahre 1947 (oder 1949) ist unstreitig auf die genannten Bedingungen nicht Bezug genommen worden. Die in ihr enthaltene Haftungsbeschränkung konnte daher nur im Wege einer Vertragsänderung Wirksamkeit erlangen (§ 305 BGB). Voraussetzung hierfür wäre gewesen, daß der Beklagte an die GmbH einen auf Abänderung des Vertrages gerichteten Antrag gestellt und die Gesellschaft diesen Antrag angenommen hätte.

In dem vom Beklagten erstatteten Kurzbericht über die Bilanz zum 31. Dezember 1964 kann ein solcher Vertragsantrag nicht gesehen werden. Dort wird unter der Überschrift „Auftragsabgrenzung” bemerkt, daß der Beklagte den Auftrag gemäß den Allgemeinen Auftragsbedingungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften für aktienrechtliche Prüfungen durchgeführt habe; infolgedessen habe sich die Prüfung im wesentlichen auf die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung erstreckt; die Beachtung anderweitiger gesetzlicher oder ähnlicher Vorschriften sei nicht Gegenstand der Prüfung gewesen. Bei unbefangener Würdigung kann in diesen Ausführungen nur ein Bericht darüber gesehen werden, von welchen Grundsätzen sich der Beklagte bei der Auftragsabgrenzung hatte leiten lassen. Daß der Beklagte mit diesen Sätzen die Rechte des Auftraggebers in einer sehr einschneidenden Weise einschränken wollte – und zwar auch hinsichtlich aller in Zukunft noch anfallenden Arbeiten –, war für einen Laien nicht erkennbar. Würde man dem Kurzbericht eine solche Bedeutung beilegen, so wäre dies mit den heute in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen über die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag unvereinbar.

III.

Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei nicht zur Erstattung der Kosten verpflichtet, die den Klägern durch das finanzgerichtliche Verfahren entstanden sind. Das Gutachten des Beklagten könne die Kläger nicht zur finanzgerichtlichen Klage veranlaßt haben; denn der Beklagte habe es bereits im November 1967 widerrufen, also 4 Jahre vor den ersten Steuerbescheiden, die im Dezember 1971 ergangen seien. Auch diese Überlegungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Daß das unrichtige Gutachten des Beklagten für die Entstehung der Kosten des Finanzgerichtsverfahrens ursächlich war, kann ernsthaft nicht bezweifelt werden. Hätten die Kläger nicht auf Empfehlung des Beklagten Geschäftsanteile an die GmbH veräußert, so hätten sie auch keine Veranlassung und keine Möglichkeit gehabt, sich gegen eine Steuernachforderung zur Wehr zu setzen, die auf diesen Veräußerungsakt gestützt wurde. Den Klägern könnte allerdings dann der Vorwurf des mitwirkenden Verschuldens gemacht werden, wenn der Beklagte die Kläger nachträglich zutreffend über die Rechtslage aufgeklärt hätte und wenn aufgrund dieser Eröffnungen den Klägern eine Finanzgerichtsklage als aussichtslos erscheinen mußte. So war es aber nicht.

Im Schreiben vom 16. November 1967, das das Berufungsgericht offenbar im Auge hat und dessen Wortlaut unstreitig ist, hat der Beklagte bemerkt, daß das Problem des Verkaufs der Anteile an der Firma „in steuerlicher Hinsicht nicht einwandfrei bestätigt” worden sei; die Rechtsprechung habe sich in letzter Zeit sehr unterschiedlich entwickelt. Teilweise werde „die Handhabung bestätigt”, teilweise werde sie „für dubios gehalten”. Er, der Beklagte, wolle erreichen, „daß im Sinne der bisher geführten Handlungen eine Demarche vorbereitet” werde, die den Parteien „dann zur Verfügung stehen” solle, „wenn Angriffe seitens des Finanzamts erfolgen”. Er wolle mit dieser Demarche nicht warten, bis das Finanzamt auf die Kläger zukomme; er wolle vielmehr nach seiner alten Devise „Der Angriff ist die beste Verteidigung” bereits jetzt „ein Element schaffen, das die bisherige Handhabung, also den durchgeführten Verkauf, als unschädlich ansieht”.

Die Kläger konnten diese Bemerkung nicht als eine Empfehlung auffassen, etwaige Steuernachforderungen des Finanzamts widerstandslos hinzunehmen; sie mußten vielmehr aus ihnen entnehmen, daß es nach der Auffassung des Beklagten zweckmäßig war, sich gegen etwaige Beanstandungen des Finanzamtes zur Wehr zu setzen. In der Tat hat der Beklagte während des ganzen Rechtsstreits die Ansicht vertreten, daß die Berichtigungsbescheide der Finanzämter nicht haltbar seien; er hat an ihr auch dann noch festgehalten, als das Urteil des Bundesfinanzhofs bereits ergangen war (Klagebeantwortung vom 23. Juli 1979, Seite 15 f, – Bl. 42 f.d.A. – unter Ziff. 19; Schriftsatz vom 21. April 1980 Seite 3 – Bl. 160 d.A.). Im übrigen hat der Anwalt der Kläger der gemäß § 5 Abs. 7 AHB bevollmächtigten Versicherungsgesellschaft mit Schreiben vom 11. Juni 1976 (Anlage K 3) mitgeteilt, daß das finanzgerichtliche Verfahren nicht zuletzt auf Betreiben des Beklagten wieder aufgenommen worden sei. Er wies darauf hin, daß die Klage nur geringe Erfolgschancen habe, und fragte, ob das Verfahren tatsächlich fortgesetzt werden sollte. Der Haftpflichtversicherer hat dies im Antwortschreiben vom 22. Juli 1976 (Anlage K 4) bejaht und gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, solange „noch Chancen für ein Obsiegen” im Finanzprozeß bestünden, könnten die Kläger nicht geltend machen, die Rechtsansicht des Finanzamts sei zutreffend.

Aus dem gleichen Grunde kann es nicht entscheidend sein, daß der Beklagte im Schreiben vom 8. Januar 1970 – ohne nähere Begründung – erklärt hat, er halte die in seinem Gutachten vertretene Ansicht nicht mehr aufrecht. Auch das konnte – wie der spätere Gang der Verhandlung zwischen den Parteien zeigt – nicht dahin aufgefaßt werden, daß ein Widerstand gegen die zu erwartenden Steuernachforderungen aussichtslos sei, nur unnötige Kosten verursache und daher besser unterbleibe. Noch im Schriftsatz vom 23. Juli 1979 hat der Beklagte ausgeführt, die Schadensminderungspflicht der Kläger umfasse auch die Verpflichtung, „gegen die unrichtigen Einkommensteuerbescheide alle Rechtsmittel einzulegen” (Tz 29.1., Bl. 52 d.A.); er erkannte an, daß die dadurch entstehenden Kosten von ihm zu ersetzen seien, sofern überhaupt eine Schadensersatzpflicht bestehe (Tz 30, Bl. 54 d.A.).

2. Soweit das Berufungsgericht die Kläger mit dem Anspruch auf Ersatz der Kosten des Gutachtens des Steuerberaters P abgewiesen hat, ist seine Entscheidung im Ergebnis zutreffend. Das Gutachten ist während des vorliegenden Rechtsstreits in Auftrag gegeben worden, um den Klägern eine Substantiierung ihrer Ansprüche zu ermöglichen. Das dafür gezahlte Honorar gehört zu den Kosten des Rechtsstreits, deren Erstattung die Kläger nur im Kostenfestsetzungsverfahren verlangen können. Bei der abschließenden Kostenentscheidung wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß durch die Geltendmachung dieses Teilanspruchs der Streitwert nicht erhöht worden ist (§ 4 Abs. 1 ZPO).

IV.

Soweit die Kläger einseitig die Hauptsache für erledigt erklärt haben, hängt die Entscheidung davon ab, ob tatsächlich eine Erledigung eingetreten ist (BGHZ 57, 225; 37, 137, 142; BGH Urteile vom 7. November 1974 – III ZR 115/72 – und vom 10. Januar 1974 – III ZR 2/72 – LM ZPO § 91 a N 33, § 794 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 21). Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob es zutrifft, daß die Finanzämter bei einigen Klägern die Steuerschuld nachträglich herabgesetzt haben. Sollte sich dies als richtig herausstellen, so wird es darauf ankommen, ob die Klageforderung insoweit von Anfang an unbegründet war oder erst die Herabsetzung der Abgabenschuld die Kläger gehindert hat, ihr ursprünglich berechtigtes Rechtsschutzbegehren durchzusetzen. Das Berufungsgericht wird dies unter Beachtung der oben dargelegten Grundsätze zu prüfen haben.

 

Fundstellen

ZIP 1983, 81

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