Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberatungsvertrag mit Sozietät aus Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt. Verjährungsbeginn von Schadensersatzansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsanwalt, der mit Steuerberatern und/oder Wirtschaftsprüfern in einem Sozietätsverhältnis steht, wird durch ein Mandat, das die Erledigung von steuerlichen Angelegenheiten zum Gegenstand hat und der Sozietät als solcher erteilt wird, mitverpflichtet (Abgrenzung BGH, 6.7.1971, VI ZR 94/69, BGHZ 56, 355).

2. Zur rechtlichen Einordnung von Steuerberatungsverträgen mit Mehrfachberuflern.

3. Zur Frage, in welchem Zeitpunkt die Verjährung beginnt, wenn ein Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, weil er bei der Empfehlung einer steuersparenden Vermögensanlage seine Beratungspflicht schuldhaft verletzt hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Steuerberater, der gleichzeitig Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer ist, wird man beim Fehlen von hinreichenden Anhaltspunkten für einen abweichenden Willen annehmen müssen, daß er seinen Mandanten die Hilfe und Beratung in Steuersachen in seiner Eigenschaft als Steuerberater versprochen hat, jedenfalls dann, wenn diese der ausschließliche Gegenstand des Vertrages ist oder wenn hierauf der Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit liegt. Soweit ihm im Rahmen dieser Tätigkeit ein Fehler unterläuft, richtet sich in der Regel die Verjährung nach § 68 StBerG.

 

Normenkette

StBerG § 68; BGB §§ 421, 675; WiPrO § 51a; BRAO § 51

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 23.01.1980; Aktenzeichen 25 U 144/79)

LG Bochum (Urteil vom 04.06.1979; Aktenzeichen 4 O 331/78)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Januar 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist geschäftsführender Gesellschafter des F K Verlages in B. Er hatte – ebenso wie der Verlag – bereits einige Jahre vor 1972 die aus den Beklagten (einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater – Beklagten zu 1 –, zwei Wirtschaftsprüfern – Beklagten zu 2 und 3 – sowie einem Rechtsanwalt – Beklagten zu 4 –) bestehende Sozietät mit der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten beauftragt. Die Sozietät gab regelmäßig Rundschreiben an ihre Mandanten heraus, in denen auch auf steuersparende Anlagemöglichkeiten hingewiesen wurde. Ende 1972 besprachen die Beklagten zu 1) und 2) mit dem Kläger den Abschluß für das Jahr 1971. Dabei kam die gestiegene Steuerlast zur Sprache; in diesem Zusammenhang wurde auch die Möglichkeit der Beteiligung des Klägers an einer Abschreibungsgesellschaft erörtert. Der Beklagte zu 2) nannte dem Kläger als steuersparende Anlagemöglichkeit die H G F KG in Be (im folgenden H KG genannt), wobei er darauf hinwies, daß er selbst an dieser Kommanditgesellschaft beteiligt und am 3. November 1972 in den Beirat gewählt worden sei. Im übrigen ist der Inhalt der Besprechung streitig, insbesondere, ob der Beklagte zu 2) dem Kläger die Beteiligung an der H KG empfohlen und auf die Risiken solcher Anlagen hingewiesen hat. Unstreitig ist jedoch, daß der Beklagte zu 2) dem Kläger die Übersendung eines Prospekts zugesagt hat, den dieser am 9. Januar 1973 erhielt. Am 12. Januar 1973 fand im Büro des Beklagten zu 1) eine weitere Unterredung zwischen dem Kläger und der bei den Beklagten beschäftigten Angestellten Hallenberger statt. Noch am selben Tage wurde beim Finanzamt eine Herabsetzung der Einkommenssteuerschuld mit der Begründung beantragt, daß der Kläger sich bereits 1972 an der H KG beteiligt habe; diesem Antrag gab das Finanzamt statt.

Im Jahre 1973 beteiligte sich der Kläger an der H KG; seine Einlage in Höhe von 250.000,– DM zahlte er am 1. August 1973 ein. Ende 1973 erwarb er über die Beklagten weitere Anteile von 200.000,– DM; die Einlage wurde am 10. März 1974 bezahlt.

Der Beklagte zu 4), der im November 1972 zum Notar ernannt worden war, übt spätestens seit Anfang 1973 seine berufliche Tätigkeit nicht mehr zusammen mit den Beklagten zu 1) – 3) aus. Die Beklagten zu 1) – 3) setzten ihre Berufstätigkeit in Form einer Kommanditgesellschaft unter der Firma „G Treuhand KG” fort. Diese Firma wurde am 18. Dezember 1972 beim Handelsregister angemeldet. Auch nach diesem Zeitpunkt wurden jedoch noch Briefbögen verwandt, auf denen sämtliche Beklagten als Sozien aufgeführt waren.

Die H KG hatte von Jahr zu Jahr höhere Verluste. Im Laufe des Rechtsstreits hat der Kläger auf Anraten der Beklagten seine Kommanditbeteiligung für 3,– DM verkauft.

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz in Höhe von 449.997,– DM nebst Zinsen. Er behauptet, die Beklagten zu 1) und 2) hätten ihm die H KG als „bombensichere” Kapitalanlage empfohlen. Er habe auf diese Empfehlung und die Angaben in dem ihm von den Beklagten übermittelten Prospekt vertraut. Die Angaben seien aber unrichtig und unvollständig gewesen. Die Beklagten hätten bereits 1972 erkennen können, daß die zu hohen Betriebsausgaben zum Scheitern der KG hätten führen müssen.

Die Beklagten behaupten, daß der Beklagte zu 4) bereits Anfang November 1972 aus der Sozietät ausgeschieden sei. Sie leugnen ein Verschulden und erheben die Einrede der Verjährung.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Gegenüber dem Beklagten zu 4) hält das Berufungsgericht die Klage für unbegründet, weil der Kläger nur mit den Beklagten zu 1) bis 3) in vertraglichen Beziehungen gestanden habe. Es liege ein ähnlicher Fall vor wie der, den der Bundesgerichtshof in BGHZ 56, 355, 361 entschieden habe. Der Kläger habe die steuerlichen Fachkenntnisse der Beklagten zu 1) bis 3), nicht die juristischen Kenntnisse des Beklagten zu 4) in Anspruch nehmen wollen. Es sei deshalb davon auszugehen, daß nur die Beklagten zu 1) bis 3) ihn beraten und für Fehler haftbar sein sollten.

Diese Ausführungen beruhen auf einem Mißverständnis. Sind mehrere Anwälte in einer Sozietät verbunden, dann kann es zweifelhaft sein, ob der Anwaltsvertrag nur mit dem Anwalt zustande kommt, der das Mandat entgegengenommen hat, oder auch mit seinen Sozien. Entscheidend ist dabei, ob nach der Verkehrsauffassung angenommen werden muß, daß der Anwalt bei der Entgegennahme des Mandats auch im Namen seiner Sozien handeln wollte. Nur damit beschäftigt sich die Entscheidung BGHZ 56, 355 (vgl. insbesondere die Ausführungen auf S. 359 unter 1 b). Auf die dort erörterten Fragen kommt es daher nur dann an, wenn Zweifel darüber bestehen, zwischen welchen Parteien Vertragsbeziehungen begründet werden sollten. In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall ist es jedoch unstreitig, daß der Steuerberatungsvertrag mit der aus den Beklagten zu 1) bis 4) bestehenden Sozietät zustande gekommen ist. Dies hat der Kläger bereits in der Klageschrift (S. 2) vorgetragen. Der Beklagte zu 4) hat es nicht bestritten; er hat lediglich geltend gemacht, daß er in dem maßgeblichen Zeitpunkt bereits aus der Sozietät ausgeschieden gewesen sei (vgl. Tatbestand des Berufungsurteils S. 5 erster Absatz, Klageerwiderung vom 12. Oktober 1978 S. 2 Bl. 29 d.A.).

Als Rechtsanwalt war der Beklagte nicht gehindert, die steuerliche Beratung des Klägers zu übernehmen. Nach § 3 Abs. 1 BRAO ist der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten; das gesetzliche Berufsbild des Anwalts schließt also auch die steuerrechtliche Beratung ein. § 3 Nr. 2 StBerG stellt klar, daß Rechtsanwälte zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind. Man kann daher den Beklagten zu 4) nicht, wie es das Berufungsgericht tut, mit einem Anwalt vergleichen, der zwar mit den Prozeßbevollmächtigten in einer Sozietät verbunden, beim Prozeßgericht jedoch nicht zugelassen ist.

Die vertraglichen Verpflichtungen, die der Beklagte zu 4) gegenüber dem Kläger übernommen hatte, fielen durch sein Ausscheiden aus der Sozietät noch nicht ohne weiteres weg. Nach seiner Sachdarstellung ist die aus den Beklagten bestehende bürgerlich-rechtliche Gesellschaft im November 1972 aufgelöst worden; ihre Geschäfte sollen von einer Kommanditgesellschaft fortgeführt worden sein, die die Beklagten zu 1) bis 3) geschlossen und am 18. Dezember 1972 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet haben. Diese Rechtsvorgänge betrafen zunächst nur das Rechtsverhältnis zwischen den Beklagten; die Verpflichtungen, die die vier Beklagten durch den Abschluß des Beratungsvertrages dem Kläger gegenüber übernommen hatten, konnten nicht ohne dessen Mitwirkung auf die neugegründete Kommanditgesellschaft übergehen (§§ 414, 415 BGB). Es kann zwar dem vermutlichen Parteiwillen entsprechen, daß ein Sozius, der aus einer Sozietät ausscheidet, die noch laufenden Verträge mit der Wirkung kündigen kann, daß das Mandatsverhältnis mit den verbleibenden Sozien fortgesetzt wird (vgl. im übrigen §§ 675, 627, 671 Abs. II BGB); wird dem Mandanten das Ausscheiden eines Sozius angezeigt, so wird man darin eine solche Kündigung sehen können. Die Beklagten behaupten jedoch nicht, daß sie dem Kläger von dem Ausscheiden des Beklagten zu 4) Mitteilung gemacht hätten; sie haben vielmehr noch im Jahre 1973 unstreitig im Schriftverkehr mit ihm Briefbögen verwandt, auf denen sämtliche vier Beklagte aufgeführt waren (vgl. das Mandantenrundschreiben von Januar 1973 Bl. 338 ff. d.A., das Schreiben an den Kläger vom 8. Januar 1973 Bl. 16 d.A., das Schreiben der Beklagten an die Firma M vom 9. Januar 1973, Anlage 1 zum Schriftsatz vom 16. November 1978 in besonderem Anlageheft, und das Schreiben an den Kläger vom 7. März 1973 Anlage 1 a im Anlageheft). Im übrigen geht es hier nicht darum, daß nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters die Sozietät von den früheren Partnern fortgesetzt wird; vielmehr ist an die Stelle der bisherigen bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft eine völlig neue Organisationsform, nämlich eine Handelsgesellschaft, getreten.

Der Senat kann der von dem Beklagten vertretenen Ansicht nicht folgen, der Beklagte zu 4) hafte jedenfalls nicht für den Verlust des vom Kläger im Jahre 1974 erworbenen Kommanditanteils; denn in diesem Zeitpunkt sei der Beklagte zu 4) zweifellos aus der Sozietät ausgeschieden gewesen. Für die Haftung dieses Beklagten kommt es nicht darauf an, ob er in dem Zeitpunkt, in dem der Kommanditanteil gezeichnet oder eingezahlt wurde, noch der Sozietät angehörte; maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt, in dem die Sozietät ihre Beratungspflicht verletzt hatte. Nach dem Sachvortrag des Klägers, von dessen Richtigkeit mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, war das Verhalten der Beklagten gegen Jahresende 1972 für das Gesamtengagement des Klägers bei der H KG ursächlich. Hätten nämlich damals die Beklagten von einer Beteiligung an dieser Gesellschaft abgeraten, über die mit ihr verbundenen Risiken ausreichend aufgeklärt oder überhaupt jeden Hinweis auf die Gesellschaft unterlassen, so hätte der Kläger weder im Jahre 1973 noch im Jahre 1974 Kommanditanteile an ihr erworben. Im übrigen ist aus dem Parteivorbringen nicht ersichtlich, wann das Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und der aus den Beklagten bestehenden bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft durch ein Mandatsverhältnis mit der neu gegründeten G Treuhand-KG ersetzt wurde. Zu welchem Zeitpunkt der Kläger von den gesellschaftsrechtlichen Veränderungen auf der Beklagtenseite unterrichtet worden ist, wird weder von dem hierfür darlegungspflichtigen Beklagten noch vom Kläger vorgetragen; ohne eine solche Unterrichtung war aber ein Übergang des Mandats von der BGB-Gesellschaft auf die Kommanditgesellschaft nicht möglich

II.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 1) bis 3), wenn er überhaupt jemals begründet gewesen sein sollte, verjährt. Eine Pflichtverletzung liege nur dann vor, wenn die H KG bereits bei Zeichnung und Zahlung der Kommanditanteile im Jahre 1973 illiquide gewesen wäre oder wenn sich ihre demnächstige Illiquidität damals bereits abgezeichnet hätte. In diesem Falle wäre aber die Dreijahresfrist aus § 68 StBerG verstrichen. Auch nach dieser Gesetzesvorschrift beginne die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs, d. h. also in einem Fall wie dem vorliegenden in dem Zeitpunkt, in dem sich die Vermögenslage des Geschädigten infolge des schädigenden Ereignisses verschlechtert habe. § 68 StBerG finde auch auf Wirtschaftsprüfer Anwendung, die nicht als Steuerberater zugelassen sind, sich aber gemäß § 3 Nr. 2 StBerG und § 2 WPO steuerberatend betätigen und wegen eines bei dieser Tätigkeit unterlaufenen Fehlers auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Die zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugten Berufe haben eigene Berufsordnungen mit unterschiedlichen Verjährungsregelungen: Für Rechtsanwälte gilt § 51 BRAO (3 Jahre), für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften § 68 i.Vbdg mit § 72 StBerG (3 Jahre) und für Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und vereidigte Buchprüfer § 51 a i.Vbdg mit § 56 der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) (5 Jahre). Bei dieser Rechtslage richtet sich die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus einer Tätigkeit, die ihrem jeweiligen Berufsbild entspricht, nach den Vorschriften derjenigen Berufsordnung, der sie bei Ausübung dieser Tätigkeit unterliegen. Für Wirtschaftsprüfer gilt § 51 a WPO demnach auch dann, wenn der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus einer steuerberatenden Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers gemäß § 2 WPO hergeleitet wird (BGHZ 78, 335).

2. Der Beklagte zu 1) ist sowohl Wirtschaftsprüfer als auch Steuerberater. Bei einem Steuerberater, der gleichzeitig Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer ist, wird man beim Fehlen von hinreichenden Anhaltspunkten für einen abweichenden Willen annehmen müssen, daß er seinen Mandanten die Hilfe und Beratung in Steuersachen in seiner Eigenschaft als Steuerberater versprochen hat, jedenfalls dann, wenn diese der ausschließliche Gegenstand des Vertrages ist oder wenn hierauf der Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Tätigkeit liegt. Soweit ihm im Rahmen dieser Tätigkeit ein Fehler unterläuft, richtet sich in der Regel die Verjährung nach § 68 StBerG (ähnlich OLG Düsseldorf DStR 1978, 529 = StB 1978, 204; Späth, Die zivilrechtliche Haftung des Steuerberaters 2. Aufl. S. 219; Klöckner/Mittelsteiner/ Späth, Handbuch der Steuerberatung, Gruppe 2, § 68 StBerG Anm. VI 1 b; Gräfe in Kolbeck/Peter/Rawald, Kommentar z. StBerG, Neufassung 1975 § 68 Anm. 7 b cc; Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, Kommentar z. StBerG § 68 Rdn. 1035.2).

3. Für den Beklagten zu 4) begann allerdings die Verjährungsfrist spätestens mit der Beendigung des Mandatsverhältnisses (§ 51 BRAO). Dennoch kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand noch nicht angenommen werden, daß zumindest ihm gegenüber die Verjährungsfrist abgelaufen sei. Denn einmal läßt sich, wie bereits ausgeführt, aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht entnehmen, wann das Mandat sein Ende gefunden hat; zum anderen ist zu berücksichtigen, daß der Beklagte zu 4) als Rechtsanwalt verpflichtet war, den Kläger auf das Bestehen einer Schadensersatzpflicht und auf die laufende Verjährungsfrist hinzuweisen (RGZ 158, 130; RG DR 1940, 453; BGH Urteil vom 11. Juli 1967 – VI ZR 41/66 – und vom 19. Mai 1970 – VI ZR 27/67 – VersR 1967, 979; 1970, 815, 818).

4. § 51 a ist durch das Bundesgesetz vom 20. August 1975 (BGBl I, 2258) in die Wirtschaftsprüferordnung eingefügt worden; die Vorschrift ist einen Tag nach der am 23. August 1975 erfolgten Verkündung des Gesetzes, d.h. also am 24. August 1975 in Kraft getreten (Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes). Bei der Abkürzung von Verjährungsvorschriften durch ein neues Gesetz ist Art. 169 Abs. 2 EGBGB entsprechend anzuwenden (BGHZ 73, 363, 365 m.w.N.). Die Frist aus § 51 a WPO war daher in dem Zeitpunkt, in dem die Klage zugestellt wurde, noch nicht abgelaufen; sie ist auch nach Klageerhebung nicht erneut in Lauf gesetzt worden. Selbst wenn die Ansicht des Berufungsgerichts, die dreijährige Verjährungsfrist aus § 29 a und später § 68 StBerG habe bereits im Jahre 1973 begonnen, zutreffend wäre, könnte die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) nicht wegen Verjährung abgewiesen werden.

5. Im übrigen bestehen auch gegen die Auffassung des Berufungsgerichts über den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist aus § 68 StBerG (bzw. § 29 a StBerG a.F.) durchgreifende Bedenken. Es meint, daß die H KG im Jahre 1973 entweder wirtschaftlich gesund gewesen sei oder sich in Vermögensschwierigkeiten befunden habe; im ersteren Falle liege keine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung vor, im zweiten Fall sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch verjährt (BU Bl. 10 Abs. 1 und 2). Eine solche Betrachtungsweise trägt den Gegebenheiten des Lebens nicht hinreichend Rechnung. Wirtschaftliche Unternehmen lassen sich nicht auf diese Weise in zwei scharf getrennte Gruppen einteilen. Zwischen wirtschaftlich gesunden Unternehmen und solchen, die sich in Vermögensschwierigkeiten befinden, gibt es keine scharfe Abgrenzung, sondern vielmehr einen weiten Zwischenbereich. Wer im Rahmen eines entgeltlichen Vertragsverhältnisses einem anderen eine bestimmte Vermögensanlage empfiehlt, macht sich bereits dann schadensersatzpflichtig, wenn er schuldhaft negative Umstände verschweigt, die für die Beurteilung der Zukunftsaussichten des Unternehmens von Bedeutung sind und die einen vernünftig handelnden Anleger von der Beteiligung an dem Projekt abgehalten hätte. Es ist also nicht erforderlich, daß in dem Zeitpunkt, in dem die Empfehlung gegeben wurde, der zukünftige wirtschaftliche Zusammenbruch des Unternehmens oder zumindest der gänzliche oder teilweise Verlust des eingelegten Kapitals mit Sicherheit vorauszusehen war; es genügt vielmehr, daß eine solche Entwicklung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu befürchten war. Geschädigt ist der Vertragspartner aber erst dann, wenn der zu befürchtende Vermögensverlust oder dessen konkrete Gefahr tatsächlich eintritt. Solange dies nicht geschehen ist, wird der Mandant nicht mit einiger Sicherheit auf Erfolg Feststellungsklage erheben können; selbst wenn sich das Unternehmen in gewissen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, wird der Berater geltend machen können, es lasse sich noch nicht absehen, ob nicht eine Erholung eintrete und die Empfehlung sich damit als sachgemäß erweise.

III.

Die Revision macht weiterhin geltend, § 68 (bzw. § 29 a a.F.) StBerG finde hier deshalb keine Anwendung, weil die Beklagten (oder der Beklagte zu 2) dem Kläger keine Hilfe in Steuersachen geleistet hätten, sondern als Anlageberater tätig geworden seien. Dieser Revisionsangriff ist unbegründet. Nach der Sachdarstellung des Klägers ist die Anlageempfehlung anläßlich der Besprechung des Jahresabschlusses 1971 ausgesprochen worden, weil der Verlag des Klägers im Jahre 1971 ein gutes Ergebnis erzielt hatte, weil für das Jahr 1972 ebenfalls ein gutes Ergebnis zu erwarten war und der Kläger aus diesem Grunde mit einer erheblichen Steuerbelastung zu rechnen hatte. Die Empfehlung steht daher, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten des Klägers durch die Beklagten. Ob die Beklagten vom Kläger um eine Empfehlung gebeten wurden oder ob diese spontan erteilt wurde, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.

IV.

Durch die Zurückverweisung erhält das Berufungsgericht Gelegenheit, die Frage, ob der Beklagte zu 2) als Beiratsmitglied der H KG dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist, unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen der Revision erneut zu überprüfen und – soweit dies erforderlich ist – seine Entscheidung hierzu eingehender zu begründen, als dies im angefochtenen Urteil auf S. 11 im zweiten Absatz geschehen ist. Ihm wird weiterhin die Möglichkeit gegeben, sich mit dem in der Revisionserwiderung enthaltenen Verteidigungsvorbringen der Beklagten auseinanderzusetzen.

 

Fundstellen

BGHZ, 328

NJW 1982, 1866

ZIP 1982, 846

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