Entscheidungsstichwort (Thema)

Veranstalterhaftung bei Reit- und Springturnieren. Klauselkontrolle der Turnierausschreibung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Haftung des Veranstalters eines Reit- und Springturniers für die infolge der Verwendung ungeeigneter Fangständer eingetretene Verletzung eines - nicht im Eigentum des Turnierteilnehmers stehenden - Reitpferdes.

b) Zur Frage der Kontrolle "Allgemeiner Bestimmungen" der Turnierausschreibung nach Maßgabe der § 305 ff. BGB.

 

Normenkette

BGB § 305 ff., §§ 328, 657, 661

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 25.08.2009; Aktenzeichen I-7 U 94/08)

LG Münster (Urteil vom 21.11.2008; Aktenzeichen 11 O 207/07)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Hamm vom 25.8.2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger nimmt den beklagten Verein wegen der Verletzung eines Reitpferdes bei einem von dem Beklagten veranstalteten Reit- und Springturnier auf Schadensersatz in Anspruch.

Rz. 2

Der Beklagte richtete in der Zeit vom 9. bis 11.9.2005 auf der vereinseigenen Anlage ein Reit- und Springturnier aus. Dazu ließ er in der Ausgabe der Zeitschrift "Reiter und Pferde in Westfalen" vom Juli 2005 eine Ausschreibung mit "Allgemeinen Bestimmungen" veröffentlichen. Nr. 5 und 6 dieser "Allgemeinen Bestimmungen" lauten wie folgt:

5. Es besteht zwischen dem Veranstalter einerseits und den Besuchern, Pferdebesitzern und Teilnehmern andererseits kein Vertragsverhältnis; mithin ist jede Haftung für Diebstahl, Verletzungen bei Menschen und Pferden ausgeschlossen. Insbesondere sind die Teilnehmer nicht "Gehilfen" i.S.d. §§ 278 und 831 BGB. 6. Der Veranstalter schließt jegliche Haftung für Schäden aus, die den Besuchern, Teilnehmern und Pferdebesitzern durch leichte Fahrlässigkeit des Veranstalters, seiner Vertreter oder Erfüllungsgehilfen entstehen.

Rz. 3

Am 9.9.2005 startete bei dem Turnier in einer Springpferdeprüfung der Klasse M auch die Tochter des Klägers mit der Stute "F.". Am Ende des Parcours befand sich ein Kombinationshindernis bestehend aus einem Oxer und einem Steilsprung. Nachdem das Pferd "F." das erste Hindernis dieser Kombination übersprungen hatte, kollidierte es mit einem rechts neben dem Steilsprunghindernis aufgestellten Fangständer, der als fest verschraubte Holzkonstruktion mit einem Eisenfuß ausgeführt war und dessen oberes Ende einige Zentimeter niedriger lag als die obere Stange des Hindernisses. Das Pferd erlitt infolge dieser Kollision schwere Verletzungen im Kniebereich und musste nach erfolgloser medizinischer Behandlung eingeschläfert werden.

Rz. 4

Der Kläger hat seine - hilfsweise auf abgetretene Rechte seiner Tochter gestützte - Schadensersatzforderung in Höhe des von ihm behaupteten Wertes des Pferdes von 100.000 EUR bemessen und geltend gemacht, der Beklagte habe durch die Aufstellung ungeeigneter Fangständer die ihm obliegenden Sorgfalts- und Sicherungspflichten verletzt.

Rz. 5

Der Beklagte hat vor allem eine von ihm zu vertretende Pflichtverletzung in Abrede gestellt und sich darauf berufen, dass der Schaden durch einen Reitfehler der Tochter des Klägers entstanden sei; jedenfalls müsse sich der Kläger die von dem verletzten Pferd ausgehende Tiergefahr anrechnen lassen.

Rz. 6

Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe eines Teilbetrags von 25.000 EUR stattgegeben und sie im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und dem Kläger - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers sowie der Berufung des Beklagten - einen weiteren Betrag von 10.000 EUR, mithin insgesamt 35.000 EUR Schadensersatz zugesprochen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 7

Die zulässige Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

Rz. 8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Rz. 9

Dem Kläger stehe gem. §§ 661, 657, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aus eigenem Recht wegen der tödlichen Verletzung des Pferdes "F." ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe des gem. § 287 ZPO mit 35.000 EUR anzusetzenden Wertes des Tieres zu. Als Eigentümer des Pferdes sei der Kläger in den Schutzbereich des Auslobungsrechtsverhältnisses zwischen seiner Tochter (als Turnierteilnehmerin) und dem Beklagten einbezogen gewesen. Die schadensbegründende Pflichtverletzung des Beklagten liege darin, dass der bei dem betroffenen Kombinationshindernis aufgestellte Fangständer in seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht geworden sei. Zu den Nebenpflichten des Veranstalters eines Reitturniers gehöre auch die Pflicht, geeignete Wettkampfanlagen zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweisen, mit denen die Teilnehmer nicht zu rechnen bräuchten. Diesen Anforderungen habe der Fangständer nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen Dr. S. nicht entsprochen, da er niedriger gewesen sei als das zu überspringende Hindernis und von diesem nicht optisch (etwa durch Blumenschmuck) abgesetzt worden sei. Der Fangständer habe deshalb seine Funktion, das Pferd wie in einen Trichter auf das zu überspringende Hindernis hinzuleiten, nicht erfüllt, sondern vielmehr dazu "eingeladen", selbst übersprungen zu werden; dann aber habe er wenigstens so konstruiert sein müssen, dass er gefahrlos habe übersprungen werden können, was hier aber aufgrund seiner besonders stabilen und standfesten Konstruktion nicht gegeben gewesen sei. Diese Pflichtverletzung habe der Beklagte zu vertreten. Er habe die Vermutung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht widerlegt und sich das Verschulden der von ihm als Erfüllungsgehilfen herangezogenen Fachleute - insb. des Parcourschefs und der Turnierrichter - nach § 278 BGB zurechnen zu lassen. Ein Mitverschulden der Tochter des Klägers könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Die Anrechnung der Tiergefahr des verletzten Pferdes scheide angesichts der Verschuldenshaftung des Beklagten aus; insoweit griffen die Grundsätze analog § 840 Abs. 3 BGB. Die Haftung des Beklagten sei durch die Regelungen in Nr. 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung nicht wirksam abbedungen worden, denn diese Regelungen seien wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB sowie gegen § 305c Abs. 2 BGB unwirksam.

II.

Rz. 10

Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht in dem von ihm zuerkannten Umfang als begründet angesehen. Der Beklagte schuldet dem Kläger gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 276, 278 BGB i.V.m. §§ 661, 657 BGB wegen einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung Schadensersatz in Höhe des Wertes des verletzten Reitpferdes.

Rz. 11

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Veranstaltung des Reit- und Springturniers des Beklagten als Preisausschreiben - einen Unterfall der Auslobung - eingeordnet (§§ 661, 657 BGB). Diese rechtliche Qualifizierung ist für sportliche Wettkämpfe, bei denen Preise verliehen werden, mithin auch für die Durchführung von Reit- und Springturnieren, weithin anerkannt (BGH, Urt. v. 6.4.1966 - Ib ZR 82/64, MDR 1966, 572 [Galopprennen]; OLG Köln VersR 1997, 125, 126 [Reitturnier]; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 661 Rz. 1; Erman/Ehmann, BGB, 12. Aufl., § 661 Rz. 1; Staudinger/Bergmann, BGB [2006], § 661 Rz. 9) und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

Rz. 12

Zwar handelt es sich bei einem Preisausschreiben (Auslobung) um ein einseitiges Rechtsgeschäft (BGH, Urt. v. 23.9.1982 - III ZR 196/80, NJW 1983, 442, 443; OLG Köln, a.a.O.; Palandt/Sprau, a.a.O., § 657 Rz. 1; Seiler in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 657 Rz. 4; a.A. Staudinger/Bergmann, a.a.O., § 657 Rz. 13 f und § 661 Rz. 4 [Vertrag]). Unbeschadet dessen bestehen zwischen dem Auslobenden (hier: Turnierveranstalter) und den Teilnehmern jedoch schon im Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung durch das Preisgericht Rechtsbeziehungen im Sinne einer schuldrechtlichen Sonderverbindung, aus der (Neben-)Pflichten hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsichtlich des Schutzes der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen brauchen, erwachsen (§ 241 Abs. 2 BGB; vgl. BGH vom 23.9.1982, a.a.O.; v. 9.6.1983 - III ZR 74/82, NJW 1984, 1118; OLG Köln, a.a.O.; Palandt/Sprau, a.a.O., § 661 Rz. 4; Seiler, a.a.O., § 661 Rz. 11, 12; Bergmann, a.a.O., § 661 Rz. 14, 22; Ehmann, a.a.O., § 661 Rz. 1).

Rz. 13

In diesem Zusammenhang können nach den anerkannten allgemeinen Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch Schutzpflichten gegenüber Dritten begründet werden; ein "echtes Vertragsverhältnis" ist für einen solchen Drittschutz nicht erforderlich, eine schuldrechtliche Sonderverbindung genügt (vgl. § 311 Abs. 2 BGB; s. zur Anwendbarkeit auf vorvertragliche Rechtsbeziehungen etwa BGH, Urt. v. 28.1.1976 - VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51, 56; v. 13.2.2003 - IX ZR 62/02, NJW-RR 2003, 1035, 1036; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 328 Rz. 15; zur Anwendbarkeit auf öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnisse: BGH, Urt. v. 14.12.2006 - III ZR 303/05, NJW 2007, 1061, 1062 Rz. 9 f.). Somit begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger als Eigentümer des verletzten Pferdes "F." in den Schutzbereich des zwischen der Tochter des Klägers (als Turnierteilnehmerin) und dem das Turnier veranstaltenden beklagten Verein bestehenden Rechtsverhältnisses einbezogen worden sei, keinen Bedenken.

Rz. 14

2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte die ihm obliegenden Sorgfalts- und Sicherungspflichten in von ihm zu vertretender Weise verletzt und hierdurch den Tod des Pferdes verursacht habe.

Rz. 15

a) Der Veranstalter eines Reit- und Springturniers ist verpflichtet, eine geeignete Wettkampfanlage zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweist, die über das übliche Risiko hinausgehen und mit denen die Turnierteilnehmer nicht zu rechnen brauchen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 3.6.2008 - VI ZR 223/07, NJW 2008, 3775, 3776 Rz. 10; OLG Köln, a.a.O.). Dabei sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betreffenden Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.2008, a.a.O., Rz. 9 m.w.N.).

Rz. 16

Nach diesen Maßgaben, welche die Revision nicht in Frage stellt, haben beide Vorinstanzen aufgrund der von ihnen durchgeführten Beweisaufnahme eine Pflichtverletzung des Beklagten darin gesehen, dass der bei dem betroffenen Kombinationshindernis aufgestellte Fangständer in seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht geworden und hierdurch ein für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbares Sicherheitsrisiko geschaffen worden sei. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat im Einzelnen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird gem. § 564 ZPO abgesehen.

Rz. 17

b) Den Angriffen der Revision stand hält auch die Einordnung des Parcourschefs und der Turnierrichter als Erfüllungsgehilfen des das Turnier veranstaltenden beklagten Vereins i.S.v. § 278 BGB.

Rz. 18

§ 278 BGB findet anerkanntermaßen auf jede rechtliche Sonderverbindung, also auch auf Schuldverhältnisse außerhalb "echter Verträge", Anwendung. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verpflichtung als seine Hilfsperson tätig wird; im Gegensatz zum Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 831 BGB kommt es hierbei nicht auf die Bindung an Weisungen des Schuldners an (s. etwa BGH, Urt. v. 8.2.1974 - V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124 f [Notar]; v. 9.10.1986 - I ZR 138/84, BGHZ 98, 330, 334 [Steuerberater]; v. 24.11.1995 - V ZR 40/94, NJW 1996, 451 [Makler] m.w.N.). Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt demnach auch ein Preisrichter als tauglicher Erfüllungsgehilfe des Auslobenden (Wettbewerbsveranstalters) in Betracht (Senatsurteil vom 23.9.1982, a.a.O.; Seiler, a.a.O., § 661 Rz. 12). Entsprechendes gilt für den bei der Turniervorbereitung und -durchführung eingesetzten Parcourschef. Der Einwand des Beklagten, er sei bei dem Einsatz dieser Personen an die Vorgaben der Reitverbände gebunden gewesen und habe insoweit nur über einen sehr eingeschränkten Spielraum verfügt, steht der Anwendung von § 278 BGB nicht entgegen.

Rz. 19

c) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht unter Würdigung der Beweisaufnahme die Kausalität der Pflichtverletzung für die tödliche Verletzung des Pferdes "F." bejaht. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat im Einzelnen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird gem. § 564 ZPO abgesehen.

Rz. 20

3. Die sonach begründete Haftung des Beklagten für den durch die Verletzung des Pferdes entstandenen Schaden, dessen Umfang das Berufungsgericht gem. § 287 ZPO - von beiden Parteien im Revisionsrechtszug unbeanstandet - auf 35.000 EUR bemessen hat, scheitert nicht an den haftungsbeschränkenden Regelungen in Nr. 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung; sie ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des "Handelns auf eigene Gefahr", des Mitverschuldens (Reitfehler der Tochter des Klägers) oder der von dem verletzten Pferd ausgehenden Tiergefahr ausgeschlossen oder gemindert.

Rz. 21

a) Wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig ausgeführt hat, ergibt sich aus den Regelungen in Nr. 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung keine wirksame Haftungsbeschränkung zugunsten des Beklagten. Diese Regelungen sind gem. §§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b, 305c Abs. 2 BGB unwirksam.

Rz. 22

aa) Die genannten Regelungen der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung unterliegen der Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB.

Rz. 23

Allerdings stellen allgemeine Bestimmungen, die der Verwender bei eigenen einseitigen Rechtsgeschäften - wie hier bei einem Preisausschreiben (Auslobung) - trifft, grundsätzlich keine nach §§ 305 ff. BGB kontrollfähigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB dar, weil der Verwender hier regelmäßig nicht fremde, sondern ausschließlich eigene rechtsgeschäftliche Gestaltungsmacht in Anspruch nimmt (s. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rz. 7; Basedow in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 305 Rz. 11; Staudinger/Schlosser, BGB [2006], § 305 Rz. 10; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 BGB Rz. 18). Dies gilt bei der Veranstaltung eines Reit- und Springturniers etwa für die in der Ausschreibung aufgestellten Regeln für den äußeren Ablauf des Turniers (insb.: für das "sportliche Regelwerk", das indes einer Kontrolle nach § 242 BGB und damit mittelbar auch einer Überprüfung nach den Wertungsmaßstäben der §§ 305 ff. BGB zugänglich ist; s. dazu BGH, Urt. v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 101 ff.).

Rz. 24

Anders verhält es sich jedoch, soweit es um vorformulierte und vom Veranstalter vorgegebene Ausschlüsse oder sonstige Beschränkungen der Haftung für Verletzungen von Rechtsgütern der Teilnehmer (oder in den Schutzbereich einbezogener sonstiger Dritter) geht. Die verwendeten allgemeinen Bestimmungen betreffen hierbei nämlich nicht lediglich die Regelung der "eigenen Verhältnisse" des Verwenders (Veranstalters), sondern greifen auf die geschützten Rechtspositionen Dritter über und sind deshalb auch der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB unterworfen (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.1999 - IV ZR 324/97, NJW 1999, 1633, 1635 für Vollmachtsbeschränkungen). Wie ausgeführt (s. oben, 1.), ist mit der Teilnahme an einem Preisausschreiben im Vorfeld der eigentlichen Sachentscheidung durch das Preisgericht ein Rechtsverhältnis verbunden, aus dem Pflichten hinsichtlich der sorgfältigen und ordnungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung des Wettbewerbs und hinsichtlich des Schutzes der Teilnehmer vor Gefahren, mit denen sie nicht zu rechnen brauchen, erwachsen (§ 241 Abs. 2 BGB). Hierin liegt - neben dem einseitigen Rechtsgeschäft des Preisausschreibens als solchem - eine schuldrechtliche Sonderverbindung, die sich als ein vertragsähnliches Verhältnis einordnen lässt und es zumal mit Blick auf den gebotenen Schutz der Rechtsgüter der Beteiligten rechtfertigt, vom Veranstalter vorgegebene Haftungsausschlüsse und -beschränkungen der Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB (in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung) zu unterziehen. Aus nämlichen Gründen ist die Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Klauseln für vorvertragliche Beziehungen zwischen Verwender und Kunden anerkannt, wo es ebenfalls (noch) an einem "echten Vertragsverhältnis" fehlt (s. dazu etwa BGH, Urt. v. 3.7.1996 - VIII ZR 221/95, BGHZ 133, 184, 187 ff.; Basedow, a.a.O., § 305 Rz. 12; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rz. 4; Schlosser, a.a.O., § 305 Rz. 11; Ulmer, a.a.O., § 305 Rz. 13).

Rz. 25

bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht die Unwirksamkeit der Regelungen in Nr. 5 und 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung aus §§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b, 305c Abs. 2 BGB hergeleitet.

Rz. 26

Die genannten Regelungen der Turnierausschreibung kann der erkennende Senat selbständig auslegen, weil eine unterschiedliche Auslegung durch verschiedene Berufungsgerichte in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, BGHZ 163, 321, 323 f.; v. 16.6.2009 - XI ZR 145/08, NJW 2009, 3422, 3423 Rz. 20; BGH, Urt. v. 17.9.2009 - III ZR 207/08, NJW 2010, 57 Rz. 16). Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle ist gem. § 305c Abs. 2 BGB in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Kunden im Ergebnis am günstigsten ist (BGH, Urt. v. 20.12.2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76, 80 Rz. 9 m.w.N.; BGH, Urt. v. 29.4.2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244, 250 Rz. 19 m.w.N. und vom 16.6.2009, a.a.O., Rz. 21). Hiernach enthält die Regelung in Nr. 5 der "Allgemeinen Bestimmungen" der Turnierausschreibung unter Verstoß gegen § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB einen Ausschluss jeglicher Haftung (also auch für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit und auch im Falle von grobem Verschulden) und die Regelung in Nr. 6 dieser Bestimmungen unter Verstoß gegen § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB einen Ausschluss der Haftung für jegliche Schäden (also auch für die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit) infolge leichter Fahrlässigkeit.

Rz. 27

Diese Verstöße haben zur Folge, dass die genannten Bestimmungen insgesamt unwirksam sind; eine teilweise Aufrechterhaltung der Klauseln scheidet wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion aus (§ 306 Abs. 1 und 2 BGB; s. etwa BGH, Urt. v. 24.9.1985 - VI ZR 4/84, BGHZ 96, 18, 25 f.; v. 17.5.1991 - V ZR 140/90, BGHZ 114, 338, 342 f.; BGH, Urt. v. 19.11.2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220, 225 f Rz. 16).

Rz. 28

b) Entgegen der Rüge der Revision hat sich das Berufungsgericht mit dem Einwand des Beklagten, wegen der Erkennbarkeit der Gefahrenlage sei auf der Klägerseite ein (anspruchsausschließendes oder -minderndes) "Handeln auf eigene Gefahr" anzunehmen, befasst, indem es unter Hinweis auf die Darlegungen des Sachverständigen ausgeführt hat, dass die Turnierteilnehmer mit der durch die konkrete Verwendung der Fangständer bei dem betroffenen Kombinationshindernis geschaffenen besonderen Gefahrensituation nicht hätten rechnen müssen. Gegen diese Würdigung ergeben sich aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken.

Rz. 29

c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte ein auf einen Reitfehler der Tochter des Klägers zurückzuführendes Mitverschulden (§ 254 BGB) - welches der Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 334 BGB auch dem Kläger als geschütztem Dritten entgegenhalten könnte (s. BGH, Urt. v. 10.11.1994 - III ZR 50/94, BGHZ 127, 378, 384 f m.w.N.; BGH, Urt. v. 13.11.1997 - X ZR 144/94, NJW 1998, 1059, 1061) - nicht nachgewiesen habe, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Rz. 30

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Anrechnung der Tiergefahr des verletzten Pferdes (§ 254 BGB; § 833 BGB analog) abgelehnt.

Rz. 31

Eine Anrechnung der Tiergefahr des verletzten Tieres (§ 833 BGB) kommt unter dem Gesichtspunkt der Mitverantwortung des geschädigten Tierhalters (§ 254 BGB) zwar auch dann in Betracht, wenn es nicht um das Zusammentreffen wechselseitiger Tiergefahren geht (s. dazu BGH, Urt. v. 25.10.1994 - VI ZR 107/94, NJW-RR 1995, 215, 216 [Verletzung eines Pferdes durch ein Kraftfahrzeug]; OLG Hamm NJW-RR 1990, 794, 795 [Verletzung von Rindern durch Ablagerung von Buchsbaumabfall in der Nähe einer Weidekoppel]). Wie der BGH bereits entschieden hat, muss sich der geschädigte Tierhalter die beim Schadenseintritt mitwirkende (bloße) Tiergefahr auf seinen Schadensersatzanspruch gegen den aus Verschulden haftenden Schädiger jedoch nach § 840 Abs. 3 BGB nicht anspruchsmindernd anrechnen lassen (BGH, Urt. v. 25.10.1994, a.a.O.; s. auch OLG Hamm, a.a.O.; OLG Schleswig NJW-RR 1990, 470 m.w.N.; Palandt/Sprau, a.a.O., § 833 Rz. 13 a.E. und § 840 Rz. 12 a.E.). So liegt es auch hier; denn der Beklagte haftet dem Kläger aus schuldhafter Pflichtverletzung (s. oben, unter 2.).

Rz. 32

Die von der Revision angeführten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung von § 840 Abs. 3 BGB greifen nicht durch. Entgegen der Ansicht der Revision ist nach Art. 3 Abs. 1 GG in dieser Hinsicht keine Gleichbehandlung der Tierhalterhaftung mit der Haftung des Kraftfahrzeughalters (§ 7 StVG) geboten. Dass für die Fahrzeughalterhaftung eine - entsprechende - Anwendung von § 840 Abs. 3 BGB ausscheidet (s. BGH, Urt. v. 24.4.1952 - III ZR 78/51, III ZR 79/51, BGHZ 6, 3, 28), erfordert von Verfassungs wegen nicht, die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB ebenfalls von dem Anwendungsbereich des § 840 Abs. 3 BGB auszunehmen. Die Gefährdungshaftungen enthalten für die einzelnen Haftungsbereiche im Hinblick auf die Besonderheiten der jeweiligen Materie und ihrer Entstehungsgeschichte je eigenständige und in sich abgeschlossene Regelungen, die nur aus ihrem jeweiligen Zusammenhang heraus verstanden und angewendet werden können und demgemäß einer entsprechenden Anwendung auf andere Gefährdungshaftungen nicht zugänglich sind (BGH, Urt. v. 9.6.1992 - VI ZR 49/91, NJW 1992, 2474). Die Differenzierung zwischen der Tierhalterhaftung einerseits und der Kraftfahrzeughalterhaftung andererseits ist, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die typische Tiergefahr zu ihrer Verwirklichung keiner menschlichen Einwirkung bedarf, wohingegen die von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr regelmäßig erst durch menschliches Handeln zur Wirkung gelangt.

Rz. 33

4. Letztlich wendet sich die Revision vergeblich gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des erstattungsfähigen Teils der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt insofern nicht auf die Erfolgsquote der Klage in der Hauptsache ab, sondern auf den Betrag der Anwaltskosten, der unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe des gerechtfertigten Umfangs der Schadensersatzforderung angefallen wäre, und steht darin in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (s. BGH, Urt. v. 7.11.2007 - VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888 f Rz. 13 m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2463501

BGHZ 2011, 86

NJW 2011, 139

EBE/BGH 2010

WM 2011, 177

MDR 2010, 1457

SpuRt 2011, 70

VersR 2011, 360

ZfS 2011, 138

RÜ 2010, 681

ZGS 2010, 508

LL 2011, 79

NRÜ 2010, 529

VereinsBrief 2011, 2

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