Entscheidungsstichwort (Thema)

Handelsregistereintragung der Filialprokura

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf den Betrieb einer oder mehrerer Zweigniederlassungen beschränkte Prokura ist im Handelsregister der Zweigniederlassung ohne einen Zusatz einzutragen, der diese Beschränkung ausdrücklich vermerkt.

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Entscheidung vom 03.12.1987; Aktenzeichen 8 W 431/87)

LG Stuttgart (Entscheidung vom 16.07.1987; Aktenzeichen 4 KfH T 6/87)

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin – eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Köln – meldete beim dortigen Registergericht die Errichtung einer Zweigniederlassung in Stuttgart und die Erteilung von Prokura an mehrere Prokuristen – beschränkt auf den Betrieb dieser Zweigniederlassung – an. Nach Weitergabe der Anmeldung an das Registergericht in Stuttgart wurde mit Verfügung vom 25. Februar 1987 die Zweigniederlassung im dortigen Handelsregister ebenso eingetragen wie die Prokuren, allerdings ohne den Zusatz „unter Beschränkung auf die Zweigniederlassung Stuttgart”. Die von der Antragstellerin verfahrensbevollmächtigte Notarin bat das Registergericht u.a., die Eintragung insoweit zu ergänzen, was das Registergericht ablehnte. Hiergegen wandte sich die Notarin mit der Erinnerung, der der Rechtspfleger und der Registerrichter nicht abhalfen.

Das Landgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Verfügung des Amtsgerichts vom 9. April 1987 im benannten Punkt zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der durch die verfahrensbevollmächtigte Notarin eingelegten weiteren Beschwerde, die das Oberlandesgericht Stuttgart zurückweisen möchte. Es sieht sich hieran jedoch durch die Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 11. Juni 1986 (MittBayNot 1987, 50) und des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 1976 (Rpfleger 1977, 174) gehindert und hat deshalb die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Voraussetzung für die Vorlage gemäß § 28 Abs. 2 FGG sind gegeben.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in dem genannten Beschluß den Standpunkt vertreten, die Grundsätze über die Nichtstatthaftigkeit einer Beschwerde gegen eine Eintragung im Handelsregister seien auch bei der begehrten Änderung des Eintrags anzuwenden; es hat deshalb die Beschwerde gegen die Nichteintragung einer Filialprokurabeschränkung als unzulässig verworfen. Das Oberlandesgericht Köln hat die Eintragung eines solchen Vermerks in das Register der Zweigniederlassung bejaht. Von diesen Entscheidungen müßte das vorlegende Gericht abweichen, weil es die Beschwerde gegen die Ablehnung des beantragten Beschränkungsvermerks für statthaft und sachlich ungerechtfertigt hält.

III.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Zutreffend hat das vorlegende Oberlandesgericht die von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit der Erstbeschwerde (BayObLGZ 1983, 230, 231) bejaht.

Die Eintragung in das Handelsregister ist zwar nicht rechtsmittelfähig (KGJ 33 A 315; 41 A 102; 48 A 137; OLG Frankfurt OLGZ 1983, 189, 190; Hachenburg/Ulmer, GmbHG 7. Aufl. 1975 § 10 Rdn. 23; Scholz/Winter, GmbHG 6. Aufl. § 10 Rdn. 4; Keidel-Kunze-Winkler, FGG 12. Aufl. § 19 Rdn. 5; Staub/Hüffer, HGB 4. Aufl. § 8 Rdn. 86; Baums, Eintragung und Löschung von Gesellschafterbeschlüssen, 1981, S. 167). Maßgebend hierfür sind Publizitätsgründe (so insbesondere Staub/Hüffer und Hachenburg/Ulmer, jeweils a.a.O.), die der Rückgängigmachung der Handelsregistereintragung entgegenstehen. Solche Gründe bestehen jedoch im Falle des unterbliebenen Beschränkungsvermerks bei Eintragung einer Filialprokura nicht. Die Eintragung dieses zusätzlichen Vermerks stellt nur ausdrücklich klar, daß die Vertretungsbefugnis auf den Wirkungskreis der Zweigniederlassung beschränkt ist. Denn Aufgabe des Handelsregisters der Zweigniederlassung ist es, über die Verhältnisse der Zweigniederlassung erschöpfend Auskunft zu geben (Beschl. des OLG Köln v. 4. November 1976, a.a.O.; Beschl. des LG Mannheim vom 29. Mai 1963 bei Heinsius, BB 1963, 1036; Groß, Rpfleger 1977, 153, 155, 156; Walchshöfer, Rpfleger 1975, 381, 383; Ziegler, Rpfleger 1987, 375, 376); dazu zählt auch die bei einer Aktiengesellschaft mögliche Beschränkung der Vertretungsbefugnis eines Prokuristen (vgl. § 50 Abs. 3 HGB, § 42 Abs. 2 AktG), so daß auch die ohne den Beschränkungsvermerk im Handelsregister der Zweigniederlassung eingetragene Prokura zumindest eine Filialprokura ist. Werden danach auch durch eine solche Eintragung die Vertretungsverhältnisse zutreffend verlautbart, ist sie sachlich weder unvollständig noch unrichtig. Sie weicht nur vom Wortlaut der Anmeldung ab; der Inhalt der Eintragung wird nicht dadurch verändert, daß sie durch den verlangten Zusatz ergänzt wird. Dabei geht es auch nicht um die Änderung einer Antragsfassung, sondern darum, daß die Anmeldung nicht so ausgeführt worden ist, wie es beantragt war. Die darin liegende teilweise Ablehnung der Anmeldung kann – abgesehen davon, daß dies vorliegend auch unter dem 9. April 1987 vom Registergericht durch die Feststellung, die Eintragung vom 25. Februar 1987 nicht in der verlangten Weise zu ergänzen, verfügt worden ist – hinsichtlich ihrer Beschwerdefähigkeit aber nicht anders beurteilt werden als der Fall, in dem der ursprünglich allgemein vertretungsberechtigte Prokurist auf eine Filialprokura eingeschränkt werden soll. Was in einem späteren Eintragungsverfahren beschwerdefähig ist, muß auch bei der ursprünglichen Eintragung als selbständiges Element der Beschwerde zugänglich sein (Schmidt in einer Anmerkung zum Beschl. des BayObLG v. 11. Juni 1986, a.a.O., 51, 52f). Im übrigen waren die Filialprokuren wirksam bestellt und als solche nicht mangelhaft eingetragen, so daß ein Fall des § 142 FGG nicht vorliegt.

2. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Filialprokura sei ohne Beschränkungsvermerk in das Register der Zweigniederlassung einzutragen, ist auch sachlich gerechtfertigt.

Das Register der Zweigniederlassung ist nach der Konzeption des Gesetzes (vgl. §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 4 Satz 1 und 2 AktG, §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 13a Abs. 4 Satz 1 und 2, 15 Abs. 4 HGB) ausschließlich dazu bestimmt, Auskunft über die Rechtsverhältnisse der betreffenden Zweigniederlassung, nicht aber auch des Hauptsitzes oder einer anderen Zweigniederlassung zu erteilen. Die Eintragung einer Prokura im Register einer Zweigniederlassung verlautbart deshalb, ohne daß es dazu eines besonderen Hinweises bedürfte, von vornherein nur das Bestehen der Prokura für diese Niederlassung. Allein auf diese Verlautbarung erstreckt sich auch der Schutz eines gutgläubigen Dritten nach § 15 Abs. 1 HGB. Dagegen gibt der Vermerk schon seiner Bestimmung nach keine Auskunft darüber, ob die Prokura zugleich für andere Niederlassungen oder den Hauptsitz gilt. Die Eintragung eines Zusatzes, der diese Beschränkung ausdrücklich erwähnt, würde also nur etwas aussprechen, was nach dem Gesetz ohnehin gilt. Sie hat schon deshalb als überflüssig zu unterbleiben. Die von einer weit verbreiteten Gegenansicht (vgl. Beschl. des OLG Köln vom 4. November 1976, a.a.O. – vgl. ferner Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG 1984, § 42 Rdnr. 34; Schröder in Schlegelberger, HGB 5. Aufl. § 53 Rdnr. 6; Baumbach/Duden/Hopt, 27. Aufl. § 50 Anm. 2A; Heymann-Kötter, HGB 21. Aufl. § 50 Anm. 3; Meeske/Hofmann, Der Prokurist, 4. Aufl. 1980 S. 41; Walchshöfer, aaO S. 383f.; Ziegler, a.a.O. m.w.N.) angeführte Zweckmäßigkeitserwägung, die Eintragung eines ausdrücklichen Beschränkungsvermerks könne Fehlvorstellungen eines uninformierten Publikums vorbeugen, das aus dem Fehlen eines solchen Zusatzes unter Umständen den falschen Schluß auf die Geltung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich des Unternehmens ziehe, vermag nicht zu überzeugen. Ihr steht das Bedenken entgegen, daß bei Prokuren, die auch für den Hauptsitz gelten, ein solcher Beschränkungsvermerk zu unterbleiben hätte. Die Gegenansicht würde mithin dazu führen, daß die Eintragung einer Prokura im Register einer Zweigniederlassung verschieden zu lauten hätte, je nachdem, ob die Prokura nur für die Zweigniederlassung oder auch für die Hauptniederlassung gilt. Durch diese unterschiedliche Eintragung je nach Geltungsbereich der Prokura würde das Register der Zweigniederlassung mittelbar zu einer Verlautbarung benutzt, zu der es nicht bestimmt ist, die vielmehr allein dem Handelsregister am Sitz der Hauptniederlassung vorbehalten ist. Eine solche indirekte Verlautbarung von Rechtsverhältnissen des Hauptsitzes in dem Register einer Zweigniederlassung widerspricht nicht nur der Systematik des Gesetzes. Sie müßte zugleich den Eindruck hervorrufen, das Register der Zweigniederlassung könne auch Auskunft über den Stand des Registers der Hauptniederlassung geben. Diesen unrichtigen und irreführenden Eindruck gilt es um so mehr zu vermeiden, als das Vertrauen in das Bestehen und die filialüberschreitende Geltung einer nicht mit einem ausdrücklichen Beschränkungsvermerk versehenen Prokura angesichts der begrenzten Verlautbarungsfunktion des Registers der Zweigniederlassung nicht nach § 15 Abs. 1 HGB geschützt wäre (vgl. § 15 Abs. 4 HGB). Die bezeichnete Gefahr unberechtigter Gegenschlüsse, die sich bei Eintragung von Prokuren mit unterschiedlichem Geltungsbereich in das Handelsregister einer Zweigniederlassung förmlich aufdrängen müßten, überwiegt eindeutig den Gewinn an Unmißverständlichkeit, der durch die ausdrückliche Eintragung des Beschränkungsvermerks erzielt werden könnte. Hinzu kommt, wie das vorlegende Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, daß das Register der Zweigniederlassung unrichtig werden kann, wenn es auch die Rechtsverhältnisse anderer Niederlassungen verlautbart und Änderungen, die diese andere Niederlassung betreffen, nur dort und nicht bei der fraglichen Zweigniederlassung eingetragen werden. Obwohl sich eine solche Unrichtigkeit des Registers der Zweigniederlassung nur bei filialübergreifenden Geschäften auswirken kann, spricht auch diese Gefahr für die Verläßlichkeit des Handelsregisters gegen eine Eintragung des nach der gesetzlichen Systematik überflüssigen Beschränkungszusatzes im Register der Zweigniederlassung (wie hier LG Mannheim aaO; Groß, aaO S. 156; Keidel/Schmalz-Stöber, RegR 4. Aufl. Rdnr. 47a).

 

Fundstellen

BGHZ 104, 61-66 (LT)

BB 1988, 1065 (LT)

DB 1988, 1648-1649 (LT)

NJW 1988, 1840-1841 (LT)

LM HGB § 50, Nr. 2

EBE/BGH 1988, 327-328 (LT1)

NJW-RR 1988, 928-928 (L)

EWiR 1988, 597-598 (LT)

MittBayNot 1988, 187-188 (LT)

WM IV 1988, 819-821 (ST)

WuB IV D. § 50 HGB, 1.88 (LT)

ZIP 1988, 702-703 (LT)

AG 1988, 236-237 (LT)

DNotZ 1989, 236-238 (LT)

MDR 1988, 751-752 (LT)

Rpfleger 1988, 315-316 (LT)

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