Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltendmachung von Ansprüchen einer Verwertungsgesellschaft auf dem Gebiet des Urheberrechts

 

Leitsatz (amtlich)

Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 31. Oktober 1979 insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat.

Hinsichtlich des Auskunftsverlangens über die Weiterveräußerung von Originalwerken Kurt Schwitters wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 9. November 1978 zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Berufungsurteil insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Beklagten gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung über die Weiterveräußerung von Originalwerken der Urheber

zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache, soweit das Revisionsgericht nicht selbst entschieden hat, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Orientierungssatz

a) Die Befugnis der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst zur Geltendmachung des Folgerechts und des vorbereitenden Auskunftsanspruchs nach § 26 UrhG bleibt für die während der Dauer des Wahrnehmungsvertrages entstandenen Rechte grundsätzlich auch nach der Beendigung des Wahrnehmungsvertrages bestehen.

b) Ein Wahrnehmungsvertrag zur Geltendmachung des Auskunftsersuchens nach § 26 Abs. 3, 4 und 5 UrhG kann auch von nur einem von mehreren Miterben eines Künstlers als notwendige Maßnahme im Sinne des § 2038 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB wirksam abgeschlossen werden.

 

Normenkette

UrhG § 26; BGB §§ 2038-2039; ZPO § 286; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4; ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 3b, § 293; UrhG § 121 Abs. 5

 

Tatbestand

Die Klägerin - VG B-K - ist eine Verwertungsgesellschaft auf dem Gebiet des Urheberrechts. Sie nimmt als einzige Gesellschaft dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland die Interessen der ihr durch Wahrnehmungsverträge angeschlossenen bildenden Künstler und aufgrund von Gegenseitigkeitsverträgen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften auch die Rechte ausländischer Urheber wahr.

Der Beklagte ist Kunsthändler. Die Klägerin übersandte ihm in den Jahren 1974 - 1976 jeweils eine Liste mit den Namen von ca. 4000 Künstlern und forderte ihn auf, gem. § 26 Abs. 3 und 5 UhrG Auskunft unter anderem darüber zu erteilen, welche Werke der in der Liste aufgeführten Künstler jeweils im Vorjahr unter seiner Beteiligung weiterveräußert worden seien. Der Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.

Die Parteien streiten vor allem darüber, ob die Klägerin ihre Berechtigung, die Rechte der Künstler bzw. deren Rechtsnachfolger wahrzunehmen, hinreichend dargetan hat. Der Wahrnehmungsvertrag, den die Klägerin mit den einzelnen Künstlern bzw. deren Rechtsnachfolgern abgeschlossen hat, lautet in seiner von der Klägerin zuletzt vorgelegten Fassung auszugsweise:

"§ 1

Der Berechtigte überträgt hiermit der VG Bild- Kunst - als Treuhänderin für alle Länder - die ihm aus seinem Urheberrecht gegenwärtig zustehenden oder zukünftig anfallenden, nachstehend aufgeführten Nutzungsrechte zur Wahrnehmung und Einziehung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

.....

f) den Auskunfts- und Vergütungsanspruch bei Weiterveräußerung eines Werkes der bildenden Kunst gem. § 26 UrhG.

§ 4

Die VG Bild-Kunst ist berechtigt, die ihr vom Berechtigten übertragenen Rechte in eigenem Namen auszuüben,

...

§ 11

Der Vertrag wird zunächst für die Dauer von 3 Jahren geschlossen und verlängert sich jeweils stillschweigend um ein weiteres Jahr, wenn er nicht mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt wird. Mit Beendigung des Vertrages fallen die Rechte an den bisherigen Berechtigten zurück, ohne daß es einer besonderen Rückübertragung bedarf.

....."

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, hinsichtlich der inländischen Künstler bzw. deren Rechtsnachfolger aufgrund der Wahrnehmungsverträge berechtigt zu sein, den Auskunftsanspruch geltend zu machen. Bezüglich der in ihren Listen aufgeführten ausländischen Künstler sei sie entweder von den französischen Verwertungsgesellschaften SPADEM und ADAGP oder der Agentur Cosmopress in Genf zur Rechtsverfolgung ermächtigt worden. Sämtliche ausländischen Künstler seien einer dieser Verwertungsgesellschaften angeschlossen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Angabe von Name und Anschrift des Veräußerers sowie der Höhe des Veräußerungserlöses Auskunft darüber zu erteilen, 1. welche Originale von Werken der Urheber, die in der dem Auskunftsersuchen der Klägerin vom 18. Dezember 1974 beigefügten Liste aufgeführt sind, unter Beteiligung des Beklagten im Jahre 1973 weiterveräußert wurden; 2. welche Originale von Werken der Urheber, die in der dem Auskunftsersuchen der Klägerin vom 12. Dezember 1975 beigefügten Liste aufgeführt sind, unter Beteiligung des Beklagten im Jahre 1974 weiterveräußert wurden; 3. welche Originale von Werken der Urheber, die in der dem Auskunftsersuchen der Klägerin vom 18. Dezember 1976 beigefügten Liste aufgeführt sind, unter Beteiligung des Beklagten im Jahre 1975 weiterveräußert wurden; 4. welche Originale von Werken von Urhebern, die in der im Klagantrag zu 3) bezeichneten Liste aufgeführt sind, unter Beteiligung des Beklagten in den Jahren 1966-1972 weiterveräußert wurden.

Der Beklagte hat bestritten, daß die in den Listen vermerkten Personen durchweg Künstler seien und daß die Klägerin von allen mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt worden sei. Die Klägerin müsse ihre Legitimation für jeden Künstler belegen. Die Vorlage der Liste reiche dazu nicht aus. Die Klägerin habe auch Veränderungen in der Mitgliedschaft (Eintritte und Austritte) unberücksichtigt gelassen. Für neu eingetretene Mitglieder könnten nicht rückwirkend Auskunftsansprüche geltend gemacht werden. Ebenso fehle es an einer Berechtigung bezüglich der inzwischen ausgetretenen Mitglieder. Außerdem habe die Klägerin es unterlassen, die Staatsangehörigkeit der einzelnen Künstler nachzuweisen. Hinsichtlich des Folgerechts seien nicht alle ausländischen den deutschen Künstlern gleichgestellt. Den ausländischen Verwertungsgesellschaften seien von ihren Mitgliedern in der Regel nur die Rechte zur Wahrnehmung des klassischen Folgerechts, also vor allem des Reproduktionsrechts, übertragen worden. Die Klägerin könne deshalb keine weitergehenden Rechte erworben haben. Schließlich habe sie bezüglich der verstorbenen Künstler weder die Rechtsnachfolge der angeblichen Erben durch Erbschein nachgewiesen noch dargetan, daß sie von allen Miterben legitimiert sei. Letztlich halte er § 26 UrhG für verfassungswidrig.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Hinsichtlich der Klageanträge zu 1 - 3 hat es den Beklagten zur Auskunftserteilung nur bezüglich der Künstler verurteilt, die auch in der Urheberliste der Klägerin für 1977 noch enthalten sind. Hinsichtlich des Klagantrags zu 4 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Klägerin für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 26 UrhG (1. Januar 1973) ohne konkrete Anhaltspunkte keine Auskunft verlangen könne.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin durch Teilurteil die Klage hinsichtlich einzelner Künstler (Tenor des BU unter 1 a - y) abgewiesen und im übrigen die Berufung zum Teil (hinsichtlich der im Tenor des BU unter 2 a - z genannten Künstler) zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre ursprünglichen Auskunftsanträge - ausgenommen den Klagantrag zu 4 - weiter. Der Beklagte erstrebt mit seiner Revision eine volle Klagabweisung. Die Parteien beantragen, die beiderseitigen Revisionen zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Rechtsstreit nicht in vollem Umfang entscheidungsreif. Das Berufungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß der der Klägerin obliegende Legitimationsnachweis nicht - wie es das Landgericht für zulässig erachtet - nach den Regeln über den Beweis des ersten Anscheins erleichtert sei. Vielmehr müsse - wie das Berufungsgericht näher dargelegt hat - die Klägerin ihre Ermächtigung grundsätzlich für jeden in ihrer Liste enthaltenen Künstler einzeln nachweisen; allerdings sei der Beklagte zur Mitwirkung verpflichtet, indem er zumindest dartun müsse, für welche Künstler er Veranlassung habe, die Legitimation zu bestreiten. Der Rechtsstreit bedürfe daher noch einer weiteren Aufklärung, soweit das Auskunftsverlangen nicht schon aus anderen Gründen abzuweisen sei oder die Klägerin ihre Berechtigung nicht schon durch Urkundenvorlage nachgewiesen habe.

II. Hinsichtlich des danach entscheidungsreifen Teils des Rechtsstreits hat das Berufungsgericht einen Auskunftsanspruch bezüglich der im Urteilstenor unter 1 a-y aufgeführten Künstler verneint. Dazu hat es im einzelnen ausgeführt, daß die unter 1 a - x genannten Künstler bzw. deren Rechtsnachfolger ihre Mitgliedschaft bei der Klägerin vor der letzten mündlichen Verhandlung beendet und damit die Ermächtigung zur Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs auch für die zurückliegende Zeit widerrufen hätten. So hätten die Künstler J B (a) und Karl S-R (b) ihre Mitgliedschaft ausdrücklich gekündigt. Der Wahrnehmungsvertrag mit den angeblichen Erben H M P (c) sei zeitlich auf 2 Jahre beschränkt. Zum Teil seien die Künstler (d - x) nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beklagten nicht mehr in der Urheberliste der Klägerin für 1978 enthalten, so daß von einer zwischenzeitlichen Beendigung der Mitgliedschaft bei der Klägerin oder den französischen Verwertungsgesellschaften auszugehen sei. Hinsichtlich des Künstlers K Sch (y) habe die Klägerin dessen deutsche Staatsangehörigkeit nicht bewiesen. Nach dem Vorbringen des Beklagten sei Schwitters Engländer gewesen, so daß es auf die materielle Gegenseitigkeit mit Großbritannien ankäme, die aber unstreitig nicht vorliege.

Bezüglich der im Tenor des Berufungsurteils unter 2 a - z aufgeführten Künstler ist das Auskunftsverlangen nach Ansicht des Berufungsgerichts gerechtfertigt, weil die Klägerin insoweit Wahrnehmungsverträge vorgelegt habe. Soweit die Verträge über die Werke verstorbener Künstler nur von einem von mehreren Miterben unterzeichnet worden seien, sei dies ausreichend. Das Berufungsgericht führt im einzelnen aus, daß die Klägerin auch hinsichtlich der französischen Künstler zur Geltendmachung der Auskunftsansprüche legitimiert sei.

III. Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

1. Eine abschließende Klärung der von der Revision zur Nachprüfung gestellten Frage, ob mit dem Landgericht (ebenso OLG Frankfurt GRUR 1980, 916, 918) von einer tatsächlichen Vermutung für die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung des Auskunftsanspruchs gem. § 26 Abs. 3 und 4 UrhG auszugehen ist, ist dem Senat im gegenwärtigen Verfahrensstand verwehrt, da sich die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts - wie die Revision nicht verkennt - auf den noch in der Berufungsinstanz anhängigen Teil des Rechtsstreits beziehen.

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß mit Beendigung der Mitgliedschaft bei der Klägerin bzw. bei den von ihr vertretenen ausländischen Verwertungsgesellschaften auch die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung der bis dahin entstandenen Auskunftsansprüche entfallen sei, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung, daß die Wahrnehmungsverträge der Klägerin mit den im Tenor des Berufungsurteils unter 1 a - x genannten Künstlern durch Zeitablauf, Kündigung oder aus sonstigen Gründen beendet seien, wird von der Revision nicht angegriffen und läßt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.

Die Revision meint jedoch, daß die einmal begründete Klagebefugnis der Klägerin auch nach Beendigung des Wahrnehmungsvertrages bestehen bleibe. Die Klägerin sei als uneigennützige Treuhänderin anzusehen und als solche nach außen Rechtsinhaberin des Folgerechts und des dieses vorbereitenden Auskunftsanspruchs. Gegen eine zurückwirkende Beseitigung dieser Ansprüche spreche auch der Zweck der Regelung des § 26 UrhG, den Urheber zu schützen und ihn materiell besser zu stellen.

Der Inhalt der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den ihr angeschlossenen Urhebern spricht für die von der Revision vertretene Auffassung. Die von der Klägerin abgeschlossenen Wahrnehmungsverträge sind urheberrechtliche Nutzungsverträge eigener Art. Sie weisen hier vor allem Elemente des Auftrages, insbesondere bezüglich der treuhänderischen Rechtsübertragung, sowie des Gesellschafts-, des Dienst- und des Geschäftsbesorgungsvertrages auf (vgl. BGH GRUR 1966, 567, 569 - GELU; 1968, 321, 327 - Haselnuß). Nach der inhaltlichen Ausgestaltung dieser Verträge (vgl. § 1) ist der treuhänderisch Wahrnehmungsberechtigte zum einen befugt, den Auskunftsanspruch sowie das Folgerecht geltend zu machen, zum anderen aber auch, mit Dritten Verträge über bestimmte urheberrechtliche Nutzungen der Kunstwerke abzuschließen. Erlischt der Wahrnehmungsvertrag, so erlischt auch das die Grundlage für die Rechtsübertragung bildende Geschäftsbesorgungsverhältnis, ohne daß es einer Rückübertragung der urheberrechtlichen Befugnisse auf den Urheber bedarf (vgl. BGH GRUR 1966, 567, 569 - GELU). Daraus folgt, daß hier die Klägerin vom Zeitpunkt der Beendigung der Wahrnehmungsverträge an bezüglich der ihr zur Wahrnehmung übertragenen Nutzungsrechte nicht mehr berechtigt ist. Dagegen hat die Klägerin das Recht, alle Ansprüche, die während der Dauer der Wahrnehmungsverträge aus der Auswertung der ihr übertragenen Nutzungsrechte entstanden sind, auch weiterhin geltend zu machen (vgl. BGH a.a.O. S. 569). Dabei ist es unerheblich, ob die Ansprüche aus dem Abschluß von Nutzungsverträgen seitens der Klägerin, aus ungenehmigten Eingriffen in die ihr übertragenen Rechte oder als Folgerechte einschließlich der erforderlichen Auskünfte erwachsen sind. Aus der treuhänderischen Natur der nur zur Wahrnehmung und Einziehung erfolgten Rechtsübertragung kann deshalb nichts Gegenteiliges gefolgert werden, weil die übertragenen Rechte als gemeinsame Rechte aller Beteiligten wahrgenommen werden. Hinzu kommt, daß die eingehenden Entgelte - wie auch bei anderen urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften - entsprechend der Satzung der Klägerin nach einem Verteilungsplan zu verteilen sind, der nicht ausschließlich eine individuelle Abführung der jeweils eingegangenen Vergütungen vorsieht, sondern im wesentlichen auf einem Pauschalsystem beruht. Hierdurch unterscheidet sich das zwischen der Klägerin und den ihr angeschlossenen Berechtigten bestehende Rechtsverhältnis von einer normalen Inkassovollmacht, bei der der für den Auftraggeber vereinnahmte Betrag an diesen abzuführen ist (BGH a.a.O. S. 569).

Sonach läßt sich die Klagabweisung bezüglich der im Tenor des Berufungsurteils unter 1 a - x angeführten Künstler nicht halten. Die Sache ist insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird im einzelnen zu prüfen haben, ob die sonstigen Voraussetzungen für eine wirksame Nutzungsrechtsübertragung - und gegebenenfalls für welchen Zeitraum - gegeben sind. Bezüglich der ausländischen Verwertungsgesellschaften und der ihnen angeschlossenen Berechtigten wird darüberhinaus zu prüfen sein, ob aus dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis ebenfalls auf eine auch nach Beendigung der Berechtigungsverträge weiterbestehende Sachbefugnis für die bis dahin erworbenen Ansprüche geschlossen werden kann.

3. Die Abweisung des Auskunftsverlangens über Werke des Künstlers K Sch (Tenor BU 1 y) durch das Berufungsgericht hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die vom Beklagten substantiiert bestrittene deutsche Staatsangehörigkeit nicht unter Beweis gestellt, wird von der Revision mit Erfolg mit der Rüge aus § 286 ZPO angegriffen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 28. September 1978 lediglich vorgetragen, K Sch sei als "Engländer gestorben". Damit hat der Beklagte aber nicht bestritten, daß Sch ursprünglich Deutscher war. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, daß Sch bis 1935 in Deutschland lebte. Es kann in diesem Verfahren auf Auskunftserteilung dahingestellt bleiben, ob und gegebenenfalls von welchem Zeitpunkt an Schwitters seine deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben oder sonst verloren hat. Denn die Revision weist mit Recht darauf hin, daß ein späterer Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit für ein bereits geschaffenes und damit nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Werk belanglos ist. Das Urheberrecht ist als Immaterialgüterrecht ein absolutes Recht, so daß der einmal durch das Urheberrechtsgesetz gewährte Urheberrechtsschutz für die gesamte Schutzdauer bestehen bleibt.

Da das Berufungsgericht im Fall Schwitters die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen bereits bejaht hat, kann die Verurteilung zur Auskunftserteilung durch das Revisionsgericht ausgesprochen werden, ohne daß es einer Zurückverweisung bedarf.

Ergibt die vom Beklagten zu erteilende Auskunft, daß er Werke von Sch weiterveräußert oder vermittelt hat, so wird bei der Geltendmachung des Folgerechts zu klären sein, ob und gegebenenfalls wann der Künstler die englische Staatsangehörigkeit erworben und ob er daneben die deutsche behalten hat. Im Auskunftsverfahren ist der Klägerin eine umfassende Aufklärung der Staatsangehörigkeitsfrage noch nicht zumutbar, solange nicht feststeht, ob und gegebenenfalls welche Werke der Beklagte gehandelt hat. Denn das Auskunftsverlangen ist in jedem Falle für die Werke gerechtfertigt, die der künstler als deutscher Staatsangehöriger geschaffen hat. Den Zeitpunkt des angeblichen Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit hat der Beklagte selbst nicht vorgetragen.

IV. Auch die Revision des Beklagten hat zum Teil Erfolg.

1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, daß alle in der Liste der Klägerin aufgeführten Personen Urheber seien, greift nicht durch. Die Revision übersieht in diesem Zusammenhang, daß sich die Auskunftspflicht nur auf die vom Beklagten veräußerten Werke bezieht. Es bleibt ihm überlassen, im Rahmen der Auskunftserteilung zu bestreiten, daß es sich insoweit nicht um Werke der bildenden Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG handelt.

2. Der Einwand der Revision, die Klägerin habe die Staatsangehörigkeit der einzelnen Künstler nicht hinreichend dargelegt, so daß die Anwendung des Folgerechts nicht überprüft werden könne, ist unbegründet. Die Revision übersieht, daß die Klägerin in den Listen der Verwertungsgesellschaften die jeweiligen Staatsangehörigkeiten nahezu ausnahmslos durch Nationalitätskennzeichen ausreichend kenntlich gemacht hat.

3. Im Ergebnis ohne Erfolg greift die Revision auch die Auffassung des Berufungsgerichts an, daß es in den Fällen der Rechtsnachfolge durch Erbfall ausreiche, wenn einer von mehreren Miterben eines deutschen Künstlers den Wahrnehmungsvertrag unterschrieben habe. Das Berufungsgericht hat sich auf den in § 2039 BGB ausgesprochenen Grundsatz gestützt, daß jeder Miterbe Leistung an alle Erben verlangen könne (ebenso OLG München GRUR 1979, 641). Es kann zweifelhaft sein, ob auch der Abschluß eines Wahrnehmungsvertrages unter diese Bestimmung fällt. Der Vertragsabschluß ist aber als eine zulässige Verwaltungsmaßnahme im Sinne des § 2038 Abs. 1 BGB anzusehen (ebenso OLG Frankfurt GRUR 1980, 916, 919). Zwar steht nach Satz 1 dieser Bestimmung die Verwaltung grundsätzlich den Erben gemeinschaftlich zu. Nach Satz 2, 2. Halbsatz, kann jedoch jeder Miterbe die zur Erhaltung notwendigen Maßnahmen ohne Mitwirkung der anderen treffen. Um eine solche Maßnahme handelt es sich hier. Aus dem Vorbringen der Klägerin ist zu entnehmen, und dies entspricht auch der Erfahrung, daß die Feststellung der Erbfolge vielfach nicht nur erhebliche Kosten und Schwierigkeiten bereiten kann, sondern auch sehr langwierig ist. Da aber das Auskunftsersuchen nach § 26 Abs. 3 UrhG für ein abgelaufenes Kalenderjahr spätestens bis zum Ablauf des darauffolgenden Jahres gestellt werden muß, erscheint das von nur einem Miterben veranlaßte Auskunftsersuchen sachgerecht und notwendig, wobei die Erwägung hinzutritt, daß der Folgeanspruch ohnehin nach § 2039 BGB auch durch nur einen Miterben allein geltend gemacht werden kann, wenn er Leistung an alle Miterben verlangt.

Auf die vom Berufungsgericht ungeprüft gelassene Frage, ob diese Rechtsauffassung auch für die Rechtsnachfolger französischer Künstler gilt, kommt es zunächst nicht an, da das Berufungsurteil insoweit aus anderen Gründen (vgl. nachfolgend unter 6) aufzuheben ist.

4. Soweit die Revision rügt, die Erbfolge sei im einzelnen nicht durch geeignete Urkunden (Erbscheine) nachgewiesen worden und bei den vorgelegten Urkunden würde es sich zudem um unbeglaubigte Ablichtungen handeln, kann sie damit in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden (vgl. § 561 ZPO), denn das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte durchweg nur die Alleinerbenstellung der Vertragspartner der Klägerin bzw. der ausländischen Verwertungsgesellschaften bestritten habe. Hinsichtlich dieser Tatsachenfeststellung hat der Beklagte keine den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO entsprechende Verfahrensrüge erhoben.

5. Die Einwände der Revision gegen eine Verurteilung zur Auskunftserteilung über die Veräußerung von Werken P K sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat aufgrund der Vereinbarung zwischen der P K Stiftung und dem Sohn F K vom 4. Dezember 1952 festgestellt, daß lediglich offengeblieben sei, wem das Folgerecht an den im Zeitpunkt des Erbfalls bereits verkauften Kunstwerken zustehe. Danach kommt F K auch insoweit zumindest hinsichtlich eines Teils der Werke als Rechtsnachfolger in Betracht. Das aber reicht aus, um zunächst das Auskunftsverlangen zu rechtfertigen.

6. Die Verurteilung zur Auskunftserteilung über die Weiterveräußerung von Werken der im Tenor des Berufungsurteils unter 2 v - y aufgeführten französischen Künstler hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht das Vorbringen des Beklagten, nach französischem Recht bestehe nicht ohne weiteres eine Legitimation der Verwertungsgesellschaften über den Tod eines Künstlers hinaus, übergangen hat. Das Verfahren bei der Feststellung des ausländischen Rechts ist in der Revisionsinstanz nachprüfbar (vgl. BGH LM BEG 1956 § 212 Nr. 4). Hier hätte sich das Berufungsgericht nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, der Beklagte habe sein Vorbringen nicht gem. § 293 ZPO belegt. Vielmehr hätte es versuchen müssen, das französische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Denn § 293 ZPO ist dahin zu verstehen, daß das Gericht die Mithilfe der Partei bei der Erforschung fremden Rechts beanspruchen darf (NJW 1976, 1583), eine Beweislast im eigentlichen Sinne gibt es hier jedoch nicht (vgl. BGH LM ZPO § 293 Nr. 2). Die Frage ist daher insoweit von Amts wegen weiter aufzuklären. Dabei wird von Art. 42 des Gesetzes Nr. 57/298 vom 11. März 1957 über das literarische und künstlerische Eigentum auszugehen sein (vgl. Möhring/Schulze/Ulmer/Zweigert, Band I, Frankreich II, S. 1). Danach ist das Folgerecht zwar vererblich, abweichend vom sonstigen Urheberrecht steht das Folgerecht grundsätzlich aber ausschließlich den gesetzlichen Erben des Künstlers zu (vgl. im einzelnen Katzenberger, Das Folgerecht im deutschen und ausländischen Urheberrecht, 1970, S. 39, insbes. 41 f).

Hinsichtlich der Auskunftserteilung über die Werke der verstorbenen französischen Künstler M E (Tenor BU 2 v), P B (w) und J C (x) war daher die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

b) Ebenfalls zutreffend beanstandet die Revision die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die französischen Verwertungsgesellschaften von ihren Mitgliedern auch zur Geltendmachung des Folgerechts in der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt seien. Das Berufungsgericht gelangt zu dieser Feststellung aufgrund der Interessenlage der Vertragsbeteiligten im Wege ergänzender Auslegung (BU 24 f), wobei nicht ersichtlich ist, ob es bei der Vertragsauslegung von dem hier maßgebenden französischen Recht ausgegangen ist. Auch insoweit bedarf der Sachverhalt einer weiteren Aufklärung, soweit es nach den vorstehend unter a) zu treffenden Feststellungen noch darauf ankommt. Dabei wird das Berufungsgericht zunächst die in Betracht kommenden Wahrnehmungsverträge in Verbindung mit den Satzungen und den Geschäftsordnungen der ausländischen Verwertungsgesellschaften daraufhin zu überprüfen haben, ob sich aus ihnen eine Befugnis zur Wahrnehmung ausländischer Folgerechte ergibt (bejahend OLG Frankfurt GRUR 1980, 916, 917).

c) Weiter reichen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu der Annahme, daß die französischen Staatsangehörigen grundsätzlich für den ganzen, von den Klaganträgen erfaßten Zeitraum Folgerechte in der Bundesrepublik Deutschland geltend machen können. Nach der Senatsentscheidung vom 23. Juni 1978 (BGHZ 72, 63 ff - Jeannot) steht das Folgerecht ausländischen Staatsangehörigen nach § 121 Abs. 5 UrhG nur zu, wenn das Bestehen von Gegenseitigkeit bekannt gemacht worden ist. Die hier in Betracht kommende Bekanntmachung datiert vom 4. November 1975 (BGBl I 2275). Für den davorliegenden Zeitraum kann sich ein französischer Staatsangehöriger unabhängig von der Bekanntmachung auf den Grundsatz der Inländerbehandlung nach Art. 5 Abs. 1 RBÜ berufen, wenn insoweit mit seinem Heimatstaat materielle Gegenseitigkeit besteht. Die dazu erforderlichen Feststellungen sind vom Tatrichter zu treffen (BGHZ 72, 63, 70 - Jeannot). Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung zu prüfen haben, ob im Verhältnis zur französischen Republik die materielle Gegenseitigkeit auch für einen vor dem 4. November 1975 liegenden Zeitraum bestanden hat (bejahend KG GRUR 1979, 467 f).

d) Soweit Auskunft über die Veräußerung von Werken des Künstlers M C verlangt wird, reicht die in französischer Sprache vorgelegte Bestätigung des Künstlers vom 26. September 1978 - wie die Revision mit Recht rügt - schon deshalb nicht aus, weil aus ihr nicht ersichtlich ist, daß sie sich auf den Anspruchszeitraum von 1973 - 1975 bezieht. Eine nachträgliche Ermächtigung würde zudem nicht genügen. § 26 Abs. 3 UrhG setzt voraus, daß die Ermächtigung zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens vorliegt, spätestens jedoch zum Ablauf der für das Auskunftsersuchen bestehenden Frist. Auch insoweit sind daher weitere Feststellungen erforderlich.

7. Die Einwände, die die Revision abschließend hinsichtlich des Auskunftsverlangens über die weiteren Künstler vorbringt, sind zum Teil begründet. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, daß sich die vorgelegten Wahrnehmungsverträge mit den Rechtsnachfolgern einzelner Künstler entweder gar nicht oder zumindest nicht auf den vollständigen Anspruchszeitraum von 1973 - 1975 beziehen. Dies gilt für die Wahrnehmungsverträge betreffend K J H vom 17. Juni 1975, G G vom 1./6. Juli 1976 und O M vom 11. Mai 1978. Insoweit ist der Klägerin im Rahmen der ohnehin notwendigen weiteren Aufklärung Gelegenheit zum Nachweis zu geben, daß sie bereits zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen Auskunftsersuchen ermächtigt war.

8. Die Ausführungen der Revision geben dem Senat auch keine Veranlassung, an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 UrhG zu zweifeln. Die von der Revision angesprochenen Verfassungsfragen haben sich durch die am 1. Januar 1973 in Kraft getretene Neufassung des § 26 UrhG nicht grundlegend geändert. Die Verfassungsmäßigkeit des § 26 UrhG in der alten Fassung ist aufgrund einer Verfassungsbeschwerde gegen die auf § 26 a. F. beruhende Senatsentscheidung vom 7. Juni 1971 (BGHZ 56, 256 ff - Pechstein) überprüft worden. Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde gem. § 93 a Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 23. Februar 1972 - 1 BvR 338/71 - nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

V. Nach alledem war das Berufungsurteil auf die Revision beider Parteien teilweise aufzuheben und der Rechtsstreit nach § 565 Abs. 1 ZPO zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456608

GRUR 1982, 308

AfP 1982, 121

IPRspr. 1982, 122

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