Leitsatz (amtlich)

Die Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung in Ziff. 1.4 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2010 ist nicht intransparent.

 

Normenkette

AUB 2010 Ziff. 1.4; BGB § 307 Abs. 1 S. 2 Bk

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 17.05.2018; Aktenzeichen I-6 U 104/17)

LG Dortmund (Entscheidung vom 11.05.2017; Aktenzeichen 2 O 259/16)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Hamm vom 17.5.2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 3.000 EUR festgesetzt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger, ein als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 4 UKlaG eingetragener Verein, nimmt den beklagten Versicherer auf Unterlassung der Verwendung der Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung in dessen Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (im Folgenden: AUB 2010) in Anspruch. In Ziff. 1 AUB 2010 heißt es unter der Überschrift "Der Versicherungsumfang":

"1. Was ist versichert? 1.1 Wir bieten Versicherungsschutz bei Unfällen, die der versicherten Person während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. ... 1.3 Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. 1.4 Als Unfall gilt auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule - ein Gelenk verrenkt wird oder - Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden ..."

Rz. 2

Der Kläger hält die Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung in Ziff. 1.4 AUB 2010 für unwirksam wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot. Er forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, was diese ablehnte. Seine Klage - gerichtet auf Verurteilung der Beklagten, es bei Vermeidung eines festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, beim Abschluss von Verträgen über Unfallversicherungen die in Ziff. 1.4 AUB 2010 genannte Versicherungsbedingung hinsichtlich der Formulierung "erhöhte" oder eine inhaltsgleiche Versicherungsbedingung zu verwenden oder sich gegenüber Versicherungsnehmern auf diese zu berufen - hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom OLG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 3

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Rz. 4

I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in VersR 2019, 611 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 1, 3 Abs. 1 UKlaG bestehe nicht, da die in Ziff. 1.4 AUB 2010 verwendete Klausel der "erhöhten" Kraftanstrengung nicht unwirksam sei. Die Klausel verstoße nicht gegen das Transparenzgebot. Die Grenzen des Begriffs "erhöhte Kraftanstrengung" seien zwar je nach Person und Situation unterschiedlich und nicht leicht fassbar. Das sei aber typisch für jeden seiner Natur nach nicht fest zu umschreibenden Lebenssachverhalt. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei erkennbar, dass nur für die Folgen von über übliche Anstrengungen des täglichen Lebens hinausgehende Kraftanstrengungen Versicherungsschutz zugesagt werden solle. Die Unfallfiktion dehne den Versicherungsschutz erkennbar nur auf einen Teilbereich im Sinne einer besonders qualifizierten Form von Eigenbewegungen mit einer gegenüber einem Unfallereignis vergleichbaren Gefahrenlage für die körperliche Unversehrtheit aus. Als zentrale Parameter würden als Verletzungsmechanismus eine erhöhte Kraftanstrengung gefordert und als versicherte Verletzungsfolge die Verrenkung eines Gelenks und die Zerrung bzw. Zerreißung von Muskeln, Sehnen, Bändern und Kapseln an Gliedmaßen und Wirbelsäule genannt.

Rz. 5

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Rz. 6

1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, die angegriffene Regelung in Ziff. 1.4 AUB 2010 genüge dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Rz. 7

a) Hiernach ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Dem Versicherungsnehmer soll bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden (BGH, Urt. v. 4.4.2018 - IV ZR 104/17 VersR 2018, 532 Rz. 8 m.w.N.). Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (BGH, Urt. v. 13.9.2017 - IV ZR 302/16 VersR 2017, 1330 Rz. 13 m.w.N.).

Rz. 8

Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen zu beachten ist (Senatsurteile vom 4.4.2018, a.a.O., Rz. 9; v. 8.5.2013 - IV ZR 174/12, r+s 2013, 334 Rz. 9). Diese sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, Urt. v. 6.3.2019 - IV ZR 72/18 VersR 2019, 542 Rz. 15 m.w.N.; st.Rspr.).

Rz. 9

b) Unter Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die angegriffene Regelung in Ziff. 1.4 AUB 2010 nicht als intransparent.

Rz. 10

aa) (1) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sich zunächst am Wortlaut von Ziff. 1.4 AUB 2010 orientieren und das Adjektiv "erhöhte" dem Substantiv "Kraftanstrengung" zuordnen. Anstrengung ist nach allgemeinem Sprachgebrauch eine starke Beanspruchung der Kräfte (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl.). Der Versicherungsnehmer wird erkennen, dass die Klausel den Einsatz von Muskelkraft verlangt, und zwar - wie ihm das vorangestellte Wort "erhöhte" verdeutlicht - eine qualifizierte Form von Muskeleinsatz. Das wird er dahingehend verstehen, dass der Einsatz von Muskelkraft gesteigert sein muss, einerseits also denjenigen, der mit einer normalen körperlichen Bewegung oder Tätigkeit des täglichen Lebens naturgemäß verbunden ist, übersteigen muss, andererseits aber auch kein völlig außergewöhnlicher oder extremer Krafteinsatz erforderlich ist. Nicht erfasst sind erkennbar normale körperliche Bewegungen oder Tätigkeiten des täglichen Lebens, die zwar einen gewissen Muskeleinsatz, aber nach allgemeiner Lebenserfahrung keine bemerkenswerte Anstrengung erfordern, wie z.B. Gehen, Laufen, Aufstehen, Hocken oder Bücken (vgl. OLG Düsseldorf r+s 1999, 296, 297 [juris Rz. 15]; OLG Frankfurt ZfSch 2014, 404 [juris Rz. 30]; r+s 1995, 157 [juris Rz. 4]; OLG Karlsruhe VersR 2019, 745, 747 [juris Rz. 54]; OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1273 [juris Rz. 4, 8]; OLG Saarbücken r+s 2002, 348 [juris Rz. 17]; Dörner in MünchKomm/VVG, 2. Aufl., § 178 Rz. 104 ff.; Grimm, Unfallversicherung 5. Aufl. Ziff. 1 AUB 2010 Rz. 53; Hoenicke, r+s 2017, 493; Hugemann in Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht 2. Aufl. Ziff. 1 AUB 2010 Rz. 3; Jacob, Unfallversicherung AUB 2014 2. Aufl. Ziff. 1 Rz. 23 ff.; Jacob in BeckOK VVG, § 178 Rz. 51 ff. [Stand: 28.2.2019]; Kloth, Private Unfallversicherung 2. Aufl. Abschnitt F Rz. 4; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. Ziff. 1 AUB 2010 Rz. 8; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 47 Rz. 32; Naumann/Brinkmann, ZfSch 2012, 69, 70; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 6. Aufl., § 178 Rz. 10; Rüffer in HK-VVG 3. Aufl. Ziff. 1 AUB 2010 Rz. 3; Wagner, r+s 2013, 421, 422).

Rz. 11

(2) Entgegen der Auffassung der Revision bleibt der Vergleichsmaßstab der "erhöhten" Kraftanstrengung nicht unklar. Nach dem Wortlaut der Klausel kommt es darauf an, dass (und inwieweit) sich der Versicherte angestrengt hat. Daraus wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer folgern, dass für die Frage, ob ein Bewegungsablauf oder eine Tätigkeit eine erhöhte Kraftanstrengung im Vergleich zu normalen Abläufen des täglichen Lebens erfordert, auf die individuellen körperlichen Verhältnisse abzustellen ist. Er wird also einen subjektiven Maßstab anlegen. Eine objektive, auf einen durchschnittlichen Versicherten abstellende Betrachtung wird er als fernliegend erachten (vgl. OLG Dresden r+s 2008, 432, 434 [juris Rz. 3]; OLG Frankfurt r+s 1995, 157 [juris Rz. 4]; OLG Hamm VersR 2011, 1136 [juris Rz. 4]; Dörner in MünchKomm/VVG, a.a.O., Rz. 104; Hugemann, a.a.O., Rz. 4; Jacob, Unfallversicherung AUB 2014 2. Aufl. Ziff. 1 Rz. 25; Kloth, a.a.O., Rz. 5 ff.; Knappmann, a.a.O.; Leverenz in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. Ziff. 1 AUB 2008 Rz. 26; Rüffer, a.a.O.; Wagner, r+s 2013, 421, 422 f.).

Rz. 12

(3) Dass sich der Einsatz von Muskelkraft auf die Bewegung anderer Massen als die des eigenen Körpers beziehen muss oder dass überhaupt eine Bewegung erforderlich ist, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer - wie die Revision zutreffend ausführt - dem Wortlaut nicht entnehmen. Vielmehr wird er jeden Einsatz von gesteigerter Muskelkraft unter den Begriff der erhöhten Kraftanstrengung fassen, also auch solche Abläufe, im Zuge derer er durch Muskelanspannung seinen eigenen Körper bewegt oder - wie etwa bei dem erfolglosen Versuch, einen schweren Gegenstand anzuheben - zu bewegen versucht (vgl. OLG Frankfurt ZfSch 2014, 404 [juris Rz. 30]; r+s 1995, 157 [juris Rz. 5]; OLG Naumburg r+s 2013, 452, 453 [juris Rz. 54]; OLG Saarbücken r+s 2002, 348 f. [juris Rz. 17]; Dörner in MünchKomm/VVG, a.a.O.; Hugemann, a.a.O., Rz. 3; Jacob, a.a.O., Rz. 24; Marlow in Veith/Gräfe/Gebert, Versicherungsprozess 3. Aufl., § 12 Rz. 73; Wagner, r+s 2013, 421, 423; a.A. OLG Celle r+s 1991, 357).

Rz. 13

(4) Ebenso wenig kommt es nach dem Wortlaut darauf an, ob die erhöhte Kraftanstrengung nur einmalig oder - etwa anlässlich beruflicher oder sportlicher Betätigung - häufig oder regelmäßig ausgeübt wurde. Maßgeblich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist vielmehr allein, inwieweit der konkrete Muskeleinsatz gemessen an der individuellen (möglicherweise - was der Feststellung im Einzelfall bedarf - durch häufige Vornahme gestärkten) körperlichen Konstitution über denjenigen von normalen Bewegungsabläufen oder Tätigkeiten des täglichen Lebens hinausgeht; die für den jeweiligen Sport oder Beruf typischen Abläufe wird er dagegen nicht als Vergleichsmaßstab ansehen (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1273 [juris Rz. 4]; OLG Saarbücken, a.a.O.; Knappmann, a.a.O., Rz. 9; Leverenz, a.a.O., Rz. 23 f.; Naumann/Brinkmann, a.a.O., S. 71 f.; Rixecker, a.a.O., Rz. 10 f.; Rüffer, a.a.O., Rz. 3 f.; Wagner, r+s 2013, 421, 423 f.; unklar OLG Frankfurt r+s 1995, 157 [juris Rz. 4 f.]; OLG Hamm VersR 2011, 1136 [juris Rz. 4]).

Rz. 14

bb) Der systematische Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Klausel stützen den Versicherungsnehmer bei diesem Verständnis. Er wird - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - aus der Formulierung "gilt auch" folgern, dass Ziff. 1.4 AUB 2010 den in Ziff. 1.3 definierten Unfallbegriff und damit auch den Versicherungsschutz erweitert. Er wird hierdurch und durch die Formulierung "erhöhte" Kraftanstrengung erkennen, dass der Unfallfiktion nur solche Gesundheitsbeeinträchtigungen unterfallen sollen, die durch eine für ihn das normale Maß übersteigende Beanspruchung auftreten (vgl. Jacob, a.a.O., Rz. 22 f.; Naumann/Brinkmann, a.a.O., S. 75). Nur ein solches Ereignis wird er als einem Unfall gleichwertig verstehen. Den Zweck des Begriffs "erhöhte" Kraftanstrengung wird er darin sehen, die durch Aufnahme der Unfallfiktion erfolgte Erweiterung des Versicherungsschutzes nicht grenzenlos zu gewähren.

Rz. 15

cc) Auf der Grundlage des Wortlauts, des systematischen Zusammenhangs sowie des erkennbaren Zwecks der angegriffenen Regelung in Ziff. 1.4 AUB 2010 werden zu Recht weder in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch - von Einzelstimmen abgesehen - im Schrifttum Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser oder einer vergleichbaren Klausel unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebotes erhoben (OLG Celle r+s 1991, 357; OLG Dresden r+s 2008, 432, 433 f. [juris Rz. 2 f.]; OLG Düsseldorf NJW-RR 2004, 1613 [juris Rz. 8]; r+s 1999, 296, 297 [juris Rz. 15]; OLG Frankfurt ZfSch 2014, 404 [juris Rz. 30]; r+s 1995, 157 [juris Rz. 3 f.]; OLG Hamm VersR 2011, 1136 [juris Rz. 4]; OLG Karlsruhe VersR 2019, 745, 747 [juris Rz. 53 f.]; OLG Naumburg r+s 2013, 452, 453 [juris Rz. 53 ff.]; OLG Nürnberg NJW-RR 2000, 1273 [juris Rz. 2 ff.]; OLG Saarbrücken r+s 2002, 348 [juris Rz. 16 ff.]; Dörner in MünchKomm/VVG, a.a.O.; Grimm, a.a.O.; Hoenicke, r+s 2017, 493; Jacob, a.a.O., Rz. 23; Kloth, a.a.O., Rz. 10; Knappmann, a.a.O., Rz. 11; Mangen, a.a.O., Rz. 31 ff.; Marlow, a.a.O., Rz. 67; Naumann/Brinkmann, a.a.O., S. 75; Rüffer, a.a.O., Rz. 2 ff.; Wagner, a.a.O.; vgl. öOGH Wien r+s 2018, 216; a.A. Marlow/Tschersich, r+s 2011, 367, 369; dies., r+s 2013, 157, 160; Kloth/Tschersich, r+s 2015, 276, 279; Melzer, VK 2012, 106, 108; 2015, 168, 170; Kloth/Piontek, r+s 2017, 505, 508). Die Klausel führt dem verständigen Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss deutlich vor Augen, was ihn erwartet. Zwar haben die Gerichte im Streitfall möglicherweise schwierige Feststellungen zu den konkreten Umständen des Einzelfalles zu treffen. Das ist aber nicht unüblich und führt entgegen der Auffassung der Revision nicht zu Intransparenz. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen. Weder bedarf es eines solchen Grades an Konkretisierung, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können, noch ist ein Verstoß gegen das Transparenzgebot schon dann zu bejahen, wenn Bedingungen noch klarer und verständlicher hätten formuliert werden können (BGH, Urt. v. 4.4.2018 - IV ZR 104/17 VersR 2018, 532 Rz. 8; BGH, Urt. v. 7.2.2019 - III ZR 38/18 NJW-RR 2019, 942 Rz. 23, jeweils m.w.N.).

Rz. 16

Entgegen der Auffassung der Revision folgt etwas anderes nicht aus der Senatsrechtsprechung zu Ausschlussklauseln (BGH, Urt. v. 10.12.2014 - IV ZR 289/13 VersR 2015, 318; v. 23.6.2004 - IV ZR 130/03, BGHZ 159, 360), die den Versicherungsschutz einschränken und deren Auslegung daher besonderen Regeln unterliegt (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.4.2019 - IV ZR 59/18, r+s 2019, 326 Rz. 21 m.w.N.). Rückschlüsse für die vorliegend in Rede stehende Klausel, die den Versicherungsschutz über Unfälle im Sinne von Ziff. 1.3 AUB 2010 hinaus erweitert, kommen nicht in Betracht (a.A. Kloth/Piontek, r+s 2017, 505, 508 mit Fn. 32; Kloth/Tschersich, r+s 2015, 276, 279).

Rz. 17

2. Die Revision erhebt zu Recht keine Einwände gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die angegriffene Regelung in Ziff. 1.4 AUB 2010 stelle auch im Übrigen keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar, sie weiche insb. nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 178 VVG ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BT-Drucks. 16/3945, 107).

 

Fundstellen

Haufe-Index 13572435

NJW-RR 2020, 92

WM 2020, 182

ZAP 2020, 75

JZ 2020, 47

MDR 2020, 36

VersR 2020, 95

VuR 2020, 79

ZfS 2020, 99

VK 2020, 40

r+s 2020, 45

r+s 2022, 421

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