Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorzeitige Beendigung Mietverhältnis. Höherer Ertragswert und Veräußerungserlös durch Mieterinvestitionen. Bereicherungsanspruch gegen neuen Vermieter bei Vermieterwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

a) Zur Berechnung des Bereicherungsanspruchs des Mieters, wenn der Vermieter infolge vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses früher als vorgesehen in den Genuss des durch Investitionen des Mieters erhöhten Ertragswerts gelangt (Fortführung von BGH, Urt. v. 8.11.1995 - XII ZR 202/94, WM 1996, 1265 ff.; v. 25.10.2000 - XII ZR 136/98, NJW-RR 2001, 727).

b) Eine Bereicherung des Vermieters liegt auch dann vor, wenn eine Weitervermietung zu einem höheren Mietzins wegen von ihm zu vertretender Mängel nicht möglich ist.

c) Bei einem Vermieterwechsel ist nicht derjenige Bereicherungsschuldner, der im Zeitpunkt der Vornahme der Investitionen Vermieter war, sondern der neue Vermieter, der die Mietsache vorzeitig zurückerhält. Dies gilt bei einer Grundstücksveräußerung auch dann, wenn der ursprüngliche Vermieter mit Rücksicht auf die wertsteigernden Investitionen des Mieters einen höheren Veräußerungserlös erzielt hat.

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 1, § 818 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Urteil vom 18.01.2002; Aktenzeichen 8 U 318/01)

LG Mainz (Urteil vom 11.01.2001; Aktenzeichen 1 O 465/95)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Koblenz v. 18.1.2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf die Berufung der Beklagten wegen eines Teilbetrages von 238.585,77 EUR (466.633,20 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 20.1.1996 unter Abänderung des Urteils der 1. Zivilkammer des LG Mainz v. 11.1.2001 abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin wegen des weiteren Zinsanspruchs gem. Buchstaben a) - m) der Ziff. 1 ihrer Klageerweiterung v. 28.9.2001 zurückgewiesen wurde.?21 ≫Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das OLG zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über gegenseitige Ansprüche aus einem gewerblichen Mietvertrag über den Gewölbekeller unter dem Hotel "S." in M., F. straße ..., den der Rechtsvorgänger der Beklagten mit schriftlichem Vertrag v. 24.6.1983 für die Zeit v. 1.7.1983 bis 1.7.2003 zum Betrieb einer Gaststätte (Weinkeller) zu einem monatlichen Mietzins von 10.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer - mit Indexanpassungsklausel - an die Klägerin vermietet hatte.

Die Klägerin verlangt wegen von ihr durchgeführter Umbaumaßnahmen Ausgleich einer angeblichen Wertsteigerung des Objekts i.H.v. 1.054.852,40 DM sowie Wertersatz für zurückgelassene Gegenstände i.H.v. 251.818,53 DM, während die Beklagte widerklagend von der Klägerin einbehaltenen Mietzins sowie Schadensersatz verlangt.

Mit Zustimmung des Rechtsvorgängers der Beklagten, der den Gewölbekeller vor Vertragsbeginn als Lager und Verkaufsraum für seinen Handel mit antiken Möbeln genutzt hatte, nahm die Klägerin umfangreiche Umbauten für ihren Restaurantbetrieb vor und versah die Räume im Bereich der über 600 m2 großen Hauptnutzfläche mit Einrichtungen und Dekorationsobjekten. Insoweit sah der Mietvertrag vor, dass "wegen der Bauinvestitionen" bis Ende 1983 keine Miete, für 1984 nur 5.000 DM netto und für das erste Halbjahr 1985 nur 6.000 DM netto monatlich zu zahlen waren.

In Bezug auf "Veränderungen an und in der Mietsache" bestimmt § 13 des Mietvertrages:

"Will der Mieter Einrichtungen, mit denen er die Mietsache versehen hat, bei Beendigung des Mietverhältnisses wegnehmen, hat er sie zunächst dem Vermieter anzubieten... Wenn der Vermieter die Einrichtungen übernehmen will, hat er dem Mieter einen angemessenen Ausgleich zu leisten."

1990 geriet die Klägerin in finanzielle Schwierigkeiten. Die Beklagte, die zwischenzeitlich Eigentümerin des Grundstücks und damit Vermieterin geworden war, erließ der Klägerin daraufhin gemäß schriftlicher Vereinbarung v. 28.5.1990 "zur Abwendung des Konkurses und im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleiches" 65 % der bis dahin rückständigen Mietforderung von knapp 50.000 DM.

Mit Schreiben v. 17.9.1992 forderte die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme auf vorausgegangene Gespräche auf, unverzüglich die zugesagte Sanierung des Hofes in Auftrag zu geben, dessen Zustand offensichtlich die Ursache der inzwischen aufgetretenen gravierenden Durchfeuchtung des Gewölbekellers sei. Zugleich kündigte sie an, die Miete wegen dieser Feuchtigkeitserscheinungen ab Oktober 1992 zu mindern. In der Folgezeit zahlte sie monatlich nur noch einen Teil des vereinbarten Mietzinses und ab November 1994 nichts mehr.

Zugleich entwickelte sich der Streit der Parteien u.a. wie folgt:

Mit Schreiben v. 22.2.1993 verlangte der Gesellschafter S. der Beklagten Nachzahlung der als Minderung einbehaltenen Beträge. Er teilte der Klägerin mit, dass der bereits Anfang 1992 erteilte Sanierungsauftrag wegen Überlastung des beauftragten Unternehmens erst zum Jahresende ausgeführt werden könne, und versicherte ihr, dass der Beklagten sehr daran gelegen sei, "die Ursache der in Ihren Räumen aufgetretenen Feuchtigkeit schnellstmöglich zu beseitigen."

Im Oktober 1993 bot die Klägerin der Beklagten an, gemeinsam ein Sachverständigengutachten über den Zustand des Gewölbekellers erstellen zu lassen. Nachdem die Beklagte darauf nicht reagierte, leitete die Klägerin im Februar 1994 ein selbständiges Beweissicherungsverfahren ein, in dessen Verlauf der Sachverständige L. erhebliche Feuchtigkeits- und Nässeeinbrüche sowie als deren Ursache eine fehlende vertikale und horizontale Abdichtung ggü. dem hohen und stark salzbelasteten Grundwasserstand feststellte. Er bezifferte den Aufwand für eine Sanierung auf rund 285.000 DM; ein vollständiger Feuchteabschluss könne indes nur durch eine Neubaumaßnahme erreicht werden.

Nach Eingang des Gutachtens forderte die Klägerin die Beklagte mit Anwaltsschreiben v. 12.10.1994 erfolglos zur Sanierung auf und kündigte das Mietverhältnis über den Gewölbekeller sodann mit Anwaltsschreiben v. 27.2.1995 fristlos zum 1.6.1995.

Nach einer Betriebsbesichtigung am 11.4.1995 forderte das Ordnungsamt der Stadt M. die Klägerin unter dem 8.5.1995 auf, zur Vermeidung eines Bußgeldverfahrens unverzüglich Maßnahmen gegen das Herabfallen gelöster Teile des Farbanstrichs der Küche und von Fugenmörtel aus der Gewölbedecke zu ergreifen.

Ab Juni 1995 verwehrte die Beklagte der Klägerin den Zutritt zu den Mieträumen und verweigerte die Herausgabe der Klägerin gehörender Einrichtungsgegenstände unter Hinweis auf ihr Vermieterpfand- und Zurückbehaltungsrecht wegen rückständiger Mietzinsforderungen.

Mit Anwaltsschreiben v. 19.2.1996 erklärte die Beklagte, die Kücheneinrichtung und Theke würden freigegeben und seien bis 4.3.1996 auszubauen und zu entfernen, andernfalls sie freihändig ohne Haftung für Schäden beim Ausbau verwertet würden. Eine Bitte der Klägerin um Verlängerung der Frist lehnte sie wegen termingebundener Arbeiten zur Neueröffnung des Lokals ab.

Nach Durchführung von Sanierungs- und Umbauarbeiten wurde das Kellerlokal im September/Oktober 1996 neu eröffnet. Die Parteien streiten darüber, welche Teile der von der Klägerin zurückgelassenen Einrichtung und Dekoration dabei bis zur endgültigen Schließung des Lokals im Mai 2000 weiterverwendet wurden, welche ausgelagert worden waren und welche jetzt nicht mehr vorhanden sind.

Nach Einholung mehrerer Gutachten hat das LG der Klage auf Ausgleich der Wertsteigerung in Höhe des in erster Instanz beantragten Betrages von 904.852,40 DM stattgegeben. Ferner hat es dem Hilfsantrag, als Ersatz für das mit dem Hauptantrag herausverlangte Inventar 437.845 DM zu zahlen, i.H.v. 150.000 DM sowie der Widerklage auf rückständigen Mietzins i.H.v. 104.730,50 DM stattgegeben und Klage und Widerklage im Übrigen abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiterverfolgte und ihre Widerklageforderung um weitere 146.588,03 DM erhöhte, hatte weitgehend Erfolg. Hingegen führte die Anschlussberufung der Klägerin, mit der diese ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiterverfolgte und ihre Klage um weitere 367.519,60 DM erhöhte, lediglich zur Erhöhung des ihr auf den Hilfsantrag zugesprochenen Betrages um 8.820 DM. Das OLG hat das Urteil des LG abgeändert, der Klägerin 81.203,38 EUR (158.820 DM) nebst Zinsen und der Beklagten auf ihre Widerklage 53.547,85 EUR (104.730,50 DM) nebst Zinsen zugesprochen und im Übrigen die Klage und die Widerklage unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel der Parteien abgewiesen.

Dagegen richtet sich, soweit zu ihrem Nachteil entschieden wurde, die Revision der Klägerin, die der Senat nur wegen eines Teilbetrages des Klageantrages zu 1) (Ausgleich für Wertsteigerung) i.H.v. 238.585,77 EUR (466.633,20 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 20.1.1996 sowie hinsichtlich weiterer Zinsansprüche angenommen hat. Der Klageantrag zu 2) (Herausgabe von bzw. Wertersatz für Einrichtungsgegenstände) ist daher auch im Umfang seiner Abweisung nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Gleiches gilt, soweit die Klägerin mit ihrer Revision auch ihre Verurteilung - auf die Widerklage der Beklagten - zu 104.730,50 DM angegriffen hat. Auch insoweit ist durch Nichtannahme der Revision Rechtskraft eingetreten.

 

Entscheidungsgründe

I. (Ausgleich für Wertsteigerung)

Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleich einer durch ihre Umbaumaßnahmen bewirkten Wertsteigerung des Mietobjekts aus dem Gesichtspunkt des Ersatzes notwendiger Verwendungen (§ 547 BGB a.F.), der Entschädigung für ein abgewendetes Wegnahmerecht des Mieters (§ 547a BGB a.F.) oder der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) gestützt werden könne. Jedenfalls verneint es einen entsprechenden Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte mit zweifacher Begründung schon dem Grunde nach:

1. Zum einen könnten sich derartige Ansprüche nur gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten, nicht aber gegen diese selbst richten. Denn sämtliche Investitionen seien zu einer Zeit vorgenommen worden, als der ursprüngliche Vermieter noch Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Ansprüche aus §§ 547, 547a BGB a.F. entstünden aber bei Vornahme der Verwendungen und richteten sich gegen den jeweiligen Vermieter; für vor dem Eigentumswechsel entstandene Verpflichtungen hafte der nach § 571 BGB a.F. auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eintretende Grundstückserwerber ebenso wenig, wie andererseits vor dem Eigentumswechsel fällig gewordene Ansprüche gegen den Mieter auf ihn übergingen. Gleiches gelte für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, denn durch wertsteigernde Investitionen sei allein der bereichert, der bei Eintritt der Wertsteigerung Eigentümer des Grundstücks sei. Dies müsse hier umso mehr gelten, als die Beklagte das Objekt - unstreitig - "mit der Wertsteigerung" gekauft und bezahlt habe.

2. Zum anderen sei der Gewölbekeller nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wegen der Feuchtigkeitserscheinungen für den Betrieb einer gehobenen Gaststätte ohnehin unbrauchbar, so dass Investitionen im Hinblick auf eine solche Verwendung schon deshalb nicht zu einer Wertsteigerung führen könnten.

3. Beides hält der rechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht stand und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen - etwa: Verjährung - als richtig:

a) Richtig ist zwar, dass sich Ansprüche des Mieters wegen Verwendungen auf die Mietsache, soweit sie auf § 547 Abs. 1 BGB a.F. gestützt werden und nicht nur als Bereicherungsansprüche gegeben sind, grundsätzlich im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen entstehen (BGHZ 5, 197 [199]) und sich nicht gegen den (neuen) Vermieter richten, der erst nach deren Vornahme in das Mietverhältnis eintritt. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da die Klägerin - wie auch das Berufungsgericht annimmt und was von der Revision nicht angegriffen wird - jedenfalls die Voraussetzungen des § 547 Abs. 1 BGB a.F. (notwendige Verwendungen) nicht hinreichend dargelegt hat. Gleiches gilt für einen Anspruch aus § 547 Abs. 2 BGB a.F. (sonstige Verwendungen) i.V.m. den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Revision führt zwar bei ihrer Rüge verletzter Vorschriften des materiellen Rechts auch die §§ 667 ff. BGB an, führt demgegenüber aber im Einzelnen aus, für eine Geschäftsführung ohne Auftrag ergäben sich keine Anhaltspunkte. Dem ist schon deshalb zuzustimmen, weil die Klägerin die Investitionen im Interesse ihres eigenen Betriebs vornahm und ein Fremdgeschäftsführungswille daher fern liegt.

b) Hingegen entsteht der Anspruch auf angemessene Entschädigung bei Abwendung des Wegnahmerechts des Mieters (§ 547a BGB) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erst, wenn der Vermieter erklärt, dass er die Wegnahme abwenden will (BGH, Urt. v. 14.10.1987 - VIII ZR 246/86, MDR 1988, 226 = NJW 1988, 705 f.). Auch dies kann jedoch dahinstehen, weil die Ansprüche der Klägerin, soweit sie Einrichtungen überhaupt wegnehmen konnte und wollte, diese aber gem. § 13 des Mietvertrages von der Beklagten übernommen wurden, Gegenstand ihres Antrages zu 2) waren und bereits mit den der Klägerin auf ihren Hilfsantrag nunmehr rechtskräftig zugesprochenen 158.200 DM abgegolten sind. Mit dem hier zunächst zu beurteilenden Zahlungsantrag zu 1) verlangte die Klägerin hingegen einen Ausgleich für ihre Investitionen in Gestalt des Umbaus des Gewölbekellers; insoweit schied eine Wegnahme schon wegen der erheblichen Kosten der dann vom Mieter geschuldeten Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ersichtlich aus.

c) In Betracht kommt vielmehr allein ein Anspruch der Klägerin aus § 812 BGB (Bereicherung auf sonstige Weise) i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB, nämlich unter dem Gesichtspunkt, dass die Beklagte als Vermieterin vorzeitig, und zwar infolge der fristlosen Kündigung der Beklagten schon zum 1.6.1995 und nicht erst mit Ablauf der vertraglich vorgesehenen Mietzeit zum 1.7.2003, in den Genuss der wertsteigernden Investitionen der Klägerin gekommen ist (BGH, Urt. v. 8.11.1995 - XII ZR 202/94, WM 1996, 1265 ff.; v. 25.10.2000 - XII ZR 136/98, NJW-RR 2001, 727).

Daraus folgt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - zugleich, dass die Beklagte Bereicherungsschuldnerin ist, auch wenn die wertsteigernden Aufwendungen, die der Bereicherung zu Grunde liegen, bereits zu einer Zeit vorgenommen wurden, als der ursprüngliche Vermieter noch Eigentümer des Grundstücks war. Denn der Umfang der Bereicherung richtet sich nicht nach der Höhe der Aufwendungen des Mieters und besteht auch nicht im Zeitwert der Investitionen oder der Verkehrswertsteigerung des Mietobjekts bei Rückgabe - und erst recht nicht zu einem früheren Zeitpunkt -, sondern allein in der Erhöhung des Ertragswerts, soweit der Vermieter diesen früher als vertraglich vorgesehen durch anderweitige Vermietung zu einem höheren Mietzins realisieren kann (BGH, Urt. v. 8.11.1995 - XII ZR 202/94, WM 1996, 1265 ff. [1266]; Gerber/Eckert, Gewerbliches Mietrecht, 5. Aufl., Rz. 243, m.N.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 1168). Um eine derartige Möglichkeit ist der Voreigentümer, der die Nutzung zum vertraglich vereinbarten Mietzins der Klägerin bis zum Eigentumsübergang gewähren musste und gewährt hat, nicht bereichert worden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte ihm möglicherweise wegen der Investitionen der Klägerin einen höheren Kaufpreis gezahlt hat; dies wäre das Entgelt dafür, dass nach dem Ende der Vertragslaufzeit eine etwa noch vorhandene Ertragswertsteigerung ihr zugute kommt und nicht dem Verkäufer. Denn ohne den Eigentumswechsel hätte sie diesem ab 1.7.2003 nicht ohne rechtlichen Grund - und folglich entschädigungslos - zugestanden; die Klägerin hätte ihre Investitionen bis dahin wie vorgesehen amortisieren können.

d) Zu Recht greift die Revision auch die Ansicht des Berufungsgerichts an, durch den Umbau zu einer Gaststätte könne eine (Ertrags-)Wertsteigerung des Objekts nicht eingetreten sein, weil die Klägerin selbst vortrage, dass es wegen der Feuchtigkeitserscheinungen zum Betrieb einer Gaststätte unbrauchbar sei. Da die Beklagte als Vermieterin diesen Mangel zu vertreten hat, handelt sie zumindest treuwidrig, wenn sie sich darauf beruft, schon wegen dieses Mangels keine höhere Miete erzielen zu können. Eine solche könnte sie jedenfalls erzielen, wenn sie ihrer auch einem Nachmieter gegenüber bestehenden Verpflichtung zur Mängelbeseitigung nachkäme.

Deshalb liegt insoweit - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch kein Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB vor. Die Bereicherung der Beklagten, die darin besteht, in der Folge eine höhere Miete erzielen zu können, ist - sofern die Beklagte ihren damit verbundenen Vermieterpflichten nachkommt - nach wie vor vorhanden.

e) Dieser Anspruch ist - entgegen der Auffassung der Beklagten, die sich im zweiten Rechtszug hilfsweise auf Verjährung berufen hatte - nicht verjährt. Denn Bereicherungsansprüche, die dem Mieter im Hinblick auf seine wertsteigernden Investitionen als Ausgleich dafür zustehen, dass der Vermieter das Nutzungsrecht durch vorzeitige Vertragsbeendigung früher als ursprünglich vereinbart zurückerhält, unterliegen nicht der kurzen Verjährung des § 558 BGB a.F. (BGH, Urt. v. 14.2.1968 - VIII ZR 2/66, NJW 1968, 888 f.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 1180).

4. Zur Höhe ist die Bereicherungsklage aber nur teilweise schlüssig, nämlich in Höhe der 238.585,77 EUR = 466.633,20 DM, hinsichtlich derer der Senat die Revision angenommen hat.

Die Klägerin hat sich in erster Linie auf die vom Sachverständigen E. ermittelte Steigerung des Verkehrswertes um 1,18 Mio. DM berufen. Dies reicht zur Darlegung eines entsprechenden Bereicherungsanspruches nicht aus, da die Bereicherung nur in der Steigerung des Ertragswertes besteht. Der Klägerin oblag es daher, stattdessen darzulegen, wie viel mehr Miete die Beklagte ab 1.6.1995 dank der Investitionen der Klägerin erzielt hat (Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 539 Rz. 8, m.N.) oder zumindest hätte erzielen können.

Dieser Darlegungslast ist die Klägerin indessen nachgekommen. Sie hat sich ersichtlich auf das Gutachten des Sachverständigen E. berufen und sich dessen Ausführungen zu Eigen gemacht, indem sie ihrer Forderung die von ihm mit 1,18 Mio. DM ermittelte Wertsteigerung zu Grunde gelegt und diesen Betrag eingeklagt hat. Dabei hat sie sich - hilfsweise - auch ausdrücklich darauf berufen, dass die Beklagte insoweit ungerechtfertigt bereichert sei, als sie 97 Monate früher als vorgesehen in den Genuss der wertsteigernden Investitionen gekommen sei und in dieser Zeit die vom Sachverständigen errechnete höhere Miete hätte erzielen können (S. 9 des Schriftsatzes v. 13.12.2001).

Richtig ist zwar, dass der Sachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, um diesen Betrag sei der Verkehrswert des Objekts gesteigert worden. Allerdings hat er den Verkehrswert mit Hilfe des Ertragswertverfahrens ermittelt und ist so zu dem Zwischenergebnis gelangt, dass der Ertragswert um 1,18 Mio. DM gesteigert worden sei und sich dies in gleicher Höhe auf den Verkehrswert auswirke. Dabei ist er davon ausgegangen, dass der mit dem Mietobjekt zu erzielende Reinertrag zum Stichtag 1.6.1995 ohne den Umbau - bei einer Nutzung als Möbellager - jährlich 45.181 DM betrage, während nunmehr dank des Umbaus - bei einer Nutzung als Weinkeller - jährlich 73.140 DM mehr, nämlich 118.321 DM zu erzielen seien. Dies entspricht einer Steigerung um 6.095 DM monatlich.

Die auf die Zeit v. 1.6.1995 bis 1.7.2003 entfallende Bereicherung der Beklagten würde sich demnach mit (97 Monate x 6.095 DM =) 591.215 DM errechnen, wenn keine Abzinsung vorzunehmen wäre. Letzteres ist jedoch erforderlich, so wie auch der Sachverständige den Ertragswert durch Abzinsung errechnet hat, und zwar gem. § 16 Abs. 3 der Wertermittlungsverordnung (WertV) v. 6.12.1998 (BGBl. I, 2209) auf der Grundlage einer 40-jährigen Restnutzungsdauer und eines Zinssatzes von 5,5 % p.a. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich indes, dass die Höhe der Bereicherung der Beklagten nicht den gesamten Zeitraum der möglichen Restnutzung umfasst, sondern auf die 97 Monate v. 1.6.1995 bis 1.7.2003 beschränkt ist (BGH, Urt. v. 8.11.1995 - XII ZR 202/94, WM 1996, 1265 ff. [1267]). Gemäß § 16 Abs. 3 WertV ergibt sich dann für den Jahresbetrag von 73.140 DM bei einer Nutzungsdauer von 8 Jahren ein Vervielfältiger von 6,33, bei 9 Jahren von 6,95. Für die Nutzungsdauer von 97 Monaten = 8 Jahren und einem Monat hat der Senat diese Werte interpoliert: Vervielfältiger = 6,33 + (6,95 - 6,33): 12 = 6,33 + 0,05 = 6,38, so dass insgesamt eine Bereicherung um 73.140 DM x 6,38 = 466.633,20 DM schlüssig dargelegt ist.

5. Ob diese zu erstatten ist, kann der Senat nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht zum Umfang der von der Klägerin behaupteten Umbauinvestitionen und der dadurch herbeigeführten Ertragswertsteigerung - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat. Dies wird es nachzuholen haben. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten der Klägerin bereits zu Beginn des Mietverhältnisses "wegen der Bauinvestitionen" insgesamt (6x 10.000 + 12x 5.000 + 6x 4.000 DM =) 144.000 DM Mietzins nachgelassen hat; insoweit wird es zu prüfen haben, ob und ggf. in welcher Höhe dieser Nachlass einen jetzt noch zu zahlenden Bereicherungsausgleich mindert.

II. (weiter gehender Zinsanspruch)

Zu Recht macht die Revision geltend, die Klägerin habe mit ihrer Anschlussberufung nicht nur 4 % Zinsen seit dem 20.1.1996 verlangt, sondern zusätzlich gestaffelte Zinsen zwischen 1 % und 6,5 % aus unterschiedlichen Beträgen für unterschiedliche Zeiträume. Dies ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift v. 23.11.2001. Dem kann die Revisionserwiderung nicht entgegenhalten, ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils habe die Klägerin überhaupt keine Zinsen verlangt. Insoweit ist ihr Antrag im Tatbestand ersichtlich verkürzt wiedergegeben worden, zumal das Berufungsgericht andernfalls nicht 4 % Zinsen auch auf die auf Anschlussberufung weiter zugesprochenen 8.220 DM hätte zusprechen dürfen.

Da das Berufungsurteil hinsichtlich dieses Zinsanspruchs nicht mit Gründen versehen ist, war es auch insoweit aufzuheben und die Sache an das OLG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1458921

BGHR 2006, 220

BauR 2006, 420

DWW 2006, 215

NJW-RR 2006, 294

EWiR 2006, 101

NZM 2006, 15

WM 2006, 645

ZMR 2006, 185

ZfIR 2006, 92

MDR 2006, 505

WuM 2006, 169

GuT 2006, 32

Info M 2006, 84

Info M 2006, 85

MietRB 2006, 94

MK 2006, 49

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