Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwendungsersatzanspruch und Wegnahmerecht des Gewerberaummieters wegen vertraglich vereinbarter Ausbaumaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn sich ein Mieter von Geschäftsräumen zu bestimmten Ausbaumaßnahmen vertraglich verpflichtet hat, hat er nach Beendigung des Mietverhältnisses hinsichtlich der geschaffenen Einrichtungen weder ein Wegnahmerecht aus BGB § 547a, noch hat er Anspruch auf Ersatz von Verwendungen gemäß BGB § 547, unabhängig davon, ob es sich um notwendige oder nützliche Verwendungen handelt.

 

Normenkette

BGB §§ 547, 547a

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 15.06.1994; Aktenzeichen 16 U 112/93)

LG Köln (Entscheidung vom 26.10.1993; Aktenzeichen 3 O 138/93)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Juni 1994 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auf Zahlung von weiteren 200.000 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Durch Vertrag vom 25. Mai 1990 mietete der Sohn der Geschäftsführerin der Klägerin von der Beklagten zu 1 nicht ausgebaute Gewerberäume von ca. 350 qm in einem weitläufigen Einkaufszentrum zum Zwecke des Betriebes eines Restaurants. Das Mietverhältnis sollte am 1. September 1990 beginnen und am 10. Juni 2000 enden; der Mietzins betrug 7 % des jährlichen Bruttoumsatzes, mindestens monatlich 8.750 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Durch die Anlage Nr. 3 zu dem Vertrag wurde im einzelnen festgelegt, welche Leistungen der Mieter auf eigene Kosten zu erbringen habe; es handelte sich um umfangreiche Ausbauarbeiten, die später einen Investitionsaufwand von ca. 1.1 Mio. DM mit sich brachten. Der formularmäßige Hauptvertrag enthielt folgende Klausel:

§ 7 Inneneinrichtungen u.ä.

  1. Die Vermieterin stellt das Mietobjekt aufgrund der beigefügten Baubeschreibung zur Verfügung. Die Beschaffung etwaiger zusätzlicher Einrichtungen ist Sache des Mieters.
  2. Von dem Mieter fest eingebaute Gegenstände oder durchgeführte Umbauten werden ohne Entschädigung zu Bestandteilen des Gebäudes. Die Vermieterin kann jedoch bei Beendigung des Mietvertrages verlangen, daß der alte Zustand auf Kosten des Mieters wiederhergestellt wird.

Durch dreiseitige Vereinbarung vom 21. August 1990 trat die Klägerin als neue Mieterin in das Vertragsverhältnis ein und übernahm sämtliche Rechte und Pflichten des früheren Mieters. Sie nahm in der Folge die Ausbauarbeiten vor und betrieb in den Räumlichkeiten ein Restaurant.

Mit Schreiben vom 30. Juni 1992 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung. Zur Begründung verwies sie auf unrichtige Angaben über die Besucherfrequenz sowie auf nicht eingehaltene Zusagen der räumlichen Gestaltung, ferner auf eine mangelnde Eignung der Bausubstanz und verschiedener Installationen für den Restaurantbetrieb. Die Beklagte zu 1 akzeptierte die Kündigung nicht und kündigte ihrerseits das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14. September 1992 zum 30. September 1992, weil die Klägerin ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei und das Lokal nicht so, wie vereinbart, offengehalten habe. Die Klägerin schloß ihren Betrieb am 1. Juli 1992 und übergab die Räumlichkeiten am 2. November 1992 an T., mit dem die Beklagte zu 1 zuvor einen neuen Mietvertrag zum Betriebe eines China-Restaurants abgeschlossen hatte; der neu vereinbarte Mietzins betrug 8 % des jährlichen Bruttoumsatzes, mindestens monatlich 9.800 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. T. zahlte an die Klägerin für bewegliches Inventar insgesamt 130.000 DM.

Von den Beklagten verlangte die Klägerin mit der Ende 1992 erhobenen Klage als Entschädigung für ihre Investitionen am Mietobjekt Zahlung von 469.809,37 DM nebst Zinsen; der Betrag fußt auf den Herstellungskosten abzüglich bis zum 30. Juni 1992 vorgenommener Abschreibungen.

Das Landgericht wies die Klage ab, weil den Ansprüchen der Klägerin § 7 Nr. 2 des Mietvertrages entgegenstehe.

Auf die Berufung der Klägerin gab das Oberlandesgericht der Klage in Höhe von 35.841,08 DM nebst Zinsen statt; die Abweisung im übrigen erhielt es aufrecht. Es ging davon aus, daß der Klägerin ungeachtet der Regelung in § 7 Nr. 2 des Mietvertrages Bereicherungsansprüche wegen vorzeitiger Erlangung von Nutzungsvorteilen zustünden; solche seien aber nur in Höhe des zugesprochenen Betrages gerechtfertigt.

Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihren Klageanspruch weiter, soweit ihm nicht bereits stattgegeben worden war. Der Senat hat die Revision angenommen, soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 200.000 DM nebst Zinsen verfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Im Umfang der Annahme der Revision führt diese wegen einer durchgreifenden Verfahrensrüge zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Zur Wirksamkeit und Bedeutung von § 7 des Mietvertrages hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Seit dem Vertragseintritt der Klägerin liege ein Mietverhältnis zwischen Vollkaufleuten vor, so daß eine Inhaltskontrolle dieser Formularklausel nach dem AGBG aufgrund von § 24 des Gesetzes nicht anhand der Bestimmungen der §§10 und 11 vorzunehmen sei, sondern anhand der Generalklausel des § 9. Der Ausschluß einer Entschädigung für fest eingebaute Gegenstände oder durchgeführte Umbauten stelle im kaufmännischen Verkehr keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, wenn, wie im vorliegenden Fall, dessen Verpflichtung zur Umgestaltung der Mietsache Teil der Entgeltvereinbarung sei und darüber hinaus die Vertragszeit so bemessen sei, daß in dieser die vorgenommenen Investitionen hätten erwirtschaftet werden können. Bei der Vermietung von unausgebauten Geschäftsräumen lägen der Ausbau und die damit verbundenen Kosten im Interesse und im Risikobereich des Mieters. Der Vermieter habe ein billigenswertes Interesse daran, daß ihm nicht im Wege von Verwendungsersatzansprüchen ein Teil des Geschäftsrisikos des gewerblichen Mieters aufgebürdet werde, zumal regelmäßig nicht absehbar sei, ob nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Räume an einen gleichartigen Gewerbebetrieb weitervermietet werden könnten. § 7 Nr. 2 des Mietvertrages sei daher wirksam und stehe Ansprüchen der Klägerin auf Ersatz ihrer Verwendungen bzw. auf Ausgleich der dadurch bedingten Wertsteigerung des Mietobjekts entgegen. Eine sittenwidrige Gestaltung des Gesamtvertrages könne nicht angenommen werden.

Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision vergebens.

Entgegen ihrer Auffassung verkürzt § 7 Nr. 2 des Mietvertrages keine sonst bestehenden Rechte der Klägerin auf Ersatz von Verwendungen gemäß § 547 BGB. ebensowenig ein Recht auf Wegnahme von ihr geschaffener Einrichtungen gemäß § 547 a BGB. Den Ausschlag gibt insoweit, daß sie sich durch den Nachtrag 3 zum Mietvertrag, eine Individualvereinbarung, zu den Investitionen, für die sie nunmehr Ersatz fordert, vertraglich verpflichtet hat. Wenn sich ein Mieter von Geschäftsräumen zu bestimmten Ausbaumaßnahmen vertraglich verpflichtet, hat er nach Beendigung des Mietverhältnisses hinsichtlich der geschaffenen Einrichtungen weder ein Wegnahmerecht aus § 547 a BGB (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1958 – VIII ZR 155/57 – NJW 1958, 2109, 2110; Wolf/Eckert Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingsrechts 7. Aufl. Rdn. 1279; Scheuer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 2. Aufl. Kap. V Rdn. 279; MünchKomm/Voelskow 3. Aufl. § 547 a Rdn. 9), noch hat er einen Anspruch auf Ersatz von Verwendungen gemäß § 547 BGB. unabhängig davon, ob es sich um notwendige oder nützliche Verwendungen handelt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Februar 1968 – VIII ZR 2/66 – NJW 1968, 888 und vom 24. Februar 1982 – IVa ZR 306/80 – NJW 1982, 1752; Wolf/Eckert aaO Rdn. 1236; Scheuer in Bub/Treier aaO Kap. V Rdn. 410; Sternel Mietrecht 3. Aufl. Teil II Rdn. 23; Emmerich/Sonnenschein Miete 6. Aufl. § 547 Rdn. 8). In diesen Fällen sind die Leistungen des Mieters im Zweifel Teil des Überlassungsentgelts, wie das Berufungsgericht auch im vorliegenden Fall mit Recht angenommen hat. Da nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich ist, daß die Klägerin andere Leistungen erbracht hat als diejenigen, die sie gemäß dem Nachtrag 3 zum Mietvertrag schuldete, begegnet der aus § 7 Nr. 2 folgende Ausschluß einer Entschädigung schon mangels einer für den Mieter nachteiligen Veränderung der ohnehin bestehenden Rechtslage keinen Bedenken aus § 9 AGBGB. Im Schrifttum wird eine derartige Klausel jedenfalls im kaufmännischen Verkehr auch sonst für zulässig gehalten (vgl. AGB-Klauselwerke/Drettmann Geschäftsraummiete Rdn. 200 f; Bub in Bub/Treier aaO Kap. II Rdn. 555), ohne daß aber im vorliegenden Fall dazu Stellung genommen werden müßte. Mit Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß auch aus sonstigen Gründen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 7 Nr. 2 des Mietvertrages bestehen. Soweit die Revision das Gesamtgepräge der vertraglichen Regelungen als sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB ansieht, kann ihr nicht gefolgt werden. Der Tatrichter hat diese Frage eingehend geprüft und mit rechtlich zutreffenden Erwägungen verneint (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 8. Februar 1967 – V ZR 59/64 – NJW 1967, 1223, 1224 f). Danach kann die Klägerin weder den Zeitwert ihrer Investitionen bei Beendigung des Mietverhältnisses ersetzt verlangen noch eine durch ihre Leistungen bedingte Werterhöhung des Mietobjektes abschöpfen.

2. Ist in einem auf längere Zeit fest abgeschlossenen Mietvertrag vorgesehen, daß der Mieter entschädigungslos für das Mietobjekt Investitionen zu erbringen hat, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses ein Bereicherungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter gegeben sein, der darauf beruht, daß der Vermieter vorzeitig in den Genuß des durch die Mieterleistungen geschaffenen erhöhten Ertragswertes des Mietobjekts gelangt. Dieser Anspruch bemißt sich weder nach den vom Mieter aufgewendeten Kosten noch nach einer etwaigen Wertsteigerung des Mietobjekts, sondern gemäß § 818 Abs. 2 BGB danach, inwieweit der Vermieter durch die Investitionen in die Lage versetzt wurde, bei einer anderweiten Vermietung eine höhere Miete zu erzielen oder die fraglichen Leistungen sonst gewinnbringend zu nutzen, etwa auch durch Erlangung eines Baukostenzuschusses von dem Nachmieter (vgl. insbesondere BGH, Urteile vom 22. Mai 1967 – VIII ZR 25/65 – WM 1967, 750, 752, vom 14. Februar 1968 – VIII ZR 2/66 – NJW 1968, 888 und vom 10. Oktober 1984 – VIII ZR 152/83 – NJW 1985, 313, 315; s.a. BGHZ 111, 125, 131 sowie Scheuer in Bub/Treier aaO Kap. V Rdn. 411). Davon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen und hat einen solchen Anspruch der Klägerin mit Recht dem Grunde nach bejaht. Dabei hat es sich auch die Frage vorgelegt, ob dieser Anspruch ebenfalls als durch § 7 Nr. 2 des Mietvertrages ausgeschlossen anzusehen ist, und hat dies verneint. Dazu hat es erwogen, die Formulierung in der Klausel „ohne Entschädigung” beziehe sich auf den Rechtsverlust durch die Investitionen selbst und bedeute nichts anderes als die Begriffe „auf Kosten des Mieters” oder auch „verlorener Baukostenzuschuß”. Es bestünden insgesamt keine Anhaltspunkte, daß die Klausel auch den Fall der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses regeln solle. Diese Ausführungen treffen zu und werden von der Revision als ihr günstig auch nicht angegriffen.

3. Bei Ermittlung der Höhe des danach der Klägerin zustehenden Bereicherungsanspruchs hat das Berufungsgericht auf den Unterschied zwischen dem von der Klägerin geschuldeten und dem mit dem Nachfolgemieter T. vereinbarten Mietzins abgehoben und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung des Zeitraums, für den der Vertrag mit der Klägerin fest abgeschlossen war, einen Nutzungsvorteil von insgesamt 35.841.08 DM errechnet. Zwar bestehen insoweit keine rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hatte aber in der Berufungsbegründung auch vorgetragen und durch drei Zeugen unter Beweis gestellt, daß T. an die Beklagte zu 1 für die bis zur Vertragsbeendigung von der Klägerin vorgenommenen Investitionen eine Abstandssumme von mindestens 200.000 DM gezahlt habe. Im Falle der Erweislichkeit dieses Vortrages hätte dieser Betrag den vom Berufungsgericht zugesprochenen 35.841,08 DM hinzugeschlagen werden müssen; denn die fragliche Leistung des T. wäre nicht anders anzusehen als eine entsprechende Mietvorauszahlung oder ein von ihm gewährter Baukostenzuschuß (zum letzteren vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1967 aaO S. 752). Das Berufungsgericht hat sich darauf beschränkt, T. als einen der drei angebotenen Zeugen einzuvernehmen (dieser hat dabei die behauptete Zahlung in Abrede gestellt). Die Einvernahme der beiden anderen benannten Zeugen hat es mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, wie die unter Beweis gestellte Tatsache in das Wissen dieser Zeugen gelangt sein könnte.

Die Revision rügt zu Recht, daß diese Begründung die Ablehnung der fraglichen Beweisangebote nicht trägt. Angaben darüber, wie ein Zeuge die unter Beweis gestellte Tatsache erfahren hat, können grundsätzlich nicht verlangt werden, es sei denn, es handele sich um innere Tatsachen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1987 – V ZR 185/85 – BGHR ZPO § 373 Substantiierung 1 = WM 1987, 378). Eine Behauptung kann erst dann als willkürliche Vermutung unberücksichtigt bleiben, wenn das Gericht mit der Partei erörtert hat, welche greifbaren Anhaltspunkte sie für ihre Behauptung vorbringen will und dieses Vorbringen nicht für ausreichend erachtet wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 1968 – II ZR 50/65 – NJW 1968, 1233, 1234). Daß das Berufungsgericht die Klägerin entsprechend befragt hätte, ist nicht ersichtlich. Häufig muß eine Partei auch Tatsachen behaupten, über die sie eine genaue Kenntnis nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Sie kann auch über solche Tatsachen eine Beweisaufnahme erwirken (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 1991 – II ZR 90/90 – BGHR ZPO § 373 Ausforschungsbeweis 5 m.w.N.). Die hier angebotenen Zeugen waren Mitarbeiter einer Brauerei, die nach dem Vortrag der Klägerin T. durch ein Darlehen ermöglicht hat, die unstreitige Ablösesumme für bewegliches Inventar an die Klägerin zu zahlen. Ein Darlehensgeber pflegt sich aber über die finanziellen Verhältnisse des Darlehensnehmers zu vergewissern. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, die Klägerin habe die Zeugen „aufs Geratewohl” oder „ins Blaue hinein” benannt. Das angefochtene Urteil kann somit im Umfang der Annahme der Revision keinen Bestand haben. Die Sache muß zur Nachholung der gebotenen Beweisaufnahme an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Zysk, Hahne, Sprick, Weber-Monecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI538103

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