Verfahrensgang

OLG München (Entscheidung vom 29.04.1988)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. April 1988 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsmittels.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Erstattung der Mehrwertsteuer und des Großabnehmerrabattes bei der Abrechnung eines Totalschadens aus einer Kaskoversicherung für ein vom Kläger geleastes Fahrzeug.

Am 2. Januar 1987 erlitt das bei der Beklagten vollkaskoversicherte Fahrzeug, das der Kläger im Januar 1986 bei der P. K. GmbH, der "P. Partnerbank" (im folgenden P.), geleast hatte, einen Totalschaden. Die P. erwarb ein Ersatzfahrzeug, das der Kläger wiederum leaste. Die Beklagte erstattete dem Kläger den Netto-Neupreis des Fahrzeugs am Schadenstag abzüglich 4,77 % Großabnehmerrabatt, des Restwertes und einer Selbstbeteiligung ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer.

Der Kläger meint, ihm stehe als Ersatzleistung auch ein Betrag in Höhe des Großabnehmerrabattes und der Mehrwertsteuer zu, weil er als wirtschaftlicher Eigentümer des geleasten Fahrzeuges anzusehen sei. Der Leasing-Vertrag habe hier den Charakter eines Erwerbsgeschäftes gehabt, weil der vermittelnde Händler ihm die Übernahmemöglichkeit am Ende der Leasingzeit zugesagt habe. Das Endziel des Vertrages sei damit die Übertragung der Sachsubstanz auf ihn, den Leasingnehmer, gewesen. Die Klage auf Zahlung von zuletzt 2.791,98 DM nebst Zinsen ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat darauf abgehoben, daß durch den vom Kläger abgeschlossenen Vollkaskoversicherungsvertrag das Risiko der Leasinggeberin als Eigentümerin des Kraftfahrzeuges versichert gewesen sei und diese als unstreitig Vorsteuerabzugsberechtigte die Mehrwertsteuer nicht ersetzt bekomme. Maßgebend seien auch bei der Bemessung des Kaufpreises die individuellen Verhältnisse des Eigentümers, also der Leasinggeberin, nicht die des Leasingnehmers. Denn es könne nur der dem Versicherten tatsächlich entstandene Aufwand ersetzt werden.

Diese Auffassung deckt sich mit dem - nach Erlaß des Berufungsurteils - verkündeten Urteil des Senats vom 6. Juli 1988 (IVa ZR 241/87 = NJW 1988, 2803 = VersR 1988, 949). An diesem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten der Begründung verwiesen wird, hält der Senat fest. Auch die Revision stellt es nicht in Frage. Sie meint nur, im Falle des Klägers habe deshalb etwas anderes zu gelten, weil er sich vom Lieferanten des Kraftfahrzeugs ein uneingeschränktes Erwerbsrecht habe zusichern lassen, deshalb in Wahrheit ein verdeckter Abzahlungskauf vorliege und der Kläger zumindest im wirtschaftlichen Sinne Eigentümer geworden sei. Hilfsweise beruft sich die Revision darauf, der Kläger sei sogar dadurch unbedingter Eigentümer geworden, daß die Leasinggeberin den Kaufpreis an den Lieferanten gezahlt und damit dessen Eigentumsvorbehalt abgelöst habe.

Das verhilft indessen der Revision nicht zum Erfolg. Selbst wenn die behauptete Abrede mit Zustimmung der Leasinggeberin getroffen worden sein und trotz der eindeutigen Fassung des Leasingvertrages (12. Abs. 7: "Ein Erwerb des Fahrzeuges durch den Mieter nach Vertragsende ist ausgeschlossen"; 13. Abs. 4: "Nebenabreden, Zusicherungen, Vorbehalte und Vertragsänderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform") wirksam sein sollte, ergäbe sich daraus nicht die von der Revision angenommene Rechtsfolge. In diesem Falle würde zwar möglicherweise ein Umgehungsgeschäft vorliegen, das nach § 6 AbzG als Abzahlungsgeschäft zu behandeln wäre. Auch könnte die Leasinggeberin im steuerrechtlichen Sinne bei dieser Fallgestaltung nicht als "wirtschaftliche Eigentümerin" anzusehen sein (vgl. BFHE 97, 466 = NJW 1970, 1148). Es würde aber nichts daran ändern, daß die Leasinggeberin im rechtlichen Sinne Eigentümerin des Fahrzeuges geblieben ist. Auf sie, und nicht etwa auf den Kläger, hat der Fahrzeuglieferant laut der vom Kläger in Bezug genommenen Rechnung vom 10. Januar 1986 das Eigentum übertragen. Mit der Bezahlung des Kaufpreises an den Lieferanten ist das von diesem bis dahin vorbehaltene Eigentum auf die Leasinggeberin übergegangen. Daran ändert ein etwa dem Kläger für die Zeit nach dem Auslaufen des Leasingvertrages vorbehaltenes Erwerbsrecht nichts.

Auch im vorliegenden Fall hat der Kläger also eine Fremdversicherung zugunsten der Leasinggeberin abgeschlossen. Daneben bestand auch ein mitversichertes Sacherhaltungsinteresse des Klägers, weil ihm als Leasingnehmer die Gefahr für Untergang, Verlust und Beschädigung des geleasten Fahrzeuges aufgebürdet war (Senatsurteil vom 6. Juli 1988 a.a.O.). Dieses Sacherhaltungsinteresse wäre noch verstärkt, wenn dem Kläger ein Erwerbsrecht nach Auslaufen des Leasingvertrages zustand. Gleichwohl kann der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil die Leasinggeberin das Fahrzeug wiederbeschafft hat und jedenfalls in diesem Falle der Neupreis danach zu berechnen ist, was der Leasinggeber für ein neues Fahrzeug in der versicherten Ausführung zu entrichten hat. Weitere nach § 13 AKB erstattungsfähige Kosten sind nicht entstanden. Darauf hat der Senat in dem angeführten Urteil entscheidend abgehoben; für den Fall eines vereinbarten Übernahmerechts des Leasingnehmers würde nichts anderes gelten. Deshalb brauchte das Berufungsgericht die angebotenen Beweise für diese Art der Vertragsgestaltung nicht zu erheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3018877

NJW 1989, 3021

NJW 1989, 3021-3022 (Volltext mit red. LS)

NJW-RR 1990, 37 (red. Leitsatz)

VersR 1989, 950-951 (Volltext mit amtl. LS)

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