Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame AGB bei Verpflichtung, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen. Wahlweise Leistung einer Sicherheit durch Hinterlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, die eine Verpflichtung des Auftragnehmers vorsieht, eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, ist auch dann unwirksam, wenn der Auftragnehmer wahlweise die Sicherheit durch Hinterlegung leisten kann.

 

Normenkette

AGBG § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 02.02.2007; Aktenzeichen 26 U 91/06)

LG Bielefeld (Entscheidung vom 12.05.2006; Aktenzeichen 10 O 91/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 26. Zivilsenats des OLG Hamm vom 2.2.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Streitwert: 1.212.886,60 EUR.

 

Gründe

I.

[1] Die Klägerin nimmt die Beklagte aus zwei Vertragserfüllungsbürgschaften, die auf erstes Anfordern lauten, auf Zahlung von 1.212.886,60 EUR in Anspruch. Die Bürgschaften hat die Beklagte für eine Auftragnehmerin der Rechtsvorgängerin der Klägerin (künftig: Klägerin) gestellt. In dem im Jahre 2001 zwischen der Klägerin und ihrer Auftragnehmerin geschlossenen Bauvertrag wurde die Geltung der VOB/B vereinbart. Nach einer vom Berufungsgericht als Allgemeine Geschäftsbedingung der Klägerin angesehenen Vertragsklausel hatte die Auftragnehmerin eine auf erstes Anfordern zahlbare Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 10 v.H. des Pauschalfestpreises zzgl. Umsatzsteuer zu stellen. Alternativ war sie berechtigt, die Sicherheit durch Hinterlegung von Geld zu leisten.

[2] Das LG hat die Klage abgewiesen, die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.

II.

[3] Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Ein die Zulassung der Revision erfordernder Grund liegt nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

[4] Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Klausel in § 10 des Vertrags, nach der die Auftragnehmerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen oder die Sicherheit durch Hinterlegung zu leisten hat, unwirksam ist.

[5] Die Verpflichtung eines Bauunternehmers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bestellers, zur Sicherung von Vertragserfüllungsansprüchen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, benachteiligt den Unternehmer unangemessen und ist daher nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam (BGH, Urt. v. 18.4.2002 - VII ZR 192/01, BGHZ 150, 299; Urt. v. 4.7.2002 - VII ZR 502/99, BGHZ 151, 229). Dies gilt auch für eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines öffentlichen Auftraggebers, da dem Auftragnehmer bei Inanspruchnahme der Bürgschaft durch den Rückgriff des Bürgen Liquidität entzogen wird und er seinen möglichen Rückforderungsanspruch gerichtlich geltend machen muss (BGH, Urt. v. 25.3.2004 - VII ZR 453/02, BauR 2004, 1143 = NZBau 2004, 322 = ZfBR 2004, 550). Diese unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers wird nicht dadurch beseitigt, dass ihm wahlweise die Möglichkeit eingeräumt wird, die Sicherheit durch Hinterlegung zu leisten. Denn in diesem Fall wird ihm in gleicher Weise Liquidität entzogen. Auch auf die hinterlegte Summe kann er nur mit Zustimmung des Bestellers zugreifen, die er ggf. in einem Prozess erstreiten muss. Dem Umstand, dass der hinterlegte Sicherheitseinbehalt ggf. verzinst wird und der private Auftraggeber im Gegensatz zum öffentlichen Auftraggeber im Rückforderungsprozess nicht gerichtskostenfrei auftreten kann, kommt kein entscheidendes Gewicht zu (vgl. BGH, Beschl. v. 24.5.2007 - VII ZR 210/06, BauR 2007, 1575 = NZBau 2007, 583 = ZfBR 2007, 671).

[6] Von dieser Auffassung abweichende Entscheidungen des OLG Hamm (BauR 1998, 135) und des OLG München (BauR 2001, 1618) sind durch die neueren Senatsentscheidungen überholt. Eine weitere Klärung durch den Senat ist nicht veranlasst.

[7] Von einer weiteren Begründung der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1971235

BGHR 2008, 686

BauR 2008, 995

EBE/BGH 2008

NJW-RR 2008, 830

IBR 2008, 267

WM 2008, 999

WuB 2008, 769

ZAP 2008, 579

MDR 2008, 682

MDR 2009, 313

ZfBR 2008, 464

BTR 2008, 83

NJW-Spezial 2008, 269

NZBau 2008, 377

ZGS 2008, 204

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